Quartalsbrief Q1-23
Im vergangenen Quartalsbrief haben wir Ihnen eine Einschätzung für eine breite gemischte Asset Allokation abgegeben. Zum Jahresbeginn fokussieren sich Dr. Julian Vincent Kauffeldt und Daria Diachenko, CFA in der neuen Ausgabe auf den Ausblick für 2023 und die Bedeutung für die Aktienallokation eines Investors aus dem Euroraum. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.
Geringeres Wirtschaftswachstum und weniger geldpolitische Unterstützung
Der Marktkonsens geht von deutlich niedrigeren Gewinnerwartungen für Unternehmen im Jahr 2023 aus. Für die S&P 500 Unternehmen erwarten die Märkte bspw. nur noch ein Gewinnwachstum von knapp 5%, was im Vergleich zu einem langfristigen historischen Durchschnitt von rund 10% ein signifikant niedrigeres Niveau ist.
Wir stimmen mit dieser Einschätzung dahingehend überein, dass das erste Quartal durch schwaches bzw. leicht negatives Wachstum gekennzeichnet sein wird. Gleichwohl müssen sich Unternehmen und Finanzmärkte auf anhaltend hohe Zinsen und Preise einstellen. Auch wenn die Inflation zurückgeht, bedeutet dies nicht, dass Preise wieder sinken. Um Zweitrundeneffekte auf das Lohnwachstum zu verhindern, werden die US-amerikanische und europäische Notenbanken die Zinsen auf hohem Niveau halten und bestenfalls im späteren Jahresverlauf eine vorsichtige Lockerung vornehmen.
Das Ziel der Notenbanken, die Inflation dauerhaft zu senken, führt zu einer wichtigen Schlussfolgerung für Investoren: Die US-amerikanische und europäische Notenbanken werden den Finanzmärkten nicht wie so oft in den letzten Jahren zu Hilfe eilen, auch wenn das Wirtschaftswachstum schwach ist und höhere Finanzierungskosten die Unternehmen belasten.
In Summe werden geringeres Wachstum und weniger Notenbankunterstützung die Schwankungen an den Aktienmärkten deutlich stärker ausfallen lassen, sollten Unsicherheiten wie ein neues Aufflammen der US-Schuldenkrise, Transportengpässe aufgrund klimatischer Besonderheiten oder neue negative geopolitische Entwicklungen wie US-China Spannungen auftreten.
Kein Abschied von „TINA“ – Aktien bleiben der zentrale Bestandteil des Portfolios
Zu den erhöhten Risiken am Aktienmarkt kommt ein weiterer Umstand: Gemessen an den Gewinnerwartungen der Unternehmen von 5% erscheinen langfristige US-Zinsen von rund 3% wieder als eine attraktive Alternative. Mit anderen Worten, das an den Märkten lange geltende Motto, wonach keine Alternative zu Aktien besteht (TINA – „There is no alternative"), könnte 2023 infrage gestellt werden. Als Folge würden sich Reallokationen und Neuinvestitionen im Jahr 2023 nicht nur auf Aktien konzentrieren, sondern auch wieder stärker auf Anleihen verteilen.
Wir sind der Meinung, dass diese höhere Attraktivität von Anleihen aber nicht für alle Investoren gilt. Die Zinsen sind zwar gestiegen, aber die realen Renditen bleiben weiter unter Druck. So prognostiziert die EZB für 2023 einen langsamen Rückgang der Inflation auf 6.3%, während die zehnjährigen Euroraum Zinsen vermutlich den Hochpunkt von 2.5% bereits hinter sich gelassen haben. Selbst 2024 dürfte die Realrendite bei einer prognostizierten Inflation von 3.4% negativ bleiben. Viele Investoren sind jedoch auf gute Realrenditen angewiesen, da mit den erzielten Portfoliorenditen Verpflichtungen gegenüber Begünstigten von beispielsweise Stiftungen, Pensionskassen finanziert werden sollen. Diese unterliegen aber ebenfalls der Inflation. Wenn trotz Teuerung keine Leistungen gekürzt werden sollen, muss die Zielrendite des Portfolios erhöht werden. Aktien sollten daher ein zentraler Bestandteil des Portfolios bleiben.
Aufhellung der Marktstimmung
Aktieninvestoren sollten in diesem Jahr drei wichtige makropolitische Faktoren im Blick haben:
1. Die globale Wachstumsdynamik dürfte im ersten Quartal am schwächsten sein. Bereits für das zweite Quartal deuten europäische Frühindikatoren auf eine Wachstumserholung.
2. Wir rechnen damit, dass sowohl die US-amerikanische und europäische Notenbanken den Zinserhöhungszyklus voraussichtlich gegen Ende des ersten Quartals, spätestens aber im Verlauf des zweiten Quartals beenden werden. Die mittelfristigen Zinsen sollten dadurch stabilisiert werden. Die langfristigen Zinsen dürften zum Ende des Zinserhöhungszyklus ihren Hochpunkt bereits hinter sich gelassen haben. Wir rechnen daher mit einem weiteren langsamen Rückgang der langfristigen Zinsen in den USA und dem Euroraum.
3. Spätestens für das Frühjahr erwarten wir, dass eine veränderte Covid-Politik in China sich auf die Wirtschaft auswirkt. Selbst wenn das in der Breite noch nicht erkennbar sein sollte und der Weg bis zum Frühling ungewiss ist, gehen wir von einer stabileren Produktion von exportrelevanten Unternehmen aus. Dies sollte Engpässe in den Lieferketten für europäische und US-Unternehmen weiter verringern.
„Gegenpressing“ als Aktienstrategie
Die Situation bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs glich für Investoren dem eines konstanten Ballbesitzes. Man konnte recht undifferenziert angreifen und auf Wachstumsaktien setzen. Das nun von uns erwartete Wegfallen der Notenbankunterstützung bedeutet, dass diese Strategie nicht mehr erfolgreich sein dürfte. Wachstumsaktien reagierten in der Vergangenheit besonders positiv auf Unterstützungssignale der Notenbanken. In einem geänderten Umfeld sollten Aktieninvestoren im Jahr 2023 daher eine Art von „Gegenpressing“-Strategie verwenden.
Dazu gehört zum einen eine geordnete Defensive im Portfolio, die durch qualitative Substanzwerte umgesetzt werden könnte. Diese Unternehmen sind aus europäischer Sicht vor allem in den Bereichen Banken, Gesundheitsversorgung, Industrie und nicht zyklischer Konsumgüter zu finden.
Zum anderen sollte zur Strategie gehören, einen Markteinbruch für den Zukauf von qualitativen Titeln mit Wachstumspotenzial zu nutzen. Hierfür eignen sich unserer Meinung nach speziell Titel mit dem Profil qualitative Innovation (siehe Infobox).
Wie unterscheidet sich qualitative Innovation vom klassischen Qualitätsanlagestil? Bei Fokus auf Qualität werden Profitabilitäts- und Stabilitätskennzahlen auf Basis historischer oder durch Analysten geschätzter Kennzahlen verwendet. Dieser Anlagestil wird klassischerweise entweder mit Wachstumskennzahlen verbunden (qualitatives Wachstum) oder mit Bewertungskennzahlen (qualitative Substanz). Gerade Unternehmen, die sich nicht nur durch Qualität, sondern auch durch Innovation auszeichnen, eignen sich für den Anlagestil qualitative Innovation, da sie auch für die Zukunft großes Potential aufweisen. Innovative Unternehmen sind erfolgreicher darin, neue Lösungen für Herausforderungen wie den Klimawandel zu entwickeln oder aktuelle Megatrends zu antizipieren, zum Beispiel durch stärkere Automatisierung oder Einsatz von künstlicher Intelligenz innerhalb ihrer Prozesse. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Innovationen auch profitabel sind und das Unternehmen eine große Effizienz bei der Umwandlung ihrer vorliegenden Ressourcen in Innovation aufweist. Wenn diese Innovationseffizienz vorliegt, unterstützt sie das qualitative Wachstum und die qualitative Substanz, weshalb von qualitativer Innovation gesprochen wird.
Empfohlen von LinkedIn
In beiden Portfoliobestandteilen sollte die Titelselektion weniger auf Basis der Branchenzugehörigkeit erfolgen. Vielmehr sollte der Fokus auf der Flexibilität von Unternehmen liegen, sich auf das neue, schwierigere wirtschaftliche Umfeld einzustellen. Bei den Sektoren sind Konsumtitel interessant, welche von der neuen demographischen Realität profitieren. Unternehmen haben Schwierigkeiten, passende Arbeitskräfte zu finden. Daher versuchen viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter auch in der wirtschaftlichen Schwächephase nicht zu entlassen. Das klassische Boom-and-Bust-Spiel am Arbeitsmarkt sollte dadurch weniger ausgeprägt sein als in der Vergangenheit, was zu einem stabileren privaten Konsum führen sollte, ein Schlüsselfaktor für Wachstum.
Auf globales Wachstum setzen
Aktieninvestoren aus Deutschland haben in ihren lokalen Portfolios bereits eine starke internationale Ausrichtung. In Deutschland machen Exporte rund 50% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Bei einer Aktien-Strategie sind vor allem solche Unternehmen interessant, die eine hohe Exportquote aufweisen, um an der schrittweisen Erholung der Weltwirtschaft im Jahr 2023 und darüber hinaus positioniert zu sein.
Mit Schweizer Aktien kann die Exportlastigkeit eines Portfolios erhöht werden. Die Schweizer Volkswirtschaft ist besonders stark global ausgerichtet. Mehr als 70% des Schweizer BIP werden durch Exporte erwirtschaftet. Die USA sind mit einem Anteil von rund 20% am Exportvolumen die größten Abnehmer Schweizer Unternehmen. Auf China und Indien entfallen zusammen rund 10% der Schweizer Exporte. Die niedrige Inflation bietet der Schweizer Notenbank mehr Flexibilität. Folglich sehen sich Schweizer Unternehmen einem geringeren Gegenwind durch höhere Finanzierungs- und Produktionskosten ausgesetzt.
Schwellenländer profitieren insbesondere von dem herannahenden Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA. Eine Stabilisierung der US-Zinsen und des US-Dollars gibt den Schwellenland-Notenbanken die Möglichkeit, ihre Geldpolitik wieder stärker an der Binnenwirtschaft auszurichten. Wir erwarten, dass die Schwellenland-Notenbanken diesen Spielraum nutzen werden. Bei Schwellenländern empfehlen wir eine separate Betrachtung des chinesischen Marktes. China bietet sicherlich Chancen, allerdings haben sowohl Änderungen der Covid-Strategie als auch Eingriffe in den Technologiesektor gezeigt, dass eine schnelle Anpassung des direkten China-Anteils im Portfolio möglich sein sollte.
Neben den Schwellenländern sind Goldaktien ein interessantes Thema für 2023. Schwellenländer haben traditionell eine hohe Goldnachfrage. Ein kräftigeres Wachstum in den Schwellenländern bedeutet gleichzeitig Unterstützung für den Goldpreis und damit für Goldaktien. Die Stabilisierung der US-Zinsen und des US- Dollars sind weitere Faktoren, die den Goldpreis stabilisieren.
Folgen Sie uns gern auf LinkedIn: Serafin Asset Management Deutschland . Mehr Informationen zu uns finden Sie hier: www.serafin-am.com
Rechtliche Hinweise:
Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Marketingmitteilung, die ausschließlich zu Informationszwecken erstellt wurde. Die Mitteilung stellt keine persönliche Empfehlung oder Anlageberatung dar und kann diese nicht ersetzen. Die enthaltenen Angaben, Analysen und Prognosen basieren auf dem Wissensstand und der Markteinschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung - vorbehaltlich von Änderungen und Ergänzungen. Die Serafin Asset Management GmbH übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Inhalte und für das Eintreten von Prognosen. Prognosen bieten keine Gewähr für die tatsächliche Wertentwicklung in der Zukunft. Tatsächliche Wertentwicklungen können von den Prognosen je nach Marktentwicklung deutlich abweichen. Der Handel mit Finanzinstrumenten birgt Risiken.
Das Dokument und alle hiermit zusammenhängenden Informationen stellen keine Empfehlung und/oder Vermittlung von Wertpapieren dar. Der Kunde ist verpflichtet, die notwendigen Informationen in Bezug auf seine spezifischen Bedürfnisse bei Serafin Asset Management GmbH zu erfragen.
Die Inhalte in diesem Dokument wurden von der Serafin Asset Management GmbH nach bestem Urteilsvermögen erstellt und herausgegeben. Eigene Darstellungen und Erläuterungen beruhen auf der jeweiligen Einschätzung des Verfassers zum Zeitpunkt ihrer Erstellung, auch im Hinblick auf die gegenwärtige Rechts- und Steuerlage, die sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern kann.
Als Grundlage dienen Informationen aus eigenen oder öffentlich zugänglichen Quellen, die für zuverlässig gehalten werden. Für ihre Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit steht der jeweilige Verfasser jedoch nicht ein. Alle Index beziehungs- weise Produktbezeichnungen anderer Unternehmen als Serafin Asset Management werden lediglich beispielhaft genannt und können urheber- und markenrechtlich geschützte Produkte und Marken dieser Unternehmen sein.
Alle Inhalte dieses Dokuments dienen ausschließlich Informationszwecken. Sie dürfen daher weder ganz noch teilweise verändert oder zusammengefasst werden. Sie stellen keine individuelle Anlageempfehlung dar und ersetzen weder die individuelle Anlageberatung durch die Gesellschaft noch die individuelle, qualifizierte Steuerberatung.
Dieses Dokument wurde mit Sorgfalt entworfen und hergestellt, dennoch übernimmt Serafin Asset Management keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit. Prognosen bieten keine Gewähr für die tatsächliche Wertentwicklung in der Zukunft. Tatsächliche Wertentwicklungen können von den Prognosen je nach Marktentwicklung deutlich abweichen. Es wird keinerlei Haftung für Nachteile, die direkt oder indirekt aus der Verteilung, der Verwendung oder Veränderung und Zusammenfassung dieses Dokuments oder seiner Inhalte entstehen, übernommen.
Die Rechte am Inhalt dieses Dokuments stehen der Serafin Asset Management GmbH zu. Die Vervielfältigung ist nicht gestattet.
Stand aller Informationen, Darstellungen und Erläuterungen: 04. Januar 2023, soweit nicht anders angegeben.