Recruiting-Faktor Unternehmenskultur: Warum Firmen ihr Inneres nach Außen kehren sollten

Recruiting-Faktor Unternehmenskultur: Warum Firmen ihr Inneres nach Außen kehren sollten

Wie empfindest Du die Unternehmenskultur in Deinem Unternehmen? 

Diese Frage stellen sich nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern auch immer mehr Arbeitgeber:innen. Denn der Faktor Unternehmenskultur wird im Recruiting-Prozess immer wichtiger, um Talente für sich zu begeistern und langfristig deren Arbeitskraft im Betrieb zu halten.

Die Firma EMPiON bietet das erste automatisierte Headhunting-System – Unternehmen und Bewerber:innen werden hier auf Basis von Werten, Skills oder Unternehmenskultur gematcht. Für Letztere hat das Unternehmen auch einen objektiven Test entwickelt, um Unternehmenskultur greifbar und sichtbar zu machen. Damit helfen sie zum einen Unternehmen, ihre Unternehmenskultur zu verbessern und für den Recruiting-Prozess zu nutzen und zum anderen Arbeitssuchenden das perfekte Arbeitsplatz-Match für deren individuellen Bedürfnisse zu finden.

Doch was macht gute Unternehmenskultur aus? Wie profitieren Unternehmen davon? Wie lange dauert Kulturwandel? Ein Gespräch mit EMPiON-Gründerin Dr. Larissa Leitner.

Larissa, warum ist eine gute Unternehmenskultur ein immer wichtigerer Teil im Recruiting-Prozess? 

Dr. Larissa Leitner: “Schauen wir uns die unterschiedlichen Generationen an: Die Generation unserer Eltern hatte im Schnitt so 1,5 Arbeitgeber:innen im Leben – bei der Generation Z sind über 20 prognostiziert. Das heißt, dass die Frage, womit man Mitarbeitende halten kann, immer wichtiger wird. Dabei spielt der Faktor Gehalt nicht mehr so eine große Rolle. Das, was Arbeitssuchende oder Arbeitnehmende immer mehr interessiert, ist die vorherrschende Unternehmenskultur am Arbeitsplatz. Also: Wie ist das eigentlich, dort zu arbeiten? Welcher Führungsstil herrscht? Oder welche Benefits gibt es? Es sind also ganz viele unterschiedliche Aspekte, die sich Arbeitnehmende immer öfter anschauen – und das sind dann am Ende auch die Faktoren, die unterscheiden, ob sie dann auch bei diesem Unternehmen anfangen und dort auch langfristig bleiben möchten.“

Wie schnell wandelt, wächst und etabliert sich Unternehmenskultur eigentlich?

“Es kommt  immer ein bisschen drauf an, wo ein Unternehmen sich hin entwickeln möchte. Wir unterscheiden hier zwischen der IST-Kultur und der SOLL-Kultur. Unter anderem durch Mitarbeiterbefragungen finden wir zum Beispiel auch heraus, wie die Unternehmenskultur betriebsintern gerade empfunden wird und was sich die Beschäftigten von ihrem Traumarbeitgeber wünschen würden. Darauf basierend geben wir dann aktive Handlungsempfehlungen und helfen Unternehmen, Veränderungen zu implementieren. Diese Kulturanalyse kann man zwar öfter machen, aber wir empfehlen alle sechs bis zwölf Monate. Kulturwandel braucht einfach Zeit, um bei allen im Unternehmen anzukommen.“

Sechs bis zwölf Monate brauchen als Maßnahmen zum Kulturwandel, um zu wirken – fehlt manchen Unternehmern die Weitsicht, um den “Return of Invest” von guter Unternehmenskultur richtig und wichtig einzuschätzen?

“Wir arbeiten mittlerweile mit vielen Unternehmen zusammen, kaum eines davon hat die eigene Unternehmenskultur nicht als Recruiting-Faktor gesehen. Im Gegenteil: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wird eine gute Unternehmenskultur eher als Chance verstanden, um sich von anderen Arbeitgeber:innen abzuheben.”

Abgesehen vom Recruiting-Vorteil – wie profitieren denn Arbeitgeber ansonsten von einer guten Unternehmenskultur? Gibt es Hard Facts, wie mehr Gewinn, weniger Fluktuation oder weniger Krankentage?

“Für uns ist das ganze Thema “Employee Retention” – also Mitarbeiterbindung – die wichtigste Kennzahl. Wir sagen: Mitarbeitende, die über uns kommen haben, eine 40 Prozent höhere Retention.“

Ist eigentlich die Arbeitgeberverantwortung gegenüber Themen wie mentaler Gesundheit Teil einer guten Unternehmenskultur?

“Absolut. Das Thema mentale Gesundheit ist auch ein wichtiger Teil unserer Methodik im Bereich New Work. Und es wird auch immer öfter das Feedback von Mitarbeitenden gegeben, dass die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hier Verantwortung übernehmen muss. Wir haben zum Beispiel Kunden, die deshalb ihren Beschäftigten Purpose Zeit oder Zugang zu Psychologen anbieten. Da tut sich gerade viel und es ist klar ein Trend zu erkennen, dass Mitarbeitende darauf Wert legen, sich selbst weiterzuentwickeln.”

Wie denkst du, wirkt es sich auf Firmen aus, wenn diese proaktiv Bildungsurlaub kommunizieren – kann das auch eine gute Unternehmenskultur fördern? 

“Eine transparente, ermutigende Kommunikation vom Recht auf Bildungsurlaub ist ein toller Hebel, um zu zeigen, dass man sich als Arbeitgeber:in für die Weiterbildung der eigenen Beschäftigten interessiert. Und das hat eine positive Wirkung auf ein Unternehmen, weil die eigenen Beschäftigten glücklicher sind und eine höhere emotionale Bindung zum Arbeitgeber haben. Zudem bilden sich die Mitarbeitenden ja fort. Bildungsurlaub hat somit nicht nur den Effekt, dass man die eigene Arbeitgeber:in an sich mehr schätzt, sondern auch einen inhaltlichen Effekt durch Wachstum. Für mich ist Bildungsurlaub ein starkes Tool für eine gute Unternehmenskultur und ein attraktiver Mitarbeiter-Benefit im Recruiting-Prozess, der bei Arbeitnehmenden enorm positiv ankommt.”

Zwischen Wand und Wandel: New Work in progress 

Diese Artikel, News und Kommentare haben mich in den letzten Wochen interessiert: 

News von Experten kuratiert: Die App Informed hat gelauncht

Nachrichten konsumieren wir alle. Doch welche sind relevant und richtig? Das Berliner Startup Informed will Durchblick in der Informationsflut schaffen - durch News, die von Menschen kuratiert werdern. Eine der Expertinnen für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz: ich. Ich freue mich an Board zu sein. Hier findest du meine persönlichen Leseempfehlungen.

Gesprächsführung lernen: Wie hören Sie zu? (Harvard Business Manager)

In letzter Zeit beschäftige ich intensiver damit, wie ich zuhöre und als Gesprächspartnerin reagiere. Der Artikel bringt praktische und spannende Beispiele, wie man besser auf das (Un)Gesagte reagiert. Also stattdessen man über Sorge eines Mitarbeitenden, der eine Präsentation halten muss, hinweggeht mit den Worten 'Ist doch halb so wild, das werden Sie super machen' - werden im Artikel gute Alternativvorschläge gemacht, damit das Gegenüber sich gehört fühlt:

Mitarbeiter: "Ich mache mir Sorgen wegen meine Präsentation vor dem Board."
Vorgesetzter: "Ich war auch nervös, als ich die ersten Male präsentiert habe. Worüber machen Sie sich genau Sorgen?"

Ein dazu passender Lesetipp: "Das Buch, von dem du wünschtest, deine Eltern hätten es gelesen" von Philippa Perry

Dafür, dass es verschiedene Wege zuzuhören und zu antworten gibt, hat mich das Buch von Philippa Perry sensibilisiert. Auch sie arbeitet mit konkreten Situationen und vielen verschiedenen Alternativ-Antwort-Möglichkeiten darauf, um Konflikte nicht entstehen zu lassen oder aufzulösen. Das Buch eröffnet einem neue, bereichernde Möglichkeiten für den zwischenmenschlichen Umgang - nicht nur mit Kindern. Auch in Partnerschaft, Freundschaften und beruflichen Beziehungen.

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