Smart Building Lösungen für den Gebäudebestand - Sofortmaßnahmen für Mehrfamilienhauseigentümer

Smart Building Lösungen für den Gebäudebestand - Sofortmaßnahmen für Mehrfamilienhauseigentümer

Artikel von Dr. Claudia Nagel – 06.07.22

Die Wohnungswirtschaft, und somit der Immobilieneigentümer steht vor der wohl größten inhaltlichen Herausforderung seit dem Beginn des industriellen Wohnungsbaus und dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg.

40% der CO2 Emissionen aus dem Gebäudebestand

Der Gebäudebestand in Deutschland ist für mehr als 40% der CO2 Emissionen verantwortlich. Entsprechende der aktuellen Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland soll dieser CO2 Ausstoß bis 2030 halbiert werden und alle Gebäude sollen bis 2045 komplett klimaneutral sein – komplett, d.h. einen CO2 Ausstoß von 0%!

Die Wohnungswirtschaft hat eine extrem fragmentierte Eigentümerstruktur. Mehr als 80% der Mehrfamilienhäuser im Bestand werden von Einzelpersonen mit einem kleinen Immobilienportfolio gehalten, die keinen technischen Hintergrund haben, weil sie Rechtsanwälte, Zahnärzte, oder Steuerberater sind.

Auch diese kleinen Portfolien müssen für sich einen Klimapfad definieren. Und gerade vor dem Hintergrund der rasant steigenden Energiekosten macht es doppelt Sinn, die Verbräuche der Gebäude in den Fokus zu Rücken.

Viele Fragen, zu wenige Antworten

Aber wo anfangen? Und wie bringt man diesen Pfad in den Einklang mit den Interessen der Mieter, mit wirtschaftlichen Betrachtungen und sozialen Aspekten. Was darf es kosten? Wie kann es geschafft werden?

Aktuell werden nur 1,1% der Bestandsgebäude in Deutschland p.a. energetisch saniert. Es fehlen hier nicht nur finanzielle Mittel, sondern vor allem Ressourcen und Baukapazitäten, denn diese konkurrieren mit dem Neubau, der auch zu langsam vorankommt (Nachfragestau). Der Pfad hin zu Klimaneutralität ist also in der Kombination von energiesparenden Smart Building Lösungen zu sehen. Eine einzelne Lösung bringt nur 20-30 Prozent, aber die Kombination aus zum Beispiel einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Mieterstrom und einem Energiespeicher kann die 0% erreichen. Leider gibt es für das Mehrfamilienhaus bisher keinen einfachen Standard wie hier vorzugehen ist. Jedes Haus ist ein Einzelprojekt, was individuell konzipiert wird. Die Vorgehensweise ist experimentell.

Immobilienverwalter in der zentralen Rolle

Hier kommt der Immobilienverwalter ins Spiel. Während der Eigentümer immer nur sein eigenes Portfolio im Blick hat, sieht der Verwalter deutlich mehr Objekte, kennt die Wirksamkeit verschiedenster Maßnahmen aus der Praxis und kann hier Benchmarks machen. Gemeinsam mit dem Eigentümer ist dieser so in der Lage, einen Entwicklungspfad für die Gebäude im Bestand zu erstellen.

Wie in einem Baukastensystem kann er in Abhängigkeit der jeweiligen Gebäudeeigenschaften 3-5 Smart Building Lösungen kombinieren und so für jedes Bestandsgebäude den richtigen Pfad zur Klimaneutralität definieren - Plug Play.

Die Schritte

Hierbei sind mehrere Schritte zu durchlaufen:

  1. Zunächst sind alle Verbrauchsdaten für Wärme, Wasser, Strom und deren CO2- und Treibhausgasemissionen für das Gebäude zu erfassen
  2. Im nächsten Schritt überprüfen wir alle Energielieferverträge, um zu ermitteln, welche durch Technologie- oder Brennstoffwechsel klimaneutral umgestellt werden können
  3. Nun nehmen wir die technischen Daten des Gebäudes in den Fokus, von der Art der Heizungsanlage bis hin zur Bausubstanz um freie Potenziale aufzuzeigen
  4. Im Anschluss erfolgt die Planung von eigener ergänzender Energieerzeugung in der Immobilie
  5. Im 5. Schritt werden die Mieter und Nutzer einbezogen, informiert und deren alltägliches Verhalten um Energieeinsparmaßnehmen ergänzt
  6. Kontinuierliche Bilanzierung aller Maßnahmen im Halbjahrestakt und Monitoring des CO2 Restbudgets

Wichtige ist die zyklische wiederkehrende Betrachtung, also ein wiederkehrendes Monitoring, nicht zuletzt, da die technologischen Lösungen sich kontinuierlich verbessern. Auch das Thema aktueller Förderrichtlinien wird hierbei beleuchtet.

So viel Einsparungen sind möglich

Für ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus kann sich über einen Entwicklungszeitraum von 2-3 Jahren am Ende folgendes Zielbild ergeben:

Ausgehend von einem Altbau Mehrfamilienhaus mit ca. 2650m2 mit Fernwärme könnten folgende unterschiedliche geringinvestive Maßnahmen getätigt werden. Zum einen kann die Fernwärmeleistung angepasst, die Hydraulik abgeglichen sowie eine Smarte Heizsteuerung eingebaut werden.

Die geschätzte Investition für diese Maßnahmen belaufen sich auf ca. 20.000€. Die jährlichen Kosteneinsparungen die dadurch generiert würden belaufen sich auf ca. 9.000€ pro Jahr. Die Einsparungen ergeben sich durch die Reduzierung der Fernwärmeleistung und Verbrauchsreduzierung.

Beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Neukölln konnte durch eine Fernwärme- Leistungsreduzierung eine Kostenersparniss von 7.100€ im Jahr erzielt werden. Die smarte Heizungsoptimierung sorgte für bis zu 23% Energieersparnis.

Die Einsparungen durch geringinvestiver Effizienzdienste kann je nach Gebäude jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Deshalb wird empfohlen die Dienstleistungen über das gesamte Portfolio auszuweiten, so dass im Durchschnitt signifikante Reduzierungen erzielt werden können.

Zusätzlich ist es wichtig, das „E“ in ESG auch in den Einklang mit den anderen zwei Dimensionen für den Eigentümer bringen und daher ein ganzheitliches Leistungsmanagement für den Eigentümer zu entwickeln, welches nicht nur Klimaziele und Finanzziele sondern auch weitere Elemente ermöglicht.

Vom Verwalter zum Manager der Immobilie

Der moderne Immobilienverwalter versteht sich nicht als „Verwalter“ sondern als Manager der Immobilien gemeinsam mit dem Eigentümer. Dies geschieht natürlich in einer digitalen Plattform. Digitale Plattformen gibt es schon einige, jedoch nur sehr wenige, in denen sich Eigentümer und Manager in einem kollaborativen Ansatz mit dem Zielbild der Immobilie im ESG Kontext beschäftigen und einen Pfad haben, zur Klimaneutralität 2045. 

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