Starke Führung, starke Teams
Wollen Teams mehr Selbstständigkeit oder eine klare Führung? Dieser Frage widmet sich eine Studie von Prof. Dr. Joachim Hasebrook und Prof. Dr. Benedikt Hackl, in der sie 300 Mitarbeiter aus dem deutschen Mittelstand befragten. Das Ergebnis ist überraschend und scheinbar widersprüchlich – aber dazu später mehr.
Selbstführung vs. Fremdführung
Bevor das Ergebnis der Studie bekanntgegeben wird, soll zunächst kurz gezeigt werden, wodurch sich eine hohe Selbstständigkeit der Teams und eine starke Steuerung durch die Organisation kennzeichnen:
Verantwortung
- Selbstführung: Die Verantwortung ist auf möglichst viele Teammitglieder verteilt.
- Fremdführung: Die Führungskraft hat das Sagen und eine klar definierte Position in der Hierarchie. Sie trägt die volle Verantwortung für die Arbeitsergebnisse.
Entscheidungen
- Selbstführung: Gemeinsam // dezentral und autonom // partizipativ
- Fremdführung: Hierarchisch
Aufgaben und Teamentwicklung
- Selbstführung: Selbstverantwortete Gestaltung der Teamentwicklung und ein klarer Lern- und Ziel-Plan für die Weiterentwicklung des Teams sowie die individuelle Entwicklung.
- Fremdführung: Die Aufgaben werden zentral koordiniert.
Was sagen sich die Mitarbeiter?
Die 300 Kandidaten wurden dazu befragt, ob sie mehr Team- oder mehr Managementsteuerung wollen. Das Ergebnis überrascht. Denn vermutlich hätten die beiden Autoren der Studie im Vorfeld klar auf die Selbstführung gesetzt.
Aber: Die Mitarbeiter wollen beides! Und zwar wünschen sich rund 75 Prozent eine hohe Teamorientierung bei gleichzeitig klarer Führung von außen. Gerade einmal 14 Prozent wollen in selbstorganisierten Teams arbeiten, dabei ist „Selbstorganisation“ derzeit doch gar nicht mehr aus dem Fachjargon rauszudenken?
Widerspruch oder funktionierende Partnerschaft?
Selbstorganisation UND Führung von außen – widerspricht sich das nicht? Nein, meinen die Autoren, die auf Richard Hackman verweisen, der in seinem Buch „Leading Teams: Setting the Stages for Great Performances“ über die vier Formen der Teamorganisation spricht:
- Managergeführte Teams
- Sich selbst führende Teams
- Sich selbst gestaltende Teams und
- Autonome Teams
Derzeit findet man in den meisten Unternehmen die managergeführten oder sich selbst führende Teams.
Um die Frage nach dem Widerspruch zu beantworten, erörtern die beiden Autoren, welche Eigenschaften Höchstleistungsteams ausmachen. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Höchstleistungsteams bei der Polizei, der Feuerwehr oder im Rettungsdienst in der Lage sein zu müssen „schnell situationsgerechte Entscheidungen zu treffen“. Diese Teams finden sich meist zwischen „managergeführt“ und „sich selbst führend“ wieder. Ihre besondere Eigenschaft:
Managergeführte Teams und sich selbst führende Teams zeichnen sich durch ein flexibles, an die Situation angepasstes Verhalten aus, das zugleich hoch effizient ist.
Konkret bedeutet dies, dass die Mitglieder von Hochleistungsteams…
- eine hohe, intrinsisch motivierte Leistungs- und Einsatzbereitschaft aufzeigen,
- wissen, dass sie Probleme nur durch Zusammenarbeit lösen können,
- Aufgabenverteilung und Teamrollen sehr klar definieren und diese über Einsätze hinweg variieren,
- vor Ort eine direkte Wertschätzung ihres Wissens und Könnens erfahren
- und sie aber auch die Vorgaben und Richtlinien der Organisation respektieren.
Gerade durch die Wertschätzung bleiben sie hoch motiviert und lernen durch die gemeinsame Reflektion im Team permanent hinzu. Wenn im Team zudem Konsens darüber besteht, was gelernt und verbessert werden muss, entwickelt sich die Leistung des Teams weiter.
Der scheinbare Widerspruch, dass Teams sowohl eine starke Teamorientierung als auch eine klare Führung wollen, erweist sich als förderlich für die Teamleistung. Denn nur so können sie mit den richtigen Rahmenbedingungen ihr Leistungspotenzial ausschöpfen. Im Idealfall sind starke Teams und starke Führung eine funktionierende Partnerschaft, in der Führungsstrukturen und -personen in der Organisation die Rahmenbedingungen für Teamarbeit schaffen und sich Teams in diesem Rahmen steuern und selbstgesteuert weiterentwickeln.
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Quelle: Personalmagazin, Ausgabe 02/2020, Autoren: Prof. Dr. Joachim Hasebrook und Prof. Dr. Benedikt Hackl