Was Startups jetzt brauchen, um im harten Zinsumfeld Erfolg zu haben
Liebe Leser:innen,
willkommen zu einer Sonderausgabe von Finanzen in Kürze. Heute widmen wir uns einem längeren Interview der Startup-Branche in Deutschland. Die Zinswende hat das Umfeld für viele Gründer:innen rauer werden lassen. So rau, dass selbst große Einhörner wie WeWork oder Gorillas den neuen Bedingungen nicht standhalten konnten. Mit Stefan Wagner , Leiter der SAP Labs in München, sprechen wir in dieser Ausgabe darüber, was Gründer:innen nun brauchen, um erfolgreich zu sein, welche Förderprogramme innovative Startups immer noch unterstützen und wie Unternehmen junge und kreative Köpfe in Zeiten des Fachkräftemangels für sich gewinnen.
Viel Spaß beim Lesen!
Ihre Nele Behrens
“Wir beweisen das Gegenteil – wir können in Deutschland Innovation schnell kreieren und einsetzen”
Stefan Wagner leitet die SAP Labs in München, ein Entwicklungszentrum für die Bereiche Industrie 4.0, neue Mobilität und Nachhaltigkeit. Die SAP Labs arbeiten dabei eng mit Startups zusammen, etwa über die Partnerschaft mit dem Zentrum für Innovation und Gründung UnternehmerTUM . Mit SAP Hypergrowth Catalyst Program und GROW with SAP hat der Technologiekonzern zudem eigene Programme, um junge Gründer:innen in Deutschland zu fördern. Mit LinkedIn News DACH spricht Wagner über das neue Umfeld für Startups in Deutschland, ob Deutschland wirklich so innovationsmüde ist wie immer beklagt wird und was Gründer:innen brauchen, um jetzt erfolgreich zu sein.
LinkedIn News DACH: Die Zinswende hat das Klima bei Startups einbrechen lassen. Kommt langsam der Optimismus in die Branche zurück?
Stefan Wagner: Durch die Zinswende schauen sich Investoren die Business-Modelle und Wachstumsmöglichkeiten der Startups genauer als je zuvor an. Die zeitnahe Profitabilität der Startups rückt mehr in den Fokus statt Wachstum um jeden Preis. Obwohl sich die Investitionssumme im Vergleich zum Peak-Jahr 2021 halbiert hat, liegt sie in den vergangenen beiden Jahren noch immer deutlich über dem Niveau von 2019 und 2020.
Tragfähige Geschäftsmodelle werden von den Investoren weiterhin gut finanziert. Problematischer ist es hingegen für Innovationen, die bei der Produktentwicklung eine längere Entwicklungsphase mit unklarem Ausgang haben. Doch gerade das Münchner Ökosystem nutzt diese Umbruchphase, um langfristig tragfähige Strukturen für Gründerinnen und Gründer weiter auszubauen.
LinkedIn News DACH: Was sind aktuell die größten Hürden für junge Unternehmen?
Stefan Wagner: Mehr denn je sind die Startups gefordert, effizient zu wirtschaften und die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells zu belegen. Zusätzlich haben Investoren auch einen starken Fokus auf das Absichern der bestehenden Investments. Dennoch bekommen Startups mit sehr guten Ideen weiterhin Fundings. Dazu ist es wichtig, dass das Startup seinen Weg zur Profitabilität aufzeigt und dass das Geschäftsmodell zeitnah realisierbar ist.
Genau hier unterstützt SAP die Startups unter anderem mit dem SAP Hypergrowth Catalyst Program und GROW with SAP. Für Startups ist es von entscheidender Bedeutung, um den Product-Market-Fit herum auch gleichzeitig das Unternehmen hinter ihrem Produkt aufzubauen. Also operative Geschäftsprozesse zu etablieren, die reibungslose und skalierbare Geschäftsabläufe ermöglichen.
LinkedIn News DACH: In welchen Branchen haben Startups aktuell die besten Marktchancen?
Stefan Wagner: Startups in den Bereichen AI, ClimaTech, FinTech, Mobility, Health und SaaS haben zurzeit die besten Chancen auf Erfolg. Diese Bereiche bieten ein großes Wachstumspotenzial. FinTech-Startups profitieren weiterhin von der Digitalisierung des Finanzwesens und dem Trend zu mobilen Zahlungen. AI-Startups haben das Potenzial, eine Vielzahl von Branchen zu revolutionieren. Darunter unter anderem das Gesundheitswesen, die fertigende Industrie und Kundenservices.
Sehr viel bewegt sich auch im Bereich der Health-Startups. Sie entwickeln neue Behandlungsmethoden und Technologien zur Prävention und Verbesserung der individuellen Gesundheit. Und Software-Startups schaffen nicht zuletzt gänzlich neue Produkte und Dienstleistungen. Das Münchner Ökosystem ist für alle diese Bereiche ein idealer Standort.
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LinkedIn News DACH: Deutschland wird oft mangelnde Innovationsfähigkeit zugeschrieben. Dabei haben viele Hochschulen und Institute in Deutschland einen international angesehenen Ruf und forschen und lehren schon seit einigen Jahren zu KI. Beispiele wären etwa die Ludwig-Maximilians-Universität München oder das Hasso Plattner Institute . Wo bleibt also die Innovation?
Stefan Wagner: Dem kann ich nicht zustimmen, denn Acceleratoren wie die UnternehmerTUM beweisen genau das Gegenteil – dass wir in Deutschland Innovation schnell kreieren können und diese auch bei Kunden einsetzen können.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Format der Digital Product School (DPS), das von der UnternehmerTUM angeboten wird. Dort bekommen wir ein externes Team bestehend aus Product Manager, Interaction Designer, Software Engineer und AI Engineer für zwölf Wochen und können einen Prototyp zu einer spezifischen SAP-Fragestellung bauen. Das Team hat mittels dieses Formats eine Plattform zum Teilen von CO2-Daten und anderen Emissionsdaten gebaut, dies dann überführt und nach einem halben Jahr das Feature „Carbon Data Exchange“ geschaffen, das mittlerweile bei uns als Produkt verfügbar ist.
LinkedIn News DACH: Immer wieder klagen Unternehmen über mangelnde Fachkräfte. Inwiefern dämpft dieser Fachkräftemangel Deutschlands Innovationsmöglichkeiten?
Stefan Wagner: Es ist unbestreitbar, dass der Erfolg eines Unternehmens stark von der Kreativität und Ausbildung seiner Mitarbeiter abhängt. Im Hinblick auf den angesprochenen Fachkräftemangel müssen daher aus meiner Sicht Unternehmen eine aktive Rolle bei der Förderung und Ausbildung ihrer Mitarbeiter übernehmen. Dies kann durch strategische Personalplanung erreicht werden, die sowohl ausbildungs- als auch kreativitätsfördernde Maßnahmen beinhalten.
Bei SAP binden wir daher frühzeitig Studenten in das Unternehmen ein, was ihnen wertvolle praktische Erfahrungen ermöglicht, die sie in ihrer späteren Karriere nutzen können. Darüber hinaus gibt es ein Rotationsprogramm für Bachelor-Studenten, die dann ihren Master bei SAP machen und verschiedene Abteilungen des Unternehmens kennenlernen.
LinkedIn News DACH: Aktuell verliert Deutschland mehr junge Fachkräfte ins Ausland als es anzieht. Sollte man angesichts des Fachkräftemangels die Bedeutung von Studienabschlüssen überdenken und eher auf Zertifikate und Fortbildungen setzen?
Stefan Wagner: Die Abwanderung von jungen Fachkräften aus Deutschland ist ein Problem, das wir unbedingt lösen müssen. Ich glaube aber nicht, dass daran die Änderung von Studienabschlüssen etwas ändern wird. Aus meiner Sicht sollten wir vielmehr die Ausbildung von Fachkräften attraktiver und noch hochwertiger machen. Dabei kann das Angebot von Zertifikaten und Fortbildungen selbstverständlich helfen, es kommt aber auch auf die Verzahnung mit der Praxis an. Denn ferner gilt es auch zu bedenken, dass ein Studium nicht immer die notwendigen Fähigkeiten vermittelt, die eine Person für die Arbeit benötigt, die sie ausüben möchte. Wir lernen und wachsen schließlich „on the job“ – und nicht allein von theoretischem Wissen.
LinkedIn News DACH: Nehmen wir mal an: Ich bin ein junger Mensch mit einer innovativen Idee, um ein KI-Startup zu gründen. Welche Möglichkeiten habe ich in Deutschland für mein Geschäft im Vergleich zu den USA? Gibt es da in Deutschland womöglich Nachholbedarf?
Stefan Wagner: In Deutschland haben wir eine starke Industriebasis und zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten, öffentliche Fördermittel wie private Investoren, also eigentlich eine solide Grundlage, um ein Startup zu gründen. Bisweilen stehen Gründerinnen und Gründer vor der verlockenden Entscheidung, ob sie die Größenvorteile des amerikanischen Marktes nutzen sollen. Darüber hinaus gibt es in den USA viele VC-Gesellschaften, die bereit sind, insbesondere in KI-Startups zu investieren.
Deutschland hat aber in den letzten Jahren ganz eindeutig an Gründungsinfrastruktur hinzugewonnen und die Professionalität aller Akteure wie Inkubatoren, Acceleratoren, Investoren, Bildungseinrichtungen und Industrie gesteigert. Musterbeispiele sind das Münchner UnternehmerTUM Netzwerk und der @Innovation Park KI in Heilbronn.
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Redakteurin: Nele Behrens
Redaktionelle Bereichsleitung: Silvia Müller
Chefredaktion: Jakob Schulz
Internationale Redaktionsleitung: Sandrine Chauvin
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1 JahrDie im Artikel getroffene Aussage wird mehr und mehr auch für Innovations-Entscheidungen innerhalb von Unternehmen gelten. "Tragfähige Geschäftsmodelle werden von den Investoren weiterhin gut finanziert. Problematischer ist es hingegen für Innovationen, die bei der Produktentwicklung eine längere Entwicklungsphase mit unklarem Ausgang haben."
Art de Vivré is a program to guide women to create a life-style changes through the habits of transformation, self-discovery and supportive community.
1 JahrDeutschland immer mit guter Ideen, aber die Regierung bremst Programmen, daß die leider im Ausland mehr Erfolg haben können.