STOs & mehrstufige KYCs

STO (Wertpapier-Token-Angebot) ist definitiv ein führender Anwärter für das Schlagwort des Jahres, das viele Experten als die Zukunft der Kryptoindustrie bezeichnen. Aber bei allem Hype um ihn herum bleibt die Idee hinter einem Security-Token-Angebot etwas schwer fassbar - heute werden wir tiefer in das Innenleben dieses neuen Instruments eintauchen.

Kurz gesagt, ein Wertpapier-Token-Angebot ist eine tokenbasierte Fundraising-Lösung, die den Wertpapiervorschriften vollständig entspricht. Da Finanzmarktbeobachter auf der ganzen Welt einen strengeren Ansatz für Token-Assets verfolgen, sind STOs ein logischer nächster Schritt und eine willkommene Entwicklung für die Branche.

Bedeutet dies, dass diese neuen Instrumente strikt besser sind als Initial Coin Offerings (ICOs)? Die Antwort ist komplexer, als es scheint. STOs haben eine Reihe von entscheidenden Vorteilen beim Schutz der Anlegerrechte und bei der Minimierung regulatorischer Risiken für Token-Emittenten. Da es sich bei STO um eine Art Privatplatzierung handelt, ist es auch ein viel kostspieligeres Unterfangen als ein ICO, das im Grunde genommen eine verherrlichte Crowdfunding-Kampagne ist. STO hat auch einen anderen Umfang, da es nur professionelle Investoren ansprechen kann. Alles in allem handelt es sich bei ICO und STO um unterschiedliche Finanzierungsmechanismen, die in unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden.

Der ICO-Markt verzeichnete im vergangenen Jahr ein explosives Wachstum, schien aber bis Mitte 2018 an Dynamik verloren zu haben. Die ICOs sammelten im ersten Halbjahr mehr als 17 Milliarden US-Dollar, von Juli bis November nur rund 5 Milliarden US-Dollar. Während jedoch erwartet wird, dass STOs in den kommenden Jahren die Branche dominieren werden, wäre es verfrüht zu erwarten, dass das ICO-Modell vollständig verschwindet. STO ist mit höheren Kosten für den Emittenten verbunden, so dass es am besten mit B2B-Unternehmen und etablierten Start-ups zusammenarbeitet, die eine Finanzierung in der späteren Phase suchen (Serie A und darüber hinaus). In naher Zukunft wird ICO höchstwahrscheinlich noch von Pre-Seed- und Seed-Phasen-Projekten sowie von gemeindegetriebenen Produkten genutzt, die auf ihre Nutzerbasis und nicht auf institutionelle Investoren zur Finanzierung angewiesen sind. Wenn der Markt ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht hat, in dem vorgefertigte STO-Lösungen verfügbar werden und die damit verbundenen Kosten sinken, können kleinere Unternehmen das neue Modell schrittweise übernehmen.

Was genau würde es also erfordern, um ein Security-Token-Angebot zu starten? Zunächst einmal ist ein tiefes Verständnis des Regulierungs- und Compliance-Rahmens in der von Ihnen gewählten Rechtsordnung von größter Bedeutung. Wenn Sie beispielsweise ein SEC-konformes Token-Angebot planen, aber keine Ahnung haben, was Regulation S, Regulation A, Rule 506 (b), etc. tatsächlich bedeuten, müssen Sie auf jeden Fall einen qualifizierten Wertpapierberater einstellen und für Rechtsberatung bezahlen. Die Wahl zwischen diesen verschiedenen Regeln für die Befreiung von der Registrierung würde Ihre rechtlichen Verpflichtungen definieren - und so müssen Sie Ihre Strategie gestalten.

Zweitens, seien Sie bereit, eine deutlich höhere Rechnung für Rechtsdienstleistungen und Compliance zu bezahlen. Der KYC/AML-Prozess würde sicherlich zu einer längeren, mehrstufigen Angelegenheit werden. Es ist unmöglich, dass eine regulierte Börse vollständig auf diese Verfahren verzichtet. Gleichzeitig erwarten die Aufsichtsbehörden von den Emittenten eine Sorgfaltspflicht. Beispielsweise verlangt die SEC von Ihnen, dass Sie bestätigen, dass ein Anleger ein "akkreditierter Anleger" in Übereinstimmung mit den Wertpapiergesetzen ist. Es mag ein Schock nach dem sorglosen Ansatz der ICO-Ära sein, aber die STOs werden über mehrstufige KYCs auf Börsen- und Emittentenebene verfügen.

Schließlich sollten Sie bedenken, dass STOs eine andere Art von Marketingkampagne erfordern würden als ICOs. Letztere waren oft ähnlich wie Crowdfunding, wobei ein Großteil der Mittel von der Community und der Nutzerbasis des Projekts kam - daher setzte ICO Marketing stark auf Social Media. Nur professionelle Investoren können an STOs teilnehmen - und sie sind ein informiertes Publikum, das viel schwieriger zu beeindrucken ist. Die Werbung für Ihr Produkt- und Geschäftsmodell bei professionellen Investoren würde viel mehr Aufwand und ein beträchtliches Marketingbudget erfordern.

Werner Laga - R&D Manager / Compliance