Subtile Ohrfeige

In 3 Sekunden geht die Welt unter.

Also deine, die du in deinem Text erschaffst. Länger hast du nicht, um dein Publikum zu halten.

Lass uns darüber sprechen, wie wir das Goldfisch-Problem der kapriziösen Aufmerksamkeit lösen können.  

Die übliche Herangehensweise basiert auf einem Denkfehler.

Den decke ich gleich auf. Halt meinen Grüntee.

Kennst du diesen Werbespot-Klassiker – der heute immer noch so genial ist wie vor 30 Jahren?

Eine Frau im roten Cocktailkleid tigert in der Wohnung auf und ab. Eine Uhr tickt. Sie wartet.

Wir hören einen Schlüssel drehen, und die Tür öffnet sich.

„Tut mir Leid, ich hatte eine Panne“, sagt der Gatte zur Begrüßung.

Die Schöne entgegnet kühl: „Mit deinem Mercedes.“

Dann knallt sie ihm eine. Watz!

Der Spot endet mit einer dezenten Einblendung:

Laut ADAC-Pannenstatistik hat ein Mercedes erst nach über 1 Million Kilometern eine Panne.

3 meiner 4 Kinder haben die Idee nicht verstanden – obwohl sie sicher waren, sie hätten es gerafft.

Sogar mein fast 15-Jähriger dachte, die Frau sei sauer, weil ihr Mann eine Panne mit dem teuren Auto hatte. 

🤦♀️Aaaaalso, Kinder. Ich geb‘ mal den Erklärbär…

Klar, der Kerl wollte mit seiner lahmen Pannen-Ausrede eine Affäre verschleiern. Die Lüge ist offensichtlich, weil die Wahrscheinlich praktisch nicht existent ist, mit einem Mercedes liegenzubleiben.

Für uns Erwachsene öffnet sich ein Kontext-Menü im Kopf und die prekäre Geschichte eines Betrugs poppt auf.

Die Genialität der Idee liegt darin, all das nicht zu sagen.

Der bescheidene Satz „Mit deinem Mercedes“ triggert die ganze Story. Die damals krass gewagte Ohrfeige verstärkt den Effekt nur.

Tja, warum erinnere ich mich seit 1995 an diesen Spot? Und an so viele andere nicht?

Das Copywriting ist subtil!

Also das Gegenteil von explizit.

Genau das macht es so befriedigend, den Spot anzuschauen. Wir freuen uns, dass wir die Idee verstanden haben. Weil wir unser Hirn dafür eine Sekunde anstrengen mussten.

Wir durften nachdenken, yeah! So verwurzeln sich Erinnerungen im Kopf.

Warum singen dann sämtliche Copywriting-Messiasse das Lied der Simpelkeit?

Wenn du maximal 3 Sekunden Aufmerksamkeit hast, wollen sie sicherstellen, dass in dieser Zeit alle wichtigen Infos rüberkommen.

Das ist aber zu kurz gedacht.

Deine Texte sollen im Gedächtnis bleiben!

Schaffst du das, wenn du den Captain-Obvious-Hut aufsetzt und beim Vorkauen Händchen hältst?   

Irgendwann schon. Wiederhole etwas oft genug und es wird wahr.

Aber hast du die Zeit und das Budget? Vor allem: Willst du den Menschen, die deine Texte lesen, auf die Nerven gehen?

Den Gegensatz zwischen subtil und explizit kannst du bei zwei aktuellen Serien beobachten, die beide in Italien spielen:

1. „Ripley" ist ein schwarzweißes Meisterwerk des subtilen Storytellings. Nichts wird direkt ausgesprochen, aber in jeder Szene schimmern tiefere Bedeutungsebenen durch den Boden aus seidenfeinen Spinnweben hindurch. Fantastico!

2. Im Blut-und-Sandalen-Spektakel „Those about to die“ nagelt Roland Emmerich mehr Kalendersprüche mit Neonfarbe an den Zaunpfahl als Sklaven ans Kreuz. Bedeutungsschwere Sätze wie „Das Wertvolle findet man immer oben“ werden zur Sicherheit wiederholt, damit das doofe Publikum sie auch versteht.

Rate mal, was mehr Spaß macht? Ja, da helfen nicht mal die Mutanten-Krokodile im Kolosseum. 

Okay, wir sind uns einig: Direkt und ohne jede Raffinesse sagen, was Sache ist, reicht nicht.

Subtil gewinnt.

Wie schaffst DU es, dass deine Texte in Erinnerung bleiben wie die Mercedes-Ohrfeige?

Ein schlauer und subtiler Weg ist, in deiner typischen Brandvoice zu schreiben.

Unsere Workshop-Teilnehmer*innen waren begeistert, wie einprägsam ihre neuen Texte wurden, wenn die Brandvoice erst einmal steht.

Deshalb veranstalten wir wieder einen Brandvoice-Workshop, der am 7. Und 14. August stattfindet.

Zeig her, Daniela!

Schreib ehrlich gefährlich

Daniela

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