Teil 1: Digitalisierung im Schaltanlagen- & Steuerungsbau - wie es früher war
Steuerungsbau konventionell

Teil 1: Digitalisierung im Schaltanlagen- & Steuerungsbau - wie es früher war

Im fiktiven Schaltanlagenbau Kurzschluss AG beschreiben wir einen Arbeitstag des Projektleiters Michael Litze. Er erzählt aus der Praxis worin die Schwierigkeiten, Zeitfresser und Herausforderungen bestehen.

Arbeitsbeginn

Der Arbeitstag von Michael Litze beginnt bereits morgens um 7 Uhr. Beim Gang durch die Produktion grüsst er den Automatiker Josua Starkstrom und die Verdrahterin Karin Schnell-Pressen. In Gedanken ist er bereits bei seinem gestern nicht abgeschlossenen Projekt. Er wartete vergeblich auf einen wichtigen Preis eines Leistungsschalters, welchen er für die Offerte der Schon-gestern GmbH benötigt.

Sogleich startet er seinen PC. Doch was ist das? Der PC meldet, er müsse Updates installieren. Nach einigen Minuten ist es geschafft, die Updates sind installiert. Für die Offerte will er kurz prüfen, ob der Leistungsschalter wirklich den richtigen Auslöser hat. Im Regal sucht er nach dem Lieferantenkatalog, welchen er aber nicht findet. Bei der Suche stellt er das ganze Büro auf den Kopf, bis er den Katalog schliesslich unter verteilten Schemablättern auf dem Tisch von Projektleiter Tom Vergesslich findet.

Optimistisch geht es weiter

Es ist bereits 7.30 Uhr und Michael hat noch nichts erledigt. Nach einigem Blättern im Katalog, findet er die Seite mit dem entsprechenden Leistungsschalter. Nun im Mailprogramm nachschauen, ob der Lieferant den gestern telefonisch angefragten Preis geschickt hat. Doch das sehnlich erwartete Mail ist nicht da.

Michael ruft entnervt Herrn Kupfer beim Lieferanten an. Doch er geht nicht ans Telefon, stattdessen nimmt sein Kollege ab. Herr Kupfer sollte um 8.15 Uhr im Büro sein.

Aufräumen sollte ich auch schon lange

Schon wieder warten… was soll er in dieser Zeit tun? Er entschliesst sich, endlich das Papier auf seinem Tisch aufzuräumen. Dabei stösst er auf die Rechnung des Festnetzanbieters, welche bereits überfällig ist und visiert diese kurzum.

Die beiden Schemas für die nächsten Projekte räumt er auch noch weg. Da hat es alte und neue Seiten. Die alten Seiten braucht er nicht mehr und entsorgt diese im Altpapier. Dabei übersieht er den an einer Seite klebenden Notizzettel, auf welchem ihm sein Kollege «Dringend Herr Willbestellen anrufen. Er hat noch eine Frage und muss Morgen bestellen.» geschrieben hatte.

Endlich ist wieder Ordnung auf dem Tisch. Inzwischen ist es 8.30 Uhr und das Telefon klingelt. Herr Kupfer ist am Apparat und erkundigt sich, ob der Preis in Ordnung sei. «Welche Offerte? Darauf warte ich ja dringend!» «Sie haben recht, ich habe die Offerte versehentlich an Ihren Kollegen Herrn Markus Kabel gesendet. Bitte entschuldigen Sie.» In der nächsten Minute hat Michael den Preis im Mail-Eingang und kann endlich die Offerte fertigstellen. Nun das PDF generieren und an der gewohnten Stelle auf seinem Desktop speichern. Noch kurz das Mail schreiben, den Anhang auf dem Desktop suchen und raus damit. «Geschafft» nun ist Michael endlich etwas entspannter.

Lieferanten-Bestellungen erledigen

Um 9.20 Uhr widmet er sich dem nächsten Projekt auf seinem Tisch. Aus dem ausgedruckten Elektroschema schreibt er die Komponenten der verschiedenen Lieferanten heraus. Der Einfachheit halber schickt er den meisten Lieferanten eine Mail als Bestellung, in welchem er die Artikel und Stückzahlen aufschreibt. Den Schaltschrank bestellt er telefonisch, das geht am einfachsten.

Etwas fehlt noch

Um 10.05 Uhr kommt Josua zu ihm ins Büro und fragt, wo denn die FI Typ B für seinen Auftrag sind? Michael überlegt, er war der Meinung, alles Material sei da. In seinem Maileingang sucht er die Mailbestellung, unsicher wo der Fehler liegt und ruft den Lieferanten an. Der Lieferant sagt, dass diese FI Lieferverzug haben und erst in 2 Wochen verfügbar sind. Er habe ihm vor einiger Zeit eine aktualisierte Auftragsbestätigung gesendet. Michael sagt zu Josua: «Dann musst du wohl ohne diese FI weiter machen. Die sind ja baugleich wie die anderen die du schon hast. Das sollte also schon gehen.» Michael widmet sich wieder den Materialbestellungen.

Vergessenes Abrechnen

Vom Servicetechniker Hans-Ruedi in Betrieb hat Michael noch einen Rapport auf dem Tisch. Er machte vor zwei Wochen die Inbetriebnahme einer Steuerung beim Kunden. Diesen will Michael um 10.30 Uhr nun endlich abschliessen. Was hat Hans-Ruedi hier geschrieben? Bei der Entzifferung Hans-Ruedi’s Handschrift hat Michael jedes Mal Mühe. Er kommt beim besten Willen nicht darauf und ruft Hans-Ruedi umgehend an. Im Moment ist er aber nicht erreichbar. So muss er den Rapport wohl oder übel wieder zur Seite legen.

Unklarheiten in der Logistik

Um 11.35 Uhr steht Monika Zählen aus der Logistik neben seinem Tisch. Sie fragt, zu welchem Auftrag die angelieferten Relais gehören. Sie hätte in der Logistik keine Bestellung gefunden. Michael sucht in seinen Mails nach der Bestellung, wird aber nicht fündig. «Bist du sicher, dass dieses Material für meinen Auftrag ist?» fragt er Monika. Sie verneint das. Gemeinsam fragen sie Tom Vergesslich. Auch dieser weiss gerade keine Antwort. Er ist etwas gestresst, wollte er doch um 11.50 Uhr zusammen mit einigen Mitarbeitern beim «Heissen Hund» Mittagessen. Auch er sucht in seinen Mails und wird schliesslich um 11.55 Uhr fündig. Er hat vergessen das Mail zu drucken und in die Logistik zu geben.

Der wichtige Kundentermin

Am Nachmittag hat Michael um 13.30 Uhr einen Termin beim Kunden Niezeit AG mit Herrn Chronisch Zuspät um ein zukünftiges Projekt zu besprechen. Da es am Mittag fast keinen Verkehr hatte ist Michael bereits um 13.15 Uhr vor Ort. Pünktlich um 13.30 Uhr meldet er sich beim Empfang. Er wird ins Sitzungszimmer begleitet wo er auf Herrn Zuspät wartet. Um 13.45 Uhr erscheint Herr Zuspät dann endlich und sie können das Projekt besprechen. Michael möchte ihm gerne Fotos eines ähnlichen Projektes zeigen, diese hat er aber auf seinem Schreibtisch liegen gelassen. Er würde sie ihm später noch per Mail schicken.

Um 15.30 Uhr ist Michael wieder zurück im Büro. Zurück an seinem Tisch klingelt sein Telefon. Hans-Ruedi, der Servicetechniker, ruft an. Michael erkundigt sich, was er bei den unleserlichen Stellen meinte. Hans-Ruedi kann sich auf die Schnelle nicht mehr daran erinnern. Er denkt, er hätte noch ein Relais tauschen und etwas an der Verdrahtung anpassen müssen. Nach Gesprächsende kann Michael nun endlich die Rechnung fertig schreiben. Er druckt und verpackt sie, frankiert das Couvert und legt es für die Post bereit.

Kunde Wichtig hat ein Problem

Um 16.30 Uhr ruft Kunde Wichtig an und fragt Michael nach dem aktuellen Produktionsfortschritt seines Schaltschranks. Wie der Stand heute ist, kann er nicht sofort sagen. Er bittet Herrn Wichtig um einen Moment Geduld und eilt hinaus in die Produktion, um Josua zu fragen. Dieser sagt, dass soweit alles auf Kurs ist und der Schaltschrank eigentlich Ende Woche fertig zur Prüfung wäre. Aber ihm fehlen noch die FI mit Lieferverzug. Somit würde die Lieferung erst in etwa 3 Wochen möglich sein. Michael teilt Herrn Wichtig den voraussichtlichen Liefertermin mit. Dieser ist gar nicht glücklich und fragt empört, ob er eigentlich nicht genug wichtig sei?

Endlich Feierabend

Um 17.15 Uhr hat er genug für heute und verschiebt die letzten Arbeiten auf morgen früh.

Auf dem Nachhauseweg geht ihm der Tag nochmals durch den Kopf. In einer Woche muss er daran denken, die Offerte von heute Morgen nachzufassen. Die Fotos des heutigen Kundentermins muss er Morgen Herrn Zuspät gleich noch schicken. Und Herr Genau wollte doch auch noch die Dispo seines Auftrags per Mail haben. «Hoffentlich denke ich an alles…»


Kennen Sie diese oder ähnliche Szenarien auch aus Ihrem Betrieb? Dieses Beispiel würde sich beliebig ausbauen lassen.

Im 2. Teil schildern wir Ihnen dann denselben Tag von Michael Litze, jedoch mit verschiedenen umgesetzten Möglichkeiten der Digitalisierung. Sie werden sehen, wie er sich in vielen teilautomatisierten Prozessen Zeit und damit Kosten und Nerven spart. Sei dies für die Suche nach Informationen, Stillstandzeiten oder standardisierten Abläufen.

Die Personen und die Handlung der Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Pascal Egger

Head of Apprentice Logistics / Deputy Teamleader Warehouse

5 Jahre

Habe ich irgendwie in einer Broschüre schonmal durchgelesen. Wahrscheinlich VSAS... 👍 super Artikel- ich versuche täglich auch unseren Betrieb den neusten Standards anzupassen, die Digitalisierung spielt dabei ökologisch sowie ökonomisch eine grosse Rolle. 💪

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen