Transaktionsanalytische Konzepte für Politik in der VUKA-World
In meiner Mandatstätigkeit in der Kommunalpolitik beobachte ich weiter, was mit den Transaktionsanalytischen Konzepten in diesem komplexen Beziehungssystem erklärbar und gegebenenfalls auch anwendbar ist. Die aktuelle VUKA-Welt der Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität betrifft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Gesellschaft und Politik. Werden von Managern seit einiger Zeit die Elemente der VUKA-Welt maßgeblich zu berücksichtigen versucht, kommt dies in Politik und Verwaltung nur langsam und indirekt an. Der Bezugsrahmen politischer Entscheidungen, die meist Verwaltungshandeln nach sich zieht, ist sehr von den Antreibern „Sei perfekt“ und „Mach es allen recht“ geprägt. Die heute von den meisten Parteien implizit verfolgte Medianwählertheorie (Mohr, 2015, S. 139ff.), dass man den in der Mitte des Wählerspektrums angesiedelten Wähler erreichen muss, bewirkt dies sehr deutlich. Die damit vollzogene Abkehr von grundlegender politischer Richtungsentscheidung hin zu stimmungsbezogenen Positionen ist vielleicht schon ein Zeichen der VUKA-Welt. Dies treibt ja gerade viele eine vermeintliche Sicherheit suchende Menschen in die Arme der Populisten.
Überhaupt sind die Schiff´schen Konzepte (Schiff, 1975) besonders nützlich. "Abwertung" ist das zentrale Thema. Jedoch ist Abwertung tatsächlich erst einmal die "Ausblendung von Reizen". Viele Aspekte des sich digitalisierenden Alltages sind nicht im Bewusstsein der Politiker. Sie haben sie nicht auf dem Schirm. Ihr Bewusstsein klammert sie aus. Sie treten erst dann auf, wenn ein Thema durch einen Zwischenfall in die öffentliche Aufmerksamkeit kommt. Ein Beispiel sind etwa die im Rahmen der Energiewende geplanten neuen Stromtrassen von Nord nach Süd. Von der Bundessicht her ist eine große parteienübergreifende Koalition dafür, weil nur so die Energieversorgung möglich erscheint. Auf lokaler Ebene stellt sich heraus, dass die Leitungen die Bürger vor Ort bei den neuen zusätzlichen Höchstspannungsleitungen gesundheitliche Bedenken haben und diese durch die dichte Besiedelung in Deutschland kaum möglich erscheinen. Im Gegenteil, die schon vorhandenen Stromtrassen erfüllen kaum die Genehmigungsbedingungen. Dies kommt erst jetzt ins Bewusstsein.
Eine zweite Form von Abwertung ist die Missachtung (Schlegel, 1984, S. 70ff.). Zur politischen Konkurrenz in einer parlamentarischen Auseinandersetzung kommt es regelmäßig zu Machtkämpfen, die auch sehr schnell persönlich werden und unter die Gürtellinie gehen. Mir ist noch nicht klar, wie hier Wertschätzung konkret aussehen kann, weil politisches Handeln in der Demokratie auch immer Werbecharakter hat und insofern Leute zu beeinflussen versucht. Der Facebook-Skandal hat dies ja im Extremen aufgezeigt. Die Lösung scheint aus TA-Perspektive im Lernen von Autonomie mit Achtsamkeit zu liegen. „Awareness“, wie Berne es nannte, bedeutet auch zu lernen, wie man registriert, ob einen gerade jemand beeinflussen will, also den Unterschied zwischen Werbung und Information.
Literatur:
Mohr, G. (2015): Systemische Wirtschaftsanalyse - Die Psycho-Logik der Wirtschaft: Mensch und Ökonomie in Einklang bringen, Bergisch-Gladbach: Edition Humanistische Psychologie.
Schiff. J.L. (1975): Cathexis Reader, New York: Harper & Row.
Schlegel,L. (1984): Die Transaktionale Analyse, München: A. Francke Verlag.