UBS zieht sich von Wealthfront zurück. Ralph Hamers'​ unproduktiver Flirt mit den Millennials & der Generation Z weicht einer neuen Seriosität.
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UBS zieht sich von Wealthfront zurück. Ralph Hamers' unproduktiver Flirt mit den Millennials & der Generation Z weicht einer neuen Seriosität.

Firmen, die sich besonders jugendlich und innovativ geben möchten, machen im Silicon Valley ein teures Büro auf, wenn sie es sich leisten können. Oder aber sie versuchen zumindest, daheim ein bisschen Palo-Alto-Groove zu erzeugen: Man richtet irgendwo in der Zentrale ein Büro oder Stockwerk ein, wo der Töggelikasten und die Lounge Area an Google erinnern sollen. Besonders Mutige mieten irgendwo eine Garage an; schliesslich ist ja Microsoft in einer solchen entstanden.

Im Fall der UBS sollte die Übernahme des amerikanischen Robo-Advisers Wealthfront aus Palo Alto, California, junges Blut der Generation Z in die Adern der altehrwürdigen Grossbank leiten: «UBS übernimmt Wealthfront und bietet damit digitale Vermögensverwaltung für Anlegerinnen und Anleger aus dem Segment der Millennials und der Generation Z», verkündete die Bank Ende Januar 2022. 1,4 Milliarden Dollar wollte die UBS für die rund 470 000 Kunden und ihre Assets im Wert von (damals noch) 27 Milliarden Dollar auslegen. Wealthfront sollte in den USA als Zweitmarke der UBS für ein junges, digital-affines Publikum auftreten.

UBS-CEO Ralph Hamers präsentierte die Akquisition als ersten wichtigen Pflock seiner Strategie. «Durch die Übernahme von Wealthfront kommen wir unserem langfristigen Ziel näher, skalierbare, digitale Wealth-Management-Dienstleistungen für vermögende Anlegerinnen und Anleger anzubieten», liess er sich im Januar zitieren.

Acht Monate später ist alles anders. Der Deal: abgeblasen. In einem dürftigen Dreizeiler teilen UBS und Wealthfront mit, dass man sich gegenseitig auf einen Abbruch der Transaktion geeinigt habe. Trostpreis für Wealthfront: Die UBS kauft einen 70 Millionen Franken schweren Schuldbrief des Robo-Advisers, den sie später in Aktien konvertieren kann.

Zumal sich die UBS nicht über die Gründe des Rückzugs äussert, kann man darüber nur Mutmassungen anstellen.

Sündhaft teure Akquisition

Der Wealthfront-Deal schien bereits zum Zeitpunkt der Ankündigung sündhaft teuer. Bis jetzt hat der Robo-Adviser noch kein Geld verdient. Er verfolgt mit einer Management Fee von 0,25 Prozent des investierten Vermögens eine Tiefpreisstrategie. Die 27 Milliarden Assets under Management übersetzen sich in einen Umsatz von gut 67 Millionen US-Dollar. Wie hoch die Kosten sind, die dem gegenüber stehen, weiss man nicht. Allein die 240 Angestellten dürften jedoch gut und gerne 40 bis 50 Millionen US-Dollar pro Jahr kosten. Wenn's reicht – das Silicon Valley ist ein teures Pflaster.

Mit anderen Worten: Die UBS schickte sich an, einen defizitären Vermögensverwalter zu kaufen, der mit seiner Billigkultur einen Fremdkörper in der Swiss-Banking-DNA der Grossbank darstellt und dessen langfristige Erfolgsaussichten allein auf rasantem Wachstum an Kunden und Kundenvermögen aufgebaut sind. Ein typisches Silicon-Valley-Startup.

Bei genauerer Betrachtung erweist sich auch die Idee der UBS, mit der Wealthfront-Akquisition die Millennials der Generation Z zu erreichen, als fragwürdig. Der durchschnittliche Wealthfront-Kunde hat etwa 60'000 US-Dollar dort investiert. Die wenigsten Amerikaner unter 40 haben so viel freies Vermögen. Man kann also annehmen, dass der Kundenstamm älter ist als die UBS seinerzeit glauben machte und dass ein schöner Teil des Vermögens aus gebundenen Vorsorgeprodukten (401k) von Leuten im Alter zwischen 40 und 70 besteht. 

In Zeiten von Nullzinsen sahen solche Deals vielleicht noch erträglich aus. Wenn die Zinsen aber, wie erwartet, nächstes Jahr in den USA bei rund 4 Prozent liegen, müsste Wealthfront 56 Millionen Dollar Reingewinn erwirtschaften, damit die 1,4-Milliarden-Investition real betrachtet eine schwarze Null ergibt. Angesichts der besprochenen Zahlen ist dies ein sehr weiter Weg für das Finanz-Startup.

So gesehen ist es erfreulich, dass die UBS jetzt die Notbremse zieht. Im Internet wachsen die Bäume eben auch nicht in den Himmel, auch wenn es zeitweise so schien. 

Willkommen in der Wirklichkeit.

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Rino Borini

Entrepreneur ¦ Digital Finance, Fintech, Bitcoin- & Crypto Expert ¦ 100 Digital Shapers Switzerland 2020 & 2023

2 Jahre

Spannende Gedanken!

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