„Unsere Hilflosigkeit gewinnt an Raum“ - das muss so nicht sein.
Konfuzius prägte diesen Ausspruch und seit dieser Zeit ist er eines der Leitmotive des Menschen.

„Unsere Hilflosigkeit gewinnt an Raum“ - das muss so nicht sein.


Die Insolvenzen haben in den letzten Monaten fast täglich zugenommen und Traditionsunternehmen, gestandene Mittelständler, Filialketten bis hin zu bekannten Aktiengesellschaften müssen heute Insolvenz anmelden. Bei den Banken hat man den Eindruck, dass sie fast abgetaucht sind und kaum dazu Stellung nehmen. Hinzukommt der zunehmende Weggang von Unternehmern, die im Ausland die Hoffnung haben, es möge ihnen dort vielleicht besser ergehen.

Diese desaströse Entwicklung so scheint es der Eindruck zu sein, wird in der Politik zwar zur Kenntnis genommen, aber kaum öffentlich diskutiert. Krieg in der Ukraine, die Wahl in den USA und die kommenden drei Landtagswahlen stehen vor der Tür und bewegen eher die Gemüter.

Dass die Autozuliefererindustrie ihre schwerste Krise seit Bestehen erlebt und besonders durch TESLA „aufgeschreckt“ wurde, hat schon verwundert. Nahezu manisch gab es eine ängstliche Fixierung auf die neue E-Mobilität, wobei unsere immerhin führende und weltweit größte Automobilindustrie in kürzester Zeit Milliardenbeträge in die Entwicklung neuer E-Mobilie investiert hat, scheint heute keine Rolle mehr zu spielen.

Auch dass wir in Deutschland bereits 60% unserer Energie aus erneuerbarer Energie beziehen, und Schleswig-Holstein komplett autark ist, macht uns im Land nicht einmal stolz.

Die Frage sei berechtigt, was sind die Ursachen für diese Irritationen, für die fast schon Hilflosigkeit, für die Apathie mit den brennenden Themen in unserer Gesellschaft umzugehen, für die Frage, wie wollen wir unser Migrationsdesaster mit den bestehenden gesetzlichen Regularien lösen und wie wollen wir, dem Verfall unserer Werte begegnen. Woher kommt diese Hilflosigkeit und warum scheinen unsere Nachbarn in Polen, davon überhaupt nicht berührt zu sein? 

Durchlaufen wir einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel? Ist es sogar der Untergang ganzer Industrien den wir erleben, ohne es zu merken. Also lässt sich eine Meyer Werft durch Staatsgelder noch retten, oder müssen wir zur Kenntnis nehmen, das ganze Industrien beginnen sich zu verlagern oder gar am Aussterben sind?

Haben sich nicht Werte und Vorstellungen, insbesondere bei den jungen Menschen grundlegend geändert? Arbeit hat eine andere Bedeutung gewonnen, der Anspruch an den Arbeitsplatz ist ein komplett anderer geworden. Der Besitz des Autos hat eine viel geringere Bedeutung erlangt, der Kauf von Luxusartikeln ist bei der Z-Generation eher verpönt und geächtet. Ziele und Wünsche sind andere geworden.

Liegt hierin nicht auch eine der Ursachen für unsere anhaltende Insolvenzwelle, also ist es eben nicht nur der Anstieg der Zinsen, sondern eher ein grundsätzliches Umdenken?

 

In der öffentlichen Diskussion nehmen wir jedoch zuallererst die gestiegenen Zinsen und die hohen Energiepreise wahr. Die Thematik der Insolvenzen ist komplex und vielschichtig. Ja, gestiegene Zinsen, hohe Eigenkapitalanforderungen machen es kaum noch möglich zu investieren und hinzukommt eine unsichere  Zukunftsperspektive. Ferner kommen neue Anforderungen an Nachhaltigkeit und Klimawandel hinzu.

Eine unsägliche Überproduktion vielfältiger kurzlebiger Waren hat in den vergangenen Jahren den Markt überschwemmt, sodass saisonale Produkte sogar schichtweg vernichtet wurden. Strengere Umweltauflagen erfordern höhere Investitionen, die es in anderen Ländern so nicht gibt, dies gilt besonders bei energieintensiven Industrien. Aber auch die Überproduktion durch unseren weltweiten Handel, wo mitunter Produkte in den Herstellungskosten nur 1/10 des VK-Preises kosten, spielte eine Rolle. Junge Menschen wollen heute weniger Besitzen und bevorzugen auf sie zugeschnittene Kurzzeitleasingangebote.

Der neue Markt heißt Sharing, nicht kaufen. Wer diesem Trend nicht folgt, läuft Gefahr Marktanteile zu verlieren.

Der hiesige etablierte Markt hat in vielen Bereichen eine Sättigung erfahren, die jedoch in vielen Ländern noch nicht erfolgte und somit die Marktveränderungen dort erst im zeitlichen Versatz zu spüren sind.

Doch sollten wir diesen Wandel nicht als eine Herausforderung begreifen den Umbau in unserer Gesellschaft mit einer der weltweit reifsten Industrien ganz vorne ihn mitzugestalten, um diesen Wandel des Abbaus der Überproduktion und des Umbaus zu neuen Umwelttechnologien als Erste voranzutreiben. Es würde für unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit eine entscheidende Rolle spielen.

Ein ganzheitlicher Ansatz, der wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte miteinander verbindet, sollte helfen die Herausforderungen unserer Zukunft besser zu bewältigen.

Wir werden dazu neue Regulierungen brauchen und müssen den Umbau in eine neue KI-Zeit viel intensiver vorantreiben. Ohne wird es nicht gehen. Wir müssen viel mehr breit sein, in neue Technologien zu investieren, in Firmen, die KI und Automatisierung einsetzen, um ihre Prozesse zu optimieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nur so können wir uns zukünftig am Markt behaupten.

Eine Demand Driven Produktion ist entscheidend, um schnell zu reagieren und nur das noch zu produzieren was gebraucht wird, damit es nicht auf Halde landet wie heute so manches E-Mobil aus Grünheide. Eine echte effektive Implementierung von Just in Time Produktion könnte die Effizienz steigern und Kosten wie Ressourcen einsparen.

 

Wir brauchen diese Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und es erzeugt ein neues „German Markenimage“. Schaffen wir es proaktiv den Wandel zur Nachhaltigkeit, zu mehr KI-Anwendungen und Digitalisierungen, und vor allem in der politischen Debatte zwischen Politik und Unternehmen zu einem Konsens zu kommen, dann kann Deutschland als High Tech Standorte seine Rolle im weltweiten Wettbewerb behaupten.

Dieses erfordert im internationalen Kontext eine abgestimmte, durchdachte und ausgewogene Strategie. Also eine handlungsfähige und vor allem motivierende, als mehr demotivierende Bundespolitik, die leider vor allem über wesentliche Essentials keine Einigkeit erkennen lässt.

Dazu wird es auch gehören über den Verschuldungsgrad heute in einer Nation politischen Konsens zu erzielen. Wenn man die Verschuldung Deutschlands mit den USA, China oder südeuropäischer Staaten vergleicht, dann ist der hiesige Verschuldungsgrad im Vergleich noch gering.

Es ist wohl richtig, dass eine hohe Staatsverschuldung, wenn sie intelligent eingesetzt wird, positive Effekte haben kann. Investitionen in Infrastruktur, Bildung und andere öffentliche Güter können das wirtschaftliche Wachstum langfristig fördern. Wenn ein Land dabei die Zinsen niedrig hält und das Geld effizient investiert, kann die Verschuldung verwaltet werden.

Die Sorge darüber, dass Deutschland und andere weniger hochverschuldete Länder in den Sog einer Krise von hochverschuldeten Ländern gezogen werden könnten, ist berechtigt und wirft einige wichtige Fragen auf. So sind unsere Volkswirtschaften heute stark globalisiert und voneinander abhängig. Ein wirtschaftlicher Crash in den USA oder in einem südlichen EU-Land könnte erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Eurozone und sogar darüber hinaus haben. Deutschland, als größte Volkswirtschaft Europas, ist in viele Handelsströme und Finanzierungsnetzwerke eingebunden. Also es bleibt eine schwierige Gradwanderung, insbesondere wenn man heute zum Bekämpfen der Insolvenzwelle weit höhere staatliche Investitionsanreize benötigen würde.

Dabei könnte ein Währungsschnitt, oder eine drastische Abwertung einer Währung, um Schulden zu reduzieren, in der Tat kurzfristig für weniger hochverschuldete Länder wie Deutschland, negativ sein. Langfristig könnten aber auch Länder mit hoher Verschuldung durch intelligente Investitionen aus Krisen gestärkt hervorgehen, während Länder mit einer niedrigeren Verschuldung, die keine aktiven Maßnahmen ergreifen, Schwierigkeiten haben könnten, ihre Wirtschaftsleistung aufrechtzuerhalten, was wir heute leider erleben.

Eine intelligente Schuldenpolitik, die auf produktive Investitionen abzielt, kann helfen, auch in Krisenzeiten stabil zu bleiben, doch dazu bräuchte es zeitnah eine handlungsfähige Politik.

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