Unternehmensübernahme aus der Insolvenz: Chance auf Fachkräfte?
Fachkräftesicherung durch Zukauf

Unternehmensübernahme aus der Insolvenz: Chance auf Fachkräfte?

Ein Unternehmen aus der Insolvenz heraus zu übernehmen, kann eine sinnvolle Option für strategische Investoren sein. Neben Vorteilen wie dem Zuwachs von Produktionskapazitäten, der Vertiefung der Lieferkette oder dem Ausbau der Produktpalette spielt hierbei zunehmend auch das Sichern von Fachkräften eine Rolle. Denn: Mittlerweile leidet in vielen Branchen mehr als die Hälfte der Unternehmen unter dem Fachkräftemangel. Laut Statista finden beispielsweise 65 Prozent der IT-Firmen nicht genug Fachpersonal, in der Baubranche sind ein Drittel der Betriebe betroffen. Prognosen zufolge soll es auch im Gesundheitswesen bis 2035 an etwa 500.000 Pflegekräften mangeln.

Für wen ist die Strategie geeignet?

Während Transaktionsprozesse bei gesunden Unternehmen oft viele Monate dauern, stehen in der Insolvenz häufig nur wenige Wochen zur Verfügung. Für Betriebe kann sich so kurzfristig die Gelegenheit ergeben, durch eine Übernahme die eigene Position am Markt zu stärken und auszubauen. Die in der Regel geringeren Kaufpreise können für potentielle Übernehmer interessant sein – da es bei Firmen mit einem operativ gesunden Kern jedoch häufig mehrere Bieter gibt, kommen reine „Schnäppchenjäger“ eher selten zum Zug. Die Kaufenden können nicht selten entscheiden, ob sie durch einen Share Deal den gesamten Betrieb übernehmen oder mit einem Asset Deal lediglich ausgewählte Unternehmensgüter erwerben. Damit das ersehnte Fachpersonal auch tatsächlich mit übernommen werden kann, müssen die Verträge entsprechend ausgestaltet werden. Es muss zu einem sogenannten Betriebsübergang kommen, bei dem die Rechte und Pflichten bezüglich der Belegschaft vom Verkäufer auf den Käufer übergehen.

Der Kauf aus der Insolvenz – eine Herausforderung

Trotz der verlockenden Aussicht, schnell qualifizierte Fachkräfte zu übernehmen, stehen Interessenten bei solchen Deals vor einigen Herausforderungen. Denn: Beim Kauf eines insolventen Unternehmens gehen auch die mit der Fortführung verbundenen Risiken auf den neuen Eigentümer über. Es muss daher geprüft werden, ob das eigene Unternehmen wirtschaftlich in der Lage ist, Sanierungsmaßnahmen umzusetzen, den erworbenen Betrieb nachhaltig aus der Talsohle zu holen und ein funktionierendes Arbeitsklima für die neue Belegschaft aufzubauen. Je länger der Verkaufsprozess selbst dauert, desto größer ist zudem die Gefahr, dass essenzielle Lieferanten, Kunden und die erhofften Fachkräfte abspringen.

Zu Anfang sollten Käufer sich also einen möglichst genauen Einblick in das Unternehmen, die Krisenursachen und die Potenziale verschaffen – auch wenn die Due-Diligence-Prüfung aufgrund des Zeitdrucks oft knapper ausfällt. Der Kauf über einen Asset Deal mag zwar etwas kleinteiliger sein, ermöglicht aber die Wahl der Objekte, die in das eigene Sanierungskonzept passen. Außerdem werden hier Schulden, Pensionsverpflichtungen, steuerliche Haftungsansprüche oder auch Schadensersatzleistungen nicht auf den Käufer übertragen. Beim Erwerb aus der Insolvenz profitieren Kaufende zudem von Besonderheiten wie einem vereinfachten Kündigungsrecht und anpassbaren Mietverträgen. Die Sanierung im Rahmen des Insolvenzplans, bei der das insolvente Unternehmen als Rechtsträger erhalten bleibt, ist meist komplexer und aufwändiger als die übertragende Sanierung. Sie bietet aber gleichzeitig besondere Gestaltungsmöglichkeiten, etwa im gesellschaftsrechtlichen Bereich. Außerdem bleiben durch den Erhalt des Rechtsträgers etwa behördliche Genehmigungen, Listungen im Handel oder andere entscheidende Vertragsverhältnisse oder Lizenzen eher nutzbar.

Kommt es zur Übernahme, muss die Belegschaft rechtzeitig informiert werden. Im besten Falle sichert eine gezielte Change Communication (z.B. im ABG-Verbund mit der ABG Marketing GmbH , Ina Jahn ) die Loyalität der neuen Angestellten. Wird der Übergang intern nicht ausreichend kommuniziert, kann eine spätere Abwanderung des erhofften Schlüsselpersonals die Folge sein.

Praxistipps zum Unternehmenskauf

•   Zu Beginn sollten durch intensiven Austausch beider Parteien eine Vertrauensbasis geschaffen und die Möglichkeiten einer sinnvollen Lösung ausgelotet werden (z.B. übertragende Sanierung, ggf. auch über Insolvenzplan - wenn bestehende Verträge wichtig für die Fortführung sind, wie bei Listungen im Einzelhandel oder benötigten behördlichen Genehmigungen)

•   Mögliche Dealbreaker wie zu unterschiedliche Preisvorstellungen oder unvollständige Unterlagen sollten besprochen und ausgeschlossen werden.

•   Das Hinzuziehen von Experten, beispielsweise Beratern mit Erfahrungen im Krisenverkauf oder Anwaltskanzleien mit einer Spezialisierung auf Firmen- und Insolvenzrecht, ist für ein Gelingen unbedingt ratsam.

•   Aufgrund des hohen Zeitdrucks sollte der Prozess strukturiert, proaktiv und zügig angegangen werden – so sinkt die Gefahr, dass Schlüsselpersonal vorzeitig abwandert. 

Kontakt bei Rückfragen: Simon Leopold, Telefon 0351 437 55 48, leopold@abg-partner.de, www.abg-consulting.de

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von Simon Leopold

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen