Verdichtung - was wir von Asien lernen können

Verdichtung - was wir von Asien lernen können

...oder wieso die Schweiz ein Luxusproblem hat

Seit einigen Jahren ist die Stadt als urbaner Lebensraum in der Gunst der Bewohner wieder deutlich gestiegen. Als Folge daraus konnte das Wohnraumangebot diese Nachfrage nicht mehr ausreichend befriedigen, was zu deutlich steigenden Preisen und in der Konsequenz auch zur wichtigen Diskussion zum Thema ‚Verdichtung’ geführt hat.

Obwohl die Verdichtung ein profanes Mittel für die von Mieterverbandsseite proklamierte Wohnungsnot wäre, kommt diese nicht richtig in die Gänge. Dabei fehlt es an politischem wie auch gesellschaftlichem Willen, diesen Umstand zu ändern. Getreut dem Motto ‚Verdichtung ja, aber nicht bei mir..’. Während die Politik primär Angst vor den vielen Neuzuzügern und den dadurch notwendig werdenden Investition für Infrastrukturbauten wie Schulen, ÖV usw. hat, liegen die gesellschaftlichen Bedenken eher bei der grösseren Anzahl Menschen auf der gleichen Grundfläche bzw. daraus allenfalls entstehende persönliche Einschränkungen.

Doch was braucht es um diese Situation zu ändern...?

Werfen wir für die Antwort einen Blick nach Asien – in Städte wie Hongkong oder Tokyo. Beide Städte haben im Vergleich zur Stadt Zürich eine deutlich höhere Einwohnerdichte. Während in Zürich rund 4 300 Einwohner pro km2 leben, sind es in Honkong mit 6 430 Einw./km2 rund 50% und in Tokyo mit 15 070 Einw./km2 sogar 250% mehr..! Obwohl die beiden Städte sicher nicht eins zu eins mit Zürich vergleichbar sind, funktionieren sie bestens und weisen ihre besonderen Qualitäten auf. Dabei kann insbesondere Tokyo erwähnt werden, welches eine hochstehende Weltmetropole darstellt.

Was also unterscheidet solche Städte von Zürich..?

Es ist primär eine Frage der gesellschaftlichen Grundhaltung, welche die Situation akzeptiert und sich in ihrem Verhalten darauf einstellt. Damit dies in der Schweiz auch möglich würde, wären folgende Veränderungen notwendig:

1.      Gesellschaftliche Akzeptanz von (echter) Dichte

2.      Höhere gegenseitige Toleranz

3.      Einhaltung von Grund-/Anstandsregeln

4.      Eigenes Ego im Interesse der Gesamtheit zurückstecken

5.      Qualitativ hochstehende Gebäude(dichte)

6.      Offenheit für neue, dichtere Wohnkonzepte

7.      Baurechtliche Zulassung von höherer Dichte

8.      Flexiblere Anwendung der Planungs- und Bauvorgaben

9.      Neue, innovative Nutzungskonzepte für Infrastrukturbauten

10.   Flexiblere Arbeitsplatz- und ÖV-Nutzungsmodelle

Es ist klar, dass diese Veränderungen nicht von heute auf morgen erfolgen können, sondern es sich um einen Prozess handelt, welcher seine Zeit benötigt. Trotzdem tut die Schweiz gut daran, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen.

Aus heutiger Sicht dürfte dabei das zurückstellen des eigenen Egos die grösste Herausforderung darstellen. Dies kann jeder bestätigen, welcher sich täglich über die in der Warteschlange oder im Stau vordrängelnden Zeitgenossen ärgert.... Es ist schon erstaunlich zu sehen, wie diszipliniert in Tokyo die ÖV-Nutzer in 2-er-Reihen innerhalb der dafür vorgesehenen Bodenmarkierungen stehen, während das Ziel der ÖV-Nutzer in Zürich darin besteht, möglichst vor den aussteigenden Passagieren einzusteigen... 

Das Grundproblem der Schweiz liegt wohl darin, dass es uns hier einfach zu gut geht und wir uns auf der Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide nur noch mit uns selber beschäftigen...!

Jörg Stoll

Audiatur et altera pars

7 Jahre

Sehr treffend

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