Verpasste Chancen – neue Chancen?!
(Keynote anläßlich des Payment Day 2021 am 28.10.2021 des bvzi und BecN)
Guten Tag liebe Freundinnen & Freunde des Payments!
Hallo liebe Kolleginnen & Kollegen!
Als mich Herr Reimer vor einigen Wochen anrief, und mich fragte, ob ich eine Keynote bei diesem Payment Day halten könnte, habe ich gerne zugesagt, mich aber gleichzeitig gefragt, über welche Themen ich mich hier in diesem vertraulichen und erlauchten Kreise der Payment-Experten auslassen kann….
Wer sich wie ich in der weiten Welt des digitalen Bezahlens seit vielen Jahren tummelt, kann natürlich immer auch ein wenig die aktuellen Themen und Fragen vor dem Hintergrund dessen, was schon alles so passiert ist, reflektieren. Und mein Beobachtungs- und Erlebenshorizont reicht inzwischen schon über 22 Jahre zurück. Damals – Anfang 1999 - fand ich den Eintritt in den bargeldlosen Zahlungsverkehr über eine Aufgabe, aus der man heutzutage sogenannte „Unicorns“ schmiedet. Meine Job-Bezeichnung damals, in der Gesellschaft für Zahlungssysteme mbH (GZS): „Geschäftsfeldleiter Abrechnungssysteme“. Hinter diesem Begriff verbarg sich die Verantwortung für das Acquiring-Processing, den POS Netzbetrieb und erste Produktentwicklungen im Gateway-Bereich für das Onlinegeschäft. Ach ja, es gab auch noch eine Payment-Lösung für das B2B Geschäft. Aus jedem Thema für sich werden heutzutage Unicorns geschmiedet.
Was ich damals – kurz nachdem ich an Board war – änderte, war die Bezeichnung des Geschäftsfelds. Ich gab ihm den Namen „Merchant Processing“, denn ich war der Auffassung, dass keiner im Markt draußen mit dem Begriff „Abrechnungssysteme“ viel anfangen könne. Die damalige Geschäftsführung war über meine „Eigenmächtigkeit“ zwar etwas verschnupft, aber keiner wagte letztlich zu widersprechen.
Die GZS war damals ein Unternehmen, welches nicht den Anspruch hatte, ein Unicorn zu werden, sondern eher als sichere Bank galt, um bis zur Rente dort ein Leben im Payment Commodity zu führen. Wie die meisten wissen, war dies ein Trugschluss – an dem ich nicht ganz unschuldig bin.
Nun, mich zog es nach drei Jahren bekanntermaßen für ca. sechs Jahre zum internationalen Wettbewerb, zu First Data (und akquirierte für First Data Ende 2005 die GZS). Von dort wechselte ich in das traditionelle POS Netzbetriebsgeschäft – zu Easycash, wurde drei Jahre später erfolgreich (zur doppelten Bewertung) an Ingenico verkauft, wechselte zum belgischen PSP Ogone, um dann wiederum drei Jahre später (zur doppelten Bewertung) an Ingenico verkauft zu werden.
Dann sah ich 2013 die Chance, dass man doch aus einem Legacy-Merchant Akquirer auch gut einen German Payment Champion mit Potential für Europa bauen könne, der es dann auch zum Unicorn-Status schafft. Und eigentlich ist mir dies sogar gelungen, denn mit dem 2014 vom damaligen Concardis Aufsichtsrat verabschiedeten Zielbild „German Payment Champion by 2020“ war die strategische Roadmap dazu gelegt (die Bewertung sah man Ende 2013 bei ca. 150 Mio. €). Die Gesellschafter waren sich in letzter Konsequenz aber nicht über die Konsequenzen im Klaren. Denn eine solche Strategieumsetzung erfordert – das zeigen uns die Mollies, die Adyens, oder die Stripes – einiges an Investitionen. Aber der Investitionsrahmen der Concardis wurde damals auf das Budget beschränkt, welches sie aus ihrem Gewinn finanzieren konnte. Das das nicht reichen konnte, wird eigentlich jedem einleuchten, dann das Heben von strategischen Chancen in der Paymentwelt ist kein „free lunch“. Private Equity Unternehmen und Venture Capital Firmen zeigen uns fast täglich, wie Growth oder Buy & Build Strategien unter Einsatz von hohen Millionenbeträgen finanziert werden.
Eines kann ich Ihnen (bzw. Euch) heute aber verraten: als die ursprüngliche Concardis-Gruppe 2018 in die skandinavische Netsgruppe eingebracht wurde, war sie hinsichtlich ihrer Bewertung ein Unicorn. So viel war es der Nets und ihren drei Private Equity Gesellschaftern jedenfalls damals wert, die strategisch wichtige DACH Region und insbesondere den Markt Deutschland in einem Streich zu erobern. Nets erkannte die Chance – bzw. ihre drei PE Gesellschafter.
Eigentlich stehen die Namen GZS, Easycash und Concardis für drei verpasste Chancen der Deutschen Kreditwirtschaft aus eigener Überzeugung und Stärke relevante Payment-Spieler im deutschen, bzw. europäischen Paymentmarkt zu entwickeln. In diese Reihe muss man aber auch die Namen Telecash oder BS Payment (heute Payone) einfügen.
Die einen – Telecash – wurde bereits 2003 von der amerikanischen First Data (für 115 Mio. €) übernommen, damals gekauft von der Deutschen Telekom. Und dem Sparkassenlager fiel zum Thema BS Payment 2017 nichts Besseres ein, als eine Mehrheit an die französische Worldline zu verkaufen. Es hätte zumindest damals auch die Chance bestanden, Concardis und BS Payment zusammenzuführen. Und die Sparkassen wären heute vermutlich nach wie vor ein wesentlicher Gesellschafter in einem deutschen Payment Champion. Aber wie heißt es so schön: faites vos jeux! Die Franzosen zeigen, wie man das Spiel im Payment-Monopoly spielt und gewinnt: Worldline & Ingenico lassen grüßen.
Genug mit der Vergangenheit. Schauen wir doch lieber auf die aktuellen Chancen, die vielleicht auch schon justemente verpasst werden.
Starten wir mit EPI: die Idee, Europa mit einem eigenen Scheme, bzw. einem digitalen Ökosystem zu stärken, ist nach der schon so lange zurückliegenden Einführung des Euro nur folgerichtig und lange überfällig. Dass es für diese Idee erst eines sonderlichen Präsidenten in Amerika bedurfte, ist dagegen bedauerlich. Statt jetzt bei dieser Initiative Fahrt aufzunehmen und die Kräfte auf der Basis einer großen Vision zu bündeln, verengt man den „Scope“ auf eine „Kontrastrategie“ gegen Mastercard und Visa. Dies ist nicht nur vom Themenfeld zu kurz gesprungen, sondern auch unklug, da ein solches neues Scheme immer auch die Partnerschaft mit mindestens einem der großen internationalen Schemes eingehen müsste. Denn es wird wohl kaum jemand glauben, dass EPI in einem überschaubaren Zeitraum – ohne strategische Maßnahmen – organisch eine weltweite Akzeptanz aufbauen können wird.
Sollte es stimmen, dass sich EPI Gründerbanken aus Spanien und Niederlande aus dem Projekt zurückziehen, bzw. ihre nationalen Debit-Assets nicht vollständig in EPI einbringen wollen, dann kann das vielleicht daran liegen, dass die politische „Bedrohung“ (bzw. Dringlichkeit) aus Übersee mit Mr. Biden nicht mehr so gravierend gesehen wird.
Oder man hat erkannt, welche immensen Investitionen für die Umsetzung benötigt werden, wenn man EPI stand-alone, also ohne die Hilfe von Mastercard, Visa oder auch anderen existierenden Plattformen aufbauen will. Wird diese Chance jetzt leichtfertig vertan? Wieso nimmt man für dieses Projekt, welches bislang unter der Federführung traditioneller Banken steht, nicht auch agile, junge Fintech-Player mit in den Kreis der Unterstützer auf? Die sich aktuell offenbar abzeichnenden Unstimmigkeiten sind nach meiner empirischen Erfahrung leider eine starke Indikation für ein weiteres Waterloo im europäischen Payment. Monnet die Zweite – und damit eine vertane Chance.
Kommen wir zu einem anderen Thema…
Warum glauben die Protagonisten in der Bankenwelt oder auch in der Politik, dass sie eine Paymentunion hinbekommen können, wenn sie bis heute noch keine wirkliche Bankenunion hinbekommen haben? So erleben wir in Europa nach wie vor, dass trotz SEPA und der Einführung dieses „IBAN-Monstrums“, das eigentlich die innereuropäischen Zahlungen vereinfachen sollte, zum Beispiel bei spanischen Behörden oder Versorgungsunternehmen, eine Zahlung von einer deutsche IBAN nicht akzeptiert wird. Stimmen nur die Prozesse nicht, oder dient dieser nationale Kontoeröffnungszwang einzig dem Erhalt des (in diesem Fall) spanischen Bankensektors? Warum sind es aber nur Fintech-Unternehmen, die diese Form der Diskriminierung deutlich anprangern?
Ich denke hier an die Initiative „AcceptMyIBAN“, hinter der Unternehmen wie Wise.com, Raisin.com, N26.com, Revolut.com oder Sumup.com sowie weitere Fintech-Unternehmen stehen (z.B. Starling Bank, Klarna.com, Fire.com, Bunq.com, Railsbank.com, Monese.com, Finom.com, Republic of Estonia E-Residency, Contis.com, Connectpay.com, Payoneer.com, Monneo.com, Modulr.com, Safenetpay.com, RationalFX.com, YuroPay.com, Moneemint.com, und Cledara.com). Ein Schelm der Böses dabei denket, dass hier bislang keine etablierten Banken dieser Initiative beigetreten sind.
Apropos Fintech-Unternehmen….
In Deutschland gibt es heute zahlreiche Startups – junge, aber auch schon ältere – die unter diese Bezeichnung fallen. Der Begriff Fintech steht für mich eher für Unternehmen, die vor maximal 10 Jahren gegründet wurden und sich zum Ziel setzen, traditionelle Geschäftsmodelle, Geschäftsprozesse oder Wachstums- und Marketingstrategien mit Hilfe modernster Technologie, oft mit einem Plattform- oder Marketplace-Ansatz zu kombinieren. Ziel dieser Unternehmen ist nicht vordergründig den traditionellen Anbietern ihre Marktanteile oder Kunden streitig zu machen. Die Vision der Gründer basiert in den allermeisten Fällen auf der Überzeugung, dass Märkte in der digitalen Welt anders funktionieren und Kunden viel einfacher serviciert werden können, als dies heute der Fall ist. Die Gründerteams erkennen die Chance und sind in der Regel von ihrer Vision beseelt.
Natürlich kommt es immer wieder vor, dass sie sich hierbei Anregungen und Ideen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten abschauen. Fair enough – denn besser gut kopiert als schlecht neu erfunden! Aber die Umsetzung, der harte Wille zum Aufbau, schnelles Wachstum, das Überkommen von Rückschlägen, etc. unterscheidet die Top-Führungskräfte im Vergleich zu denen der traditionellen Banken und Sparkassen. Während die einen ihre Calls aus z.B. einer schalldichten Phonebox im Großraumbüro machen, wo es keine „Chefetagen“ gibt, sitzen die anderen oftmals noch hinten rechts in einer S-Klasse oder eines 7er BMW‘s und bewerten die Chancen und Risiken des Unternehmens, dem sie vorstehen, lieber anhand der Restlaufzeit ihres eigenen Vorstandsvertrages.
In Deutschland hat der Begriff „Fintech“ im vergangenen Jahr fälschlicherweise schwarze Flecken bekommen. Die Medien haben in ihrer leider immer wieder mal vorkommenden Unkenntnis des Payment- und Fintechgeschäfts den Zahlungsabwickler Wirecard als „Fintech“ bezeichnet. Wirecard war nie ein Fintech, da dort nicht wirklich neue Technologien zum Einsatz kamen. Das vermeintliche Wachstum war letztlich nur ein großes Gambling & Gaming und Wirecard – wie wir jetzt wissen – in weiten Teilen eine große Betrugsplattform (und kein Uni- oder Decacorn). Das Fatale daran ist nur, dass die Institution BaFin, die bei der Aufsicht zumindest fahrlässig weggeschaut hat, jetzt in dem ein oder anderen Fall ihre Aufsicht um so kompromissloser ausübt.
Durch die causa Wirecard ist die BaFin in den letzten Monaten sicherlich in einen besonderen Fokus der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Nun, das war auch nicht überraschend, denn der materielle Schaden der Anleger und der Reputationsschaden der BaFin sind beträchtlich, insbesondere wenn man sich nochmal in Erinnerung ruft, dass die eigenen Mitarbeiter der BaFin intensiv mit den Aktien der von ihr „beaufsichtigten“ Unternehmen gehandelt haben, während man anderen Marktteilnehmern das Short-Gehen untersagte. Dies ist inzwischen abgestellt. Wo aber nach meiner Beobachtung nach wie vor „room for improvement“ besteht, ist die Bereitschaft der BaFin die spezifischen Entwicklungsphasen und Technologieansätze im Fintechsektor zu verstehen und daraus entsprechende Handlungsansätze abzuleiten, statt durch relativ rigide Maßnahmen ein etwaiges oder vermutetes Risiko im Keim zu ersticken.
Banking in der Cloud sah und sieht man teilweise noch kritisch. Ein digitaler KYC Prozess ist für manche in der Bafin nach wie vor Teufelszeug. Was man dabei jedoch übersieht ist, dass Regulierer in anderen europäischen Ländern entweder eine wesentlich innovationsfreudigere Grundeinstellung hierzu einnehmen bzw. digitale Prozesse in diesem Bereich sogar fordern. Das kann auch dazu führen, dass eine zu enge Regulierung die Chancen deutscher Anbieter gegenüber ausländischen Spielern einschränkt. Das ist sicherlich auch ein Thema für eine neue Bundesregierung: die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Fintech-Standortes Deutschland zu stärken, um damit neue Chancen zu ermöglichen.
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Bei neuen Chancen denke ich auch an drei weitere Themen, die in den letzten Tagen und Wochen medial und in den einschlägigen Foren unserer Branche heftig diskutiert wurden:
Das ist zum Beispiel das Thema By Now Pay Later – kurz BNPL genannt. Diese Zahlungsform entwickelt sich gerade mal zum Challenger des Instant Payments. In meiner Septemberkolumne bei Paymentandbanking habe ich bereits meine Sympathie für diese Zahlungsmethode zum Ausdruck gebracht. Es ist zumindest bei den mir bekannten Verfahren nicht so, dass hier einfach nur Konsumenten in überzogene Kreditzinsen hineingezogen werden. Sondern es geht hier insbesondere darum, dem Kunden mehr Wahlfreiheit beim Bezahlen einzuräumen. Das heißt konkret, dass der Kunde erst in dem Moment bezahlt, wenn er sich entschieden hat, ob und ggf. welche der bestellten Waren er tatsächlich behalten will. Denn auch im realen Shop bezahlen wir die anprobierten Hosen nicht schon in der Umkleidekabine.
Auch hier zeigen abermals Fintech-Unternehmen, dass der Markt – und damit auch wir alle hier – offensichtlich diesen Bedarf haben. Die Integration dieses Bezahlverfahrens in eine App ist natürlich nicht mehr mit dem herkömmlichen Rechnungskauf mit Ratenzahlung zu vergleichen, den wir von früher kennen. Wenn wir uns erinnern, gab es auch zwei deutsche Unternehmen, die dieses BNPL als Geschäftsmodell im Kern verfolgten. Das waren zum einen Billpay und Ratepay, beide wurden 2009 gegründet und beide wurden 2017 verkauft. Die einen gingen an Klarna, die anderen wurden damals von der Concardis-Gruppe übernommen. Bei Concardis war dies unmittelbar nach dem Kauf durch Advent International und Bain Capital. Die beiden neuen Gesellschafter verstanden meine Argumentation damals (ich war ja damals CEO von Concardis), dass ein German Payment Champion diese Zahlungsmethode selber anbieten sollte und nicht einfach nur als Reseller agieren kann. Für die italienische Nexi kann sich das Ratepay-Asset inzwischen zu einem wahren Werttreiber entwickeln – wenn sie diese Chance jetzt ergreifen. Im worst case kann man dieses Asset aber auch für eine Unicornbewertung an einen der großen, internationalen BNPL-Anbieter verkaufen. Der damalige Kaufpreis – so viel kann ich verraten – lag (nur) bei einem zweistelligen Millionenbetrag.
Auch hier gibt es abermals zwei Perspektiven zu den verpassten und den neuen Chancen…
An zwei anderen Beispielen lässt sich ebenfalls anschaulich darstellen, dass wir in der Deutschen Kreditwirtschaft lieber das „Ist“ kultivieren, statt im Neuen die Chance zu suchen:
Da gibt’s zum einen die Ladesäulen-Verordnung für Elektromobilität, die die Lobbyisten der Deutschen Kreditwirtschaft erfolgreich gegen die Automobilbranche durchgesetzt haben. Sie (bzw. Ihr) wisst, dass damit verpflichtend ein PIN-Pad bzw. einen NFC Reader in Ladesäulen einzubauen ist. Nun, jetzt habe ich natürlich hier viele Netzbetreiber vor mir sitzen…die davon sicherlich profitieren werden. Aber, mal Hand auf Herz: wenn ich mir ein Auto kaufe, das mehr App ist als ein Motor auf vier Rädern, will ich dann wirklich mit einem Stück Plastik zur Ladesäule laufen?
Ich hatte dazu bei Finanz-Szene kürzlich einen Kommentar geschrieben, für den ich danach von Vertretern aus dem DK Ökosystem kritisiert wurde. Deren Argument: die Karte ist der gemeinsame Nenner beim Bezahlen der Automobilisten. Nun, das erkenne ich an. Aber wenn ich Veränderung als Chance sehe, dann reicht letztlich auch ein QR-Code an der Ladesäule aus, um eine Bezahlung oder auch um einen Registrierungsprozess für ein Wallet auszulösen. E-Scooter Anbieter wie Tier oder Lime machen vor, wie es geht. Jedes Stück mehr an Hardware passt meines Erachtens nicht in die Welt der digitalen Mobilität. Ich frage mich daher, ob es bei dieser Entscheidung nicht vielmehr um den Versuch ging, die Girocard in das Zeitalter der e-Mobility zu retten… Wir werden es (sicherlich bald) sehen.
Apropos Girocard. Die mus sich ab Mitte 2023 ein neues co-brand suchen. Und das nun durch den „Paukenschlag“ der Ankündigung von Mastercard viel schneller - als einige es wahrhaben wollen. War das jetzt eine Überraschung, dass das Maestrosystem ein Auslaufmodell ist? Wer das behauptet, hat sich nicht wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt. Wer die Debitstrategie von Mastercard und auch Visa ein wenig verfolgt hat, wird schnell erkannt haben, dass eine parallele Weiterentwicklung des Maestro-Produkts keinen Sinn (mehr) macht. Dass die Positionierung von EPI gegen Mastercard (und Visa) jetzt eine Rolle bei der Entscheidung von Mastercard gespielt haben mag, überlasse ich den „Verschwörungstheoretikern“.
Mastercard sieht natürlich eine klare Chance, sein Mastercard Debit-Produkt nach vorne zu bringen - das ist Markt, das ist Wettbewerb. Wenn diese Entscheidung jetzt zu einem Aus von EPI beitragen sollte, dann liegt dies aber nicht an Mastercard, sondern am mangelnden Kooperations- und Investitionswillen der Kreditwirtschaft, bzw. der Banken im EPI-Konsortium. Für die Netzbetreiber und PSP sollte diese Entscheidung jedenfalls kein Problem darstellen – den geroutet werden muss auch eine Mastercard- oder Visadebit-Transaktion.
Mein Fazit:
Das Gute ist, dass sich immer wieder neue Chancen auftun. Wir müssen uns nur die Frage stellen, wie wir aus Deutschland heraus diese Chancen noch ergreifen können.
Im etablierten Payment am POS und im eCommerce haben wir in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren viele Chancen leider verstreichen lassen. Die etablierten Anbieter, die einmal unter deutscher Flagge segelten, sind heute alle in internationalen Häfen fest verankert. Damit sind natürlich viele Gestaltungsoptionen im digitalen Zahlungsverkehr schlicht nicht vorhanden. In der Monopolisprache: Schlossallee und Parkstraße gibt’s nicht mehr. Vielleicht gibt’s noch ein Wasserwerk oder ein Westbahnhof. Wer Monopoli aber kennt, weiß, dass er damit das Spiel nicht gewinnen kann…
Andererseits sehe ich aber gerade in der Startup-Szene viele Gründer, die mit Ideenreichtum und mit einem extrem ausgeprägten Kundenfokus Themen rund um Payment oder Banking neu zu erfinden.
Gerade bei der Kundenschnittstelle gibt es nach meiner Beobachtung immer wieder neues Marktpotential, auch in etablierten Märkten. Denn oftmals vergraben sich die traditionellen Anbieter in Migrations- und sogenannten Synergieprojekten, die aber nicht immer wirklich dort enden, wo sie laut Strategieberater hinführen sollten.
Ob mittelfristig Themen wie Krypto oder Digitaler Euro neue Chancen und Dynamiken entwickeln, bleibt abzuwarten. Ich persönlich nehme da eher eine kritische, abwartende Haltung ein. Kryptowerte sind sicherlich eine neue, alternative Anlageform. Aber ich sehe hier noch nicht das Massenprodukt, welches unser Paymentverhalten kurz- oder mittelfristig im Handel verändern wird. Aber darüber können wir ja nachher im Panel gern noch weiter diskutieren….
Vor kurzem habe ich bei einer Veranstaltung eine gute Beschreibung gehört, die leider auch auf unsere traditionelle Payment-Branche in weiten Teilen passt: „Wir sind so dynamisch wie eine Sanddüne.“
Wenn wir Chancen jedoch ergreifen wollen, dann müssen
- Entscheidungen schnell(er) getroffen werden
- Produkte schneller entwickelt werden
- wir uns viel schneller an Veränderungen anpassen
- und – dann müssen wir auch mehr Risiken eingehen.
Dies sei an dieser Stelle mein Fazit. Und wie gesagt, dahinter liegen über 20 Jahre empirische, aktive Beobachtung mit einer großen Portion Betroffenheit.
Vielen Dank fürs Zuhören!
Gründer & Geschäftsführender Gesellschafter bei Spice Management GmbH
3 JahreKlare Kante wie immer und nicht "nur aus Erfahrung gut"!!! Marcus - Du bist und bleibst ein Visionär und Unikat. 💪 👍 🚀
Chief Commercial Officer
3 JahreDas ist eine gute Kombination! Richard Reimer Marcus W. Mosen.
Management of Payments
3 JahreTolle Veranstaltung und vielen Dank für die Keynote. Bin gespannt auf die Diskussionen, insbesondere zu den „neuen Chancen“
Chairman, Board Member, Advisor, Investor: Fintech, Capital Markets, Insurtech, Risk Management
3 JahreMarcus W. Mosen sehr interessant.