Mit Blick auf die anstehende Novelle des ElektroG nimmt die Diskussion um die “dramatisch schlechte” Sammelquote für Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE) in Deutschland an Fahrt auf:
Meine persönliche Auffassung steht im Kontrast zu dieser Forderung.
Eine individuelle Quote für Hersteller würde nach meiner Überzeugung zu einer Umverteilung, jedoch nicht zu relevant höheren Sammelmengen führen. Meine Kritikpunkte an dieser Idee sind vielfältig.
- Sicherlich mehr Eigenrücknahmen der Hersteller. → Dies allerdings in erster Linie, weil ihre Mitarbeiter WEEE dann beim Arbeitgeber und nicht mehr beim Wertstoffhof oder Handel abgeben.Resultat: mehr Bürokratie durch das Nachweisverfahren, aber trotzdem keine relevante Mengensteigerung
- Irreführung der Konsumenten und "Greenwashing":Ist derjenige wirklich besser, der 75 Kg WEEE seiner Mitarbeiter zurücknimmt und lediglich 100 kg in Verkehr bringt (=75 % Sammelquote) als derjenige, der 1000 Tonnen in Verkehr bringt und “nur” 600 Tonnen durch ein aufwändiges Rücknahmesystem zurücknimmt (= 60% + non-compliant)?Ist der Hersteller von sehr langlebigen (B2B-) Geräten non-compliant, weil bspw. seine Maschinen 20+ Jahre Lebensdauer aufweisen und bei Bedarf repariert werden? Muss er "Fremd-WEEE akquirieren", um seine Quote zu erfüllen?→ Eine individuelle Quote könnte zu einer Verzerrung führen, bei der die Menge zurückgenommener Altgeräte nicht unbedingt die Umweltfreundlichkeit eines Herstellers widerspiegelt.
- Einen kostspieligen “Wiegescheinhandel” um Quoten zu erfüllen - so wie damals in Groß Britannien.→ Die erfassten Mengen steigen dadurch nicht an, sie werden lediglich “wertvoller” und somit zu einem neuen Geschäftsmodell für den Einzelnen.
- Das Ende der marktanteilsbasierten Abholkoordination:👉 Wer geringe Mengen in Verkehr bringt, erhält Stand heute nur selten eine Abholanordnung. Dadurch wird es für die “Kleinen” schwerer, Quoten zu erfüllen. Doch wie sehen die Alternativen aus?1. Bieterverfahren auf die Abholanordnung?2. Wechsel auf eine kollektive Systemstruktur? (In diesem Fall wäre die Systemquote gleich der Herstellerquote)3. Das Ende der geteilten Produktverantwortung (Hersteller + Kommunen)
- Eine vollkommen fachfremde Verpflichtung für die Hersteller - und damit die weitere Verdrängung zahlreicher Teilnehmer vom Markt
- Ganz neue Möglichkeiten für den Vollzug…
→ Auf eine Erhöhung der gesamten Sammelquoten zahlen all diese Konsequenzen nicht, oder nur minimal ein. Zudem ist das Potenzial der negativen Auswirkungen enorm.
Das Ziel muss es mMn sein, die Sammelquote durch andere Maßnahmen zu erhöhen.
Diesbezügliche Hebel sind vorhanden - z.B.:
- Optimierung der Vertreiberrücknahme:Die aktuelle Rechtslage ist für den Verbraucher vollkommen intransparent (→ "Wer ist denn rücknahmepflichtig?") und Bedarf einer Anpassung. 👉 Vorbild könnten hier die Batterien sein: Wer in seiner Rolle als Vertreiber EEE an Endnutzer verkauft, der hat auch eine Rücknahmeverpflichtung.→ Diese Anpassung würde die Sammelstellendichte für die Endnutzer drastisch erhöhen.→ Auch der Aufwand für den Handel ist vermutlich überschaubar: Schließlich werden die Läden aller Voraussicht nach nicht mit WEEE geflutet und WEEE dürfen auch vom Vertreiber kostenlos am Wertstoffhof abgegeben werden.
- Berücksichtigung von 2nd-Life:Lebenszyklus verlängernde Maßnahmen fließen in die Berechnung Stand heute gar nicht ein, obwohl sie mit Blick auf die Abfallhierarchie als “besser” erachtet werden.
- Endnutzer:Die Endnutzer sind die wichtigsten Stakeholder. Mit ihnen steht und fällt das System. Entsorgen sie WEEE nicht oder nicht korrekt, funktioniert es nicht. Sie müssen also mitspielen und sind der größte Hebel die “verfügbare WEEE-Menge” zu erhöhen. Das Endnutzer-Verhalten kann der Hersteller aber nur bedingt beeinflussen.👉 Hier bedarf es (Verantwortungs-) Bewusstsein, Aufklärung, Wissen.Dieses sollte bereits von kleinauf in den Kindergärten, Schulen, aber vor allem auch Zuhause vermittelt und vorgelebt werden.👉 Darüber hinaus könnten die Aufmerksamkeit unterstützt und die Sammlung incentiviert werden:Alternativ zum “Weltspartag” könnte es bspw. den Welt-Eschrott-Tag geben, an dem umfangreich gesammelt und Gutscheine für Schwimmbad, Zoo, o.ä. im Gegenzug verteilt werden.Auch könnte außerordentliche Performance von Vertreibern und Herstellern honoriert werden.
Und darüber hinaus gibt es sicherlich noch einige Möglichkeiten mehr.
Macht eine Hersteller individuelle Quote Sinn? Und welche Maßnahmen könnten die Sammelquote grundsätzlich erhöhen? Teile Deine Gedanke gerne in den Kommentaren. 💬👇🏼
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17y of expertise in consumer product quality and compliance in both Asia and Europe
9 MonateSelbst arithmetisch erscheint das in einigen Fällen wenig Sinn zu ergeben. Nehmen wir mal an, es gibt einen stark wachsenden "start-up"-like Elektrohändler names "Berliner Marken Grüppchen" der Produkte der Marke "Clearstone" in Verkehr bringt. Wie soll der die Quote erfüllen? Angenommen die Geräte halten im Schnitt 7 Jahre (nur ein Beispiel für die Rechnung) - dann würden Produkte auf Basis der 2017er Verkäufe zurückkommen, das war damals ein Bruchteil von den 2024er Verkäufen. Und die Logik ein neues gegen ein altes Gerät funktioniert dort auch nicht, weil einfach viele neuartige Produkte in deren Angebot sind, die es vor 7 Jahren gar nicht gab. Soll er seine eigenen Geräte schneller redundant werden lassen? - Das wäre ja extremst kontraproduktiv für die Umwelt. Oder soll er bewerben, fremdem Elektroschrott anzunehmen, damit er auf diese Quote kommt? - Das ist ein Wettbewerbsnachteil. Oder soll er am besten keine Innovationen auf den Markt bringen, damit das 1:1 funktioniert? - Gut, das würde zumindest zu Deutschlands Innovationsgeist passen 🤣 .