Vertrauen im Team durch agile Arbeitsmethoden - so klappts!
Mitarbeiter*innen sollen für das Unternehmen die Extrameile gehen. Kollegen und Führungskräfte sollen sich ohne Wenn und Aber auf sie verlassen können. Wie aber schafft man es, dass sie von innen heraus motiviert sind und nicht den Fokus auf Gehalt und Status legen? Und wie stellen andererseits Arbeitgeber und Führungskräfte ihre eigene Work-Life-Balance sicher? Wie wäre es, wenn Unternehmen nicht mehr aufwendig nach den besten Köpfen und Fachkräften suchen und um diese kämpfen müssten, sondern diese sich darum bemühen, bei ihnen arbeiten zu dürfen? Um das zu erreichen, lohnt es sich, sich mit den Prinzipien von agilem Arbeiten und ihren Wechselwirkungen auf Vereinbarkeit näher auseinanderzusetzen.
Agiles Arbeiten ist unter anderem gekennzeichnet durch regelmäßigen Austausch der handelnden Personen, Transparenz, kontinuierliche Reflexion, Selbstorganisation, Agieren auf Augenhöhe, eine offene Fehlerkultur und Pragmatismus.
Vereinbarkeit ist das Bestreben, für alle Mitarbeiterinnen in jeglicher Lebenssituation Unterstützung anzubieten, so dass diese Leben und Arbeit gut miteinander vereinbaren können, z.B. für die Auszubildende, die eine Weltreise machen möchte, für den Kollegen, der seine Eltern pflegt und genauso für junge Eltern.
Gerade in der immer noch anhaltenden Pandemiesituation gewinnt die Frage „Wie geht es dir?“ im Gespräch an besonderer Bedeutung: Mehr denn je sollte auf diese nicht nur höfliches Geplänkel folgen – speziell, wenn man sich nur online oder telefonisch „begegnet“. Dies gilt insbesondere für Teams, die teilweise oder sogar komplett remote arbeiten.
Echte Gespräche statt Geplänkel
Nimm dir die Zeit, um ein tatsächliches Gespür dafür zu bekommen, wie es deinem Teammitglied gerade geht. Mach dir bewusst, dass du möglicherweise der erste Kontakt außerhalb der Familie oder vielleicht überhaupt an diesem Tag für dein Gegenüber bist. Eine Kollegin erzählte mir neulich, dass sie während des letztjährigen Lockdowns von Mitte März bis Ende April lediglich zwei Freundinnen persönlich gesehen hat – und wie sie merkte, dass sich dieser mangelnde Austausch auf ihre psychische Belastbarkeit ausgewirkt hat. Aus der sprichwörtlichen Mücke hat sie innerlich einen Elefanten gemacht – und war zunehmend näher am Wasser gebaut. Dies passte so gar nicht zu meinem Bild, dass ich bis dato von dieser toughen Kollegin hatte und war natürlich trotzdem sofort nachvollziehbar. Von anderen Unternehmen wissen wir, dass die Führungskräfte sich dort in der mündlichen Kommunikation speziell auf die Mitarbeitenden fokussiert haben, die alleine leben und lieber einmal öfter das Gespräch gesucht haben.
Gehe selbst voran
Auch das Teilen solcher Einblicke wie die Gedanken der Kollegin kann zum Türöffner in einem solchen Austausch werden – zeige ruhig, dass auch du mit Herausforderungen zu kämpfen hast und diese vielleicht leidlich gut bewältigst – damit machst du dich ein Stück weit sympathischer und stellst Augenhöhe her. Im ersten Kitajahr unseres Sohnes habe ich meinen Kollegen ab und zu einfach kommuniziert: ich bin heute ganz schön müde, das Kind hat die Nacht zum Tag gemacht, vielleicht können wir das (interne) Meeting auf morgen verschieben? Oder: Können wir das Schreiben einen Tag später verschicken?
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"Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat."
Matthias Claudius
Mir wurde viel Verständnis entgegengebracht und gleichzeitig auch ein gesteigertes Vertrauen. Denn diese Haltung führte dazu, dass auch meine Teammitglieder sich geöffnet und mehr aus ihrer aktuellen Lebenssituation berichtet haben. als Führungskraft hier den ersten Schritt zu machen und sich verletzlich zu zeigen, kann einen großen Vorteil für das ganze Team bieten. Es ist in dieser Zeit faktisch nicht vorgekommen, dass die Abteilung Deadlines verpasst hat, ohne entsprechend rechtzeitig mit den relevanten Stakeholdern zu kommunizieren oder so Abhilfe zu schaffen, dass Nachteile anderweitig verhindert werden konnten.
Das hat auch mit dem Selbstverständnis als Führungskraft eines Teams zu tun, das sich weitgehend selbst organisiert – die Frage ist: Was brauchst du, damit du deine Arbeit gut machen kannst? Diese Fragen kannst du dir als Führungskraft immer wieder selbst stellen, vor allem aber solltest du sie deinen Mitarbeitern stellen. Dafür ist ein gutes Vertrauensverhältnis essentiell, so dass dein Teammitglied nicht das Gefühl hat, es gibt eine von ihm/ihr erwartete Antwort. Die Frage sollte so gestellt sein, dass sie impliziert: Ich weiß, dass du deinen Job gut machst, du bist die Expert/in, ich vertraue dir – und im Gegenzug vertraust du mir und informierst mich rechtzeitig, wenn du Unterstützung brauchst oder ich dir die Stakeholder vom Leib halten soll, damit du Zeit und Raum hast, den Job nach deinen Vorstellungen und mit deiner Expertise zu machen.
Der Expertentrick
Eine andere Möglichkeit, um Augenhöhe innerhalb eines Teams herzustellen, ist „Expert*innen“ für verschiedene Themen humorvoll zu benennen: z.B. der Experte für die gute strategische Herangehensweise, die Formulierungskönigin für unangenehme Statements, die „Rampensau“, der „Excel-Held“ etc. Dies dann auch immer mal wieder zu kommunizieren: „Bitte stell Deine Präsentation der Formulierungskönigin und dem Excelhelden vor und arbeitet gemeinsam daran.“ „Bitte sprich nochmal mit unserem Strategieexperten - vielleicht hat er ja noch eine andere Idee.“. Widerstehe dabei dem Drang, dem Ganzen - wenn vermeidbar – noch den letzten Schliff zu verpassen.
Gestalte Teammeetings nicht immer gleich – wir alle haben sicher keinen Nerv mehr für langweilige Meetings, in denen immer nur der Status von Projekten abgefragt wird und kein Raum für echten Austausch vorhanden ist. Stell offene Fragen, lasse Diskussionen zu und im Zweifel das Team entscheiden, welcher Lösungsansatz verfolgt wird. Gebe den Teammitgliedern die Möglichkeit, neue Ideen selbst zu entwickeln und vielleicht in einem geschützten Umfeld zu testen.
Du wirst sehen, diese Prinzipien werden sehr schnell dazu führen, dass du als Führungskraft mehr Raum für operative und strategische Themen abseits der Führungs- und Personalthemen hast – und noch viel wichtiger: motivierte Teammitglieder, die mehr Raum haben, ihre Arbeit in ihr Leben zu integrieren. Die Vertrauensbasis erfährt dadurch eine wertvolle Aufwertung und du bekommst immer mehr das Gefühl, dass sich das Team aufeinander verlassen kann.
Probiere es einfach aus und teile gerne deine Erfahrungen mit uns. Welche Bestrebungen gibt es da in deinem Unternehmen schon? Was klappt gut, was könnte besser laufen? Gerade in Bezug auf den exorbitant gestiegenen Anteil an remote erledigter Arbeit interessieren uns da sehr deine Erfahrungen! Hier gibt es ja nochmal ganz neue Herausforderungen im Gegensatz zur Vor-Coronazeit.
Director Business Development VINCI Energies
2 JahreSehr interessanter Beitrag dessen Inhalt ich aus meiner beruflichen Erfahrung als Führungskraft, Teamleader und Coach vollinhaltlich unterstütze! Sehr gut👍!