Vertretung der AG beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist

Vertretung der AG beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist

In seinem Urteil vom 15. Januar 2019 (II ZR 392/17) bejaht der BGH die Anwendbarkeit von § 112 AktG auf Rechtsgeschäfte der AG mit Gesellschaften, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist. Die AG wird beim Abschluss solcher Rechtsgeschäfte also durch den Aufsichtsrat vertreten.

§ 112 AktG lautet:

"Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. § 78 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend."

Während der Wortlaut der Norm lediglich Rechtsgeschäfte zwischen der AG und Vorstandsmitgliedern erfasst, sieht der BGH es aufgrund des Schutzzweckes des § 112 AktG im Ergebnis als geboten an, die Norm auch auf Rechtsgeschäfte zwischen der AG und einer Gesellschaft (im konkreten Fall: einer GmbH), deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist, anzuwenden. Er schließt sich damit einer breiten Auffassung in der juristischen Literatur an, die schon länger die Anwendung von § 112 AktG auf Rechtsgeschäfte zwischen der AG und einer Gesellschaft, die mit einem Vorstandsmitglied der AG wirtschaftlich identisch ist, befürwortet.

Wenngleich der BGH nicht die Gelegenheit genutzt hat, im Rahmen eines obiter dictum Stellung zu Fällen zu beziehen, in denen das Vorstandsmitglied nicht Alleingesellschafter der mit der AG kontrahierenden Gesellschaft ist, sondern nur einen maßgeblichen Einfluss auf diese Gesellschaft ausübt, ergeben sich für die Praxis folgende Handlungsmaximen:

  • Beim Abschluss von Rechtsgeschäften der AG mit Gesellschaften, deren Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist, wird die AG durch den Aufsichtsrat vertreten.
  • Zur Aktivvertretung der Gesellschaft hat der Aufsichtsrat zunächst (1) als Gesamtorgan (sofern nicht Satzung oder Geschäftsordnung die Beschlussfassung einem Ausschuss zuweisen) über die Vertretung der AG Beschluss zu fassen und sodann (2) das Ergebnis der Beschlussfassung dem Vertragspartner der AG mitzuteilen (die Kundgabe kann der Aufsichtsrat einem seiner Mitglieder oder einem Dritten überlassen).
  • Die Rechtsfolgen der Missachtung des § 112 AktG sind höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Es wird aber nach der jeweiligen Art des Verstoßes zu differenzieren sein: Handelt für die AG ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied, ohne dass dem Handeln eine entsprechende Beschlussfassung des Gesamtorgans zugrunde liegt, soll das Rechtsgeschäft nach überwiegender Ansicht nach § 177 BGB schwebend unwirksam sein (es kann aber durch entsprechene Beschlussfassung des Aufsichtsrats und Kundgabe dieses Beschlusses genehmigt werden). Handelt für die AG ein Vorstandsmitglied, soll das Rechtsgeschäft nach der vorherrschenden Auffassung nach § 134 BGB nichtig sein; eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat scheidet dann aus.
  • Aus Gründen der Vorsicht sollte in Konstellationen, in denen die AG zwar kein Rechtsgeschäft mit einer Gesellschaft, deren Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied der AG ist, abschließt, in denen aber auf ähnliche Weise der Schutzzweck des § 112 AktG berührt ist (z.B. Abschluss von Rechtsgeschäften mit Gesellschaften, auf die ein Vorstandsmitglied maßgeblichen Einfluss ausübt oder deren Alleingesellschafter ein Treuhänder eines Vorstandsmitglieds ist etc.), eine entsprechende Vereinbarung sowohl durch den Vorstand als auch durch den Aufsichtsrat unterzeichnet werden.

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