Vorsicht beim Fotografieren im Museum! Gilt das Urheberrecht auch für gemeinfreie Werke?

Vorsicht beim Fotografieren im Museum! Gilt das Urheberrecht auch für gemeinfreie Werke?

Ein Mannheimer Museum klagte gegen die Veröffentlichung von Bildern im Internet, welche Gemälde aus dessen Bestand zeigten. Ein Besucher hatte Lichtbilder von Werken innerhalb des Museums angefertigt und diese ins Internet gestellt. Daneben scannte er Abbildungen von Gemälden aus einem Katalog, welcher im Auftrag des Museums entstanden ist, ein und veröffentlichte auch diese. Trotz der Gemeinfreiheit dieser Gemälde verbot das OLG Stuttgart die Verbreitung der Fotos und Scans im Internet. Zu Recht?

Der Sachverhalt

Das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.5.2017, Az. 4 U 204/16) untersagte es dem Museumsbesucher, die Lichtbilder und Scans der gemeinfreien Werke im Internet zu verbreiten. Der Besucher fertigte sowohl Lichtbilder von Werken innerhalb des Museums als auch Scans aus einem Katalog an, welcher Abbildungen von Gemälden aus dem Museum enthielt. Besonders interessant war, dass die ins Internet gestellten Lichtbilder und Scans Gemälde zeigten, die gemeinfrei im Sinne des § 64 UrhG waren und somit keinen urheberrechtlichen Schutz mehr genossen.

Waren die Abbildungen im Katalog urheberrechtlich geschützt?

Fraglich war, ob die Abbildungen von gemeinfreien Werken im durch das Museum in Auftrag gegebenen Katalog einen eigenen urheberrechtlichen Schutz genossen. Das OLG Stuttgart sprach den sog. Reproduktionsfotografien im Katalog, also der möglichst unveränderten Abbildung des Originals, einen eigenen urheberrechtlichen Schutz im Sinne des § 72 UrhG zu. Damit erteilten die Richter der teilweise vertretenen teleologischen Reduktion des § 72 UrhG eine Abfuhr, da diese zu Wertungswidersprüchen führen würde, wenn selbst schon simple „Knipsbilder“ einen urheberrechtlichen Schutz genießen.

Das Museum machte vom Hausrecht Gebrauch

Die Lichtbilder, welche direkt im Museum entstanden, seien aufgrund des dort vorherrschenden Fotografieverbots zu unterlassen gewesen. Die Richter übertrugen sie sog. Sanssoucci-Rechtsprechung des BGH von unbeweglichen auf bewegliche Sachen - hier auf die Gemälde. Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Fotografierens ergebe sich somit aus § 1004 Abs. 1 BGB. Da das Museum in seinen AGB das Fotografieverbot verankert hatte, machte es von seinem in § 903 BGB begründeten Befugnis als Eigentümer entsprechend Gebrauch. Somit war auch das Fotografieren der gemeinfreien Werke innerhalb des Museums zu unterlassen.

Wie wird der BGH entscheiden?

Auf den ersten Blick mutet es widersprüchlich an, dass Reproduktionsfotografien von gemeinfreien Werke einen urheberrechtlichen Schutz genießen können. Somit kann der Eigentümer die grundsätzliche Schutzfrist von 70 Jahren nach § 64 UrhG verlängern, sofern ihm die Rechte an den Reproduktionsfotografien zustehen und er Dritten das Fotografieren der Werke untersagt. Ob der BGH (Az. I ZR 104/17) dieser Hintertür einen Riegel vorschieben wird, bleibt abzuwarten.


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