Wann haben wir aufgehört, Gelerntes anzuwenden?
Warum wird auf essentielle Werte, die uns in unseren unterschiedlichen Ausbildungsstufen konstant mitgegeben werden, kein Wert gelegt? Viele Gespräche mit Testexperten haben in mir wiederholt die Frage aufkommen lassen: Wann haben wir aufgehört, Gelerntes anzuwenden?
Wer findet sich hier wieder? Wer stellt sich ähnliche Fragen? Kommentare und Diskussionen erwünscht!
Lassen Sie mich so beginnen: Vor einigen Jahren habe ich mir vorgenommen, Zeichnen zu lernen. Glauben Sie mir, niemand will Skizzen von mir sehen, und beim Gesellschaftsspiel Activity fürchtet sich meine Gruppe, wenn ich zum Stift greife (ja, wir entwickeln Ehrgeiz beim Spielen, aber darum geht’s heute nicht). So gesehen war das Buch, und ich kann es wirklich jedem empfehlen, der gerne seine Zeichenkünste verbessern möchte, „Das neue garantiert Zeichnen lernen: Die Befreiung unserer schöpferischen Gestaltungskräfte“ von Betty Edwards sowohl für mich als auch meine Mitspieler ein Segen.
In diesem Buch müssen zu Beginn Aufgaben erfüllt werden: Zeichne deine Hand, zeichne ein Portrait von dir, zeichne eine dir bekannte Person nur mit deiner Vorstellungskraft, ohne Bild noch sonstige Hilfe.
Anhand dieser Zeichnungen oder in meinem Fall Zeichenversuche kann der Autor einem helfen herauszufinden, in welchem Alter man das Interesse am Zeichnen verloren hat bzw. aufgehört hat sich weiterzuentwickeln. Ja, mein Ergebnis war zu Beginn ernüchternd, aber das tut hier nichts zur Sache und am Ende, nach dem Durcharbeiten des Buchs war ich wirklich um einiges besser.
Und analog zu der Frage „Wann haben wir aufgehört zu lernen?“ frage ich mich oft „Wann haben wir aufgehört, Gelerntes anzuwenden?“.
Schon ganz zu Beginn meiner Schulkarriere lernten wir sorgfältig zu schreiben und zu rechnen, es wurde viel Wert auf die Qualität der Ausführung geachtet. Qualität begleitet uns durch unsere komplette Ausbildung, war und ist ein wichtiger Bestandteil und begleitet uns von der Grundschule bis an die Universitäten.
In meiner Ausbildung an der technischen Universität Wien verbrachten wir Jahre damit, effiziente Algorithmen zu entwickeln, danach zu streben, Aufgaben effizient und mit höchster Qualität zu erledigen. Ressourcen sind wichtig, egal in welchem Bereich.
Diese Werte Qualität und Effizienz begleiten mich in meinem Fall bis ins Berufsleben: Mit meinem Unternehmen entwickle ich Testautomationssoftware, die dazu dient, Unternehmen genau in diesen Punkten zu unterstützen - nämlich die Qualität ihrer Systeme sicherzustellen. Und zwar möglichst effizient und mit optimalem Ressourceneinsatz, denn die gesparten Ressourcen können anderswo wertvoll eingesetzt werden.
Tolle Sache, denn unsere Kunden schätzen genau diese Wins an unseren Produkten.
Doch es gibt auch jene Gespräche, in welchen Interessenten vom Produkt angetan sind, sich dann aber gegen den Einsatz von Testautomation entscheiden. Nicht etwa, weil der Mitbewerber das Rennen gemacht hat (ok, soll auch passieren und kommt in den besten Häusern vor), sondern weil man sich - aus welchen Gründen auch immer - gegen automationsunterstützte Qualitätssicherung entschieden hat.
Und in diesen Momenten denke ich an Qualität und Effizienz und frage mich: Warum? Wann haben wir aufgehört, (sinnvoll) Gelerntes anzuwenden?
Besagte Punkte sind objektiv nachweisbar mittels ROI Rechnungen, mittels gesteigerten Testabdeckungen, mittels massiven Aufwandsersparnissen bei den eingesetzten Testern (Ressourcen).
Und trotzdem wird 2021 großteils immer noch manuell getestet.
Was spricht dagegen, höchstmögliche Qualität anzustreben und dabei möglichst effizient vorzugehen?
Fallen Ihnen Argumente bzw. Denkansätze ein, die uns auf die richtige Spur bringen können?
Ich freue mich schon auf Antworten und rege Diskussionen per Nachricht oder als Kommentar hier zu meinem Beitrag.