Warum Integrierte Managementsysteme unsexy sind

Warum Integrierte Managementsysteme unsexy sind

Viele Führungskräfte verdrehen die Augen, wenn es um ein Integriertes Managementsystem (IMS) geht. Governance und Qualitätsmanagement haben da einen schweren Stand. Warum ist das so?

Beim IMS geht es nur oberflächlich um Prozesse

Auf den ersten Blick geht es bei Managementsystemen wie ISO 9000, 27000 oder anderen Normen um zentral dokumentierte Prozesse. Die müssen aktualisiert sein und ihre Einhaltung irgendwie "mit Kennzahlen" beobachtet werden. Dazu werden meist spezielle Teams für Governance, Qualitätsmanagement oder Informationssicherheit beauftragt. Die sind im Unternehmen häufig so beliebt wie Steuerprüfer.

Aber die aufwändige Verwaltung von Prozessen und Dokumenten lenkt davon ab, worum es bei einem Managementsystem in Wirklichkeit geht.

In Wirklichkeit geht es nicht um Prozesse. Es geht um Führung!

Mit einem Managementsystem macht das Unternehmen deutlich, dass es ihm nicht egal ist, wie die Führungskräfte ihre Führungsaufgabe wahrnehmen. Es mischt sich damit in das individuelle Führungsverständnis der Leitungspersonen ein. Das finden die in der Regel gar nicht sexy.

Einmischung wird als übergriffig empfunden

Die meisten Führungspersonen empfinden es als übergriffig, wenn die Leute aus der Governance oder dem QM ihnen sagen, wie sie führen sollen. So regt sich Widerstand. Und der hat leichtes Spiel, denn so ein IMS lässt sich schnell als Bürokratiemonster ansehen.

Ein Stellvertreterkonflikt

Wir beobachten einen Stellvertreterkonflikt. An der Oberfläche sieht es so aus, als ginge es um überfällige Dokumentationen, Freigaben oder Prozessdarstellungen. Die Governance-Teams kämpfen sich ab um darzustellen, dass das alles doch keine zusätzliche Arbeit ist, keine Bürokratie, keine Schikane. Sie versuchen, "den Mehrwert" herauszustellen. ... Und scheitern dabei kläglich.

Führungskräftetrainings für das IMS - ziemlich daneben!

Warum? Weil sie das Pferd von der falschen Seite aufzäumen. Das IMS fordert bestimmte Führungsaktivitäten und Kontrollen, also sollen die Führungspersonen das bitte tun. Dann gibt es Führungskräfteseminare, wo die Leitungspersonen lernen, wie sie Mitarbeitergespräche führen (und dokumentieren !!!), wie sie Prozesse beobachten (und dokumentieren !!!) und noch viele andere Dinge tun (und dokumentieren !!!).

Mein Tipp: Erst Führung entwickeln, dann IMS einführen!

Eigentlich müsste das Unternehmen zuerst die Führung entwickeln. Das heißt: Im Unternehmen ein gemeinsames Bild dafür schaffen, wie Führung gemeint ist. Wie eine Führungsschleife gelingen oder scheitern kann, wie viel Selbstführung sinnvoll ist und so weiter.

Und wenn dieser Prozess der Führungsentwicklung vorankommt, dann (und erst dann!) macht es Sinn, diese Führung in einem Managementsystem aufzuschreiben und kontinuierlich zu beobachten. Dann wird es auch nicht als zusätzliche Bürokratie wahrgenommen, sondern als Hilfe im Führungsalltag.

Gemeinsames Führungsverständnis entwickeln

Was heißt das konkret? Nehmen Sie die (meist von außen angestoßene) Notwendigkeit für ein Managementsystem als Anlass, Führung im Unternehmen zu formulieren. Meistens sind nur Linien, Positionen und Unterschriftenregeln beschrieben, aber nicht, wie Führung wahrgenommen werden soll. Also macht jeder, was er/sie für richtig hält.

Ein solches gemeinsames Bild von Führung arbeiten Vertreter aus allen Führungsebenen vom Vorstand bis zur Teamleitung in einer Reihe von Workshops aus und sammeln die Kriterien, anhand derer sie beobachten können, dass die Teams und das Unternehmen gut geführt werden.

Das Governance-Team kann das Ergebnis dann in ein Management-System übersetzen. So ist dieses Führungssystem nicht von irgendeiner externen Norm vorgegeben, sondern aus der Mitte der Führungspersonen entwickelt worden. Meine Faustregel: Wenn Sie 10-15 Prozent aller Führungspersonen einbinden, kann das gelingen.



Making Teams Work

Ich bin Rainer Feldbrügge. Als Organisationsberater geht es mir darum, die Zusammenarbeit in den Arbeitsteams zu verbessern. Dazu schaue ich mit Ihnen auf Ihre Prozesse, die Führungskultur und die Strukturen. Abonnieren Sie meinen Newsletter, um immer als Erste von Impulsen aus meiner Arbeit zu profitieren.

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