Warum treffen Führungskräfte keine Entscheidungen?
„Was ziehe ich heute an?“ „Was soll ich essen?“ „Tee oder Kaffee?“ Manche Menschen sind schon mit so banalen Entscheidungen scheinbar überfordert. Schaue ich in die Führungsebene von Unternehmen, sieht es da nicht viel anders aus. Bereits im Jahr 2019 hat eine Studie der Boston Consulting Group gezeigt, dass neun von zehn Führungskräften eher zögerlich in ihren Entscheidungen sind. Sie drücken sich vor ihrer Verantwortung und haben anscheinend vergessen, worum es in der Rolle als Führungskraft geht.
Kein Wunder, dass immer weniger Menschen überhaupt in eine Führungsposition wollen. Klar, denn das bedeutet auch, dass man Entscheidungen treffen muss. Und zwar auch solche, die unangenehm sind. Die meisten haben das nie gelernt, sie haben keine Krisen erlebt, wissen nicht, wie es ist, wenn es hart auf hart kommt.
Führungskräfte, die sich allerdings vor Entscheidungen drücken und Verantwortung scheuen, sind wie Kapitäne, die sich weigern, das Steuer ihres Schiffes zu übernehmen. Sie stehen am Ruder, winken den vorbeifahrenden Schiffen und beobachten, wie ihre Mannschaft versucht, alles am Laufen zu halten. Anstatt aber den Kurs zu bestimmen, lassen sie das Schiff ziellos auf dem Meer treiben. Viele Unternehmen dümpeln so vor sich hin, doch damit setzen sie ihre Zukunft aufs Spiel und sie sind auch nicht für Stürme oder Krisen gewappnet.
Warum Führungskräfte Entscheidungen vermeiden
Aber warum ist das so? Warum verstecken sich so viele Führungskräfte hinter Ausreden und Delegationen, anstatt mutig voranzugehen und Entscheidungen zu treffen? Ein Faktor ist, dass sie Fehler fürchten. Sie befürchten, dass eine falsche Entscheidung ihre Karriere oder gar das Unternehmen ruinieren könnte. Also vermeiden sie es lieber, überhaupt Entscheidungen zu treffen. Auch gilt es für viele Führungskräfte, um jeden Preis Konflikte zu vermeiden. Sie wollen nicht, dass ihre Mitarbeitenden sie für unpopuläre Entscheidungen verurteilen, ganz nach dem Motto: „Wie kann der nur die nette Frau Müller entlassen.“ Oder „Die Umstellung ist doch total scheiße, da hat der Chef mal wieder versagt.“ Also entscheiden sich die Führungskräfte dafür, lieber keine Entscheidungen zu treffen, was noch viel schlimmer ist. Ja, Verantwortung ist unbequem, denn sie bedeutet, die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen zu tragen. Daher gibt es auch Führungskräfte, die es bevorzugen, sich in ihrer Komfortzone zu suhlen und die Schuld auf andere abzuwälzen. Zum Beispiel auf die Unternehmensberatung, die extra einkauft wurde, um Entscheidungen zu treffen oder auf die eigenen Mitarbeitenden, die plötzlich viel mehr Verantwortung bekommen als sie vielleicht wollen.
Entscheidungsverweigerung und die fatalen Folgen
Alle aufgeschobenen Entscheidungen erhöhen den Druck innerhalb des Unternehmens. Projekte werden gestartet, aber nie zu Ende geführt, denn irgendwann fehlt die Entscheidung, in welche Richtung es gehen soll. Notwendige Change-Prozesse werden nicht angestoßen, da niemand entscheidet, wie und wann das passieren soll. IT-Systeme werden nicht aktualisiert, da keiner entscheidet, welche es braucht, wie teuer sie sein dürfen oder wer dafür zuständig ist. Auch die Nachfolgeplanung wird immer weiter nach hinten geschoben. Ob nun der Sohn, die Tochter oder eine externe Geschäftsführung – das will niemand entscheiden.
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Mangelnde Entscheidungsfähigkeit sorgt außerdem dafür, dass das gesamte Team demotiviert wird. Wie glauben Sie, fühlt sich der Mitarbeitende, der monatelang auf eine Entscheidung wartet und immer wieder vertröstet wird? Oder derjenige, der jeden Tag den Job von drei Leuten erledigt, weil einfach nicht entschieden wird, ob noch jemand eingestellt wird? Oder auch jemand, der immer wieder sehr gute Ideen liefert, die aber ständig im Sand verlaufen, weil nichts entschieden wird? Sie können sich denken, dass diese Mitarbeitenden irgendwann „aufgeben“, innerlich kündigen und sich ein neues Unternehmen suchen.
Die Folgen von Entscheidungs-Verweigerung werden zum Beispiel in den regelmäßigen Mittelstandsstudien von Ernst & Young prognostiziert. Dort heißt es, dass innerhalb weniger Jahre 230.000 Mittelständler schließen müssen. Warum? Weil sie ihr Unternehmen nicht strategisch mit Blick auf die Zukunft positionieren, keine wettbewerbsorientierte Mitarbeiterstrategie haben und über keine Nachfolgeregelung verfügen. All das sind die Konsequenzen nicht getroffener Entscheidungen. Fakt ist, dass in so gut wie jedem Unternehmen der Druck zugenommen hat. Heute müssen diese sich permanent verändern. Inflation, Engpässe, Fachkräftemangel, fortschreitende Technologie, neue Wettbewerber, sich ändernden Kundenbedürfnissen usw. fordern auch Führungskräfte täglich heraus. Doch nur, wer auch in diesem verschärften Umfeld in der Lage ist, schnell fundierte Entscheidungen zu treffen, kann sich zukunftsfähig aufstellen und am Markt erfolgreich sein. Ich erlebe aber häufig das Gegenteil: Alles wird so lange diskutiert, durchgekaut, ausgespuckt und rausgezögert, bis der Wettbewerb gnadenlos an einem vorbeigezogen ist. Und dann? Ende Gelände.
Entscheidungsfreude statt Entscheidungsparalysen
Führungskräfte sollten also endlich wieder das tun, wofür sie bezahlt werden: Entscheidungen treffen. Gute Führung heißt vor allem, mit den vorhanden Ressourcen definierte Ziele und Ergebnisse zu erreichen. Und dazu gehört es verdammt noch mal, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Jede Führungskraft muss sich darüber im Klaren sein, worauf sie sich einlässt und dass dies Teil ihre Rolle ist. Ist das klar, dann lässt sich mit einer Führungskräfteentwicklung konsequent an der eigenen Wirksamkeit arbeiten. Je mehr sie ihre sozialen, kommunikativen und persönlichen Kompetenzen erweitern, desto besser gelingt es ihnen, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.
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6 MonateWenn Führungskräfte zögern, Entscheidungen zu treffen, dann stecken m.E. meistens diese 4 Gründe dahinter: -die Angst vor Fehlern und den Konsequenzen von Fehlgriffen -das Fehlen von klaren Informationen oder einer strategischen Vision -keine Zeit für gründliche Analysen und Konsensbildung -der Glaubenssatz, nicht gut genug zu sein Gegenmassnahmen könnten sein -Definieren von Vision, Mission und Entscheidungsprozessen -einer offene Fehlerkultur -von Prozessen, wie Projekte bulletproof geplant werden.