Welcher Weg ist profitabler, welcher Weg ist mehr wert?
Nicht nur bei einer Wanderung ist es notwendig, sich für einen Weg zu entscheiden. Im betrieblichen Kontext, insbesondere, wenn Change-Prozesse anstehen, steht man oft vor der Wahl "Entweder Profitabilität oder Sozialität". Dieser Kurzbericht soll zeigen, dass es nicht darum geht, Entweder-Oder-Entscheidungen herbeizuführen, sondern, dass ein "Sowohl-als Auch" Ansatz für alle gewinnbringender sein kann.
Profitabilität und Sozialität, passt das zusammen? Ja, über die emotionale Bindung! Zudem soll thematisiert werden, welchen Beitrag die Führungskräfte beim Changeprozess leisten können.
Warum ist es empfehlenswert, vom Modell des homo oeconumicus abzurücken?
Die moderne Wissenschaft ist mittlerweile davon überzeugt, der Mensch ist kein „homo oeconomicus“, sondern vielmehr ein soziales Wesen. Diese Erkenntnis wird durch eine Vielzahl an Studien aus den letzten 15 Jahren Forschung der Positiven Psychologie im Berufskontext bekräftigt.
Die frühere Formel von Leistung in einer traditionellen/konservativen Arbeitskultur eines „homo oeconomicus“ lautete: Arbeit / Zeit = Leistung! Produktivitätsoptimierungswellen, Slogans wie „höher, schneller, weiter“ oder auch Begriffe wie FTE (Full Time Equivalent) (was für ein schreckliches Wort) zogen in die Unternehmen ein und hatten auch ordentliche Erfolge aufzuweisen. Jedoch scheint es nun an der Zeit für einen kritischen Blick. Zum einen zeigt sich, dass sich dieses Modell abgenutzt hat. Wenn der Bogen überspannt wurde, gab es sogar schädliche Auswirkungen für das Unternehmen sowie die Belegschaft (bspw. erhöhte Fehlzeiten, deutliche Reduktion der emotionalen Bindung mit einhergehendem Leistungsnachlass etc.).
Die empfohlene Erweiterung der Formel in einer modernen Arbeitskultur, die das Verständnis hat, dass „Der Mensch ein soziales Wesen“ lautet nun:
Arbeit * Wohlbefinden/Zeit = Leistung!
Dieser Kurzbericht bezieht sich auf wissenschaftliche Studien der Positiven Psychologie im Arbeitskontext. Die Kernbotschaft ist: Die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen hat enormes Potenzial.
Neurobiologische Untersuchungen und eine Vielzahl an Studien belegen, dass ein belastend wirkendes oder gar bedrohliches Arbeitsumfeld die Denk- und Gedächtnisleistung sowie die Aufmerksamkeit des Menschen hemmen. Dies hat negative Auswirkungen sowohl auf die Auffassungsgabe, die Kreativität/Innovationsfähigkeit als auch auf die Arbeitsleistung.
Die Arbeitsleistung selbst steht in einem engen Zusammenhang mit der emotionalen Bindung der Mitarbeitenden zum Unternehmen. Hier ein paar beeindruckende wirtschaftliche Zahlen:
Emotional gebundene Mitarbeiter*Innen generieren 43% mehr Erträge als solche, die kaum oder gar nicht gebunden sind.
Business Units mit einer überdurschnittlich hohen Anzahl an Mitarbeitenden mit hoher emotionaler Bindung weisen 27% mehr Profitabilität auf.
Die Mitarbeiterfluktuation kann in günstigen Kontexten (hohe emotionale Bindung) um bis zu 87% abnehmen und die Leistung um bis zu 20% gesteigert werden.
75% der Mitarbeitenden mit einer hohen emotionalen Bindung an das Unternehmen glauben, einen hohen Einfluss auf Kosten, Qualität und Kundenservice zu haben (Selbstwirksamkeitsüberzeugung).
Say, Stay, Strive: Das Verhalten emotional gebundener Mitarbeiter wird über diese drei Verhaltensweisen sichtbar: Say, Stay, Strive. Mit „Say“ ist gemeint, die Mitarbeitenden sprechen im Arbeitsumfeld positiv über die Firma und sind Multiplikatoren, sie kommunizieren insbesondere bei Changeprozessen „Pro“. Mit „Stay“ ist gemeint, die Mitarbeitenden bleiben in der Firma, spielen nicht mit den Gedanken, die Firma zu verlassen, auch nicht, wenn es mal turbulent ist. Mit „Strive“ ist gemeint, die Mitarbeitenden zeigen ein überdurchschnittliches Engagement.
Was sind die Komponenten, die Einfluss haben auf die emotionale Bindung:
Auf die Komponenten und die damit verbundenen Wechselwirkungen wird in einem Folgebericht näher eingegangen.
Welche Rahmenbedingungen sind günstig, um emotionale Bindung aufzubauen? Hier darf auf das Konzept „Great Place to Work“ Bezug genommen werden:
Empfohlen von LinkedIn
Was heißt dies nun für die Führungskräfte, die sich als Multiplikatoren und „emotional guides“ sehen sollten: Ein mgl. FK-Katalog könnte sein!
• • Ich sorge dafür, dass alle meine Mitarbeiter genau wissen und verstehen, was von ihnen erwartet wird.
• • Ich stelle meinen Mitarbeitern alle Arbeitsmaterialien zur Verfügung, die sie zur Erledigung ihrer Arbeit brauchen.
• • Ich gebe meinen Mitarbeitern jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was sie am besten können.
• • Ich gebe meinen Mitarbeitern kontinuierlich Anerkennung/Lob für ihre Arbeit.
• • Ich interessiere mich für meine Mitarbeiter als Mensch.
• • Ich fördere die individuelle Entwicklung meiner Mitarbeiter.
• • Ich nehme die Meinungen meiner Mitarbeiter ernst.
• • Ich zeige meinen Mitarbeitern ihren Beitrag zu den Zielen des Unternehmens auf.
• • Ich schaffe eine Arbeitsatmosphäre, in der alle Teams und die gesamte Belegschaft einen inneren Antrieb haben, Arbeit von hoher Qualität zu leisten.
• • Ich biete meinen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich kennenzulernen.
• • In spreche regelmäßig mit meinen Mitarbeitern über ihre Fortschritte.
• • Ich biete meinen Mitarbeitern die Möglichkeit, Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Fazit:
Nur 14 % der Arbeitnehmer sind im Beruf hoch emotional gebunden, während der Großteil nur wenig oder nicht emotional gebunden ist. Emotional hoch gebundene Mitarbeiter haben durch ihre Bindung diverse positive Effekte für das Unternehmen. Das „Great Place to Work“-Modell besteht aus fünf Dimensionen, die für einen ausgezeichneten Arbeitsplatz essenziell sind: Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz, Teamgeist. Der demographische Wandel hat einen erheblichen Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung zur Folge. Neue Arbeitnehmergenerationen unterscheiden sich in Ansprüchen und Erwartungen von ihren Vorgängern. Unternehmen müssen ihre Personalstrategien an die Bedürfnisse der Generation Y/Z anpassen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Methoden und Ansätze der Positiven Psychologie können das Mitarbeiterengagement erhöhen, Unternehmen zu einem großartigen und somit hoch wirksamen Arbeitsplatz machen und die Generation Y/Z im Unternehmen effizient und effektiv integrieren.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema bis dato gemacht, ich freue mich auf euer Feedback und dass ich im Zuge meiner Fortbildung nun die für mich gewonnen Erkenntnisse hier auf meinem Profil mit euch teilen darf.
Achtsam-Lernen-Wachsen-Sein
3 MonateHi Nadja, ja ich bin bei dir, es ist eine Challenge, es hat ja (um in Viktor Frankl's Sprache zu sprechen) niemand gesagt, dass es einfach ist, der Rahmen muss gebaut werden, dass emotionale Bindung wachsen kann, und die Führungskräfte "dürfen" sich als Multiplikatoren probieren, dann kann ein "Great to Work Place" entstehen.
JobFRUST aus - Dein FLOW an | Rein in Dein Element | Mit einer starken beruflichen Positionierung und der Power Positiver Psychologie | Business Coaching für hochengagierte Problemlöser
3 MonateSehr geil, Siegfried! Hochengagierte sind genau die Persönlichkeiten, die im hohen Maße emotional an das Unternehmen gebunden sind und damit „alles für die Firma“ geben. Es wird hier auf LinkedIn ganz viel dafür plädiert, Mitarbeiter zu motivieren und emotional anzusprechen. Die meisten Motivationsaktoren basieren aber auf extrinsischer Motivation. Emotionen braucht ja intrinsische Motivation. Natürlich gibt es die Möglichkeit, diese intrinsische Motivation zu fördern auf Basis von guten Beziehungen und guten Rahmenbedingungen. Ich glaube, es ist so, dass das es, wenn es nicht einen bestimmten „Break even“ an emotionalen Mitarbeitern in einer Firma / einem System gibt, die Förderung von Emotionen sehr schwierig ist und nicht wirklich gelingen kann. Denn wenn der Anteil der unmotivierten oder nicht bewussten Menschen in der Umgebung relativ hoch ist, verpuffen die Effekte Einzelner, die bei VIELEN für die Entwicklung wirklich emotionalen Engagements nötig wären. Wie der Tropfen auf den heißen Stein. Doch kann die positive Psychologie hier einen Beitrag leisten bei den Menschen, die sich bisher noch nicht so stark mit emotionen beschäftigen🤘🏻