Wenn Stress zur Entdeckungsreise wird

Wenn Stress zur Entdeckungsreise wird

Wahrscheinlich haben Sie schon einmal das Zitat von Albert Einstein gelesen, der gesagt haben soll:

 

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

 

Und vermutlich tun wir alle gut daran, wenn wir uns diesen Satz immer wieder einmal vor Augen halten. Es liegt an unserer Einstellung, unserer Art und Weise zu denken und unserer Wahrnehmung, ob wir ein äußeres Ereignis als problematisch wahrnehmen und dazu innere Ängste kreiieren.

 

In dieser Multikrisenzeit sind viele Menschen in ihrer beruflichen Rolle von Krisen betroffen. Viele Führungskräfte und Geschäftsführer müssen aktuell mehr als je zuvor auf ihre Ressourcen achten und gleichzeitig eine Menge Gas geben.

 

Darum soll es heute gehen. Was ist hilfreich, um in solchen erhöhten Stressphasen und Krisensituationen einen klaren Kopf zu behalten und sich nicht komplett zu verausgaben? Sondern um immer noch eine gesunde innere Balance zu haben. Was braucht es dazu?

 

Routinen und Rituale sind hilfreich

 

Bestimmt kommt das vielen von Ihnen bekannt vor …es gibt einige Herausforderungen im Business, die allesamt auf einmal auf Sie einprasseln.

Es scheint kein Ende zu nehmen. Und Sie merken, dass Ihnen von Tag zu Tag mehr die Fähigkeit abhanden geht, einen klaren Kopf zu behalten. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Können abends nicht mehr abschalten. Schlafen schlecht. Die Stimmung zuhause beginnt auch darunter zu leiden. Was tun?

 

Wissen allein hilft da leider nicht immer.

 

Die meisten wissen durchaus, dass ausreichend Schlaf schon mal gut wäre.

Nicht nur einmal am Wochenende, sondern regelmäßig. Kontinuierlich.

Die Routine macht es. Wir brauchen Routine.

 

Je stürmischer es zugeht, umso mehr brauchen wir verlässliche Routinen. Davon abgesehen braucht unser Körper und unser Gehirn eine

gute Dosis an Schlaf, da wir ansonsten nicht lange in der Lage sind, gesund zu bleiben und Stress gut abzubauen.

 

Sportliche Aktivität wäre ebenfalls hilfreich, um das Adrenalin abzubauen.

Nicht einmal, sondern ebenfalls regelmäßig.

Auch hier gilt: die Routine zählt.

 

Soziale Kontakte mit Menschen, die einem wichtig sind, nach wie vor zu pflegen, auch das fällt nicht selten in stressigen Zeiten weg. Aber auch das ist essentiell, wenn man privat nicht in die soziale Isolation abdriften will.

 

Daher gilt als Grundprinzip: unbedingt Routinen aufrechterhalten.

 

Es mag sein, dass aufgrund von Reisen und anderen zusätzlichen Verpflichtungen bestimmte Routinen und Rituale phasenweise reduziert werden müssen. Die Grundregel bleibt dennoch bestehen: Wer sich zu sehr von all seinen wichtigen Routinen und Ritualen verabschiedet, fällt aus seiner inneren Balance.

 

Wissen tun das die meisten. Aber was tun sie, wenn sie Druck spüren?

Eben ganz häufig das Gegenteil:

-       noch mehr Gas geben

-       schneller gehen, schneller reden, schneller die Themen abhaken

-       Termine absagen, von denen sie glauben, die sind nicht so wichtig

-       zu spät schlafen gehen, arbeiten bis spät

-       auch Routinen werden abgestellt oder reduziert und mit Aktionismus ersetzt

-       auch gemeinsame Rituale werden gestrichen, obwohl sie wichtig für das Klima zuhause oder auch im Büro sind

 

Das geht eine ganze Weile gut. Die meisten Führungskräfte haben ein dickes Fell und sind gut im Aushalten. Bis es irgendwann kippt.

 

Ein Beispiel aus der Praxis

 

Vor kurzem gab es einen solchen Moment bei einem Geschäftsführer, mit dem ich jetzt seit kurzem arbeite. In seinem Geschäftsführerkreis gibt es seit geraumer Zeit keine klare Kommunikation. Auch Termine wurden häufiger gestrichen. Und bisher hatte er gehofft, dass sich die Dinge irgendwie doch von allein regeln. „Kleine Hinweise“ an der ein oder anderen Stelle müssten doch klar genug sein. Er hatte gehofft, dass der Primus inter Pares von sich aus versteht, dass es eine Veränderung braucht. Dass man so nicht weiter machen kann. Nicht nur im Unternehmen, sondern eben zuallererst einmal im Geschäftsführerkreis.

 

Jetzt merkt er, es geht so nicht mehr weiter. Er ist non-stop in Terminen. Springt von Meeting zu Meeting. Für einen wirklichen Austausch bleibt keine Zeit. Seine Reisezeiten sind immens. Und die Aufgaben, die er im Laufe der Jahre und insbesondere innerhalb des letzten Jahres zusätzlich mit übernommen hat, sind nicht mehr leistbar.

 

Das mittelständische Unternehmen ist im Laufe der letzten Jahrzehnte enorm gewachsen und ist Marktführer in seiner Branche.

Nur die Strukturen im Unternehmen sind nicht mitgewachsen. Alles wird noch genauso gemanaged wie auch zuvor. Hinzu kommt: die gesamte Entscheidungsgewalt liegt de facto im Geschäftsführerkreis. Damit werden viele notwendige Entscheidungen verschleppt. Gleichzeitig ist es so, dass alles an diesem Nadelöhr hängt und dadurch die Geschäftsführer non-stop gefragt sind.

 

Was es hier braucht, ist klare Kommunikation. Das ist jetzt nicht überraschend. Überraschend ist für mich eher, dass genau das eben ganz häufig nicht passiert, auch nicht in solchen Geschäftsführerrunden. Weil beispielsweise, wie in diesem Fall, die Angst existiert, jemandem zu sehr auf die Füße zu treten.

 

Und wenn wir schon beim Thema Angst sind, dann will ich hier noch ein paar Takte dazu sagen.

 

Ängste verstärken negative Muster

 

Bleiben wir einmal bei diesem Beispiel der Geschäftsführerrunde. Mein Kunde hatte die Befürchtung, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung zu nahe zu treten. Und das, obwohl sie „eigentlich“ ein gutes Arbeitsverhältnis haben.

 

Auf meine Frage hin „Was ist denn worst case, was passieren könnte .. wenn er das Thema klar anspricht und damit den „sense of urgency“ kreiiert ..?“ hatte er nicht wirklich eine klare Antwort. Viele Menschen haben Angst kritische Themen anzusprechen, unabhängig davon in welcher Rolle und in welchem Kontext sie sich befinden. Gerade Fragen nach dem „worst case scenario“ können dann sehr hilfreich sein, um für sich Klarheit zu bekommen, dass der worst case kein worst case ist. Erinnern Sie sich an das gallische Dorf … ? Obelix hatte immer die Befürchtung, dass ihm der Hinkelstein auf den Kopf fällt .. so ähnlich ist das hier auch.

 

Auch die Frage: „Was passiert, wenn nichts passiert ..?“ ist hilfreich und kann ein game changer sein.

 

Nur eines dürfen wir nicht zulassen: dass Angst uns lähmt. Dass sie uns lähmt, Dinge klar anzusprechen. Dass sie uns lähmt, Situationen klar ins Gesicht zu schauen.

Hilfreich ist es, eine innere Distanz zur existierenden Angst aufzubauen und damit in eine Metaposition zu gehen.

- Was passiert hier grade? - Was macht diese Situation mit mir? - Weshalb reagiere ich so? - Löst das mein Problem? - Wie will ich (re-) agieren? - Was ist mein Ziel?

 

Auch bei Führungskräften erlebe ich immer mal wieder, dass auch sie nicht davor gefeit sind, ihren Gefühlen wie der Angst ausgeliefert zu sein. Das muss aber nicht so sein. Verdrängen ist keine gute Strategie. Stattdessen: innehalten, anschauen, akzeptieren und klare Schlüsse und Handlungsstrategien ableiten. Klingt theoretisch logisch und einfach. Da dieses Thema Angst auch häufig ein Begleiter der Führungskräfte und Geschäftsführer ist und im Coaching und Sparring thematisiert wird, hatte ich meinen vorherigen newsletter „Barho Impuls“ dem Thema „Angst“ gewidmet.

Entdeckungsreisen machen

 

Eines der größten Risiken ist es, wenn Führungskräfte für sich im Tunnelblick unterwegs sind. Einer meiner Kunden erzählt mir schon mal gerne, dass seine Frau für ihn ein toller Sparringspartner zuhause ist. Das ist einerseits klasse. Manchmal kann das allerdings auch herausfordernd sein oder auch zur Belastung für die Beziehung werden, da die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben nicht mehr existieren.

 

Wichtig ist es auf jeden Fall in die Kommunikation mit jemandem zu gehen. Jemand, der zugetan ist, dem man vertraut und der idealerweise kein eigenes Interesse „im Spiel“ hat. Themen, die einem Druck verursachen, nicht aus dem Weg gehen in der Hoffnung, dass sie sich von allein erledigen. Das ist nicht hilfreich und bringt keine Lösung.

 

Eine solche als stressig und als Krise wahrgenommene Situation wie in diesem Geschäftsführerkreis war für meinen Kunden nun der Beginn einer Entdeckungsreise. Eine Entdeckungsreise, die Überraschungen birgt. Die wach macht. Die für Klarheit sorgt und die für ihn alte Muster zum Vorschein bringt und gleichzeitig diese hinter sich lässt.

Es geht bei allem erst darum, wahrzunehmen, was ist. Klarheit über den status quo zu schaffen und auch die Dinge, die wir vielleicht nicht sehen wollen oder verdrängen wollen, wahrzunehmen. Dann erst wird Veränderung möglich. Dann können wir Dinge ändern. Nur dann.

 

Ich liebe Entdeckungsreisen. Ich freue mich jedes Mal mit meinen Kunden, wenn es Aha Momente gibt und der Blick sich klärt.

 

Wann hatten Sie Ihre letzte Entdeckungsreise?

 

 

Markus Milz

Ich bringe Strategie und Vertrieb im KI-Zeitalter auf den Punkt. Nachhaltig, systematisch, erfolgreich! Top-100-Keynotespeaker, Senat der Wirtschaft, Autor, Vermittler deutsch sprechender Azubis aus Vietnam

1 Jahr

Ein sehr schöner Beitrag, liebe Chriatiane, danke dafür

Ina Nießler

Your Insider from the Outside | Marketing Production for B2B and MedTech companies

1 Jahr

Vielen Dank für den Implus Christiane Barho Ich entdecke in dem Artikel ganz viel, was ich mir mal wieder aktiv in Erinnerung holen werde. Nur mit der Routine kann ich mich nicht identifizieren. Da mag ich lieber mehr Freiheit oder Flexibilität.

Stephan Rakovic

Organizational Design | Supply-Chain | Digitization

1 Jahr

Top, Danke 👍🏼

Gerhard Leypoldt🐉

🇻🇳🇹🇭Der Asienunternehmer 🌏Südostasien-Experte & Denker 🏭Business Mentor Thailand & Vietnam 🪷Azubis aus Vietnam 🇻🇳 ASEAN Representative BWA Germany 🇩🇪 #southeastasia #gerhardleypoldt #entrepreneurship

1 Jahr

Sehr guter & so wichtiger Impuls liebe Christiane Barho - und Selbstführung und Resilient gelten für mich ohnehin zu den wichtigsten Faktoren höfür Erfolg 👍👍👍

Frank Weber

weber.advisory - Hochschule Fresenius

1 Jahr

Liebe Christiane, voller Zustimmung gelesen und mich an die schöne indianische Weisheit erinnert „𝓦𝓲𝓻 𝓶ü𝓼𝓼𝓮𝓷 𝓿𝓸𝓷 𝓩𝓮𝓲𝓽 𝔃𝓾 𝓩𝓮𝓲𝓽 𝓮𝓲𝓷𝓮 𝓡𝓪𝓼𝓽 𝓮𝓲𝓷𝓵𝓮𝓰𝓮𝓷 𝓾𝓷𝓭 𝔀𝓪𝓻𝓽𝓮𝓷, 𝓫𝓲𝓼 𝓾𝓷𝓼𝓮𝓻𝓮 𝓢𝓮𝓮𝓵𝓮𝓷 𝓾𝓷𝓼 𝔀𝓲𝓮𝓭𝓮𝓻 𝓮𝓲𝓷𝓰𝓮𝓱𝓸𝓵𝓽 𝓱𝓪𝓫𝓮𝓷.“

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