Ein Finanz-Werbeverbot für Finfluencer? Die Idee wird in Deutschland und auf europäischer Ebene gerade viel diskutiert. In einem kürzlich im Handelsblatt erschienen Artikel wurde auch ich zitiert und die Idee klingt erst mal einleuchtend: mehr Schutz vor unseriösen Finfluencern und insbesondere Scammern ist ja absolut wünschenswert.
Trotzdem sehe ich den Vorstoß aus verschiedenen Gründen kritisch:
- Ein Verbot träfe nicht nur die schwarzen Schafe, sondern auch alle seriösen Finfluencern – denen es primär um die Vermittlung von Finanzwissen geht. Wenn die "guten" Finfluencer keine Kooperationen mit Neo-Brokern oder auch börsennotierten Unternehmen mehr eingehen dürfen, fällt der wichtigste Teil ihres Geschäftsmodells weg.
- Um Qualität und Professionalisierung in der Finfluencer-Community zu fördern, sind seriöse Finanzierungsmodelle aus meiner Sicht essenziell. Es gäbe heute wahrscheinlich keinen qualitativ hochwertigen Finanzjournalismus, wenn es Finanz-Medien untersagt wäre, Werbung für Banken, Broker, Versicherungen, Fonds usw. zu schalten. Seriöse Finanzierungsmodelle sind zum Teil sogar eine Voraussetzung für Qualität und Unabhängigkeit. Und seriöse Werbetreibende werden auch nur mit seriösen Finfluencern zusammenarbeiten wollen. Was bei all dem besonders wichtig ist: Werbung und Kooperationen müssen natürlich immer ganz genau gekennzeichnet werden.
- Rein praktisch frage ich mich, wie man unseriöse Finfluencer so regulieren will? Gerade die schwarzen Schafe agieren (ebenso wie viele zwielichtige Werbetreibende) ja oftmals gar nicht aus der EU, sondern sitzen in Dubai oder sonstwo. Während seriöse Finfluencer klar offenlegen, wer hinter ihren Profile steht, agieren sie zudem häufig aus der Anonymität heraus.
- Fakt ist: es gibt zweifellos (junge) Menschen – häufig mit geringem Finanzwissen und Risikobewusstsein – die sich von unseriösen Finfluencern zum Kauf von riskanten Finanzprodukten verleiten lassen. Fakt ist aber auch: es gibt viele seriöse Finfluencer, die gerade dieses Finanzwissen bei Ihren Followern aufbauen wollen. Financial Literacy ist aus meiner Sicht der beste Schutz vor Finanz-Scammern im Netz. Gute Finfluencer sind hier nicht das Problem, sondern können Teil der Lösung sein. Vor allem aber lässt sich Financial Literacy gerade bei jungen Menschen (theoretisch) einfach politisch fördern: in dem man das Thema noch viel stärker in der Schule verankert.
- Mehr gesetzliche Regulierung (z.B. verpflichtende Zertifizierung) oder Verbote (z.B. Werbe-Verbot) sind sicher keine Denkverbote und sollten öffentlich weiter debattiert werden; aber sollte man vorher nicht noch andere Optionen in Betracht ziehen? Die Auseinandersetzung mit Qualität und die Qualitätsforschung in der Finfluencer Community haben beispielsweise gerade erst begonnen. Es gibt meines Wissens noch keine nennenswerten Initiativen der freiwilligen Selbstkontrolle (etwas einen "Finfluencer Kodex", dem sich seriöse Finfluencer anschließen können). Auch eine externe Evaluation der Qualität von Finfluencern steckt noch in den Kinderschuhe (kommt aber...). Qualitätsstandards sind nicht zuletzt für seriöse Finfluencer wichtig, damit sie sich klar von schwarzen Schafen distanzieren können.
Aus meiner Sicht fokussiert sich mediale Auseinandersetzung mit Finfluencern zu stark auf die schwarzen Schafe. Finfluencer – die es ehrlich meinen – erbringen eine Leistung: Sie motivieren viele Menschen sich mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen und sprechen mit ihrem Content vor allem junge Menschen an, die sich über traditionelle Finanzangebote nicht mehr erreichen lassen. Ein Werbeverbot könnte dazu führen, dass viele seriöse Finfluencer schlichtweg aufhören. Seriöse Finfluencer sind transparent, legen klar offen wer sie sind und was sie machen, halten sich natürlich an alle gesetzlichen Regelungen (z.B. zur klaren Kennzeichnung von Werbung/Kooperationen), weisen auf Risiken von Investments immer aktiv hin und verleiten ihre Follower auch nicht zu irgendwelchen Investments. Wenn diese und andere Spielregeln zum Standard werden, von immer mehr Finfluencern gelebt und von Followern erkannt werden, dann braucht es vielleicht nicht noch mehr Regulierung.
💡Education is the most powerful weapon
9 MonateIch glaube, dass ein Verbot der absolut falsche Weg ist, denn aufgrund der Finfluencer ist das Thema „Finanzen“ und die persönliche finanzielle Bildung stärker in den Fokus gerückt. Die politische Seite hat dieses Problem lange nicht als wichtig empfunden und wird erst jetzt aktiv mit Strategien und Bildung. Ich würde jedoch auch ganz stark auf das Thema „Eigenverantwortung“ setzen, denn im Endeffekt ist hier jeder selbst für sein Tun verantwortlich und dies soll sich so bleiben, wir brauchen keine entmündigte Bürger sondern finanziell intelligente Menschen. Dieser Umstand ist nur mit finanzieller Grundbildung möglich, denn wenn wir uns den Bereich „Anlagebetrug“ ansehen, mit dem ich tagtäglich zu tun habe, bringt ein Verbot keinem was, denn der Betrüger macht sowieso was illegales über alle möglichen Kanäle und erfindet Storys und gefälschte Websites und das Opfer wird aufgrund „toller Renditeversprechen“, „schnellem Reichtum“ oder „5.000€ im Monat von zuhause aus“ in den Bann gezogen. Dem Betrüger ist natürlich bekanntlich egal ob er was illegales macht oder nicht somit bringt ein Verbot nichts und nur das Thema Bildung hilft, um durch Wissen zu differenzieren ob ich hier jetzt betrogen werde oder nicht.