Wie das 360° Profil eines B2B Kunden die User Experience und damit das Kaufverhalten beeinflusst…

Wie das 360° Profil eines B2B Kunden die User Experience und damit das Kaufverhalten beeinflusst…

Gast-Autor: Christian Blattgerste

Gibt es einen Unterschied bei den Anforderungen an eine Customer Experience zwischen B2B und B2C Geschäftsmodellen?

Es hängt von der Produktkategorie ab, ob sich die Anforderungen an das Kundenerlebnis zwischen B2B und B2C unterscheiden.

Betrachtet man beispielsweise Konsumgüter mit hoher Kauffrequenz, so unterliegen diese anderen Entscheidungskriterien als Investitionsgüter.

Stellt man sich einen Handwerksbetrieb vor, der Material offline/online in Großmärkten einkauft, wird die Ähnlichkeit zwischen B2C und B2B im Konsumgüterbereich deutlich. Die Entscheidungen des unter Zeit- und Kostendruck agierenden Meisters/Eigentümers sind in vielen Fällen wiederkehrend und denen eines Konsumenten sehr ähnlich.

Anders sieht es bei Investitionsgütern mit hohen Investitionssummen aus. Hierbei handelt es sich um erklärungsbedürftige Produkte mit langen Nutzungsdauern, umfangreichen Vertragswerken, langen Vertriebszyklen und komplexen Buying Centern. Für viele Analysten folgt hieraus, dass B2C und B2B sich so fundamental hinsichtlich ihrer Customer Journey unterscheiden, dass sie nicht voneinander lernen könnten. Ich zeige in diesem Artikel, dass das Gegenteil der Fall ist. Besonders B2B kann sehr viel von B2C-Strategien lernen.

Die Wirkung der User-Experience auf das Entscheidungsverhalten in Vertriebszyklen von Investitionsgütern.

Wenn wir die sieben goldenen Regeln aus dem Artikel von Denis Wildschütz und Michele Berg von der IBM iX betrachten, so fällt das dort beschriebene Modell der „User Experience Honeycombs“ von Peter Morville auf. Am Beispiel eines B2B Investitionsgüter-Verkaufsprozesses bedeutet ein 360° Profil, eine gute User Experience auf das Kaufverhalten im B2B Kontext. Zu diesem Zweck werden wir uns mit dem Artikel „The B2B Elements of Value“ von Bain & Company auseinandersetzen.

Wenn wir die "User Experience Honeycombs" auf das 360° Kundenprofil anwenden, wird schnell klar, wie diese miteinander verknüpft sind. Das Modell umfasst folgende sieben Kategorien:

  1. Nützlichkeit (Usefulness): Ein 360° Kundenprofil ermöglicht es Unternehmen, personalisierte Empfehlungen und Inhalte bereitzustellen, die für den einzelnen Benutzer relevant sind.
  2. Glaubwürdigkeit (Credibility): Ein gut gepflegtes Kundenprofil kann Vertrauen aufbauen, indem es zeigt, dass das Unternehmen die Bedürfnisse und Präferenzen seiner Kunden respektiert und ernst nimmt.
  3. Zugänglichkeit (Accessibility): Das 360° Kundenprofil ermöglicht es Unternehmen, Informationen und Dienstleistungen auf benutzerfreundliche Weise bereitzustellen, die für alle Kunden, einschließlich solcher mit speziellen Anforderungen, zugänglich sind.
  4. Auffindbarkeit (Findability): Mit den Daten aus Kundenprofilen können Unternehmen personalisierte Suchergebnisse und Navigationsoptionen bieten, die den Benutzern helfen, schnell zu finden, was sie suchen.
  5. Nutzerfreundlichkeit (Usability): Ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse, das aus Kundenprofilen gewonnen wird, ermöglicht es Unternehmen, intuitive Benutzeroberflächen zu gestalten, die leicht verständlich und einfach zu bedienen sind.
  6. Wert (Desirability): Indem Unternehmen personalisierte Angebote und Empfehlungen basierend auf Kundenprofilen erstellen, steigern sie die Attraktivität ihrer Produkte und Dienstleistungen.
  7. Nützlichkeit (Usefulness): Das 360° Kundenprofil ermöglicht es Unternehmen, Inhalte und Funktionen anzubieten, die den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden entsprechen, was zu einer insgesamt besseren User Experience führt.

Ein 360° Kundenprofil ausgerichtet am Honeycomb-Modell verbessert also die User Experience. Damit hat die User Experience (UX) hat daher auch im B2B-Kontext erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidungsprozesse der Kunden.

Welche Auswirkungen hat eine gute User Experience auf das Entscheidungsverhalten im Investitionsgüterbereich?

Das Modell der "B2B Elements of Value" von Bain & Co. konzentriert sich auf die verschiedenen Werttreiber, die Kunden in B2B-Beziehungen schätzen. Diese Elemente können auch die Wahrnehmung der UX beeinflussen und umgekehrt. Hier sind einige Auswirkungen der UX auf die Entscheidungsprozesse im B2B-Kontext im Zusammenhang mit den B2B Elements of Value:

  1. Qualität und Verlässlichkeit (Credibility): Eine positive UX, die eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Interaktion mit einem Produkt oder einer Dienstleistung bietet, kann die Wahrnehmung dieser beiden Elemente verstärken. Kunden sind eher bereit, in Lösungen zu investieren, von denen sie glauben, dass sie ihnen langfristig Wert bieten werden.
  2. Zeitersparnis (Findability, Accessibility): Eine effiziente UX, die Prozesse beschleunigt und die Nutzung des Produkts oder der Dienstleistung erleichtert, trägt zur Zeitersparnis bei. Zeit ist ein wertvolles Gut im B2B-Kontext, und Unternehmen schätzen Lösungen, die ihre Abläufe optimieren und weniger Zeitaufwand erfordern.
  3. Risikoreduktion (Credebility): Eine gute UX kann dazu beitragen, Unsicherheiten und Risiken bei der Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung zu minimieren. Kunden fühlen sich wohler, wenn sie ein Produkt einfach verstehen und effektiv nutzen können, was die Entscheidung für den Kauf oder die Nutzung erleichtert.
  4. Innovation und Inspirationsfähigkeit (Desirability): Eine innovative UX, die neue Möglichkeiten aufzeigt oder Kunden inspiriert, kann als wertvoll wahrgenommen werden. B2B-Entscheidungsträger suchen oft nach Lösungen, die ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, und eine UX, die innovative Ansätze unterstützt, kann diesen Wert liefern.
  5. Personalisierung und Anpassungsfähigkeit: Eine UX, die es Kunden ermöglicht, Produkte oder Dienstleistungen an ihre speziellen Bedürfnisse anzupassen, trägt zur Personalisierung bei. Dies kann die Bindung zwischen Kunden und Anbietern stärken und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Kunden langfristig bei einem Anbieter bleiben.
  6. Kostenreduktion: Eine benutzerfreundliche UX kann auch die Kostenreduktion unterstützen, indem sie die Schulungszeiten für Mitarbeiter verringert und Fehlbedienungen minimiert. Dadurch können Unternehmen die Gesamtbetriebskosten senken und den Wert der Lösung steigern.
  7. Kundensupport und Service: Eine intuitive UX kann dazu beitragen, den Bedarf an umfangreichem Kundensupport zu reduzieren. Kunden schätzen Anbieter, die einen reibungslosen Betrieb ermöglichen, ohne dass sie ständig Unterstützung benötigen.

Insgesamt kann eine positive UX im B2B-Kontext dazu beitragen, den wahrgenommenen Mehrwert eines Produktes oder Services zu erhöhen. Kunden sind eher bereit, in Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, die ihren Anforderungen entsprechen, effizient nutzbar sind und einen klaren Mehrwert bieten. Unternehmen sollten daher die UX als wichtigen Faktor in ihren Angeboten berücksichtigen, um die Kundenzufriedenheit zu steigern und langfristige Beziehungen aufzubauen. Und hier bietet ein Blick in die UX im B2C-Bereich ein enormes Anregungspotenzial für B2B-Unternehmen.

Wie können SAP Lösungen dabei helfen, diese Experience zu optimieren? 

Die digitale Identität des Kunden und das damit verbundene Einverständnis seine Daten zu nutzen, sind die Grundlage einer guten Experience und schaffen Vertrauen. Hieraus formt sich das 360°-Profil, welches die SAP Customer Data Platform kanalübergreifend und in Echtzeit erstellt.

Darauf aufbauend gilt es, die verschiedenen bevorzugten Kanäle des Kunden zu nutzen, um ihn personalisiert anzusprechen. Das kann über E-Mails, Apps, Social Media mit SAP Emarsys oder in einem digitalen, emotional ansprechenden Handelskanal (SAP Commerce Cloud) erfolgen. Ebenso können physische Vertriebs- (SAP Sales Cloud) und Servicekanäle (SAP Service Cloud) genutzt werden, in denen den Mitarbeitern relevante Kundeninformationen und Ansprechpartnern zur Verfügung stehen.

So kann SAP helfen, das Kaufverhalten der Kunden im B2B-Geschäft durch eine optimale User Experience nachhaltig zu beeinflussen.


Es lag mir am Herzen!!! Jeder spricht darüber, dass der B2B sich dem B2C annähert, aber viele tun sich schwer damit den Value daraus abzuleiten, wenn Ich den B2B Kunden ähnlich bediene wie ein B2C Kunde es erwartet…

Dr. Christian Tribowski

Director Sales & Alliance at IBM iX | Helping industrial companies to transform their Ecommerce, Digital Sales, Service, and Marketing

1 Jahr

Ich erinnere mich noch gut, Kai Stübane. Ich erinnere mich auch, dass die Fronten recht verhärtet waren. Christian Blattgerste hat die beiden Ansätze aber sehr elegant miteinander vereint. Der Rückgriff auf die B2B Values und das 360°-Kundenprofil ist brilliant und in Kombination mit dem Honeycomb-Modell für die B2C User Experience hat er einen holistischen Ansatz für jeden B2B-Kunden geformt. Chapeau!

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