Wie das Private Banking vom Tradingboom profitieren kann
Wir befinden uns im Jahre 2021 n. Chr. Die ganze Finanzdienstleistungsindustrie ist von Negativzinsen und Digitalisierung besetzt… Die ganze Finanzdienstleistungsindustrie? Nein! Eine von immer mehr Privatanlegern bevölkerte Handelsrepublik hört nicht auf zu wachsen.
So oder so ähnlich könnte man in einigen Jahren anekdotisch auf die aktuellen Ereignisse in unserer Branche zurückblicken. Während viele Banken in mehreren Segmenten auf dem Rückzug sind, inklusive neuer Meldungen zu Filialschließungen, befinden sich depotführende Institute im Angriffsmodus. Die in Deutsch land jahrelang beinahe sprichwörtlich schlechte Wertpapierkultur ist – geradezu disruptiv – aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Kaum eine Woche vergeht, in der man nicht neue Hurra-Meldungen von Brokern, Börsen oder Branchenverbänden lesen kann.
Dabei ist es keineswegs so, dass lediglich die für unser Intro-Modell stehende Trade Republic oder andere Neobroker wie Gratisbroker von diesem Trend profitieren. Nein, auch klassische Online-Broker wie der S Broker oder sogar die gute, (hier insbesondere) alte Postbank wurden in den letzten Monaten von Depot eröffnungswilligen Kunden geradezu überrannt. Schätzungen zufolge kam Trade Republic innerhalb eines Jahres von 0 auf 600.000 Kunden. Der S Broker konnte sein Allzeithoch bei den täglichen Wertpapiertransaktionen nicht etwa im März 2020, sondern im Januar 2021 – getrieben von den vielen neuen Anlegern – verbuchen! Und ja, auch die Postbank konnte sich „während des Lockdowns über 200 Prozent mehr Depoteröffnungen“ freuen. Branchenexperten glauben an eine Fortsetzung dieses Trends – bis zu 3 Millionen neue Depots könnten in 2021 dazukommen!
„Alles gut und schön“ werden sich vermutlich die vielen Leserinnen und Leser denken, die ihre berufliche Heimat im Private Banking oder der Vermögensverwaltung haben – „und was haben wir davon?“
Was zunächst sogar wie eine Bedrohung des eigenen Geschäftsmodells aussieht, sollte mittelfristig auch für Zweitrundeneffekte in Ihrer Sphäre sorgen. Denn zwei Treiber des aktuellen Trends werden – leider oder zum Glück – bald ein Ende finden. Während viele Neukunden derzeit auf einer Kurswelle des Erfolgs von Gewinn zu Gewinn reiten, wissen alteingesessene BörsianerInnen: Der nächste Crash kommt. Es darf bezweifelt werden, dass alle Neukunden nach mehreren schmerzhaften Verlusttrades dabeibleiben. Zudem besteht begründeter Anlass zur Hoffnung, dass wir alle bald wieder am normalen Leben außerhalb der eigenen vier Wände teilhaben können. Vermutlich werden viele das Börsengeschehen nicht mehr so intensiv verfolgen, wenn sie stattdessen auch wieder ins Stadion, zum Tangokurs oder ins Museum dürfen. Da es sich bei den vielen Neu-Börsianern keineswegs nur um mittellose Studenten handelt, sondern auch um 50-jährige Ferienhausbesitzer, wird es in naher Zukunft viele Hunderttausend Menschen mehr geben, die Engagements am Wertpapiermarkt deutlich aufgeschlossener gegenüberstehen als vor einem Jahr.
Mit Blick auf deren eigene Erfahrungen werden sie Ihre professionelle Dienstleistung womöglich sogar besser zu schätzen wissen als vorher.
In diesem Sinne: Vorfreude ist die schönste Freude!
Christian Köker
PS: Der vorstehende Text erschien -inklusive vieler Verlinkungen auf Primärquellen - erstmalig vor einigen Tagen in unserem monatlichen B2B-Newsletter "Flurfunk".
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