Wie kann wertschätzende Kommunikation gelingen?
Eine kritische Haltung gegen alles und jeden scheint gerade hoch im Trend zu sein. Doch ist diese Haltung in jedem Fall sinnvoll? Ist dies, vor allem in der Kommunikation, nicht viel öfters die Befriedigung des eigenen Egos? Und sogleich kam mir das Zitat des verstorbenen amerikanischen Schauspielers Robin Williams in den Sinn, welches mich seit Jahren zu verfolgen scheint: «Jeder, den Sie kennen, kämpft eine Schlacht, von der Sie nichts wissen. Sei nett – Immer».
Ich hatte gelesen, dass Kritik an einem Menschen keine Veränderung im Verhalten auslösen könne. Allenfalls mit einem konstruktiven Feedback, welches vorab angefragt wird, aber niemals durch Kritik.
Ich fragte mich, ob dies tatsächlich so sei. Und wenn ja, wie sollte dies denn funktionieren? Welche Art der Kommunikation würde es geben, dass ich dies trainieren könnte, um es zu verinnerlichen. Welche Modelle oder Methoden gibt es hierzu?
Doch ist es für mich ja nicht nur im beruflichen Kontext anspruchsvoll. Wie oft bin ich in meinen Kommunikationsversuchen auch im Privaten gescheitert … Ich habe mich dabei missverstanden gefühlt oder merkte, dass das, was ich sagen wollte, beim Gegenüber nicht annähernd so angekommen ist, wie ich es meinte …
Ja, die Kommunikation ist wohl die anspruchsvollste Disziplin in einem jeden sozialen Umgang.
Eine spannende Studie zeigt, dass es in den Grundlagen eines Menschen liegt, rücksichtsvoll und wohlwollend einer Person zu begegnen, welche einem im Vertrauen darlegt, dass es ihr oder ihm gerade nicht gut geht. Die Studie zielte jedoch daraufhin, wie wir uns verhalten, wenn einem eine Person darlegt, was gerade besonders Positives passiert ist. Wie reagiert dann ein Mensch?
Und genau an diesem Punkt hält die Wissenschaft der positiven Psychologie eine für mich äusserst wertvolle Grundlage. «Eine positive Rückmeldung auf etwas Gelungenes hat eine stärkere Nachhaltigkeit in der jeweiligen Beziehung, wie wenn man mit derselben Empathie auf etwas Negatives reagiert».
Und weshalb ist das wohl so? Wahrscheinlich gerade aufgrund der Anlage von uns Menschen, dass wir helfen wollen, wenn etwas Negatives geschieht. Dass wir wertschätzend, tröstend und empathisch reagieren, wenn uns etwas Negatives von einer Person anvertraut wird, was ihr widerfahren ist. Offenbar ist es jedoch nicht in der Anlage eines Menschen, zumindest nicht in unseren Kulturkreisen, dass wir auf persönlich positive Gegebenheiten mit derselben Wertschätzung und Interesse reagieren wie bei Negativem. Viel öfters kommen dann scheinbar in Menschen Gefühle wie Missgunst oder gar Neid auf.
Genau das war mal wieder eines dieser wunderbaren «Aha-Erlebnisse der Sonderklasse». Ja, das war genau, wonach ich suchte! Mit Begeisterung ging ich an die Recherche.
Es ging nicht lange, bis ich auf den Namen Shelly Gable gekommen bin. Sie ist an der UC Santa Barbara als Professorin tätig und hat mit dem «Active-Constructive-Responding» (abgekürzt ACR) genau das Modell in die Welt gebracht, das ich suchte. Shelly Gable hat in einer Studienarbeit die psychologischen Einflüsse von unterschiedlichen Kommunikationsformen untersucht, bei welchen man mit positiven Gegebenheiten konfrontiert wird.
Es werden vier Arten von Antworten unterschieden, welche auf eine positive Nachricht generell möglich sind. Gerne erläutere ich dies mit einem Beispiel:
Eine Teilnehmerin aus einem Seminar kommt zum Trainer und erzählt voller Freude «Ich habe soeben per Telefon erfahren, dass ich von meiner Firma zur Teamleiterin ernannt worden bin und bereits ab kommendem Monat das gesamte Team führen darf».
Aktiv konstruktiv: die positiven Gefühle des Anderen aufnehmen; eigene positive Gefühle zum Ausdruck bringen; interessiert nachfragen und offene Fragen stellen; in Augenkontakt sein; sich zuwenden und lächeln.
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Und hier die Antwort dazu: «Das ist ja wunderbar! Das hast du wirklich verdient. Ich bin stolz auf dich und freue mich mit dir! Wie war es, als du dies von deinem Chef erfahren hast? Und wie hast du dich dabei gefühlt? Erzähl mal …! Sag es doch gleich nach der Pause als erstes der ganzen Gruppe. Ich schlage vor, dass wir gleich nach dem Seminar gemeinsam darauf anstossen!»
Passiv konstruktiv: die Nachricht sachlich aufnehmen und zustimmen; wenige oder keine Gefühle zeigen und auch nicht über Gefühle sprechen.
Und hier die Antwort dazu: «Das ist eine gute Nachricht. Glückwunsch.»
Aktiv destruktiv: negative Gefühle bei sich selbst oder dem Gegenüber zum Ausdruck bringen; kritisieren und mögliche Probleme ansprechen; ausfragen; Stirnrunzeln und finsterer Blick.
Und hier die Antwort dazu: «Oje, da wird bestimmt viel Arbeit auf dich zu kommen und du wirst bestimmt viele Überstunden machen müssen. Und Deine Weiterbildung bei mir … Hast du dann überhaupt noch Zeit dafür?»
Passiv destruktiv: das Thema wechseln; den anderen ignorieren; sich abwenden; wenig oder kein Augenkontakt; den Raum verlassen.
Und hier die Antwort dazu: «Ich habe heute so viel Ärger mit diesem Seminar, das glaubst du nicht.»
Sally Gable und ihre Studienkollegen konnten nachweisen, dass die aktiv konstruktive Art des Antwortens zu beiderseitigem Nutzen beiträgt. Der Erzähler erlebt gesteigertes Wohlempfinden und positive Beziehungsqualität, und dies überträgt sich auch auf den Zuhörer.
Anhand von diesem kleinen Beispiel scheint es logisch, dass in einer aktiv- konstruktiven Art geantwortet wird. Doch wie oft tun wir dies tatsächlich? Ich merke bei mir selbst, dass ich mich «aktiv» daran erinnern muss, es auch wirklich zu tun. Doch wenn ich es tue, dann hat es eine unglaublich positive Kraft, die freigesetzt wird. Es scheint, als würde eine ganz andere Qualität diese jeweilige Beziehung überziehen.
Auch heute scheitere ich immer mal wieder mit meiner Kommunikation, jedoch nicht mehr ganz so häufig, wie bevor ich das ACR Modell kennenlernte. Denn Kommunikation ist und bleibt vielleicht die anspruchsvollste Disziplin in einem jeden sozialen Leben. Und das Schöne am ACR Modell, es funktioniert in jedem sozialen Kontext.
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2 Jahrewonderful skills that are mutually rewarding…albeit increasingly rare assets
Personal Assistant & SVEB Kursleiterin (AdA FA-M1)
2 JahreVielen Dank, Serge, für diesen interessanten Artikel!
Eidg. FA Ausbilderin, Regionalleiterin Stiftung fit4school, Dozentin & Referentin
2 JahreGood to know👍👍😊