Wie oft zweifeln Sie, an dem was Sie tun?
Ein Teil der Newmark Leaders 2022

Wie oft zweifeln Sie, an dem was Sie tun?

Selten – ehrlich gesagt, fast nie – spreche ich im Job über Zweifel. Dieses Gefühl, das sich wie ein Schatten durch die Tür in den Alltag presst und seinen Platz einfordert. Wenn wir an einer Lösung zweifeln, unserer Meinung, unseren Talenten. Oder uns wegen der vielen Gegenstimmen fragen, ob die Veränderung, für die wir eintreten, wirklich notwendig ist.

"Ich weiß es nicht." "Ich bin mir nicht sicher." Wie oft hören wir Chefs und Chefinnen diese Sätze sagen? Wie oft nutzen wir sie selbst? Wir verbinden Mut, Tatkraft und Entschlossenheit mit dem Begriff Führung – und verdrängen die Unsicherheit, die zu jeder Entscheidung dazu gehört.

Sewell, den ich vergangenes Jahr kennenlernte, ist ein Zweifler. Wir studieren gemeinsam an der Uni in New York und ich war tief berührt, als er einmal mit uns teilte, wie sehr ihn die politische Situation in seiner Heimat umtreibt. Angesichts der Radikalisierung in den USA fragte er sich, was er als politischer Journalist überhaupt noch bewirken könne. Wo der Sinn seiner Arbeit liege.

Wer zweifelt, lernt

Diese Woche geht für mich ein Jahr Weiterbildung zu Ende. Eine der wichtigsten und prägendsten Erfahrungen war, dass Sewell und wir anderen 19 Journalist:innen und Medienmanager:innen zu einer Gruppe wurden, in der wir Fragen teilten - ohne die Antwort zu kennen. Wir fanden den Mut und den Raum Unsicherheiten, Verletzungen und Zweifel auszusprechen - und wuchsen gemeinsam daran.

Mir wurde in vielen Momenten deutlich, dass Zweifel die Quelle sind, aus der sich Selbsterkenntnis und Demut speisen. Wer zweifelt, lernt. Wer zweifelt, ist offen für Feedback. Wer sein eigenes Weltbild infrage stellt, kann aufnehmen, was andere empfinden, und Vorurteile überwinden. Empathie entsteht oft auf schwankendem Boden – nicht auf dem festen Grund der eigenen Überzeugungen. Ohne Zweifel gäbe es auch keine Innovation. Jede Veränderung beginnt doch mit dem Gedanken: "Das muss doch besser gehen!"

Letztendlich fragen sich wohl nur Narzissten (HBm+) nie, ob vielleicht sie selbst das Problem sein könnten. Jeder Mensch, der anderen zuhört, zweifelt. Jeder, der Probleme ernst nimmt, zweifelt. Unsere Welt ist komplex, niemand kann Antworten auf alle Fragen haben. Daher finde ich: Es wird Zeit, unser Bild über den Zweifel anzuzweifeln. Er ist kein Ausschlusskriterium für starke Führung, sondern die Grundvoraussetzung.

Beate Imschweiler

Gelungene Nachfolgeregelung | Erfolgreicher Generationswechsel: Ihre Familie, Ihr Unternehmen, Ihre Zukunft | Familienunternehmen für die Zukunft sichern

2 Jahre

Ich denke, es ist sehr wichtig, zu zweifeln und unsicher zu sein. Damit man weiterkommt, offen ist für andere Sichtweisen und "open minded".

Marco Ruhlkötter

Lotse für Führungskräfte auf ihrer persönlichen Lernreise. Fokus auf Entwicklung von Reflexions- und Handlungskompetenzen

2 Jahre

Danke für Ihre #Authetizität und #Offenheit. Führungskräfte sind auch "nur Menschen", aber leider halten sich diese überalterten Klischees in so vielen Köpfen. Dieser offene Umgang mit dem Thema Zweifel wirkt auch psychischen Leiden und Burnout vor.

Merit Umic-Senol

Psychologin in eigener Praxis - Expertin bei Narzissmus & Selbstwert

2 Jahre

Aufklärung ist hier so wichtig! Ich kann aus meinen eigenen Erfahrungen und der Erfahrungen meiner PatientenInnen und KlientInnen nur sagen, dass sich viele MA wünschen, ihre Führung würde Zweifel offen zeigen. Meistens wird so argumentiert: "Wenn die Führung keine Fehler macht oder Zweifel äußert, dann traue ich mich das auch nicht." Außerdem befinden wir uns in einem gesellschaftlichen Wandel. Viele Dinge, die früher nicht zu einer Führungskraft gepasst haben, sind nun salonfähig. Angefangen bei dem Kontakt zu den MA auf Augenhöhe vs. früher strengen Hierarchien. Natürlich gibt es Unternehmen, die schon länger Pioniere in neuen Strukturen sind, jedoch geht es mir hier um die breite Masse. Auch Führungskräfte berichten mir oft, dass sie unter starkem Druck stehen. Unter dem Druck, der z.B. durch das obige Thema vorangetrieben wird: Zweifel nicht äußern zu dürfen. Ob das für ein Unternehmen funktioniert oder nicht, liegt natürlich an der Gesamtheit - wollen die MA eine Sicherheit durch eine Führung, die immer alles so aussehen lässt, als wäre alles in Ordnung - oder MA, die gerne wissen wollen, woran sie sind und froh sind, wenn sie durch ihren Input helfen können, Zweifel aus der Welt zu schaffen. Danke für den tollen Beitrag!

Vanessa Martin

Controlling Experte | Scrum Master | Agiles Projektmanagement & Transformations Begleitung für mehr Wachstum und nachhaltige Prozesse in ihrem Unternehmen

2 Jahre

Was für ein wunderbarer Beitrag! Zweifel können Wachstum schaffen, wir lernen aus unseren Herausforderungen und nicht von unseren Erfolgen. Genau das bedeutet wirksame Führung! Die Welt ist numal nicht kunterbunt und rosarot und es ist so wichtig aus Fehlern, Zweiflern neue Erkenntnisse und Ideen zu schöpfen, dadurch kann Großes entstehen. Außerdem sind unsere Zweifler ein guter "Bodyguard" - sie schützen uns und das kann auch viele Vorteile haben! Danke für den wertvollen Beitrag 🙌

Frank Kluge

Maßgeschneiderte M&A-Beratung für Unternehmer und Inhaber aus den Bereichen Marketing, Agenturen, Tech und Media.

2 Jahre

"Ich weiß es nicht." ist eine mächtige Antwort. Sie öffnet neue Horizonte und neue Möglichkeiten. Sie ermöglicht neue Lösungen. Also ganz im Sinne des Zen: Immer schön den Anfängergeist bewahren! :)

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