Wie People Pleasing auf die dunkle Seite der Empathie führt
Empathie ist eine Fähigkeit, die viele von uns für unverzichtbar halten. Das gilt ganz besonders im Berufsleben. Empathische Menschen schaffen Verbindungen und verstehen ihre Kolleg:innen und Mitarbeitenden. Außerdem trägt ihr Verhalten zu einem angenehmen Arbeitsklima bei. Doch was passiert, wenn Empathie über das gesunde Maß hinausgeht?
Empathie und People Pleasing sind zwei Seiten derselben Medaille
People Pleaser sind oft sehr empathische Menschen. Sie scheinen geradezu einen "7. Sinn" zu haben für die Bedürfnisse und Erwartungen anderer Menschen. An diesen richten sie ihr eigenen Tun und Verhalten aus und versuchen, es allen recht zu machen. Das Problem? Diese starke Empathie bringt sie manchmal dazu, ihre eigenen Bedürfnisse völlig hinten anzustellen. Die Grenzen zwischen den Gefühlen anderer und den eigenen verschwimmen – und das kann zu einer großen Belastung werden.
Es ist wichtig, sich eines bewusst zu machen: Empathie an sich ist weder gut noch schlecht. Was sie ohne Zweifel ist: eine wertvolle Fähigkeit, die uns dabei hilft, Beziehungen aufzubauen und Konflikte zu vermeiden. Doch wenn wir sie übertreiben, zwingt uns Empathie in einen Zustand ständiger Anpassung. Eigene Bedürfnisse geraten immer mehr aus dem Blick und manch People Pleaser opfert allzu bereitwillig sein Wohlbefinden für das der anderen.
Im Arbeitsumfeld hat Empathie viele Vorteile
Kein Wunder, dass Empathie in Führungspositionen als unschätzbar wertvoll gilt. Empathische Führungskräfte schaffen eine Atmosphäre des Respekts und der Wertschätzung. Doch wie bei jeder Stärke gibt es auch hier eine Schattenseite.
Und hier ist sie: die dunkle Seite der Empathie
People Pleaser übertreiben oft die empathische Hinwendung zu anderen und lassen sich leicht für zusätzliche Aufgaben gewinnen – auch dann, wenn ihre eigenen Kapazitäten längst erschöpft sind. Vielleicht erkennst du dich in diesem typischen Coaching-Anliegen wieder: Da sagte eine meiner Klientinnen erst kürzlich zu mir folgendes: „Ich konnte mich schon wieder nicht abgrenzen und habe "Ja" gesagt. Und das, obwohl ich absolut keine Zeit habe.“
Könntest du das sein? Du stimmst einem Gefallen schnell und bereitwillig zu, nur um später zu bereuen, dass du dich wieder zu etwas überreden hast lassen. Oft wissen People Pleaser im Voraus, dass sie sich damit übernehmen – und doch fällt es ihnen schwer, „Nein“ zu sagen. Sie fürchten, egoistisch zu wirken oder andere zu enttäuschen, und am Ende fühlen sie sich gestresst, überfordert und sind manchmal richtig wütend auf sich selbst.
Warum fällt es uns so schwer, Grenzen zu setzen?
Die Antwort liegt oft in unserer Prägung: Viele People Pleaser haben früh gelernt, dass ihr Wert davon abhängt, wie gut sie für andere da sind. Sie entwickeln einen „inneren Antreiber“, der ihnen sagt, dass sie nur dann wertvoll sind, wenn sie für andere hilfreich und verfügbar sind. Im Beruf wird dies schnell zu einem echten Problem: Wenn Führungskräfte es nicht schaffen, klare Grenzen zu setzen, nehmen andere sie als schwach oder unentschlossen wahr. In People Pleasern erkennen andere Menschen schnell das Potenzial, sie zu ihrem Zwecke als jemand, der sich leicht manipulieren lässt.
Selbstempathie – Der Schlüssel zu gesundem Mitgefühl
Wenn du mich fragst, wie du den Bogen kriegen kannst, empfehle ich dir ein Geheimrezept: Stelle der Empathie im außen ihren "Zwilling Selbstempathie" zur Seite! So spürst du nicht nur die Bedürfnisse der anderen Menschen, sondern du behältst auch deine eigenen im Blick. Dank Selbstempathie gestehst du dir Pausen zu und räumst klar, wann wir an unsere Grenzen stoßen.
Ein bekanntes Beispiel ist der Sicherheitshinweis im Flugzeug: „Setzen Sie sich zuerst die Sauerstoffmaske auf, bevor Sie anderen helfen.“ Genauso verhält es sich mit Selbstempathie. Wenn wir uns selbst nicht gut versorgen, fehlt uns die Kraft, langfristig auch für andere da zu sein.
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Die Balance finden
Empathie ist eine wertvolle Fähigkeit, aber der Aufwand, den man für sie zu leisten bereit ist, sollte uns nicht überfordern. Wenn du merkst, dass du dich ständig aufopferst und nicht in der Lage bist, „Nein“ zu sagen, dann könnte es an der Zeit sein, deine Empathie auf gesündere Bahnen zu lenken. Erkenne die Frühwarnzeichen in deinem Körper – ein Gefühl der Anspannung, ein Druck im Magen oder einfach ein diffuses Unwohlsein. Diese körperlichen Signale sind oft die ersten Hinweise darauf, dass du dich selbst übergehst.
Ehrlichkeit als Startpunkt
Empathie ist eine Stärke, wenn sie in Balance mit Selbstempathie gelebt wird. Sei ehrlich zu dir selbst und achte darauf, deine Grenzen zu wahren. Deine Empathie für andere ist wichtig, aber sie sollte dich nicht aufreiben. Nur wenn du deine eigenen Bedürfnisse respektierst, kannst du auf lange Sicht authentisch und stark für andere da sein – ohne dabei deine eigene Kraft zu verlieren.
Wenn du weiterhin an Themen wie People Pleasing, Selbstbewusstsein sowie authentischer und ausbalancierter Führung arbeiten möchtest, stehe ich dir gerne zur Seite.
Bist du an diesem Thema interessiert, danke ich dir ganz herzlich fürs Mitdiskutieren und für einen respektvollen Austausch auf Augenhöhe.
Herzlichst, Verena
Ich bin Verena Stahl, Dr. rer. pol., Diplom-Volkswirtin und Professorin am Institut New Work an der Berner Fachhochschule Wirtschaft.
Ich bin seit über 30 Jahren als Hochschuldozentin tätig und nebenberuflich selbstständige Systemische Personal & Business Coach, was für mich "perfect match" und Ikigai zugleich ist.
Als gebürtige Bremerin lebe ich seit 2000 zusammen mit meinem Mann und - nach dem sukzessiven Auszug unserer drei erwachsenen Töchter - nun noch mit unseren Haustieren in der Schweiz in Thun (nahe bei Bern), wo ich auch meine Coachingpraxis habe. Daneben biete ich ortsunabhängig online-Coaching an.
Am 06. November kommt die zweite Folge meines Podcasts "People Pleasing adé - Leadership & Karriere mit Sanftmut & Stärke". Abonniere jetzt den Podcast, damit du ihn nicht verpasst.
Weitere Details findest du auf https://www.verena-stahl.ch .
Mindfulness Mentor for modern Woman: Empowering you to navigate work, wellness, and family with clarity, grace, and gratitude | Intelligent Molecules for a Cellular Reset | Cultivating Balance and Longevity
1 MonatVielen Dank, Verena, für diesen wertvollen Beitrag! Es ist faszinierend, wie du die Balance zwischen Empathie und Selbstempathie hervorhebst. Ein weiterer Aspekt, den ich hinzufügen möchte, ist die Bedeutung der emotionalen Intelligenz im Umgang mit Empathie. Emotionale Intelligenz hilft uns nicht nur, die Gefühle anderer zu erkennen und zu verstehen, sondern auch, unsere eigenen Emotionen zu regulieren und gesunde Grenzen zu setzen. Führungskräfte, die emotional intelligent sind, können ihre Empathie gezielt einsetzen, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, ohne sich selbst zu überfordern. Herzlichen Dank nochmals für deine inspirierenden Gedanken!🙏🏻💛
Empathie ist eine wunderbare Fähigkeit, aber wie du richtig sagst, kann sie schnell zu einer Belastung werden, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse hinten anstellen oder zu viel Mitgefühl im Sinne von Mitleid entwickeln. Hier ist es wichtig, klare Grenzen für sich selbst und das eigene Wohlbefinden zu ziehen. Die Balance zu finden, ist entscheidend – für uns selbst und für die Menschen, denen wir helfen wollen. Danke für den wertvollen Beitrag. Liebe Grüße, Bernd 🍀
CEO I Wirtschaftspsychologin I Dozentin I h2c@mail.de
1 MonatWie jede Stärke hat auch Empathie eine Kehrseite - danke, liebe Dr. Verena Stahl, dass Du diese „dunkle“ Seite darstellst. Oft ist gerade sehr mitfühlenden Menschen gar nicht bewusst, wie sehr sie sich verausgaben und über ihre eigenen Grenzen hinausgehen. Für mich als Führungskräfte-Coach ist es wichtig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen und das in zwei Richtungen. Einerseits ist mir wichtig, dass die Führungskräfte geübt sind in Selbstreflexion, um zu erkennen, wann sie ihre persönlichen Grenzen überschreiten. Andererseits finde ich es aber ebenso zentral, sich der Verantwortung für die Mitarbeitenden klar zu sein und auch diese immer wieder darauf aufmerksam zu machen. 💛
Executive Coach & C-Level Beraterin | 1:1 Coaching & Mastermind Boards | Gründerin von FEET - Female Executive Excellence Transition to C-LEVEL | Expertin in der Entwicklung von EQ | Interim-CFO & GF
1 MonatWas für ein wertvoller Beitrag – und dein Podcast dazu bringt dieses komplexe Thema wirklich wunderbar und prägnant auf den Punkt, liebe Verena. Ergänzend dazu finde ich den Ansatz spannend, dass Selbstempathie nicht nur Grenzen schützt, sondern auch die eigene Führungsstärke und Klarheit stärkt. Es ist genau diese Balance zwischen Mitgefühl für andere und der eigenen Stabilität, die langfristig zu echten, authentischen Verbindungen führt. Was für ein schöner Reminder, wie sehr uns EQ dabei hilft, nachhaltig und mit Klarheit zu führen. 😉 Besonders spannend finde ich auch den Gedanken, Empathie nicht nur als Stärke, sondern als Verantwortung zu sehen – ich finde das ist eine sehr schöne Perspektive.
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1 MonatToller Hinweis mit dem Zwilling. Wir dürfen uns ebenso Empathie geben. Denn bei uns selbst fängt es an. Dann klappt es auch zukünftig leichter mit dem freundlichen aber bestimmten "NEIN-sagen" Dr. Verena Stahl.