Wie Sie Liquidität mit smartem Debitoren- und Kreditorenmanagement freisetzen
Viele Unternehmen haben Liquidität unnötig im Working Capital gebunden, weil sie ihr Debitoren- und Kreditorenmanagement vernachlässigen. Dabei ist die Optimierung des Working Capitals im Umgang mit den eigenen Forderungen und Verbindlichkeiten denkbar einfach: Im Falle der Lieferforderungen, also auf der Debitorenseite, legen Sie Rechnungen rasch, vereinbaren kürzere Zahlungsfristen mit Ihren Kunden und stellen dann deren Einhaltung sicher.
Im Falle der Lieferverbindlichkeiten, also auf der Kreditorenseite, vereinbaren Sie möglichst lange Zahlungsfristen und nutzen diese maximal aus. Soweit so einfach. Dass trotzdem so viele Unternehmen weit davon entfernt sind, ihr volles Potenzial im Working Capital zu heben, hat fünf Gründe.
5 Gründe warum Debitoren- und Kreditorenmanagement vernachlässigt wird
- Zahlungsfristen stehen in Verhandlungen immer im Schatten der Mengenvereinbarung und der Preisfindung. Erfahrungsgemäß wird nur umgesetzt, was auch gemessen wird. Der Vertrieb wird oft ausschließlich am erzielten Umsatz gemessen und belohnt. Beim Einkauf werden meist nur die erzielten Preisnachlässe betrachtet und entsprechend incentiviert. Tipp: Nehmen Sie Ihren Vertrieb und Ihren Einkauf beim Working Capital Management mit in die Verantwortung. Messen Sie Ihren Vertrieb nicht nur am erzielten Umsatz, sondern auch am Cash-In! Incentivieren Sie im Einkauf neben der realisierten Preisreduktion auch Verbesserungen der Konditionenstruktur.
- Während Mengen und Preise regelmäßig neu ausgehandelt werden, haben Zahlungskonditionen die Tendenz zu versteinern. Einmal vereinbart werden sie oftmals über Jahre hinweg nicht angepasst, obwohl sich in der Zwischenzeit wichtige Faktoren verändert haben: Die Zahlungsmoral Ihrer Kunden hat sich verbessert oder verschlechtert. Ihre Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten hat zu- oder abgenommen.
- In Zeiten niedriger Zinsen rückt das Thema Kapitalbindung häufig in den Hintergrund, da die Finanzierungskosten gering sind. Auch Ihre Kunden und Lieferanten spüren gerade weniger Druck bei den Zahlungskonditionen. Darum sind Niedrigzinsphasen eigentlich exzellent geeignet, um Zahlungsfristen sowohl mit Kunden als auch mit Lieferanten neu zu verhandeln. Sie haben größere Verhandlungsspielräume, um für Ihr Unternehmen etwas herauszuholen. Tipp: Nutzen Sie den aktuell günstigen Zeitpunkt niedriger Zinsen, um Zahlungskonditionen, die für Ihr Unternehmen günstig sind, für längere Zeit einzufrieren!
- In manchen Unternehmen hat sich über die Jahre ein Wildwuchs an Zahlungskonditionen gebildet. Es ist so unübersichtlich, dass man sich erst gar nicht an eine Bereinigung heran wagt.
- Oftmals ist nicht klar, dass und vor allem wo überhaupt Potenziale vorhanden sind. Die bestehenden Controlling-Systeme liefern nicht die notwendigen Informationen, um Liquiditätsreserven zu identifizieren und Ursachen zu erkennen, woran es hakt.
Intelligente Analyse der Potenziale
Wenn Sie die Außenstände Ihrer Kunden verringern oder die Zahlungsfrist bei Ihren Lieferanten verlängern wollen, ist die berühmte Rasenmäher-Methode völlig fehl am Platz. Wenn Sie beispielsweiseversuchen, bei allen Kunden die Außenstandsdauer um zehn Prozent zu kürzen, schneiden Sie an manchen Stellen zu tief, während Sie an anderen Stellen Potenzial liegen lassen, weil mehr herauszuholen ist.
Bei der Optimierung Ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten müssen Sie spezifisch auf der Ebene des einzelnen Kunden bzw. Lieferanten ansetzen. Das ist freilich leichter gesagt als getan bei mehreren Hundert oder sogar Tausenden Kunden und Lieferanten. Sie brauchen also eine intelligente Analyse, wo welche Potenziale liegen.
So analysieren Sie Zahlungskonditionen und Zahlungsverhalten richtig:
- Zunächst müssen Sie Transparenz schaffen, welche Zahlungskonditionen mit welchen Kunden und Lieferanten vereinbart sind und wie diese tatsächlich gelebt werden. Beispiel: Eine Zahlungskondition “am 15. des der Rechnung zweitfolgenden Monats” kann je nach Rechnungslegung, Zahllauf und systemseitiger Einstellungen sehr unterschiedliche Resultate bringen. Bei den Debitoren wollen Sie zudem herauszufinden, wie das tatsächliche Zahlungsverhalten aussieht: Werden Zahlungsfristen eingehalten oder systematisch überschritten?
- Um an diese Informationen zu gelangen, ist es notwendig nicht nur Stichtage zu betrachten, sondern eine vollständige Zahlungsstromanalyse durchzuführen. Das heißt sämtliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen eines bestimmten Zeitraumes zu untersuchen, um ein umfassendes und verzerrungsfreies Bild der Ist-Situation zu erhalten.
- Eine Verschlechterung des Zahlungsverhaltens kann ein Frühwarnindikator für ein steigendes Ausfallsrisiko sein (und vielleicht ein Fall für eine Kreditversicherung). Es kann aber auch saisonale Ursachen haben. Zahlungsströme sollten Sie daher möglichst über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten analysieren. Die dafür erforderlichen Daten sind im ERP-System Ihres Unternehmens vorhanden - sie werden nur oftmals nicht richtig genutzt. Mit intelligenten Big-Data-Analysen kommen Sie den Ursachen für unnötige Kapitalbindung auf die Spur!
Leseempfehlung: Intelligente Big-Data-Analysen im Working Capital
Clustern Sie Ihre Kunden oder Lieferanten zum Benchmarking
Welche Außenstandsdauern oder Days Sales Outstanding (DSO) verbreitet sind, können Sie entsprechenden Statistiken von Kreditversicherern nach Ländern oder Branchen entnehmen. Hier ein Beispiel mit vielen Länder-Details: Intrum European Payment Report 2017.
Weit wertvoller als ein Vergleich mit externen Daten ist aber ein internes Benchmarking: Dafür bilden Sie homogene Cluster von eigenen Kunden oder Lieferanten zum Beispiel nach Ländern und/oder nach Warengruppen
Beim internen Vergleich untereinander stellen sich dann schnell Fragen wie diese:
- Warum hat Kunde A ein Zahlungsziel von 60 Tagen, obwohl der Durchschnitt in seinem Cluster bei nur 30 Tagen liegt?
- Welche Kunden haben besonders ausgefallene Zahlungskonditionen?
- Bei welchen Kunden wird die rasche, zuverlässige Zahlung durch Skonti teuer erkauft?
Die Analyse liefert Ihnen gleich auch die richtigen Maßnahmen mit. Wo es deutliche Abweichungen bei den Konditionen oder Überfälligkeiten gibt, wissen Sie gleich, was zu tun ist. Sie sitzen auf einem wahren Datenschatz - nutzen Sie ihn!
Beteiligen Sie auch Ihren Vertrieb und Ihren Einkauf an solchen Analysen, damit verstärktes Bewusstsein geschaffen wird und die Ergebnisse unmittelbar umgesetzt werden können. Gemeinsam erarbeiten Sie intelligente Richtlinien, wie sich der Wildwuchs bei den Zahlungskonditionen verringern und trotzdem für die jeweiligen Kunden und Lieferanten abhängig vom Land, der Branche und der Bedeutung fürs eigene Unternehmen eine passende Kondition finden lässt.
Überprüfen Sie die Umsetzung
Gerade wenn das Debitoren- und Kreditorenmanagement lange vernachlässigt worden ist, empfiehlt sichergänzend zur Definition von Maßnahmen ein Umsetzungscontrolling:
- Wurden die vereinbarten Maßnahmen vollständig umgesetzt? Wenn nein, warum nicht?
- Ist der erwartete Effekt eingetreten? Wenn nein, warum nicht?
- Wie kann man gegensteuern, damit die Ziele vollständig erreicht werden?
Fazit: Vertrieb und Einkauf sind bei der Freisetzung von Liquidität in der Verantwortung
Mit der geschickten Gestaltung der Zahlungskonditionen und einem stringenten Monitoring der Einhaltung derselben, können Sie das Working Capital Ihres Unternehmens nachhaltig verbessern. Voraussetzung für ein professionelles Debitoren- und Kreditorenmanagement ist eine Analyse der Konditionen und des tatsächlichen Zahlungsverhaltens nach sinnvollen Clustern von Kunden oder Lieferanten.
Beteiligen Sie Vertrieb und Einkauf an der Analyse und auch am Ergebnis. Nur so werden alle mit Sorge tragen, dass Ihr Unternehmen sein Kapital künftig optimal einsetzen kann. Eine erste Indikation, wie es um das Debitoren- und Kreditorenmanagement in Ihrem Unternehmen bestellt ist, erhalten Sie bei Teilnahme an unserem aktuellen Working Capital Performance Monitor!
Dieser Artikel ist zuerst auf www.gci-management.com erschienen.