Wie sinnstiftend ist die Tätigkeit im Öffentlichen Dienst?
Autorin: Raza Hoxhaj, zfm-Beraterin und Psychologin
Aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Untersuchungen geht hervor, dass die Sinnhaftigkeit der Arbeit eine zentrale Rolle im Arbeitsengagement, der Arbeitszufriedenheit und der Bindung der Mitarbeitenden spielt. Arbeitgeber und Führungskräfte sind gefordert, Strategien zu entwickeln, um die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit ihren Mitarbeitenden greifbar zu machen. Dies kann durch Job-Design, Förderung von Autonomie, Entwicklungsmöglichkeiten und die Vermittlung eines klaren Verständnisses der Bedeutung der Arbeit für das große Ganze erreicht werden.
Man sollte meinen, dass die Tätigkeit im Öffentlichen Dienst per se sinnhaft ist. Schließlich geht es um eine Tätigkeit für die Allgemeinheit. Sei es der Bau einer Schule im eigenen Landkreis oder die Prüfung eines Bauantrags, der den Traum vom Eigenheim einer Bürgerin/eines Bürgers Wirklichkeit werden lässt oder nur die Anbringung einer PV-Anlage auf dem Balkon, was die Erreichung der Klimaziele einen (wenn auch kleinen) Schritt näher bringt. Nicht zu vergessen sind die Vorbereitung und Durchführung der (Kommunal-)Wahlen, welche das Fundament unserer Demokratie darstellen.
Um jedoch sicherzustellen, dass diese sinnhaften Tätigkeiten auch als solche wahrgenommen werden, sind folgende Aspekte zu beachten:
Job-Design und Aufgabenvielfalt: Eine Möglichkeit ist, den Mitarbeitenden Freiraum in der Aufgabenbearbeitung zu geben sowie die jeweiligen Interessen bei der Aufgabenverteilung zu berücksichtigen. Dies fördert Kreativität und persönliches Engagement. Wenn eine Mitarbeiterin gerne kreative Texte schreibt, kann man dies in der Aufgabenzuteilung berücksichtigen. Es gilt, im Sinne der Gesamtorganisation zu denken: Gibt es Möglichkeiten, die Mitarbeiterin in eine andere Abteilung zu versetzen, damit sie ihren Interessen und Neigungen nachgehen kann? Wenn dies noch nicht möglich ist, welche Optionen gibt es innerhalb des aktuellen Aufgabenbereichs oder der Abteilung, die Mitarbeitenden einzubinden?
Mitarbeitenden Autonomie und Entscheidungsfreiheit zu geben, stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit und der Verantwortlichkeit. Dadurch wird die eigene Tätigkeit als sinnhafter wahrgenommen. Versuchen Sie, Ihre Mitarbeitenden in ihrer Selbstständigkeit zu stärken. Je nach Kapazitäten und Kompetenzen kann der Entscheidungsspielraum erweitert werden. Dadurch, dass Mitarbeitende ihre Aufgaben eigenständiger bearbeiten, können sie die Lorbeeren ihrer Erfolge selbst ernten und trauen sich immer mehr selbst zu. Die Identifikation mit der Tätigkeit führt neben der Steigerung des Engagements zu einer Erhöhung der wahrgenommenen Sinnhaftigkeit, da die Tragweite der eigenen Leistung ersichtlich wird.
Klare Vision und Mission
Diese, beispielsweise durch ein Strategiepapier bzw. Leitlinien definiert oder in die Arbeitgebermarke integriert, lassen die Mitarbeitenden wissen, dass ihre Arbeit zu einem größeren Zweck beiträgt, was die Sinnhaftigkeit ihrer täglichen Aufgaben erhöht. Beispielsweise hat die Stadt Freiburg sich als „Green City“ positioniert und verfolgt eine nachhaltige Stadtentwicklungsstrategie. Diese Vision ist fest in die Arbeitgebermarke integriert und wird durch verschiedene Initiativen und Projekte, an denen die Mitarbeitenden beteiligt sind, unterstützt.
Empfohlen von LinkedIn
Regelmäßiges Feedback und Anerkennung
Die Leistungen der Mitarbeitenden zu würdigen hilft ihnen zu verstehen, wie ihre Arbeit zum Erfolg des (Bau-)Projekts oder des Fachbereichs beiträgt und gibt ihnen ein Gefühl der Wertschätzung. Dies kann in Form von konstruktivem Feedback im Rahmen von Mitarbeitendengesprächen sowie bei Projektabschlüssen durch die Anerkennung der einzelnen Beiträge der Mitarbeitenden geschehen oder indem man ihnen die Möglichkeit gibt, die Projekte in Ausschusssitzungen selbst vorzustellen. Bei der Stadt Köln gibt es z. B. nach Abschluss eines Bauprojekts oder anderer Fachbereichsprojekte Feedback-Runden, in denen die Beiträge der Mitarbeitenden detailliert besprochen und anerkannt werden. Mitarbeitende haben zudem die Möglichkeit, ihre Arbeit in Ausschusssitzungen selbst zu präsentieren, was ihr Engagement und ihre Expertise sichtbar macht.
Förderung von Weiterentwicklung und Wachstum
Die Förderung von Weiterentwicklung und Wachstum kann insbesondere bei Mitarbeitenden, die schon länger derselben Tätigkeit nachgehen, einen Motivationsschub geben.
Im Rahmen der „Arbeitszufriedenheit in Krisenzeiten“-Studie von AVANTGARDE Experts geben 41% befragten Erwerbstätigen an, dass ihr Potenzial nicht ausgeschöpft wird oder fühlen sich sogar deutlich unterfordert.
Dieser Effekt ist mittlerweile als Boreout-Syndrom bekannt und beschreibt einen länger anhaltenden Zustand von Mitarbeitenden, der sich aus den drei Elementen Langeweile, Unterforderung und Desinteresse zusammensetzt und sich dadurch kennzeichnet, dass die betroffene Person nichts dagegen unternimmt. Die Folgen von Langeweile und Unterforderung stehen in Zusammenhang mit Aufmerksamkeitsmanagement und Leistungsabfall. Dem entgegenwirkend steht die Achtsamkeit von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz. So konnte eine Studie von Andreas Wihler (It’s so boring–or is it?, 2022) einen negativen Zusammenhang zwischen Achtsamkeit der Mitarbeitenden und Langeweile nachweisen. Eine hohe Achtsamkeit geht mit geringer Langweile einher. Darüber hinaus finden die Autoren einen positiven Zusammenhang von Achtsamkeit mit Arbeitszufriedenheit und einen negativen mit Kündigungsabsichten, was teilweise durch die Reduzierung der Langeweile vermittelt werden kann. Achtsame Mitarbeitende können ein Gefühl der Selbstwirksamkeit in ihrer Arbeit erleben, indem sie qualitativ hochwertige Arbeitsergebnisse erzielen, was ihnen helfen kann, das Bedürfnis nach Kompetenz zu befriedigen und mehr Sinn zu finden.
Zur Vermeidung des Leistungsabfalls oder der inneren Kündigung einzelner Mitarbeitender ist es von zentraler Bedeutung, ihre Kompetenzen und Auslastungen im Blick zu haben und je nach Bedarf den Aufgabenbereich zu erweitern, Interessen zu erfragen und darauf basierend Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten.
Fazit
Insgesamt kann man festhalten, dass Arbeitgeber und Führungskräfte kontinuierlich darauf achten, die Sinnhaftigkeit der Arbeit für ihre Mitarbeitenden deutlich zu machen. Dies kann durch gezieltes Job-Design, die Förderung von Autonomie, regelmäßiges Feedback sowie klare Visionen und Missionen erreicht werden. Durch die Anerkennung individueller Beiträge und die Förderung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten fühlen sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt und in ihrer Arbeit bestätigt. Dies stärkt nicht nur das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, sondern trägt auch wesentlich zur Bindung an den Arbeitgeber bei.
Ein solches Arbeitsumfeld, in dem die Bedeutung jeder einzelnen Tätigkeit für das große Ganze sichtbar wird, fördert eine motivierte und engagierte Belegschaft, die bereit ist, ihr Bestes zu geben.
Passgenaue Personalberatung für die Kommunalwirtschaft & öffentliche Verwaltung | Von der Personalsuche bis zur Management-Diagnostik | 30+ Jahre vertraulicher Berater & Sparringspartner für Top-Führungskräfte | CEO @zfm
3 MonateGanz wichtiges Thema! Insgesamt trägt die Fokussierung auf Sinnstiftung in der Arbeit nicht nur zur persönlichen Erfüllung der Mitarbeitenden bei, sondern fördert auch eine produktive und engagierte Belegschaft. Und: Die Personalverantwortlichen der öffentlichen Hand haben die Aufgabe, diese Qualitäten ihrer Arbeitgebermarke auch laut und vernehmbar zu kommunizieren.