Wieso man nach dem Wieso fragen soll
(Dieser Beitrag erschien in meiner Kolumne in der NZZ am Sonntag)
Menschen haben das Bedürfnis, Phänomene wie Erfolg oder Misserfolg zu erklären und auf bestimmte Bedingungen zurückzuführen. Angenommen, Sie haben sich ein realistisches Ziel gesetzt, beispielsweise Ihren Tennispartner im Training in drei Sätzen zu schlagen, und haben dieses erreicht. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Sich dazu Gedanken zu machen, lohnt sich, denn je nach Bewertung beeinflussen Sie nicht nur Ihre Motivation für künftige Ziele, sondern auch Ihren Selbstwert. Es gibt unter schiedliche Arten der Ursachenzuschreibung, auch Attributionsstil genannt. Suche ich Erklärungen bei mir selber oder in der Situation? Sind meine Einschätzungen immer gleich oder variieren sie je nach Zeit und Ort? Daraus ergeben sich vier mögliche Kombinationen von Ursachenzuschreibung: internal oder external, gekoppelt mit stabil oder variabel.
Selbstwertdienlich ist es, wenn Sie den Erfolg Ihrem Können (internal-stabil) zuschreiben konnten; oder internal-variabel, weil Sie zuletzt gut trainiert haben. Keinen Gefallen machen Sie sich, wenn Sie Erfolge immer auf externale Gründe zurückführen, wie dem Zufall oder der Einfachheit der Aufgabe. Misserfolge hingegen sollten nicht ausschliesslich mit der eigenen Unfähigkeit (internal-stabil) erklärt werden, damit würden Sie Ihrem Ego unnötig schaden. Es dürfen durchaus mal externale Faktoren wie schwierige Wetterverhältnisse oder der starke Gegner herangezogen werden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich die Dinge zurechtzulegen. Pessimisten sollten versuchen, Erfolge mal den eigenen Fähigkeiten zuzuschreiben. Das dürfte auch die Motivation für künftiges Training steigern. Optimisten laufen Gefahr, sich nicht mehr weiterzuentwickeln, wenn sie Misserfolge stets externalen Faktoren zuschreiben. Oder sie können überheblich und unkonzentriert werden, wenn sie Erfolg immer auf ihr Können zurückführen.
Es ist also zu empfehlen, immer mal wieder die persönlichen Gründe für Erfolge und Misserfolge genauer zu analysieren. Dadurch lassen sich die Motivation und der Selbstwert beeinflussen und oft wichtige Punkte ableiten, die bei einem nächsten Mal verbessert werden können. Die Verbesserung muss sich nicht zwingend in der Leistung zeigen, sie kann auch einfach zu positiverem Erleben und Empfinden führen.