Wieviel Ehrlichkeit ist im Bewerbungsprozess richtig?
Vor einiger Zeit kursierte auf Xing ein Artikel des Businesscoaches Dr. Bernd Slaghuis, der den Fall schilderte, dass ein Bewerber folgende Rückmeldung durch das Unternehmen, bei dem er sich beworben hatte, erhielt:
„Die Prüfung der Bewerbungsunterlagen hat ergeben, dass wir Sie gern bei einer zweiten Vorstellungsrunde einladen würden, falls wir bei den ersten Gesprächen zu keinem Ergebnis kommen. Bitte teilen Sie uns deshalb mit, ob Sie noch weiterhin Interesse an der ausgeschriebenen Stelle haben“.
Abgewogen nimmt der Autor hierzu Stellung und kommt zu folgendem Schluss:
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„Am Ende von Kommunikation steht immer ein Gefühl. Es sind unsere eigenen Prägungen, Erfahrungen und auch unsere innere Haltung, die uns jegliche Form von Kommunikation bewerten lässt. Ich fand es für mich selbst total spannend, wie unterschiedlich ich diese Mail an mich mit der Reaktion des Arbeitgebers bewertet habe – vom ersten Gedanken „Ja, stimmt, wie unverschämt“ bis hin zu „Toll, wie dieser Arbeitgeber Klarheit schafft“.
Jeder Rekruter kennt das: Wenn eine Person eingestellt wird, muss mindestens drei, vier Kandidaten abgesagt werden, die letztlich die Position nicht bekommen haben, aber das aufwändige Verfahren ebenso durchlaufen haben. Man sollte sich einmal in die Situation des Kandidaten hineinversetzen. Dieser hat sich auf eine Position beworben, die ihm interessant, passend und vielversprechend erscheint. Er oder sie wird durch verschiedene Etappen gescannt und gescreent, bereitet sich vor, macht sich Gedanken und teilt seine Freude, Euphorie und Hoffnung mit der Familie und Freunden – und erhält am Ende die lapidare Absage, dass es einen Kandidaten gab, der den Anforderungen noch besser entsprach. Ja, das wird dann so gewesen sein. Aber möchte diese Person nicht wissen, woran es lag? Möchte ein Kandidat nicht wissen, woran er im Prozess ist. Ist Ehrlichkeit nicht das Beste? Nach unserer Erfahrung ist das konstruktive, ehrliche und direkte Feedback manchmal sicherlich hart, aber, wenn es professionell gemacht wird, immer positiv. Dazu gehören Mut, Kommunikationsvermögen, präzise Evaluation des Kandidaten während des Prozesses und auch Resilienz, ggf. eine Nichtakzeptanz der Kritik seitens des Kandidaten kontern zu können. Wir empfehlen daher unseren Kunden, immer ehrlich, offen und klar zu kommunizieren, wo der Kandidat steht, welche Chancen er hat und welche Aspekte am Ende den Ausschlag geben könnten. Ehrlichkeit und konstruktive Kritik sind Teile des Employer Brandings und sollten zum Repertoire eines Recruiters gehören. Daher ja, „toll, wie dieser Arbeitgeber Klarheit schafft“ ist die richtige Reaktion.