Was wir von gescheiterten Vorsätzen und Diäten für den Kulturwandel in Unternehmen lernen können

Was wir von gescheiterten Vorsätzen und Diäten für den Kulturwandel in Unternehmen lernen können

Jeder hat in seinem Leben schon mal versucht eine schlechte Angewohnheit los zu werden, um letztendlich festzustellen wie schwer es ist die Theorie in die Praxis umzusetzen. Auch wenn wir uns an die gut gemeinten 10 – 6 – 3 Regeln zum Erfolg der jeweiligen Experten Anfangs strickt halten, schlägt dann doch immer wieder der Alltag zu und die guten Vorsätze werden über Board geworfen inklusive schlechtem Gewissen, dass man es schon wieder nicht geschafft hat.

Für mich persönlich ist es der wiederkehrende Kampf mit der gesunden Ernährung und regelmäßigem Sport. In der Theorie würde ich mich mittlerweile als Experte einschätzen, aber in der Praxis eher als Wiederholungstäter. Bis mir vor kurzem ein Licht durch das Buch „Kopfsache schlank“ von Dr. med. Marion Reddy und Dr. med. Iris Zachenhofer aufging. Aus einer neuropsychologischen Brille betrachtet ist mir klar geworden, warum meine Versuche zum Scheitern verurteilt waren. Mein Gehirn liebt seine Routinen und die hieraus resultierenden Bestätigungen. Warum sollte es sich so schnell davon abbringen lassen? Erst wenn ich anfange meine Routinen, deren Belohnung und deren Auslösern zu kennen und verstehen, kann ich an einer dauerhaften Verhaltensumstellung arbeiten.

Auf den Punkt gebracht: Keine Ratgeber, mag er noch so erfolgsversprechend sein, setzt an einer individuellen Veränderung der Routinen an und hilft das eigene Verhalten dauerhaft umzustellen.

Diese Erkenntnis und der erst Blick in die Funktionsweise unseres Gehirns hat mich seither nicht mehr losgelassen. Ist es denn möglich hieraus auch Erkenntnisse für meine Arbeit im unternehmens-kulturellen Umfeld zu ziehen?

Ich denke: JA!

Im Zuge meines aktuellen Working out Loud Zirkels beschäftige ich mich mit dem Ziel „Menschen kennen zu lernen, die sich auch mit Begeisterung für den kulturellen Wandel in Unternehmen“ einsetzen. Hierdurch habe ich bereits sehr interessante Kollegen/innen kennengelernt. Viele kämpfen in ihrer Arbeit mit den gleichen Hürden und Hemmnisse wie ich, dass beruhigt auf der einen Seite, weil man nicht alleine ist, macht aber gleichzeitig auch nachdenklich.

Warum ist es v.a. in größeren Unternehmen so schwierig einen wirklichen Wandel in der Unternehmenskultur zu bewirken? Insbesondere in Zeiten des agilen Wandels lesen wir doch täglich von „agile Mindset“, „Openness“, „Trust“, „Empowerment“ oder ähnlichen abstrakten Worten. Leider bleiben es oft nur Worthülsen und das gelebte Verhalten zeigt ein anderes kulturelles Bild.

Diese abstrakten, austauschbaren Worte oder Prinzipien werden meist mit Aufwand in die gesamte Organisation kommuniziert, aber was folgt danach? Meist nichts mehr viel, es sollte doch alles klar sein – einfach machen. Role-modeling wie es so schön heißt. Wenn das so einfach wäre, warum ist der Markt dann voll von Beratern und Coaches die Organisationen helfen wollen genau diesen Wandel zu begleiten?

Der Startpunkt für einen derartigen Wandel ist eine klare Definition/Vision der angestrebten Kultur, insbesondere wie diese in Bezug auf ein tägliches Miteinander gelebt werden soll. Wichtiger ist aber im Anschluss die Reflektion jedes einzelnen, welche Änderungen in einem selbst nötig sind um dieses Miteinander auch zu leben. Selbstverständlich sollten Führungskräfte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Im besten Fall nicht alleine, sondern mit Gleichgesinnten, die sich regelmäßig und offen über ihre Fortschritte austauschen.

Peer Group Coaching oder auch Working out Loud können hier ein sehr guter Startpunkt sein.

Ebenso wichtig ist ein regelmäßiges Feedback aus der Organisation bzw. von den jeweiligen Mitarbeitern. Eine Mitarbeiterbefragung alle drei Jahre hat leider keinen Effekt und ist meist schwer vergleichbar mit den Werten zuvor. Vielmehr benötigen wir eine regelmäßige Rückmeldung über unser Verhalten, sowohl konstruktiv als auch positiv in einer offene und vor allem wohlwollende Art und Weise.

Jeder hat das Potential sich zu ändern, es benötigt nur Zeit, wirkliches Wollen, ein gewisses Maß an Disziplin und Andere die einen dabei unterstützen. Ich freue mich diesen neuen Ansatz weiter zu erforschen und sehe nun Rückschläge als Teil des Prozesses. Wichtig ist nur, dass man daraus lernt!

Maurice Ziola

Klarheit schaffen, Potenziale entfalten.

2 Jahre

Magdalena Zistl danke für diesen Beitrag.🙇♂️ Gerne auch mehr davon. Die Transformationsbrille finde ich sehr spannend. WOL und andere Bücher zu Growth Mindset bringen es eigentlich immer schön auf den Punkt. Wenn du dir eine neue Gewohnheit aneignen willst, gehe konstant kleine Schritte. Das Zitat von Beppo Straßenkehrer finde ich hierzu auch immer schön: "Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein. Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. Das ist wichtig.“ Was bedeutet das aber nun für die Transformation von Unternehmen? In Deutschland wird häufig versucht agile Systeme einfach über das System zu stülpen. Meist wird hierzu gleich das Org Chart neu gemischt und die Leute in Crossfunktionale Teams gesteckt. Das Problem: Veränderung kann nur aus jedem/r Einzelnen aus sich heraus entstehen. Für einen Veränderungswillen braucht es jedoch immer auch das Schmerzbewusstsein ODER die Nutzenerfahrung. Hierfür braucht es mehr Transparenz UND kleinere Schritte. Alle müssen mit.

Ina Effenberger

Corporate Identity Manager | Change Manager bei Consors Finanz

3 Jahre

Grade entdeckt. Sehr spannender Ansatz. Ich würde gerne den letzten Absatz ergänzen. Nicht nur ist intrinsische Motivation, also das Wollen und die Disziplin zur Durchsetzung einer Änderung sind wichtig. Die Frage nach der Relevanz muss sich ein jeder beantworten können, der eine Änderung wünscht. Ohne das Durchdringen oder Verstehen des gegenwärtigen "Problems" wird Disziplin und Zeit nicht ausreichen um die Änderung individuell oder kollektiv herbeizuführen.

Marin K.

Business Excellence Senior Director Infineon Technologies AG Deutsche Stiftung Mediation - Member. Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft (RTMKM) Member

3 Jahre

Dicke Bücher über das Thema auf den Punkt zusammengedampft: =>. It‘s pain or gain Das ist so sehr einfach und ist gleichzeitig doch so schwer - aber die harte Wahrheit… So funktionieren wir Menschen… 😊 es muss spürbar sein. Wieder mal ist es der untere Teil des Eisberges Rein kognitive Motivation ist oberflächlich und kaum nachhaltig Die spieltheorie beweist es auch…

Danke für diesen Beitrag und die Denkanstöße darin. Der Schlüssel zur Veränderung im Großen liegt in der Veränderung jedes Einzelnen. Und die kann nur individuell gelingen.

Dino G. Cardiano, MBA

I Management Advisor & Facilitator for Your Future & Innovation Projects I For More Stability & Growth I Future Research - Future & Innovation Strategies - Transformation & Change I Process Facilitation & Execution I

4 Jahre

Sehr sehr wichtiger Beitrag! Vielen Dank.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen