Wo sich die Digitalisierung lohnt

Wo sich die Digitalisierung lohnt

Es ist unstrittig, dass durch die Digitalisierung von Prozessen Geld gespart und Qualität gesteigert werden kann - oder? Viele Prozesse werden heute trotzdem noch in Papierform durchgeführt oder sind nicht konsequent zu Ende gedacht. Gibt's nicht? Denken Sie mal an Urlaubsanträge, das Einreichen von Krankenscheinen, die Erstattung von Reisekosten … in vielen Unternehmen hört Digitalisierung dort auf, wo die Kernprozesse enden. Dabei sind schnellere Bearbeitung von Vorgängen, höhere Qualität und geringere Kosten typische Argumente, die für eine durchgängige Digitalisierung von allen Geschäftsprozessen sprechen, aber:

Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.

Wo fängt mal also an, damit aus der Digitalisierung keine Scheiß-Digitalisierung wird?

1. Prozesse ermitteln

Wählen Sie die relevanten Prozesse aus! Und zwar nach quantitativen und qualitativen Aspekten. Eine einfache Prozesskostenbetrachtung kann ein erster Indikator für relevante Prozesse darstellen: 

1.    Wie häufig wird ein Prozess durchgeführt? 

2.    Wie lange braucht ein Sachbearbeiter für die Bearbeitung eines Einzelschritts? 

3.    Wie hoch ist der durchschnittliche Stundensatz der Prozessteilnehmer? 

Diese erste Ermittlung von relevanten Prozessen und ihren Kosten kann in einem einfachen Workshop erfolgen. Stellen Sie den Workshop-Teilnehmern die einfache Aufgabe, dass sie innerhalb von 15 Minuten alle typischen Aufgaben innerhalb der Arbeitswoche (-monat) auf jeweils eine Karte schreiben. 

2. Prozesse bewerten

Gehen Sie anschließend ins Detail einzelner Prozesse und überlegen, welche Personen noch in die einzelnen Prozessschritte involviert sind und wie lange sie wohl mit dem jeweiligen Schritt beschäftigt sind. Am Ende werden die Gesamtprozesskosten nach der folgenden Formel berechnet: 

Gesamtkosten = Häufigkeit x Dauer pro Sachbearbeiter x Stundensatz

Die Prozesse mit den höchsten Gesamtkosten sollten genauer analysiert werden. Auch qualitative Argumente sind hilfreiche Indikatoren: 

  • Gibt es Kostenfresser wie Medienbrüche oder manuelle Eingaben?
  • Können Sie dem Kunden einen Mehrwert oder neuen Service bieten? 
  • Wird der Prozess schneller? 
  • Reduziert sich die Fehlerhäufigkeit? 
  • Lassen sich Sekundärziele wie z.B. eine gute Dokumentation erreichen? 

3. Prozesse optimieren

Nahezu alle Geschäftsprozesse werden am Anfang durch ein Dokument ausgelöst oder erzeugen als Ergebnis ein Dokument (z.B. Erzeugt die Bestellung eines Kunden später eine Ausgangsrechnung). Ein Doku­mentenmanagement- oder Archivierungssystem kann daher eine gute Ergänzung zum ERP-System bilden. 

Sehr häufig wird in Unternehmen der Eingangsrechnungs-Prüfungsworkflow digitalisiert. Leider wird hier auch viel Optimierungspotenzial verschenkt, weil der Prozess nicht von Anfang bis Ende gedacht und konsequent hinterfragt wurde. Viele Unternehmen prüfen über mehrere Hierarchie­stufen die Bedarfsanforderung, teilweise auch noch die Bestellung, aber meistens die Rechnung. Solche mehrfachen Prüfungen sind unnötig und binden mehrfach dieselben Ressourcen. Natürlich sollten Vorgesetzte vor der Bestellung prüfen, ob die Bedarfsanforderung gerechtfertigt ist und im Budget eingeplant ist. Aber wenn das erfolgreich durchgeführt wurde, muss bei der Rechnungsprüfung doch nur noch die ordnungsgemäße Leistungserbringung geprüft werden (z. B. Lieferscheine oder Leistungsnachweise) – eine erneute Prüfung über mehrere Hierarchiestufen wird nicht mehr benötigt. Der Wegfall dieser erneuten Prüfung führt zu einer nachhaltigen und spürbaren Prozessoptimierung. 

4. Ein praktisches Beispiel

Von einem Handelsunternehmen werden wöchentlich Faxe (sic!) an etwa 60 Einzelhändler geschickt, um Lagerbestände abzufragen und Nachbestellungen zu ermitteln. Vier Stunden nach dem Versand der Faxe erfolgt eine Überprüfung der Antworten. Händler, die auf das Fax nicht geantwortet haben, werden angerufen und ihre Antwort wird telefonisch erfasst. Anschließend trägt ein Sachbearbeiter die zurückgemeldeten Mengen manuell in das Bestellsystem des Handelsunternehmens ein. 

Das Optimierungspotenzial durch Digitalisierung und Automatisierung dieses Prozesses lässt sich fast ohne Vorkenntnisse erkennen: Anstatt zu telefonieren, könnte der Computer automatisch eine Erinnerungsnachricht senden. Statt die Daten zentral abzutippen, könnten sie durch die Händler selbst eingepflegt werden. Nervige Arbeit entfällt, Kosten werden gespart und die Datenqualität wird verbessert.

So geht das.

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Zubaer Tonmoy

Siddheswari University College

4 Jahre

Victory of humanity

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