Work-Life-Balance im Zeitalter der Digitalisierung: Drei wesentliche Erkenntnisse

Die Digitalisierung definiert die Art und Weise, wie wir arbeiten, neu. Damit können wir unsere Arbeit einerseits wesentlich freier gestalten, doch auf der anderen Seite sind Beruf und Freizeit nicht mehr klar voneinander abgegrenzt. Aus diesem Grund müssen wir unsere Work-Life-Balance kontinuierlich neu austarieren – nicht immer eine leichte Aufgabe. Hier sind meine wichtigsten Erfahrungen.

Die fortschreitende Digitalisierung gibt uns mehr Flexibilität. Im Prinzip können viele von uns arbeiten, wann und wo sie wollen. Das war vor 20 Jahren, als ich ins Berufsleben startete, noch völlig anders. Gearbeitet wurde im Büro. Abends machte man die Tür hinter sich zu und ließ den Job, Job sein. Heute ist man ständig erreichbar, die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen. Eine gesunde Work-Life-Balance zu finden ist daher wichtiger, aber auch schwieriger denn je. Als Führungskräfte müssen wir uns dieser Herausforderung auf persönlicher und organisatorischer Ebene stellen.

Wenn ich auf mein Berufsleben zurückblicke, hat sich meine Einstellung zur Arbeit im Laufe der Zeit verändert. Ein ausgeglichenes und erfülltes Leben im digitalen Zeitalter zu führen, läuft für mich im Wesentlichen auf drei Dinge hinaus.

Der Beruf auf der einen Seite, das Private auf der anderen – lang ist‘s her?

Als ich vor zwei Jahrzehnten anfing zu arbeiten, war die Arbeit klar von allen anderen Lebensbereichen wie Familie, Freunden, Hobbys und Sport getrennt. Geld verdienen und Karriere machen, das hat mich motiviert. Eine typische Arbeitswoche ging für mich grundsätzlich mit Überstunden einher – und mein Chef schätzte dies sehr. Das ganze Team saß nah beieinander. So konnten wir uns auf dem Laufenden halten, Lösungen diskutieren und Meetings nachbesprechen.

Wie habe ich damals mein Arbeits- und Privatleben ausbalanciert? Ich nahm mir einen Tag frei, um persönliche Dinge zu erledigen. Und ich versuchte, nicht jeden Tag bis spät im Büro zu bleiben, indem ich Aufgaben neu priorisierte und Erwartungen steuerte.

Damals konnte man sich nicht einfach in Meetings einwählen oder von zu Hause aus arbeiten – die technische Infrastruktur gab dies einfach nicht her. Aber auch der Führungsstil war ein anderer: Er basierte auf Hierarchien, Kontrolle und Anordnungen von oben waren an der Tagesordnung. Mit der Digitalisierung wurde es möglich, die Art und Weise, wie wir arbeiten und führen, völlig neu zu denken. Um dies aber auch im Arbeitsalltag umzusetzen, müssen Führungskräfte veraltete Einstellungen über Bord werfen und sich neuen Managementmethoden öffnen.

Kürzlich habe ich mein eigenes Büro aufgegeben – eine Erfahrung, an der ich Sie in meinem Blog habe teilhaben lassen. Die Veränderung unseres physischen Arbeitsumfelds bei DHL Consulting war ein wichtiger Schritt zur Realisierung intelligenten und flexiblen Arbeitens in unserer Organisation. Diese Veränderung wirkte sich auch auf meine Arbeit und meine Arbeitsabläufe aus.

Work-Life-Balance heute – eine Frage der Integration

Das Schubladendenken hat inzwischen ausgedient. Inzwischen ist die Arbeit mit den anderen Lebensbereichen verwoben. Wir agieren zunehmend zweck- und sinngetrieben – auch am Arbeitsplatz. Heute kann ich im Homeoffice arbeiten oder eben auch im Büro. Arzttermine und Sport können in meinen Tagesablauf eingeplant werden, feste Bürozeiten schränken mich nicht mehr ein.

In unserem Team sind gegenseitiger Respekt und Vertrauen eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung flexibler Arbeitszeiten und Arbeitsorte. Aber Veränderung ist nie einfach. Auf organisatorischer Ebene müssen Neuerungen umsichtig gesteuert und gut kommuniziert werden. Und: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – ich bin da nicht anders. Ich muss mich selbst am Riemen reißen, um meine Arbeitsabläufe neu zu denken. Das Arbeiten im Homeoffice muss ich bewusst planen. Es fühlt sich noch immer eigenartig an, wenn ich in der Mittagspause mit dem Hund rausgehe.

Meine drei Erkenntnisse für eine ausgewogene Work-Life-Balance im digitalen Zeitalter

Die Neuausrichtung des Arbeitslebens geht mit einer enormen Lernanstrengung einher, denn es müssen neue Wege gefunden werden, alle Lebensbereiche sinnvoll und produktiv in Einklang zur bringen. Drei Lektionen habe ich dabei gelernt:

1. Eine Vertrauenskultur leben

Flexibles Arbeiten ist nur möglich, wenn man den Mitarbeitern mehr Autonomie und Entscheidungsspielraum gibt. Dazu muss man eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens pflegen und ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem die Mitarbeiter keine Angst davor haben müssen, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Wenn Mitarbeiter die Möglichkeit haben, eigenverantwortlich zu arbeiten, wirkt sich dies positiv auf ihr Engagement und ihre Zufriedenheit im Job aus.

2. Mit gutem Beispiel vorangehen

Als Führungskraft muss ich mit gutem Beispiel vorangehen und andere zu dem angestrebten Wandel inspirieren. Nur so finde ich in meiner Organisation Unterstützung für die neue Agenda. Ich stehe zu meinen Überzeugungen und setze mich für den effektiven Einsatz digitaler Technologien ein, um unsere Organisation zum Vorreiter einer gelungenen Work-Life-Balance zu machen.

3. Lernen abzuschalten

Manchmal ist es gut, abzuschalten und digital zu entschleunigen – Digital Detox heißt das Zauberwort. Damit können wir uns auf andere Bereiche unseres Lebens fokussieren. Ich checke zum Beispiel am Wochenende oder an Feiertagen grundsätzlich keine E-Mails zu später Stunde. Außerdem verordne ich mir selbst eine Auszeit von den Social Media.

Veränderung braucht Zeit. Mir fällt auf, dass die Mehrheit des oberen Managements am Gewohnten festhält. Dies führt dazu, dass mobiles Arbeiten auch heute noch als weniger professionell gilt. Generell mangelt es an Vertrauen, um flexibles Arbeiten am digitalen Arbeitsplatz stärker zu fördern. Ich begegne Veränderung dennoch mit Optimismus, auch wenn ich seitens meiner Managerkollegen oder Vorgesetzten immer wieder mit Kritik oder Skepsis konfrontiert bin. Als Vorreiter sollte man sich davon nicht entmutigen lassen oder in Rechtfertigungszwang geraten – treibe den Wandel voran, von dem du selbst überzeugt bist.

Vereinbarung von Beruf und Privatleben im Zeitalter der Digitalisierung

Digitalisierung und technischer Fortschritt helfen uns, die Arbeitswelt neu zu denken – ein längst überfälliger Prozess! Ich glaube, dass Arbeit in Zukunft wesentlich flexibler gehandhabt werden wird. Nicht nur mobiles Arbeiten trägt dazu bei, sondern auch andere Konzepte wie neue Formen unbezahlten Urlaubs oder auch Sabbaticals. Aber dieser Wandel erfordert auch neue Strategien für eine effektive Organisation des Arbeitslebens. Für mich persönlich wie auch für unser Unternehmen ist intelligentes und flexibles Arbeiten ein fortlaufender Prozess.

Wir als Führungskräfte müssen den Weg ebnen und eine Kultur schaffen, die den Mitarbeitern die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht. Nur wenn wir uns von veralteten Führungspraktiken lösen und uns auf Neues einlassen, können wir uns die Vorzüge der Digitalisierung wirklich zunutze machen und flexiblere und nachhaltigere Arbeitsplätze schaffen. Arbeitsplätze, an denen die Mitarbeiter gerne arbeiten, sich wertgeschätzt fühlen und zufrieden sind. Dies macht uns im Zeitalter der Digitalisierung zu einem attraktiven Arbeitgeber.

Wie halten Sie es mit Ihrer Work-Life-Balance im digitalen Zeitalter? Ich freue mich auf einen regen Austausch in meinem Blog und meinem LinkedIn-Account. Lassen Sie mich in der Kommentarspalte an Ihren Erfahrungen teilhaben.