Zehn Vorschläge für eine zeitgemäße CEO-Kommunikation

Zehn Vorschläge für eine zeitgemäße CEO-Kommunikation

Die Welt ist nicht schwarz oder weiß, sondern bunt – und dies sollten CEOs abbilden können. Mehr denn je bedarf es einer differenzierten, lösungsorientierten und empathischen Kommunikation, die den aktuellen Herausforderungen auch wirklich gerecht wird – denn Polarisierung ist noch lange keine Positionierung.


Zumindest bei einem sind sich alle einig: Deutschland stand schon mal besser da. Die Herausforderungen sind vielfältig und vielschichtig. Die Wirtschaft tritt auf der Stelle, die Energiekosten sind im weltweiten Maßstab immer noch nicht wettbewerbsfähig, es fehlt an Personal und Fachkräften. Dem gegenüber stehen Milliardeninvestitionen für die Transformation einer gesamten Volkswirtschaft hin zur Klimaneutralität – und das in Rekordumfang und Rekordtempo. Kurzum: Die Zuversicht in die Zukunftsfähigkeit des Standortes schwindet. 

Zu diesen nationalen und durch die EU auch supranationalen Herausforderungen kommt ein internationaler Hintergrund mit einer rapiden Zunahme an geopolitischen Spannungen sowie kalten und heißen Kriegen. Über Jahrzehnte konnten wir uns auf stabile Rahmenbedingungen verlassen: Den freien Zugang zu den globalen Märkten und die uneingeschränkte sicherheitspolitische Rückendeckung durch die USA. Diese Gewissheiten haben sich in den vergangenen Jahren in Luft aufgelöst. Die notwendige Anpassung an diese neue Welt ist eine gigantische Aufgabe – für Unternehmen, Politik und Gesellschaft.

 In dieser Situation ist eine offene Diskussion über die Standortbedingungen und die deutsche Industriepolitik zwingend notwendig. Unsere Wettbewerber, insbesondere China und die USA, investieren massiv in ihre Industrien und fördern diese durch staatliche Maßnahmen gezielt. Wir in Deutschland müssen jetzt genau überlegen, welche Teile der Wertschöpfungsketten unter den Bedingungen der Dekarbonisierung und geopolitischer Sicherheitsbedenken gestärkt werden sollten – und welche nicht.

Es ist gut, wenn sich mehr Wirtschaftsführer*innen in die politische Debatte einbringen. Das Problem ist bloß: Die Schärfe und Wortwahl ihrer Beiträge sind mitunter befremdlich. Das „Wir“ der Wirtschaft gegen das „Ihr“ der Politik zeichnet ein Bild von Konfrontation, das wenig hilfreich ist. Zum einen haben viele CEOs in der Vergangenheit begeistert mitgetragen, was sie heute an der Politik kritisieren. Zum anderen ist Politik in einer Demokratie immer ein Weg des Machbaren angesichts der Handlungsspielräume in einer bestimmten Lage. „Alternativlos“ ist eine Entscheidung so gut wie nie. Egal, ob das vonseiten der politischen oder der wirtschaftlichen Entscheider*innen behauptet wird.

Wer in diesen Zeiten Unternehmenslenker*in und auch unternehmerischer Vordenker*in sein will, kann sich nicht auf reine Kritik beschränken. Die Kompetenz von Politiker*innen grundsätzlich infrage zu stellen ist kein sinnvoller Beitrag zur Debatte, wird von der Politik nicht ernst genommen und trägt obendrein zur gesellschaftlichen Politikverdrossenheit bei. So entsteht kein Fortschritt, sondern Frust. Polarisierung ist noch keine Positionierung.

Stattdessen bedarf es mehr denn je konkreter und konstruktiver Verbesserungsvorschläge, die der Komplexität der Herausforderungen auch gerecht werden.

Wie das geht? Zum Beispiel mit diesen zehn Schritten:

1.        Differenzierung: CEOs sollten vermeiden, die aktuelle Situation in extremen Schwarz-Weiß-Kategorien zu beschreiben – und stattdessen zeigen, dass sie die komplexen Zusammenhänge der heutigen Zeit verstanden haben.

2.        Kompromissfähigkeit: Kompromisse sind in einer Demokratie fundamentales Funktionsprinzip. CEOs sollten zeigen, dass sie das wissen. Anstatt auf radikale Lösungen zu setzen, sollten sie pragmatische Ansätze hervorheben, die unterschiedliche Interessen ausbalancieren und langfristige Stabilität sichern.

3.        Transparenz: Offenheit mit Blick auf die eigenen Unsicherheiten und Herausforderungen schafft Vertrauen. CEOs sollten verdeutlichen, dass nicht alle Antworten einfach sind und manche Entscheidungen auf unsicherem Terrain getroffen werden.

4.        Vielfalt: Wer erkennbar wirtschaftspolitische Partikularinteressen durchsetzen will, wird wenig ernst genommen. CEOs sollten betonen, dass immer unterschiedliche Interessengruppen zusammenarbeiten müssen. Denn nur, wenn verschiedene Perspektiven integriert werden, lassen sich ganzheitliche Lösungen entwickeln.

5.        Vielschichtigkeit: Eine erfolgreiche Kommunikation sollte sowohl langfristige Ziele als auch notwendige kurzfristige Anpassungen berücksichtigen. CEOs könnten aufzeigen, wie kurzfristige Maßnahmen in eine langfristige Strategie eingebettet sind, um den Weg zu einer nachhaltigen Zukunft zu ebnen.

6.        Empathie: CEOs sollten ihre Kommunikation so gestalten, dass sie die Bedürfnisse und Sorgen verschiedener Stakeholder*innen anerkennen. Dies zeigt, dass sie die unterschiedlichen Sichtweisen verstehen und ernst nehmen, was wiederum das Vertrauen in ihre Führung stärkt.

7.        Anpassungsfähigkeit: In einer dynamischen Welt sollten CEOs klar machen, dass sie und ihr Unternehmen bereit sind, aus Erfahrungen zu lernen und sich flexibel anzupassen. Dies vermittelt, dass sie die Komplexität der Situation erkennen und darauf reagieren.

8.        Konkretisierung: Anstatt abstrakte Theorien zu diskutieren, sollten CEOs konkrete Erfolgsbeispiele hervorheben. Dies macht ihre Kommunikation greifbarer und glaubwürdiger.

9.        Dialog: CEOs sollten ihre Kommunikation als Einladung zum Dialog gestalten, indem sie Rückmeldungen von verschiedenen Stakeholder*innen einholen und darauf eingehen. Dies zeigt Offenheit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

10.  Konstruktive Kritik: Wenn CEOs Kritik an politischen Entscheidungen äußern, sollten sie dies auf konstruktive Weise tun, indem sie nicht nur Probleme ansprechen, sondern auch Lösungsansätze vorschlagen. Dies zeigt, dass sie an einer breiten positiven Entwicklung interessiert und ihr Unternehmen nicht für den Nabel der Welt halten.

Niemand in der Wirtschaft ist allein dazu in der Lage, die anstehenden politischen und ökonomischen Herausforderungen zu bewältigen. Doch jede*r Einzelne spielt eine entscheidende Rolle in der Gestaltung unserer Zukunft. Mit einer partnerschaftlichen, respektvollen und lösungsorientierten Kommunikation können CEOs nicht nur ihre Unternehmen erfolgreich durch schwierige Zeiten führen, sondern auch dazu beitragen, Deutschland als Standort zu stärken und die notwendigen Veränderungen aktiv voranzutreiben.

Wer die zehn Aspekte als Richtschnur kommunikativen Handelns nimmt, positioniert sich als verantwortlich Handelnde*r; zeigt, dass sie (oder er) Teil einer gemeinsamen Anstrengung sein möchte; und trägt dazu bei, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern – und eine nachhaltige Zukunft zu sichern.

David Christoph Lerch

Bayer AG, VP Public Affairs, Global Head of Public Policy & Positioning

3 Monate

"Polarisierung ist noch keine Positionierung", ist m.E. ein sehr zutreffender und wichtiger Satz. Vielen Dank, Team The Long Game!

Lieber Michael Wedell, ich finde das eine exzellente Beobachtung der aktuellen Lage und sehr plausible und praktische Empfehlungen!

Naïs Désirée Graswald

+10 years of strategic and creative c-level communications: German Parliament, Government, Volkswagen Group | Founder Own Your Seat | 30u30 PR | Leadership Coach | Innovation Driver & Freedom Advocate | ThePartners.io

3 Monate

Differenzierte, lösungsorientierte, empathische Kommunikation! 💯 Leider fehlt es oft an allen 3-en.😅 Auf Basis meiner Erfahrung adde ich noch: 1. Kill Your Darlings: CEOs haben diverse Themen auf dem Tisch und damit natürlich auch eine Menge spannender Geschichten zu erzählen…, um aber einen Punkt zu machen & sich nachhaltig positionieren zu können, muss man sich „leider“ auf wenige Themencluster beschränken und diese sehr klar nach außen tragen. 2. Polarisierung (wenn es auch Teil des Charakters ist) kann zur Positionierung beitragen, wenn es Teil des Charakters ist. Leider beraten viele sogenannten CEO-Positionierer mit dem „Erfolgsargument“ Reichweite (längst vorbei) - dann hilft Polarisierung dem Dienstleister schnell seinen „Geldwert“ zu beweisen. 3. Positionierung ist nachhaltig, Polarisierung ist es nicht. 4. Zur Positionierung eines CEOs gehört internes Stakeholdermanagement mit Fingerspitzengefühl. 5. CEO Comms IMMER mit Unternehmenszielen verbinden. Niemals zur Selbstdarstellung. 🙏🏼

Hans Böttcher

Senat der Wirtschaft

3 Monate

Die derzeitige wirtschaftliche Situation ist sehr herausfordernd, wie seit langem nicht mehr. Daher ist es sehr hilfreich, sich auf die Wirkung der gesetzen Maßnahmen nochmals zu besinnen und diese dann transparent und nachvollziehbar zu kommunizieren. Dies ist nur im überzeugten und begeisterten Team möglich.

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