Ziegert kurz vor Verkauf?
Der berliner Edelmakler Ziegert ist vor allem für den Vertrieb von luxuriösen Neubauwohnungen bekannt. Auch in diesem Segment sind 2022 schwere Zeiten angebrochen. Preise von 15.000 Euro pro Quadratmeter und mehr werden zwar noch immer aufgerufen, aber Käufer zu finden ist deutlich schwieriger geworden, seit die Zinsen von unter einem Prozent auf vier Prozent und mehr gestiegen sind. War eine Millionen Euro vor 18 Monaten noch für 7.000 Euro Zinsen im ersten Jahr bei der Bank zu haben, müssen Käufer dafür nun 40.000 berappen. Über 3.000 monatlich also, und der Tilgungsanteil kommt noch dazu, ebenso wie die gestiegenen Energiekosten, die von den Banken bei der Haushaltsrechnung auch berücksichtigt werden. Kein Wunder also, dass die Zahl der Käufer von schicken Neubauten massiv eingebrochen ist.
Ziegert hat also mit dem Einbruch auf dem Immobilienmarkt noch schwerer zu kämpfen als die meisten Makler. Schon im Oktober 2022 verkündete Ziegert einen Neustart. Strategie und Strukturen sollten neu gestaltet werden. Personal wurde abgebaut. Die Anzahl wurde nicht mitgeteilt, vermutlich waren es einige Dutzend Mitarbeiter, darunter jedenfalls der Top-Manager Oliver Graf. Zugleich wurde Clemens Paschke zunächst als strategischer Berater in die Konzernspitze befördert.
Der Strategieschwenk entpuppte sich aber als eine größere Herausforderung. Der Gründer, Alleingesellschafter und Vorstand Nikolaus Ziegert (63), der im Markt auch für seine unerschöpfliche Energie bekannt ist, empfand offenbar die Marktverwerfungen als dermaßen belastend, dass er sich im Januar 2023 selbst als Geschäftsführer der Ziegert GmbH abberufen hat. Die Abberufung beschloss er nicht allein, sondern gemeinsam mit Kyrill Radev, der schon seit Ende 2020 CEO der Ziegert Group Holding GmbH fungiert. Franko Došen wurde Geschäftsführer für den Vertrieb. Došen war vorher Geschäftsführer des Fassaden-Veredlers S&R Stones & Rocks, einer Unternehmung, die laut ihrer Website unter anderem einige Botschaftsgebäude verziert hat. Der registrierte Eigentümer dieser Baufirma, ein Angelo Viscusi, ist gerade 25 geworden. Er übernahm das Unternehmen komplett im Herbst 2021, also mit 23 Jahren, von einem Andrzej Marian Turlejski, der damals 65 war und zu dem eine kurze Google-Recherche sonst keinerlei Treffer liefert.
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Ebenso zum Jahreswechsel wurden die Einbringungen einzelner Ziegert-Gesellschaften in die Holding vollzogen. Einen zwingenden Grund für die Umstrukturierungen schien es nicht zu geben. Ziegert war an den Gesellschaften teils direkt und teils über seine Holding beteiligt, aber überall letztlich Alleineigentümer. Die vollzogene Bündelung der Beteiligungen in der Holding ist steuerlich alles andere als einfach, die Beratungskosten nimmt ein Ziegert nicht ohne Grund in die Hand. Die angeblich einfachere Handhabung ist offensichtlicher Quatsch, denn wer wirtschaftlich alle Zügel in den Händen hält, muss allenfalls ab und an ein paar Unterschriften mehr leisten, wenn die Beteiligungen nicht direkt gehalten werden. Bei solchen Umstrukturierungen ist meist der Grund ganz einfach: Es steht ein Verkauf der Gruppe an. Doch wer soll kaufen?
Nicht nur dem Immobilien-Papst Ziegert selbst wurde der Tanz auf dem Immobilienvulkan offenbar zu bunt. Kürzlich wurde bekannt, dass mit Clemens Paschke der erst im Herbst 2022 berufene Stratege und in Berlin sehr anerkannte Fachmann im April von Bord gegangen ist. Das deutet darauf hin, dass die Verkaufsgespräche bereits im vollen Gange sind und womöglich sogar kurz vor dem Abschluss stehen. Für wen ist ein im aktuellen Markt ein angeschlagener Neubauvertrieb ein interessantes Target? Tipps gern im Kommentarfeld oder per Direktnachricht.
Berater | Journalist | uvm
1 JahrFranko Dosen hat Ziegert inzwischen wieder verlassen. Ist Ziegert schon ein Pleitekandidat?