Zollrecht: Symposium mit Bilanz zum Unionszollkodex
©Fotograf Helge Mundt

Zollrecht: Symposium mit Bilanz zum Unionszollkodex

Die HZA Hamburger Zollakademie hat anlässlich ihres fünfjährigen Bestehens das Symposium „Zollrecht im Wandel“ veranstaltet. Branchen- und länderübergreifend wurde von Experten dargestellt, was die Einführung des neuen Unionszollkodex (UZK) für Wirtschaft, Verwaltung und Gerichtsbarkeit ein Jahr nach seiner Einführung bedeutet. Brexit, USA, Sanktionen oder Steuer-ID erzeugen im Wandel des Zollrechts zusätzlichen Gesprächsbedarf – neben der Umsetzbarkeit der wechselnden Rahmenbedingungen.

 Neue Herausforderungen für die HZA

Das Grußwort zum fünfjährigen Jubiläum der HZA Hamburger Zollakademie sprach Senator Frank Horch, Präses der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg. Er hob die Bedeutung Hamburgs als zentraler Umschlagplatz Deutschlands und die handelspolitischen Errungenschaften der EU hervor.

Die HZA Hamburger Zollakademie schließe eine bedeutende Marktlücke in Hamburg und dem restlichen Bundesgebiet, indem sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Zoll und Wirtschaft leiste. Mit dem Brexit, der Abschottungspolitik einiger Länder und der stagnierenden europäischen Integration kämen auch auf die HZA viele neue Herausforderungen zu, da die rechtlichen Rahmenbedingungen komplexer würden und der Informationsbedarf der Unternehmen steige.

Neubewertung von 70.000 Bewilligungen steht bevor

Rudolf Erb, Leiter der Abteilung V und Vertreter der Direktionspräsidentin der Generalzolldirektion in Hamburg, zog eine Zwischenbilanz der praktischen Anwendbarkeit des UZK aus Sicht der deutschen Zollverwaltung. Die „smooth transition“ von alter zu neuer Rechtslage sei der Zollverwaltung gut gelungen, insbesondere in der Abfertigungspraxis habe sich die Einführung des UZK zum 1. Mai 2016 nicht negativ ausgewirkt. Eine größere Hürde stehe der Zollverwaltung nun mit der Neubewertung von fast 70.000 zollrechtlichen Bewilligungen bevor.

Deutliche Kritik von Teilnehmern und anderen Rednern erntete Herr Erb im Hinblick auf die Frage, ob Unternehmen verpflichtet sind, die persönlichen Steueridentifikationsnummern ihrer Mitarbeiter zu erfragen und sie an die Zollverwaltung weiterzugeben. Die Generalzolldirektion hält derzeit an dieser Forderung fest; Herr Erb zeigte sich jedoch offen dafür, andere Vorschläge zur Kontrolle der steuerlichen Verlässlichkeit von Unternehmen zu prüfen. Wichtig sei, dass die strengen Bewilligungsvoraussetzungen des UZK eingehalten werden.

Bisher wenige Erfahrungen der Gerichte mit dem UZK

Die Erfahrungen der Gerichte mit dem Unionszollkodex umriss Herr Christoph Schoenfeld, Präsident des Finanzgerichts Hamburg und Vorsitzender des gemeinsamen Zollsenats der Länder Hamburg, Niedersachen und Schleswig-Holstein. Da das Regelungsregime des UZK noch jung sei, habe er im Zollsenat bisher nur wenige Erfahrungen mit dem UZK gemacht. Dennoch umriss Herr Schoenfeld einige Ungereimtheiten des UZK, die in Zukunft zu gerichtlichen Streitigkeiten führen könnten.

So seien verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) anders als zuvor auch gegenüber dem Inhaber verbindlich. Dieser sei dazu verpflichtet, eine ihm erteilte vZTA vorzulegen, selbst wenn sie nachteilig sei. Neue – nachteilige – vZTA müssten frühzeitig angefochten werden, um die dreijährige Bestandkraft zu vermeiden. Da aber vor dem 1. Mai 2016 bereits erteilte vZTA nach dem UZK weiterhin Geltung beanspruchen, zur gleichen Zeit aber auch für den Inhaber verbindlich sind, könnten sich Rechtsschutzlücken ergeben, wenn die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen ist.

Zollwissen ist Wettbewerbsvorteil

Zoll-Know-How müsse als Wettbewerbsvorteil genutzt werden: Frau Petra Herrmann, Leiterin Zoll/Exportkontrolle bei Siemens Wind Power GmbH & Co. KG, erklärte den Teilnehmern des Symposiums, wie ein strategischer Blick auf Zoll und Exportkontrolle aktiv zum Vorteil eines Unternehmens genutzt werden kann. Sie hob dabei die Bedeutung von Zollthemen auf allen Ebenen hervor: Vom Topmanager bis zum Lagerarbeiter müssen zollrechtsrelevante Problemstellungen effizient behandelt werden.

Zoll- und Steuervorschriften bestimmen über Standortentscheidungen

Dr. Hans-Georg Raber, Leiter Steuerpolitik und Zölle bei der Volkswagen AG in Wolfsburg, referierte zu der schwierigen Situation der Automobilbranche, insbesondere im Hinblick auf den Brexit und die Unsicherheiten in den USA. Politische Unsicherheit und unklare Zoll- und Steuervorschriften sind wichtige Faktoren, die über Standortentscheidungen bestimmen.

Herr Dr. Raber kritisierte die missglückte Formulierung der ursprünglichen Regelung zu Langzeitlieferantenerklärungen, lobte jedoch zugleich den Dialog, der letztendlich zu einer Anpassung der Vorschrift geführt hat. Die Änderung der Geltungsdauer von Langzeitlieferantenerklärungen soll demnächst im Amtsblatt der EU bekanntgegeben werden.

Antidumping-Zölle müssen Wettbewerbsverzerrungen ausgleichen

Als Vertreter des juristischen Dienstes der EU-Kommission fasste Nicolaj Kuplewatzky die aktuellen Herausforderungen beim Thema Antidumping-Zölle zusammen. Dabei ging er allgemein auf das Missverständnis ein, Antidumping-Zölle seien Strafzölle: Vielmehr sei das Ziel von Antidumping-Zöllen, eine Korrektur für die Zukunft vorzunehmen und dadurch Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen. Er ging ferner auf den aktuellen Stand einiger Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof ein.

Stärkere protektionistische Ausrichtung der US-Außenhandelspolitik

Die Vortragsreihe schloss Michael Roll, Rechtsanwalt der Kanzlei Pisani & Roll in Washington D.C. und Los Angeles. Er sah sich mit der Schwierigkeit konfrontiert, den mehrheitlich deutschen Teilnehmern des Symposiums die neue US-Außenhandelspolitik zu erklären. Mit Witz und deutlicher Kritik beklagte er die erhebliche Unsicherheit, die der derzeitige US-Präsident seit seiner Wahl bei Themen wie der Zukunft von NAFTA, die Einführung eines Grenzsteuerausgleichs und die Durchführung des Atomabkommens mit Iran schafft.

Es sei damit zu rechnen, dass die US-Regierung in Zukunft verstärkt protektionistisch agieren wird. Welche konkreten Schritte unternommen werden, könne derzeit – leider – niemand sagen. Es festige sich aber ein gewisser Eindruck, dass mehr publikumswirksam verkündet als tatsächlich geändert werde.

MJ

Dieser Artikel wird Ihnen präsentiert von der HZA Hamburger Zollakademie.

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