Zu langsam? Wie nachhaltiges Wirtschaften doch noch gelingen kann.
Menschliches und organisationales Lernen in Zeiten schnellen Wandels (Darstellung von @EvelynOberleiter).

Zu langsam? Wie nachhaltiges Wirtschaften doch noch gelingen kann.

Die obige Darstellung aus dem Kurs Consultants for Global Change des #TerraInstitute zeigt unser Dilemma deutlich auf: Wir lernen zu langsam, um dem schnellen Wandel – sei es der Klimawandel oder disruptive Marktentwicklungen – noch gewachsen zu sein. Das gilt für Führungskräfte wie auch für Unternehmen als Ganzes. Wir sind eben nicht fit for future.

Keine Frage des Wissens

Über Jahrzehnte hinweg waren Zahlen, Daten und Fakten hinlänglich bekannt: Es kann also nicht an überzeugenden Argumenten gemangelt haben. Und mittlerweile zieht – zumindest in der EU und in anderen führenden Wirtschaftsräumen – die Gesetzgebung deutlich an, so dass die vielfach beschworenen Mindeststandards durchaus vorliegen: #CSRD, #ESRS, #CSDDD, #ESPR usw. Ob all diese Regelungen durchweg zielführend sind, kann man kontrovers diskutieren. Eine Anpassung unserer Wirtschaftsweise wird jedenfalls zur Frage der Rechtskonformität. Doch das Tragische daran ist: Wir sind nicht nur zu langsam, wir werden sogar noch langsamer.

Kein Aktionismus

Der Klimawandel wartet schließlich nicht, bis wir eine umfassende Analyse durchgeführt, eine ausgefeilte Strategie entwickelt und eine überzeugende Berichterstattung veröffentlicht haben. Als Verfechter einer wissenschaftlich fundierten und datenbasierten Methodik wäre ich der Letzte, der die Sinnhaftigkeit dieser Vorgehensweisen in Frage stellt. Jedoch: Blindlings irgendetwas zu tun, erschöpft unsere knappen Ressourcen nur noch mehr. Woran also liegt es, dass wir unsere Lernkurve nicht den Notwendigkeiten anpassen können?

Das System schlägt zurück

Wir haben es mit systemischen Rückstellkräften auf mehreren Ebenen zu tun:

  • Management und Effizienzkultur: Die meisten Unternehmen sind noch darauf getrimmt, das zunehmend komplexe Umfeld mit hierarchischen Strukturen anzugehen und Abläufe zu optimieren. So wird vielleicht ein:e Nachhaltigkeitsmanager:in mit dem Thema Klimabilanz betraut, während die Finanzabteilung die Berichterstattung übernimmt. Allein schon die Abstimmung zwischen Unternehmensführung und Fachbereichen bringt Verzögerung. Die Optimierung bezieht sich mehr darauf, die Dinge richtig zu machen, als darauf, die richtigen Dinge zu tun. Inhaber- und familiengeführte Unternehmen sind hier oft im Vorteil, wenn zumindest der Unternehmenszweck und die Unternehmensethik klaren Vorrang vor einem nur auf Shareholder Value und Effizienz orientierten Management haben.
  • Lieferkette und Geschäftsumfeld: Unternehmen sind in hochgradig optimierte Strukturen aus Kunden, Lieferanten, Investoren, Partnern, Mitbewerbern und sonstigen Stakeholdern eingebettet. Dass all diese Akteure ebenso mit dem Wandel ringen, erfordert eine langsame und abgestimmte Vorgehensweise. Wer neue Wege gehen will und darüber Brücken abbricht, setzt sich einem enormen Risiko aus. Hier tun sich Unternehmen leichter, die bereits agile Managementmethoden leben oder sogar mit disruptiven Geschäftsmodellinnovationen völlig neue Erfolgsfaktoren schaffen – bis hin zu der begeisternden Strahlkraft dieser führenden Unternehmen, die ihre Ökosysteme mitnehmen und gemeinsam Neues entwickeln.
  • Außen und Innen: Möglicherweise entscheidend aber ist, dass wir die Notwendigkeit des Wandels im Inneren übersehen. All unsere Programme und Initiativen erfolgen vorwiegend im Außen, also beispielsweise in Managementsystemen und Prozessen, vielleicht sogar in ökoeffizienteren Produkten. Trotz allen Hypes um New Work sind viele von uns dennoch uneins mit unseren Jobs: im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir können eine professionelle Rolle abstreifen – und damit die Verantwortung für unser Tun und Unterlassen. Berufliches Lernen wird auf das Aneignen von hard skills wie Technologie- und Softwarekenntnisse verkürzt. Notwendig ist aber gerade unsere ureigenste Weiterentwicklung – und die unserer Unternehmenskultur. Forscher wie Robert Kegan beschreiben unsere mentale Fähigkeit, mit der Komplexität im Außen klarzukommen. Die Inner Development Goals (IDG) ist eine Initiative, die unsere Kompetenzentwicklung als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung unserer Unternehmen und unserer Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Unternehmen, die bereits eine Fehler- und Lernkultur leben, haben hier die besten Chancen, die notwendige tiefgreifende Transformation zu bestehen.

Lernen braucht Zeit

Wir werden Zeit benötigen, um zukunftsfähig zu werden, jede und jeder für sich und vor allem miteinander. Zeit ist die kritische Ressource, um der materiellen Ressourcenerschöpfung, dem Klimawandel und dem Verlust an Artenvielfalt noch rechtzeitig Einhalt zu gebieten, dass unser Wirtschaften möglich, unser gesellschaftlicher Zusammenhalt gewährleistet, unser Überleben gesichert ist. Es muss also darum gehen, diesen Lernprozess zu intensivieren und wirksamer zu gestalten. Genau deshalb wollen wir beim #TerraInstitute einen anderen Weg mit Ihnen beschreiten: Anstelle routinierter Prozesse mit Effizienzgarantie wird unsere Beratung Sie in den Mittelpunkt stellen: als Mensch, als Führungskraft, als Teil eines Führungsteams, als Mitarbeitende eines Unternehmens, als Mitglied der Gesellschaft und als Lebewesen in der Natur.

Gehe langsam, wenn du es eilig hast

Die dringendste Aufgabe für viele Unternehmen, ist derzeit die Berichtspflicht. Wenn Sie einen Nachhaltigkeitsbericht (weiter-) entwickeln, tun Sie es aus den richtigen Gründen: Der Zwang zur Rechtskonformität und zur Kosteneinsparung mag entscheidend sein. Doch die Gelegenheit zur gründlichen Reflexion Ihres Marktumfeldes kommt nicht häufig, und für Strategiearbeit bleibt im Tagesgeschäft ohnehin wenig Muße. Dasselbe gilt für die Umsetzung Ihrer Klimaziele, den Umbau Ihrer Lieferkette und die Entwicklung zirkulärer Produkte und Geschäftsmodelle. Es ist notwendig, es kostet Zeit – und die Wirkung darf nicht weniger als tiefgreifender Wandel sein. Ein Weiter-so mit kosmetischen Verschönerungen wird zum Scheitern führen. Die Zeit, die wir uns miteinander nehmen, ist kostbar. Sie muss, um unser aller und nachfolgender Generationen willen, wirksam eingesetzt werden. Beginnen sollten wir damit jetzt.

Evelyn Oberleiter

Since 15 years: Terra Institute! All for sustainability 🌱

1 Jahr

Super Artikel - danke Ivo Mersiowsky 👏🙏

Roberto de Palo

LCA and Ecodesign project manager presso LyondellBasell

1 Jahr

Via Google on my mobile i could only translate the First part. I Will try to get It translated as soin as i can. Really fascinating Topic in this period of my Life where i ha e the same questione that i have seen the First sentences of this post. Thanks, Ivo for having shared your thoughts

Arne Kätelhön

Carbon Minds Managing Director & Co-Founder | Life-cycle data | Net-zero transition of chemical value chains

1 Jahr

Toller Beitrag! Die Verbindung von Nachhaltigkeitsinitiativen mit einer passenden Unternehmensstruktur und -kultur ist in der Tat ein wichtiger Punkt, der oft übersehen wird..

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