Zurück zu den traditionellen Baustoffen Lehm und Holz
Zurück zu den ursprünglichen Baustoffen und Abrüstung in der Haustechnik – nach diesen Prinzipien werden im Berliner Stadtteil Alt-Britz ein Holz-Lehm-Haus und ein Ziegel-Holz-Haus errichtet. In den mehrgeschossigen Gebäuden mit insgesamt 36 Mietwohnungen wird man Lüftungs- und Klimaanlagen vergeblich suchen.
Verantwortlich für das Pilotprojekt ist die landeseigene Berliner Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft.
Geschäftsführer Ingo Malter stellt das Bauen mit traditionellen Baustoffen so vor: „Diese Materialien werden das Errichten der Gebäude teurer machen als die herkömmliche Bauweise. Allerdings hoffen wir auf die Bestätigung unserer These, dass der Betrieb der Gebäude über den gesamten Lebenszyklus kostengünstiger ist“. Das Projekt habe das Ziel des einfachen, robusten Bauens und strebe an, über den Einsatz klimasteuernder Baustoffe und einen klimaangepassten Entwurf den Einsatz von Gebäudetechnik zu reduzieren und auf Klima- und Lüftungstechnik zu verzichten.
Die These: Low-Tech-Gebäude lässt sich günstiger betreiben
Durch das Errichten und das Abreißen von Gebäuden werden enorme materiellen Ressourcen verbraucht und große Mengen an Abfällen und CO2-Emissionen hinterlassen. Gelingt hier keine echte Kreislaufwirtschaft werden viele Nachhaltigkeitsmaßnahmen Green Washing bleiben. Bei der Vorstellung des „Holz-Ziegel-Lehm-Projektes“ erklärte Stadt und Land-Geschäftsführer Ingo Malter die Projektziele: „Selbst bei Gebäuden mit sehr gutem Energieverbrauchsstandard werden rund 50 Prozent der Klimagasemissionen durch die eingesetzten Baustoffe verursacht. Wir möchten untersuchen, welche materielle Ressourcen in der Gebäudekonstruktion zu einer weiteren CO2-Einsparung führt. Wir möchten aufzeigen, wieviel CO2durch die Verwendung von ökologischen Baustoffen wie z.B. Holz, Lehm und Recycling Material im Vergleich zu konventionellen Materialien eingespart werden kann.“
Berlins Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Bettina Jarasch, wies bei der Projektvorstellung darauf hin, dass die Bauwirtschaft rund 60 Prozent der in Berlin verwendeten Baustoffe verbrauche. Daher sei es höchste Zeit für nachhaltiges Bauen.
In Alt-Britz werden auf einem Grundstück zwei in Grundrissen, Kubatur und Geschossigkeit gleiche Gebäude in Holz-Lehm- und Ziegel-Holz-Bauweise geplant, realisiert und in den ersten Jahren des Betriebs wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Der Baustart ist für das erste Quartal 2023 geplant.
Die Gebäude werden mit unterschiedlichen Materialien und Ansätzen geplant und im Rahmen des Projektes in Bezug auf ihre Übertragbarkeit auf andere Mietwohnungsbauten untersucht und miteinander verglichen. Außerdem sollen die unterschiedlichen Bauweisen Holz-Lehm-Haus und Ziegel-Holz-Haus langfristig miteinander verglichen werden, um für die Zukunft grundsätzliche Erkenntnisse für die Umsetzung im Geschosswohnungsbau zu erhalten.
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Bein Typenhaus-Plus kommen Holz und Recycling-Beton zum Einsatz
Auf den Buckower Feldern wird auf Baufeld VIII zudem das Stadt und Land-Typenhaus-Plus in nachhaltiger, ökologischer Bauweise als Typenhaus-Eco weiterentwickelt und realisiert. Dabei sollen beim Roh- und Ausbau im größtmöglichen Umfang Holzbaustoffe zum Einsatz kommen. Die somit schon deutlich verbesserte CO2-Bilanz soll durch den Einsatz aufbereiteter Baustoffe, zum Beispiel Recyclingbeton, weiter optimiert werden. Darüber hinaus wird die Wiederverwertbarkeit und Rückführung der eingesetzten Baumaterialien in die Kreislaufwirtschaft nach dem Lebenszyklusende des Gebäudes angestrebt. Der Vergleich erfolgt mit einem grundrissgleichen Typenhaus, das in mineralischer Bauweise errichtet wird.
Beide Vorhaben werden durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz aus dem Innovationsförderfonds mit zwei Million Euro gefördert.
Der Low Tech-Ansatz: Klimatisierung durch natürliche Baustoffe
Das Projekt wird wissenschaftlich von der TU Berlin, der Universität Stuttgart und der TU Braunschweig begleitet. Prof. Eike Roswag-Klinge, Technische Universität Berlin: „Durch den Einsatz der feuchtesteuernden Baustoffe Holz, Naturfasern und Lehm entsteht ein gesundes Raumklima und es kann auf Lüftungs- und Klimatechnik verzichtet werden. Diese Low Tech-Bauweise spart Kosten in der Errichtung und im Betrieb. Über das Gebäudekonzept und die kreislaufgerechte Bauweise und Materialverwendung wird der Ausstoß von Klimagasen und die Inanspruchnahme von materiellen Ressourcen auf ein Minimum reduziert. Das Gebäude wird so zu einem Beispiel des Bauens in planetaren Grenzen.“
Als Projektbeteiligte für die Generalplanung konnten für das Projekt in Alt-Britz die Arge ZRS Architekten GvA mbH und Bruno Fioretti Marquez GmbH gewonnen werden. Für das Projekt auf den Buckower Feldern kooperiert die Stadt und Land mit der mib – Märkische Ingenieur Bau GmbH mit Arnold und Gladisch Objektplanung Generalplanung GmbH.