This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52012AE1250(04)
Opinion of the European Economic and Social Committee on the ‘Single European Sky II+’ (exploratory opinion)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Einheitlicher europäischer Luftraum II+“ (Sondierungsstellungnahme)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Einheitlicher europäischer Luftraum II+“ (Sondierungsstellungnahme)
ABl. C 198 vom 10.7.2013, p. 9–13
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
10.7.2013 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 198/9 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Einheitlicher europäischer Luftraum II+“ (Sondierungsstellungnahme)
2013/C 198/02
Berichterstatter: Jacek KRAWCZYK
Die Europäische Kommission beschloss am 24. Januar 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgendem Thema zu ersuchen:
Einheitlicher europäischer Luftraum II+
(Sondierungsstellungnahme).
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 3. April 2013 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 489. Plenartagung am 17./18. April 2013 (Sitzung vom 17. April) mit 188 gegen 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Die Vollendung des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) ist integraler Bestandteil des Prozesses zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums der EU-Wirtschaft durch eine stärkere Konsolidierung des europäischen Binnenmarkts. Ziel ist es, den Unionsbürgern bessere, wirksamere und verlässlichere Bedingungen für ihre Flugreisen zu bieten. |
1.2 |
Aufgrund der anhaltenden Krise in der EU-Luftfahrt und insbesondere in der Luftfahrtindustrie ist eine rasche Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums umso notwendiger. Die europäischen Flugverkehrsmanagementdienste (ATM-Dienste) müssen unbedingt einen Wirkungsgrad in Bezug auf Leistung, Wirtschaftlichkeit, Qualität, Sicherheit und Umweltschutz erreichen, der mit international bewährten Verfahren vergleichbar ist. |
1.3 |
Im Einklang mit seinen früheren Stellungnahmen TEN/451 (vom 20. Juni 2011) und TEN 354/355 (vom 21. Januar 2009) unterstützt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschusses die rasche und umfassende Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums und der Initiativen des Forschungsprogramms für das Flugverkehrsmanagement im einheitlichen europäischen Luftraum (SESAR) in dem ursprünglich 2004 und 2009 vereinbarten Umfang. Die der Europäischen Kommission in den EU-Verordnungen an die Hand gegebenen Rechtsmittel sind hierfür ausreichend. Aufgrund der anhaltenden Krise in der EU-Luftfahrt und insbesondere in der Luftfahrtindustrie könnten die für 2025 festgelegten Ziele überdacht werden. |
1.4 |
Der Ausschuss bedauert, dass die meisten Mitgliedstaaten die an sie gerichteten Leistungsziele nicht erreicht haben, dafür allerdings keinerlei wirksame rechtliche Folgen tragen müssen. Er bedauert außerdem, dass die Initiative zur Einrichtung funktionaler Luftraumblöcke die erhofften Ergebnisse großteils nicht gebracht hat und die verbindliche Frist für ihre Einrichtung, namentlich der 4. Dezember 2012, nicht eingehalten wurde. |
1.5 |
Diesbezüglich begrüßt der Ausschuss die Absicht der Europäischen Kommission, dem einheitlichen europäischen Luftraum durch eine neue Initiative "Einheitlicher europäischer Luftraum II+" ("SES II+") weitere Impulse zu verleihen. |
1.6 |
Nach Meinung des Ausschusses sollte die Überarbeitung des geltenden SES-Rechtsrahmens nicht allein auf institutionelle Entwicklungen und eine größere Rechtsklarheit, sondern auch auf die Stärkung folgender Elemente ausgerichtet sein:
|
1.7 |
Die europäische Luftfahrt steckt in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage, die bereits zur Entlassung tausender Mitarbeiter geführt hat. Deshalb sind die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums und seine erhöhte Effizienz auch für den Erhalt von Arbeitsplätzen in diesem Teil der Luftfahrt-Wertschöpfungskette von grundlegender Bedeutung. Diesbezüglich ist der 5. Pfeiler des einheitlichen europäischen Luftraums für die angemessene Berücksichtigung der Herausforderungen in den Bereichen Beschäftigung, Mobilität der Arbeitnehmer, Änderungen im Personalmanagement und Weiterbildung entscheidend. Der soziale Dialog sollte daher gestärkt werden und nicht nur den reinen Luftverkehrsmanagement-Sektor betreffen, sondern für weitere Sozialpartner über die Flugsicherungsdienste hinaus und für Diskussionen über die sozialen Auswirkungen für die Arbeitnehmer von Flugsicherungsdiensten, Luftfahrtunternehmen und Flughäfen sowie zu der Frage, wie Arbeitsplätze in der EU-Luftfahrt insgesamt gesichert werden können, geöffnet werden. |
1.8 |
Die Mitgliedstaaten, einschl. derjenigen, die bei der Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums nur langsam vorankommen, sollten ihre Strategien für die künftige Entwicklung ihres Luftfahrtsektors vorlegen. |
1.9 |
Der Ausschuss betont, dass dem in der EU-Luftfahrt erreichten hohen Sicherheitsniveau auch weiterhin größte Bedeutung beigemessen werden sollte. Die zur Verwirklichung der wirtschaftlichen Ziele notwendigen Maßnahmen müssen unbedingt die Weiterentwicklung des Sicherheitsniveaus fördern. |
2. Einleitung
2.1 |
Die Vollendung des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) ist integraler Bestandteil des Prozesses zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums der EU-Wirtschaft durch eine stärkere Konsolidierung des europäischen Binnenmarkts. Damit soll die Gesamteffizienz des europäischen Luftraums in Bezug auf Organisation und Management verbessert werden. Dies impliziert Senkung der Kosten, Verbesserung der Sicherheit, Erhöhung der Kapazitäten und Begrenzung der Umweltauswirkungen. Zielsetzung ist, den Unionsbürgern bessere, wirksamere und verlässlichere Bedingungen für ihre Flugreisen zu bieten. |
2.2 |
Den jüngsten Eurocontrol-Berichten (zum Vergleich der Kosteneffizienz im Flugverkehrsmanagement – ACE-Benchmarkingbericht 2010 und Entwurf des ACE-Benchmarkingberichts 2011 – sowie zur Leistungsüberprüfung – Entwurf des PRU-Berichts 2011) ist zu entnehmen, dass zwischen 2007 und 2011 zahlreiche Veränderungen stattgefunden haben. Daher sollten die wichtigsten Ereignisse in diesem Zeitraum bei jedweder Analyse der Gesamtvariation der Kosteneffizienz berücksichtigt werden. |
2.3 |
Die jährlichen durch die Fragmentierung des europäischen Luftraums verursachten Kosten beliefen sich 2010 auf 4 Mrd. EUR. Darin eingerechnet ist eine durch Flugverkehrsflusssteuerungsmaßnahmen (ATFM) in der Flugphase bedingte Gesamtverspätung von 19,4 Mio. Minuten; außerdem verlängerte sich jeder Flug dadurch um durchschnittlich 49 km gegenüber der direkten Flugstrecke. Auf europäischer Ebene sind die wirtschaftlichen Kosten pro Gesamtflugstunde von 2006 bis 2009 leicht gestiegen (+1% real jährlich); in 2010 war ein erheblicher Anstieg zu verzeichnen (+4,6% real). 2011 – vor Beginn des ersten Referenzzeitraumes für das Maßnahmenpaket "Einheitlicher europäischer Luftraum II" – gingen diese Kosten wieder zurück (-4,3%). Die Bereitstellungskosten für Dienste im Bereich Flugverkehrsmanagement (ATM)/Kommunikation, Navigation und Überwachung des Luftverkehrs (CNS) gingen real um 4,8% zurück; diese Einsparungen wurden allerdings durch einen enormen Anstieg der Kosten für ATFM-bedingte Verspätungen pro Flug (+77,5%) zunichte gemacht. 2011 gingen diese Kosten jedoch um 42% zurück. |
2.4 |
Die deutlichen Unterschiede in den Gesamtkosten, die Luftfahrtunternehmen für Flugsicherungsdienste entstehen, sind ein besonders wichtiger Aspekt: 2010 lag die Bandbreite zwischen 179 und 849 EUR, d.h. die Kosten betrugen bis zum Fünffachen. Außerdem waren auch die Kosten, die die fünf größten Flugsicherungsorganisationen pro Flug berechnen, die alle unter mehr oder weniger vergleichbaren wirtschaftlichen und betrieblichen Bedingungen arbeiten, stark unterschiedlich und betrugen zwischen 466 und 720 EUR. Diese Schwankungsbreite lässt ganz klar und deutlich erkennen, dass das Luftverkehrsmanagement in Europa nicht optimiert ist. |
2.5 |
Die Ergebnisse der Maßnahmenpakete "Einheitlicher europäischer Luftraum I und II" (aus den Jahren 2004 und 2009) zeigen, dass die Grundsätze und die grundlegende Ausrichtung dieser Initiative korrekt sind und Anstrengungen zur Optimierung der Vorschriften für das Luftverkehrsmanagement unternommen wurden, die erste Früchte tragen. Allerdings haben diese Maßnahmenpakete auch eine Reihe von Schwächen zutage gefördert, die hauptsächlich darauf zurückzuführen sind, dass die Mitgliedstaaten ihre aktuellen Luftfahrtprioritäten nicht klar umreißen konnten. Ihre Prioritäten reichen von der Schaffung eines Mehrwerts für die Luftraumnutzer bis zur Maximierung ihrer eigenen Einnahmen aus dem Flugbetrieb und der Nutzung der Luftfahrt als Mittel zur regionalen und mikroökonomischen Entwicklung. Infolgedessen weist die Flugsicherung in Europa in punkto Effizienz und Qualität immer noch erhebliche Mängel auf, ohne dass es bislang eine klare Erklärung für diese Situation gäbe. Außerdem ist das derzeitige institutionelle Konzept keinesfalls optimal, da es zahlreiche Überschneidungen und Lücken aufweist und es an einer gemeinsamen Linie der verschiedenen Interessenträger mangelt. Daher muss der institutionelle Rahmen für den einheitlichen europäischen Luftraum gestärkt werden. |
2.6 |
SESAR ist die technologische Komponente des einheitlichen europäischen Luftraums. Laut einer Studie des Gemeinsamen Unternehmens SESAR könnte diese Initiative in makroökonomischer Hinsicht eine Steigerung des BIP um 419 Mio. EUR für die europäische Wirtschaft und die Schaffung von rund 320 000 Arbeitsplätzen bewirken. Für den Abschluss des SESAR-Programms sind umfassende Investitionen aller Mitglieder der Wertschöpfungskette in der Luftfahrt erforderlich, die schwer zu rechtfertigen sind, solange keine annehmbare Kapitalrendite auf der Grundlage einer abgestimmten Entwicklung von Luft- und Bodenkomponenten unter Einbeziehung der Luftraumnutzer, Flugsicherungsdienste und Flughäfen sichergestellt werden kann. Der institutionelle Rahmen muss weiterentwickelt werden, um eine erfolgreiche Einführung von SESAR zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen alle Partner solide Kosten-Nutzen-Studien für die aufeinanderfolgenden Investitionsvorhaben in der gesamten Luftfahrt-Wertschöpfungskette durchführen. |
2.7 |
Die Europäische Kommission beabsichtigt daher, ein neues auf den bestehenden Initiativen aufbauendes Legislativpaket ("Einheitlicher europäischer Luftraum II+") vorzulegen, mit dem Kosteneffizienz, Kapazitäten, Sicherheit und Qualität der Rechtsetzung verbessert werden sollen. |
2.8 |
Laut Informationen der Europäischen Kommission werden mit dieser Initiative folgende Ziele angestrebt:
|
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1 |
Im Einklang mit seinen früheren Stellungnahmen TEN/451 (vom 20. Juni 2011) und TEN 354/355 (vom 21. Januar 2009) unterstützt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschusses voll und ganz die rasche und umfassende Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums und der SESAR-Initiativen. Angesichts der aktuell sehr angespannten finanziellen Situation vieler europäischer Luftfahrtunternehmen wäre allerdings ein weitaus höheres Dringlichkeitsbewusstsein geboten. |
3.2 |
Der Ausschuss erwartet, dass das SES-Maßnahmenpaket vollständig umgesetzt wird, d.h. in dem ursprünglich 2004 und 2009 vereinbarten Umfang. Die der Europäischen Kommission in den EU-Verordnungen an die Hand gegebenen Rechtsinstrumente sind hierfür ausreichend. |
3.3 |
In diesem Zusammenhang begrüßt der Ausschuss die Absicht der Europäischen Kommission, dem einheitlichen europäischen Luftraum durch die neue SES-Initiative weitere Impulse zu verleihen. Die Mitgliedstaaten müssen ihre früheren politischen Zusagen einhalten, um den einheitlichen europäischen Luftraum rechtzeitig zu verwirklichen. Die Europäische Kommission muss während des gesamten Umsetzungsprozesses weiterhin eine starke Führungsrolle und Verantwortung übernehmen. |
3.4 |
Angesichts der relativ bescheidenen Ergebnisse bei der Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftrahms nach Inkrafttreten der Maßnahmenpakete "SES I" im April 2004 und "SES II" im Dezember 2009 betont der Ausschuss, dass eine Überarbeitung des geltenden SES-Rechtsrahmens nicht allein auf institutionelle Entwicklungen, sondern auch auf die Stärkung folgender Elemente ausgerichtet sein sollte:
|
4. Besondere Bemerkungen
4.1 |
Der Ausschuss bedauert, dass viele Mitgliedstaaten die an sie gerichteten Leistungsziele nicht erreicht haben, dafür allerdings keinerlei wirksame rechtliche Folgen tragen müssen. Die vor Kurzem eingereichten nationalen Leistungspläne zeigen, dass diese Mitgliedstaaten ihre Ziele sogar noch weiter verwässert haben. Daher und um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten größere Synergien in ihren funktionalen Luftraumblöcken und letztlich auch zwischen diesen schaffen, müssen ehrgeizigere Leistungsziele gekoppelt an einen wirksamen Sanktionsmechanismus sowie eindeutige und klare Strategien der Mitgliedstaaten festgelegt werden, die durch die notwendige gesamteuropäische Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften flankiert werden Der einheitliche europäische Luftraum sollte die Entwicklung der erforderlichen gemeinsamen europäischen Rechtsinstrumente (im Zivilrecht) und eines gemeinsamen Konzepts für die europäische Luftabwehr anstoßen. |
4.2 |
Nach Ansicht des Ausschusses sollten auf Ebene der EU und der funktionalen Luftraumblöcke mehr Zuständigkeiten angesiedelt sein, um die derzeitigen Probleme zu bewältigen, namentlich dass Mitgliedstaaten darauf abzielen, ihre eigenen nationalen Flugsicherungsdienste zu schützen oder sie als nationale Wirtschaftsinstrumente einzusetzen, anstatt einen Mehrwert für die Luftraumnutzer und die Kunden/Fluggäste zu schaffen. Mit EU-weiten Leistungszielen sollte sichergestellt werden, dass die ehrgeizigen SES-Ziele für 2020, und zwar eine Verdreifachung der Kapazität gegenüber 2005 wo nötig, die Verringerung der Umweltfolgen des Flugverkehrs um 10%, die Reduzierung der Kosten von ATM-Nebendiensten für Luftraumnutzer um 50%, auch wirklich erreicht und Fortschritte bei der Defragmentierung der nationalen Lufträume erzielt werden. |
4.3 |
Der Ausschuss betont, dass die Unabhängigkeit des Leistungsüberprüfungsgremiums der EU gewahrt werden muss. Seine Tätigkeiten sollten von der Arbeit von Eurocontrol abgetrennt und einem in der Zuständigkeit der Europäischen Kommission angesiedelten gesonderten Gremium auf EU-Ebene übertragen werden. Die EU sollte dem Leistungsüberprüfungsgremium auch eine größere Rolle bei der Festlegung EU-weiter Leistungsziele und nationaler Leistungspläne zuweisen. Flugsicherungsdienste sollten nicht länger überrepräsentiert sein. |
4.4 |
Nach Meinung des Ausschusses sollten Sanktionen und Anreize auf EU-Ebene festgelegt werden, um der Nichteinhaltung von Leistungszielen vorzubeugen und zu gewährleisten, dass derartige Ziele getrennt von nationalen Interessen aufgestellt werden. So sollten insbesondere die Quote der Kapitalrendite der Flugsicherungsdienste und des Eigenkapitals ihrer Anteilseigner an die Ergebnisse des Leistungssystems gekoppelt werden. |
4.5 |
Der Ausschuss bedauert, dass die Initiative zur Einrichtung funktionaler Luftraumblöcke die erhofften Ergebnisse großteils nicht gebracht hat und die verbindliche Frist für ihre Einrichtung im SES-II-Maßnahmenpaket, namentlich der 4. Dezember 2012, nicht eingehalten wurde. Mit einer stärker "top-down" ausgerichteten Lenkung auf EU-Ebene sollte dieser Initiative neuer Schwung verliehen werden. Durch einen derartigen Ansatz sollte auch gewährleistet werden, dass die funktionalen Luftraumblöcke echte Vorteile bringen, anstatt nur als "Augenwischerei" zu dienen. In diesem Kontext sollte der SES-Netzverwalter dazu ermächtigt werden, spezifische Vorhaben aus funktionalen Luftraumblöcken vorzuschlagen und durchzuführen, um die Governance der funktionalen Luftraumblöcke, den Luftraum sowie die technischen Mittel und Humanressourcen auf der Grundlage klarer Leitlinien zu optimieren. Bei Nichteinhaltung sollten Sanktionen festgelegt werden. Der Netzverwalter und interessierte Luftraumnutzer sollten außerdem als Beobachter an den Sitzungen der wichtigsten Gremien der funktionalen Luftraumblöcke teilnehmen. |
4.6 |
Der Beitrag der Mitgliedstaaten zu den Arbeiten des Ausschusses für den einheitlichen europäischen Luftraum (SSC) ist von nationalen Interessen anstelle von EU-Zielen dominiert gewesen. Der jüngste Beschluss des SSC-Ausschusses zu den Leistungszielen und den Gebührenregelungen für 2015-2019 ist ein weiterer Rückschlag für die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums. Der EWSA schlägt vor, dass sowohl Luftraumnutzer als auch Flugsicherungsdienste als Beobachter mit Initiativrecht an allen Tätigkeiten dieses Ausschusses teilnehmen sollten. |
4.7 |
Der Ausschuss begrüßt einmal mehr die Absicht der Europäischen Kommission, die Entflechtung von ATM-Nebendiensten als Möglichkeit zur Stärkung der Kundenorientierung und Erhöhung der Effizienz neu zu überdenken. Die EU-Rechtsinstrumente sollten zur Beschleunigung dieser Entflechtung genutzt werden. Diesbezüglich bedauert der EWSA, dass die Europäische Kommission die verbindliche Frist vom 4. Dezember 2012 für die Ausarbeitung einer Studie und ihre Weiterleitung an das Europäische Parlament und den Rat zur Bewertung der rechtlichen, sicherheitstechnischen, industriellen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Anwendung der Marktgrundsätze auf die Erbringung von Diensten in den Bereichen Kommunikation, Navigation, Überwachung und Luftfahrtinformationen unter Berücksichtigung der Entwicklungen bezüglich der funktionalen Luftraumblöcke und der verfügbaren Technologien halten konnte. |
4.8 |
Aus seiner Sicht sollte in dem Maßnahmenpaket "Einheitlicher europäischer Lufttraum II+" die Trennung zwischen gebündelten Hauptdiensten der Flugsicherungsorganisationen und Nebendiensten, u.a. in den Bereichen Kommunikation, Navigation und Überwachung, Flugwetter und Schulungen, aufgegriffen werden, indem der Markt für diese Dienste geöffnet wird, um für höhere Effizienz und Qualität sowie eine Senkung der Gesamtkosten zu sorgen. Er weist darauf hin, dass die Bedeutung einer weitergehenden Liberalisierung der Nebendienste auch in der Folgenabschätzung für die Rechtsakte im Rahmen des Maßnahmenpakets "SES II+" sowie auf der hochrangigen SES-Konferenz in Limassol betont wurde. Obwohl nach den geltenden Rechtsvorschriften eine Entflechtung auf nationaler Ebene ermöglicht wird, stehen die Mitgliedstaaten diesem Instrument zur Leistungssteigerung nach wie vor eher skeptisch gegenüber. Nach Möglichkeit sollte die Bereitstellung von Nebendiensten in den Bereichen Kommunikation, Navigation und Überwachung sowie Flugwetter Marktbedingungen unterworfen und Gegenstand von Ausschreibungsverfahren sein. Außerdem sollten Marktbedingungen nicht an ein Vergabeverfahren auf dem gleichen Markt gebunden sein, da in diesem Falle dieser Markt dominieren würde. Lokale und umfangreiche Quersubventionen sollten untersagt sein. |
4.9 |
Das neue Konzept der zentralisierten Dienste von Eurocontrol sollte entsprechend berücksichtigt werden, sofern diese Dienste auf annehmbaren Geschäftsplänen beruhen, die von den betrieblichen Interessenträgern (Luftfahrtunternehmen, Flugsicherungsdienste und Flughäfen) befürwortet wurden, und auf offene Ausschreibungen für die Vergabe zeitlich begrenzter Verträge an diejenigen Unternehmen ausgerichtet sind, die das beste Angebot unterbreitet haben. |
4.10 |
Der Ausschuss betont, dass die Beseitigung der Fragmentierung von Flugsicherungsdiensten über Konsolidierungszentren ermöglicht werden könnte. Das "Virtual Centre"-Konzept könnte hier ein zweckdienlicher Ausgangspunkt sein. Es besteht in der Nutzung vollständig genormter Methoden seitens der Luftverkehrsdienste, die von verschiedenen Orten aus operieren und Standardmethoden für Betrieb, Verfahren und Ausrüstung derart einsetzen, dass die Luftraumnutzer sie als einheitliches System ansehen. Diese Wirkung ist auch in den laufenden SES-Programmen wie SERA und SESAR klar erkennbar. Derartige Vereinbarungen unterstützen die volle technische und betriebliche Interoperabilität zwischen Flugsicherungsdiensten, wodurch wiederum Streckenabschnitte, die einem bestimmten Dienst zugeordnet sind, vorübergehend auf die betriebliche Verantwortlichkeit eines anderen Dienstes übertragen werden können. Folglich wäre eine optimierte Nutzung der Bezirkskontrollstellen (ACC) unmittelbar möglich; außerdem könnte jederzeit die optimale Leistung sichergestellt werden. |
4.11 |
Der Ausschuss ist daher der Ansicht, dass mit den Rechtsvorschriften für "SES II+" ein geeigneter Rechtsrahmen geschaffen werden sollte, um die kohärente und konsequente Umsetzung von Normungsmaßnahmen anzustoßen und zu lenken. In den funktionalen Luftraumblöcken könnte ein gemeinsames Lenkungsgremium eingerichtet werden, um eine kohärente und koordinierte Verbreitung sicherzustellen. Normungsmaßnahmen sind ein realistisches und wirksames Mittel zur Verwirklichung EU-weiter Leistungsziele. |
4.12 |
Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, die Aufgaben und Zuständigkeiten des SES-Netzverwalters auszuweiten. Diesbezüglich wird es von grundlegender Bedeutung sein, dass die Luftraumnutzer in strategische Entscheidungen betreffend die Netzleistung eingebunden sind und Flugsicherungsdiensten eine Rolle in der Entscheidungsfindung für die Leistung vor Ort zugewiesen wird. |
4.13 |
Der Ausschuss nimmt das Vorhaben der Europäischen Kommission zur Kenntnis, den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) dahingehend auszuweiten, dass sie für technische Regulierung und Aufsicht einschl. in nicht sicherheitsbezogenen Bereichen verantwortlich ist. Er stimmt zwar zu, dass dies der richtige Ansatz sein könnte, äußert jedoch Bedenken, die EASA trotz Unterstützung durch das Konzept der risikobasierten Prioritäten mit neuen Aufgaben zu überlasten und so möglicherweise mehr Probleme zu verursachen als Vorteile zu schaffen und die Aufmerksamkeit der EASA von ihrer grundlegenden Aufgabe, namentlich der Gewährleistung der Sicherheit, abzulenken. Seiner Meinung nach sollte die Ausweitung des Tätigkeitsbereichs der EASA daher derzeit nicht vorrangig betrieben werden. Stattdessen könnte potenziellen Überschneidungen zwischen den Rechtsrahmen für die EASA und den einheitlichen europäischen Luftraum durch geeignete Koordinierungsmechanismen zwischen der EASA, Eurocontrol und der Europäischen Kommission ohne zwingender Änderung des institutionellen Rahmens Abhilfe geschaffen werden. |
4.14 |
Eurocontrol kommt bei der praktischen Umsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums eine sehr wichtige Rolle zu. Zur Sicherstellung einer effizienten Leistung zentralisierter Dienste wie der vom Netzverwalter erbrachten Dienste in der Zukunft ist eine Überarbeitung des derzeitigen Eurocontrol-Übereinkommens notwendig. |
4.15 |
Bezüglich SESAR betont der Ausschuss, dass ausreichende öffentliche Mittel zur Finanzierung der zeitgleichen Umsetzung der Boden- und Luftkomponenten sichergestellt werden müssen. Außerdem sollte den Investoren in der Praxis (Luftraumnutzer, Flugsicherungsdienste und Flughäfen) eine maßgebliche Rolle in der Governance der SESAR-Durchführung, namentlich bei der Entscheidung über die Prioritäten auf der Grundlage klarer Geschäftspläne, zugewiesen werden. Der Ausschuss unterstreicht die Wichtigkeit der Durchführung von SESAR als ein grundlegendes europäisches Infrastrukturprojekt. Er zeigt sich höchst besorgt über mögliche Kürzungen im Haushalt für die Fazilität "Connecting Europe", die die weitere Durchführung dieses Projekts beeinträchtigen könnte. Außerdem müssen unbedingt denkbare künftige Finanzierungsmodelle für die militärische Durchführung von SESAR beleuchtet werden. |
4.16 |
Der Ausschuss lehnt den Kommissionsvorschlag zur Einführung einer Preismodulation für überlastete Strecken ab. Dies würde keinerlei echte Verbesserung für die Nutzung der Luftraumkapazität bringen. Außerdem würde sie den Zielen der EU zur Emissionsverringerung als Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels zuwiderlaufen, da Luftverkehrsunternehmer mit ihrer Einführung zu längeren Flugstrecken gezwungen sein könnten. Ferner wäre ein derartiges System auch ungerecht, da Luftfahrtunternehmen wegen der indirekten Kosten von Verspätungen ohnehin schon für Luftraumüberlastungen aufkommen müssen. Ein derartiger Ansatz würde somit zu einer doppelten Bestrafung führen, die absolut inakzeptabel wäre, zumal Luftfahrtunternehmen Streckengebühren zur Finanzierung des Infrastrukturausbaus verwenden, der zur Verringerung der Überlastung beitragen sollte. |
4.17 |
Der Ausschuss ist vielmehr der Ansicht, dass die Preismodulation darauf ausgerichtet sein sollte, Luftfahrtunternehmen zur Anschaffung der erforderlichen Ausrüstung für die Verbesserung der Gesamtleistung des Flugverkehrsmanagementsystems zu bewegen. Hierfür könnten öffentliche Mittel eingesetzt werden, um die Nutzungsgebühren für Luftfahrtunternehmen zu senken, die frühzeitig in SESAR-Technologien investieren. Diese Vorgehensweise könnte mit weiteren Maßnahmen wie "Best Equipped, Best Served"-Grundsätzen flankiert werden, die der Ausschuss voll unterstützt. |
5. Der soziale Dialog
5.1 |
Die europäische Luftfahrt steckt in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage, die bereits zur Entlassung von mehreren Tausend Mitarbeitern geführt hat. Daher sind die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums und seine erhöhte Effizienz auch für den Erhalt von Arbeitsplätzen in diesem Teilstück der Luftfahrt-Wertschöpfungskette von grundlegender Bedeutung. Diesbezüglich ist der 5. Pfeiler des einheitlichen europäischen Luftraums für die angemessene Berücksichtigung der Herausforderungen in den Bereichen Beschäftigung, Mobilität der Arbeitnehmer, Änderungen im Personalmanagement und Weiterbildung entscheidend. Der soziale Dialog sollte daher gestärkt werden und nicht nur den reinen Luftverkehrsmanagement-Sektor betreffen, sondern für weitere Sozialpartner über die Flugsicherungsdienste hinaus und für Diskussionen über die sozialen Auswirkungen für die Arbeitnehmer von Flugsicherungsdiensten, Luftfahrtunternehmen und Flughäfen sowie zu der Frage, wie Arbeitsplätzen in der EU-Luftfahrt insgesamt sichergestellt werden können, geöffnet werden. |
5.2 |
Der Ausschuss ist überzeugt, dass ein wirksamer kontinuierlicher sozialer Dialog für den Umstellungsprozess unabdingbar ist. Wenn die Mitarbeiter nicht voll in diese Umstellung eingebunden werden, wird die Gefahr eines Scheiterns dieses Unterfangens erheblich größer sein. So werden insbesondere neue Technologien und Betriebskonzepte, die von SESAR entwickelt werden, die herkömmliche Rolle von Fluglotsen ändern, die dann als Flugverkehrsmanager agieren werden. |
5.3 |
In dem sozialen Dialog im Rahmen des einheitlichen europäischen Luftraums müssen die Anliegen aller an seiner Verwirklichung beteiligten Interessenträger zu ihrem Recht kommen. Daher ist die gegenwärtige Dominanz von Vertretern der Flugsicherungsdienste nicht gerechtfertigt und birgt die Gefahr, dass andere wichtige Industrievertreter noch stärker diskriminiert werden. |
Brüssel, den 17. April 2013
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Henri MALOSSE