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Document 51995AC1296
OPINION OF THE ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE on the communications from the Commission to the Council, the European Parliament, the Economic and Social Committee and the Committee of the Regions: an industrial competitiveness policy for the European Union, and the action programme and timetable for implementation of the action announced in the communication on an industrial competitiveness policy for the European Union
STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu den Mitteilungen der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union, sowie Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union" angekündigten Initiativen
STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu den Mitteilungen der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union, sowie Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union" angekündigten Initiativen
ABl. C 39 vom 12.2.1996, p. 1–19
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu den Mitteilungen der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union, sowie Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union" angekündigten Initiativen
Amtsblatt Nr. C 039 vom 12/02/1996 S. 0001
Stellungnahme zu den Mitteilungen der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: - eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union, sowie - Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union" angekündigten Initiativen (96/C 39/01) Die Kommission beschloß am 11. November 1994, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Mitteilung zu ersuchen: "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union." Der Rat beschloß am 20. September 1995, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 130 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Mitteilung zu ersuchen: "Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung 'Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union' angekündigten Initiativen - Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Umsetzung eines gemeinschaftlichen Aktionsprogramms für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie." Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen nahm ihre Stellungnahme am 7. November 1995 an. Berichterstatter war Herr Petersen. Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 330. Plenartagung am 22. und 23. November 1995 (Sitzung vom 22. November) einstimmig folgende Stellungnahme. ZUSAMMENFASSUNG 1. Einleitung (S. 4) Der Wirtschafts- und Sozialausschuß unterstützt das industriepolitische Konzept der Kommission für eine Politik des Setzens zweckmäßiger und verläßlicher Rahmenbedingungen, die eine optimale Ressourcenallokation über den Markt bewirken, den strukturellen Anpassungsprozeß beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen stärken soll. Dem Staat obliegt die Rolle eines Katalysators und innovativen Wegbegleiters, von dem die Unternehmen nicht nur klare und berechenbare äußere Rahmenbedingungen erwarten können, sondern auch Perspektiven für ihre Tätigkeit. Die Hauptverantwortung für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit liegt jedoch bei den Unternehmen selbst (vgl. Ziffer 1.1.3). Nach Ansicht des Ausschusses stellt Artikel 130 EG-Vertrag eine kohärente Rechtsgrundlage für eine horizontale Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit auf Gemeinschaftsebene dar (vgl. Ziffer 1.2.5). 2. Zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie (S. 6) Die von der Kommission ihrer empirischen Analyse zugrunde gelegten makroökonomischen Variablen bescheinigen den europäischen Unternehmen - im Vergleich zu den Hauptkonkurrenzländern - eine deutlich ungünstigere Position im Kontext der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung. Der Ausschuß bedauert, daß die Kommission dem Faktor "Zeit", der Verkürzung der Produktionszyklen in ihrer Analyse keine hinreichende Aufmerksamkeit geschenkt hat (vgl. Ziffern 2.1.3 bis 2.1.7). Zu Recht unterstreicht die Kommission, daß aus makroökonomischen Befunden die grundlegenden Elemente der Wettbewerbsfähigkeit nicht hervorgehen: etwa die mikroökonomische Dimension, der Unternehmergeist, die hohe Qualität der Arbeitskräfte oder die individuellen Anstrengungen (vgl. Ziffer 2.2.1). Der Ausschuß hat deshalb die strategische Orientierung des Weißbuchs "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" unterstützt, die eine technologieintensive, hochproduktive und rentable Industrie als das ökonomische Rückgrat eines europäischen wirtschaftlichen Entwicklungsmodells bezeichnet (vgl. Ziffern 2.1.1 und 2.1.2). 3. Die industriepolitischen Aktionsschwerpunkte der Gemeinschaft (S. 8) Der Ausschuß stützt sich in seiner Stellungnahme schwerpunktmäßig auf das industriepolitische Aktionsprogramm der Kommission vom März 1995. Nach Ansicht des Ausschusses zerfallen die Aktionsschwerpunkte in zu viele Einzelmaßnahmen, werden herkömmliche Politikbereiche auseinandergerissen. Auch bleibt unscharf, wie die Rollenverteilung zwischen den Unternehmen und dem Staat, zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten künftig aussehen und funktionieren soll. Verständigungsschwierigkeiten bestehen auch bezüglich der Zuordnung von Ziel- und Maßnahmenkatalogen, wenn die industriepolitische Mitteilung mit dem Aktionsprogramm (Dok. KOM (95) 87 endg.) verglichen wird (vgl. Ziffern 3.1.1 und 3.1.2). Die von der Kommission ihrem Aktionsprogramm vorangestellten Aktionsprioritäten (für die kommenden zwei Jahre?) werden vom Ausschuß unterstützt: Entwicklung des Binnenmarktes, bessere Berücksichtigung der Bedürfnisse der Industrie in der Forschungspolitik, Schaffung einer Informationsgesellschaft und Förderung der industriellen Zusammenarbeit. Überraschend allerdings, daß andere, nicht minder wichtige Prioritäten entweder nur mehr am Rande erwähnt werden oder gar gänzlich fehlen (vgl. Ziffer 3.2.1). Zur Umsetzung ihrer Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit hat die Kommission das Aktionsprogramm mit Zielen und programmierten Maßnahmen sowie einen hinweisenden Zeitplan vorgelegt. Dabei setzt sie - wie schon in ihrer industriepolitischen Mitteilung vom September 1994 - auf vier Aktionsschwerpunkte, die den künftigen Kurs prägen und zugleich den Notwendigkeiten des technischen Wandels entsprechen sollen: - Förderung der immateriellen Investitionen, - Entwicklung der industriellen Zusammenarbeit, - Gewährleistung eines gleichberechtigten Wettbewerbs und - Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand. Förderung der immateriellen Investitionen (S. 11) Der Ausschuß bedauert, daß die vorgeschlagenen Einzelschritte im Bereich des Bildungssystems ein Gesamtkonzept nicht erkennen lassen. Nur wenn es gelingt, Bildungssystem und Beschäftigungssystem besser als in der Vergangenheit aufeinander abzustimmen, lassen sich Spannungen und Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt vermindern. Mehr Gewicht muß auf die berufliche Weiterbildung gelegt werden (vgl. Ziffer 3.3.3.1). Der Ausschuß bedauert jedoch, daß sich die Kommission zwar ausdrücklich zur Modernisierung der Arbeitsorganisationsformen bekennt, jedoch keine konkreten Maßnahmen vorgeschlagen werden (vgl. Ziffer 3.3.3.4). Zustimmung verdient auch das Anliegen der Kommission, die Entwicklung umweltverträglicher Techniken zu fördern und ihre rasche Verbreitung durch geeignete Rahmensetzung zu sichern (vgl. Ziffer 3.3.3.6). Entwicklung der industriellen Zusammenarbeit (S. 13) Die Europäische Union ist für das Ergreifen von Maßnahmen der industriellen Zusammenarbeit nicht verantwortlich - so zu Recht die Kommission. Dennoch habe sie die Aufgabe, die industrielle Zusammenarbeit zu fördern, u.a. durch Einrichtung von Gesprächsrunden der Industrie. Der Ausschuß bedauert, daß sich die Kommission nicht über die Zusammensetzung der Gesprächsrunden äußert (vgl. Ziffer 3.3.4.1). Vorbehaltlos teilt der Ausschuß die Auffassung der Kommission, daß es für die europäischen Unternehmen noch immer keine geeigneten Rechtsinstrumente für grenzüberschreitende Organisation und Zusammenarbeit gibt. Es ist nunmehr an der Zeit, den Unternehmen europäische Rechtsformen zur Verfügung zu stellen. Das gilt vor allem für die Europäische Aktiengesellschaft (vgl. Ziffer 3.3.4.2). Der Ausschuß unterstützt die aufgelisteten Initiativen für eine engere Zusammenarbeit mit den assoziierten Staaten Mitteleuropas und den unabhängigen Republiken der ehemaligen Sowjetunion (vgl. Ziffer 3.3.4.5). Gewährleistung eines gleichberechtigten Wettbewerbs (S. 14) Zustimmung verdient die Absicht der Kommission, multilaterale Wettbewerbsregeln und wirksame Kontrollmechanismen anzustreben, um eine weitere Öffnung ausländischer Märkte durchzusetzen. Der Ausschuß gibt jedoch zu bedenken, daß Vorhaben wie Wettbewerbsregeln mit bindenden Streitschlichtungsverfahren z.Z. unrealistisch sind. Die Kommission sollte in einem ersten Schritt die Kooperation zwischen den bestehenden Wettbewerbsbehörden der Handelspartner verbessern, um vor allem eine Konvergenz der Verwaltungspraktiken zu erreichen (vgl. Ziffer 3.3.5.3). Mit Blick auf den Binnenmarkt bedauert der Ausschuß, daß die Kommission im wettbewerbspolitischen Teil ihrer Mitteilung allein auf die Beihilfen eingeht. Damit wird sie der Rolle der Wettbewerbspolitik als einer tragenden Säule der europäischen Industriepolitik nicht gerecht. Nach Meinung des Ausschusses hat die Wettbewerbspolitik mit der Globalisierung der Unternehmensaktivitäten nicht Schritt gehalten. Das Verfahrensrecht für Wettbewerbssachen - mit Ausnahme der Fusionskontrolle - stammt aus den Anfängen der 60er Jahre und war auf sechs Mitgliedstaaten zugeschnitten (vgl. Ziffern 3.3.5.6, 3.3.5.9 und 3.3.5.11). Vorbehaltlos begrüßt der Ausschuß die Ankündigung der Kommission, ihre Politik der Kontrolle einzelstaatlicher Beihilfen zu überprüfen. Die Ergebnisse des jüngsten Beihilfenberichts der Kommission bestätigen die Befürchtungen des Ausschusses, daß die Unterschiede im untersuchten Zeitraum (1990-1992) - relativ gesehen - sich noch zu Ungunsten der im Aufholprozeß befindlichen Mitgliedsländer (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien) vergrößert haben. Die Kommission muß Wettbewerbsverzerrungen, die durch öffentliche Beihilfen der Mitgliedstaaten verursacht werden, besser erfassen und auswerten (Vorschlag eines öffentlich zugänglichen Registers) (vgl. Ziffern 3.3.5.12 bis 3.3.5.14). Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand (S. 16) Der Ausschuß begrüßt zwar die Initiative der Kommission, die Aufgaben der öffentlichen Hand ordnungs- und prozeßpolitisch neu zu definieren. Dazu gehört auch, das Instrumentarium, mit dem der Staat seine vielfältigen Gestaltungsaufgaben wahrnimmt, zielgerichtet weiterzuentwickeln. Wer allerdings in den industriepolitischen Papieren nach konkreten Vorschlägen der Kommission sucht, wird enttäuscht. Zugleich bedauert der Ausschuß, daß die Kommission nur sporadisch auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingeht. Mehrfach hat der Ausschuß die Bedeutung von stabilen und vorhersehbaren makroökonomischen Rahmenbedingungen für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit herausgestellt (vgl. Ziffern 3.3.6.1 und 3.3.6.2). Ansatzpunkte für ein gemeinsames staatliches Handeln bieten sich bei der Förderung von gesellschaftlich bedeutsamen Wachstumsfeldern, wie sie die Kommission im Rahmen ihrer strategischen Zielsetzungen erwähnt. Nach Auffassung des Ausschusses verfügen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten in diesen Wachstumsfeldern über erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten, das gilt insbesondere für den gesamten Infrastrukturbereich (z. B. Verkehr, Energie, Umwelt). Zusätzliche Möglichkeiten bieten sich bei Setzung von rechtlichen, ordnungspolitischen und normativen Bedingungen. Aus Sicht des Ausschusses sollten die staatlichen Ebenen ihre Gestaltungsaufgabe gezielt wahrnehmen, um durch richtige Rahmensetzung innovative Impulse freizusetzen. Dazu gehört auch, privatwirtschaftlichem Engagement - wo immer möglich und vertretbar - den Weg zu ebnen (vgl. Ziffer 3.3.6.5). Die Fortführung des Deregulierungsprozesses ist für die Kommission Bestandteil ihres Aktionsprogramms. Nach Ansicht des Ausschusses bergen zu viele, zu wenig an ökonomischen Kriterien orientierte und zu komplizierte Vorschriften stets die Gefahr in sich, die Selbstregulierungskräfte des Marktes zu schwächen und - vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen - die notwendige Flexibilität zu gefährden. Zugleich betont der Ausschuß, daß die erforderliche Flexibilität der Unternehmen das soziale Schutzniveau der Arbeitnehmer nicht in Frage stellen darf. Im Hinblick auf den von einer unabhängigen Sachverständigengruppe vorgelegten Bericht "Zur Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften" unterstützt der Ausschuß den Vorschlag, bei jedem neuen Gesetzesvorhaben auf die erwarteten positiven wie negativen Folgen für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit sowie für Kosten und Innovation hinzuweisen (vgl. Ziffern 3.3.6.6 bis 3.3.6.8). Mit Hilfe der strukturpolitischen Finanzinstrumente will die Kommission den industriellen Wandel unterstützen und beschleunigen. Dabei geht es namentlich um Erleichterungen im Rahmen der neuen Programme für Gemeinschaftsinitiativen, um Bildung von Partnerschaften zwischen Großunternehmen und KMU sowie um Errichtung von Netzen und Tätigkeitsschwerpunkten. Der Ausschuß zeigt Verständnis für diese Vorhaben, gibt aber zu bedenken, daß jede staatliche Einflußnahme, die über eine staatliche Katalysatorfunktion hinausgeht, verfehlt ist. Die verschiedenen Parteien, die industriepolitischen Akteure, zum Dialog zusammenführen, sollte von der öffentlichen Hand gefördert werden (vgl. Ziffer 3.3.6.9). Die EU-Strukturfonds sollten nach Ansicht des Ausschusses nicht durch immer weitere Ausdehnung der Förderziele überfordert werden. Die Kommission sollte deshalb den Katalog förderungswürdiger Maßnahmen fortlaufend (zeitnahe Evaluierung) überprüfen und eine stärkere Schwerpunktsetzung vornehmen. Überdies scheint es dem Ausschuß geboten, die einzelnen Fonds untereinander enger als in der Vergangenheit zu koordinieren (vgl. Ziffer 3.3.6.10). Der Zeitplan für das Aktionsprogramm (S. 18) Der Ausschuß bedauert, daß der Zeitplan, den die Kommission für ihre zahlreichen Initiativen vorsieht, unvollständig ist. Vor allem fehlen bei wichtigen Aktionen zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Vorstellungen über die einzuleitenden Schritte und den damit zusammenhängenden Zeitrahmen. Der Ausschuß hofft, daß der vom Rat für 1996 angeforderte Bericht über den Fortgang der industriepolitischen Maßnahmen und über etwaige Anpassungen des Aktionsprogramms von der Kommission dazu genutzt wird, die bestehenden Lücken zu schließen (vgl. Ziffer 3.3.7.1). 4. Zur Koordinierung der industriepolitischen Aktivitäten (S. 19) Der Ausschuß teilt die Besorgnisse der Kommission, daß die öffentlichen Entscheidungszentren, die Einfluß auf die Industrietätigkeit nehmen, immer zahlreicher werden und ihre Verantwortung ohne Gesamtüberblick und ständige Koordinierung wahrnehmen, und erinnert die Kommission an Artikel 130 EG-Vertrag, der in Absatz 2 ausdrücklich vorsieht, daß die Mitgliedstaaten - in Verbindung mit der Kommission - einander konsultieren und - soweit erforderlich - ihre (industriepolitischen) Maßnahmen koordinieren (vgl. Ziffer 4.1). Aus Sicht des Ausschusses umfaßt die Koordinierungsaufgabe der Kommission zwei Schwerpunkte: Zum einen geht es um die Koordinierung der einzelstaatlichen Industriepolitiken und um ihre Abstimmung mit den industriepolitischen Initiativen auf Gemeinschaftsebene. Zum anderen bedarf es zwischen den Dienststellen der Kommission einer engeren Koordinierung der zahlreichen industriepolitischen Aktivitäten. Nach Ansicht des Ausschusses ist die Koordinierung der einzelstaatlichen Industriepolitiken untereinander und die Abstimmung mit den entsprechenden Aktivitäten auf Gemeinschaftsebene vordringlich. Deshalb sollte der Rat den von der Kommission vorgelegten Beschlußvorschlag über die Umsetzung eines gemeinschaftlichen Aktionsprogramms für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie verabschieden. Die Aktionsschwerpunkte sollten von der Kommission und den Mitgliedstaaten ohne zeitliche Verzögerung umgesetzt werden (vgl. Ziffer 4.2). Der Ausschuß ist der Ansicht, daß der soziale Dialog in sich ein wichtiges Element der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie darstellt. Obwohl der Ausschuß den ständigen Dialog zwischen öffentlicher Hand und den verschiedenen Gruppen durchaus unterstützt, zeigt er sich gleichwohl besorgt über die Anzahl dieser Beratungsgremien und die Dynamik, mit der sie sich vermehren. Der Ausschuß regt an, bei Konstituierung dieser Gremien für transparente Auswahlkriterien zu sorgen und stärker als bislang auf die jeweils fachlich kompetente Zusammensetzung zu achten; dazu gehört auch, daß die gesellschaftlichen Gruppen (z. B. Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter) angemessen berücksichtigt werden. Schließlich sollte die Kommission die Ergebnisse der Beratungen der Öffentlichkeit vorstellen und für ein entsprechendes Follow-up sorgen (vgl. Ziffern 4.3 und 4.4). 1. Einleitung 1.1. Für eine moderne und dynamische Industriepolitik 1.1.1. "Wenn es ein Gebiet gibt, auf dem die Gemeinschaft ... der Stärkung und der Vertiefung bedarf, so ist es das der Industriepolitik ()." Richtungsweisend für die Kommission war die Überzeugung, daß sich mit Hilfe einer Politik der industriellen Entwicklung europäische Politik schlechthin fördern und beschleunigen lasse. Doch alle Vorstöße blieben jahrzehntelang ohne größere Resonanz. Die Spannweite der industriepolitischen Grundkonzeptionen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft verhinderte bereits im Ansatz eine gemeinschaftliche Industriepolitik. Einige Mitgliedstaaten setzten stärker auf interventionistische Aktionen und Erhaltungssubventionen drinnen und auf Abschottung nach außen, andere in erster Linie auf den Markt und den Wettbewerb (). Die Kommission hat wiederholt versucht, den Grunddissens durch Zugeständnisse in beide Richtungen zu lösen. Der angestrebte Konsens blieb jedoch aus. Die fundamentalen Unterschiede in den industrie- und handelspolitischen Konzeptionen der Mitgliedstaaten bestanden fort, wurden von den EG-Räten unter großen Anstrengungen überbrückt. 1.1.2. Erste Erfolge in Richtung einer gemeinschaftlichen Industriepolitik verbuchte die Kommission Ende 1990 mit ihrer Mitteilung "Industriepolitik in einem offenen und wettbewerbsorientierten Umfeld: Ansätze für ein Gemeinschaftskonzept" (). Schon der Titel dieser Mitteilung signalisiert, daß die Kommission in der europäischen Industriepolitik verstärkt auf marktwirtschaftliche Prinzipien setzen will, um die industrielle Basis zu festigen. Gefragt sei - so die Kommission - eine "Gemeinschaftsindustrie mit neuem Elan". Vorbehaltlos stimmte der Ausschuß der Kommission darin zu, daß den Debatten zum Thema "Industriestrategie der Gemeinschaft" seit Jahren der angemessene konzeptionelle Rahmen gefehlt habe (). Er begrüßte deshalb den Schritt der Kommission, das Konzept einer modernen und dynamischen Industriepolitik für die Gemeinschaft als Ganzes zu entwickeln, das sich zugleich in eine langfristige industrielle und technologische Perspektive einordnen lasse. 1.1.3. Im Kern geht es der Kommission um eine Politik des Setzens zweckmäßiger und verläßlicher Rahmenbedingungen, die eine optimale Ressourcenallokation über den Markt bewirken, den strukturellen Anpassungsprozeß beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen stärken soll. Verzichtet wird auf defensive, protektionistische und sektorielle Ansätze, wie sie - nach eigenem Bekunden der Kommission - "in der Vergangenheit allzuhäufig verfolgt wurden". Statt dessen sollen industrielle Probleme auf regionaler oder sektoraler Ebene zunehmend durch horizontale Maßnahmen gelöst werden. Dem Staat obliegt die Rolle eines Katalysators und innovativen Wegbereiters, von dem die Unternehmen nicht nur klare und berechenbare äußere Rahmenbedingungen erwarten können, sondern auch Perspektiven für ihre Tätigkeit. Die Hauptverantwortung für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit liegt jedoch bei den Unternehmen selbst. 1.1.4. Dieser Mitteilung folgten inzwischen verschiedene Entschließungen und Schlußfolgerungen des Rates zu Fragen der Industriepolitik. Mehrere Mitteilungen und Berichte der Kommission sowie das Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" fundieren und ergänzen die gemeinschaftlichen Aktivitäten. Zur Begründung der Vielfalt und Vielzahl von Maßnahmen führt die Kommission an, daß "sich die gemeinschaftliche Aktion zur Verbesserung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit generell auf Maßnahmen in allen Gemeinschaftspolitikbereichen stützt" (). Nicht zu vergessen die sektoralen Initiativen der Kommission, die das wirtschaftliche Umfeld auf einigen Märkten verbessern sollen. Die Kommission nennt dabei die Luftfahrt-, Automobil-, Elektronik-, Maschinenbau- und Textilindustrie sowie die maritime Wirtschaft. 1.2. Zum Artikel 130 EG-Vertrag 1.2.1. Für den Ausschuß ist es nur konsequent, daß die wichtigsten Grundsätze der 1990 vorgeschlagenen marktkonformen Industriepolitik auch in den Vertrag über die Europäische Union eingefügt wurden. Artikel 130 EG-Vertrag legitimiert die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorientierter Märkte, die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu gewährleisten. Maßnahmen, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen können, sind untersagt. Und spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der in den Mitgliedstaaten ergriffenen industriepolitischen Initiativen können im Hinblick auf die Verwirklichung der gesetzten Ziele vom Rat nur einstimmig beschlossen werden. 1.2.2. Die Mitteilung der Kommission von 1990 ist auch in jenen Mitgliedstaaten zustimmend zur Kenntnis genommen worden, die bislang allen industriepolitischen Ambitionen der Gemeinschaft - insbesondere aus ordnungspolitischen Erwägungen - reserviert gegenüberstanden. Gewisse Bedenken richten sich allerdings noch immer gegen die Aufnahme von Titel XIII "Industrie" in den EG-Vertrag. Bemängelt wird zunächst die unscharfe Abgrenzung der industriepolitischen Zuständigkeiten zwischen der einzelstaatlichen und der gemeinschaftlichen Ebene. Der Hinweis der Kommission, die "Verwirklichung der festgelegten Industriepolitik (muß) in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip" erfolgen, läßt in seiner Pauschalierung Wünsche offen. Zugleich teilt der Ausschuß aber auch den Vorwurf der Kommission, die Mitgliedstaaten würden im Rat häufig Standpunkte vertreten, die sich weniger nach Artikel 3 b EG-Vertrag richteten als nach ihrer grundsätzlichen Position zu dem Inhalt eines Vorschlags. Deshalb sollte die Kommission - so die Meinung des Ausschusses - immer wieder klarstellen, daß das Subsidiaritätsprinzip keinesfalls ein Vehikel der Mitgliedstaaten ist, um ungerechtfertigt gemeinschaftliche Politik zu erschweren oder gar im Ansatz zu verhindern. Dies gilt insbesondere für die Vollendung des Binnenmarktes. 1.2.3. Auch sollte die Kommission im sensiblen Bereich europäischer Industriepolitik darauf verweisen, daß die Interdependenz einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Zuständigkeit in bestimmten Politiksegmenten bereits seit langem gegeben ist und die praktizierte Grenzziehung funktioniert. In den Wettbewerbsbestimmungen des Römischen Vertrags - um ein Beispiel herauszugreifen, das für die Industriepolitik von herausragender Bedeutung ist - ist das Subsidiaritätsprinzip seit Anbeginn verankert. Artikel 85, 86, 92 und auch Artikel 90 des EG-Vertrags sind nur dann anwendbar, wenn Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen den "Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen" geeignet sind. Auch die Europäische Fusionskontrolle, die eine an Schwellenwerten orientierte Abgrenzung zwischen gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Fusionskontrolle vorsieht, trägt dem Subsidiaritätsgedanken ausreichend Rechnung (). 1.2.4. Weitere Bedenken der Kritiker richten sich gegen die in Artikel 130 Absatz 1 EG-Vertrag aufgelisteten Aktionsfelder. In ihrer umfassenden und zugleich so unbestimmt gehaltenen Formulierung fehle die "deutlich zwingende Begrenzung für Formen einer dirigistischen Industriepolitik" (). Unter Berücksichtigung der im gleichen Artikel verankerten ordnungspolitischen Eckpunkte, vermag der Ausschuß diese Besorgnisse jedoch nicht zu teilen. Zugleich bedauert er, daß die dem Titel XIII "Industrie" EG-Vertrag zugrundeliegende Mitteilung der Kommission von 1990 nicht hinreichend beachtet wird. Würde diese Mitteilung die industriepolitische Diskussion in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union stärker prägen, würde ihr mehr Glaubwürdigkeit geschenkt, wäre manchen Bedenken mit Sicherheit die Kraft des Arguments genommen. 1.2.5. Mit Blick auf mögliche Risiken, die von Kritikern europäischer Industriepolitik anhand theoretischer Fallbeispiele aufgezeigt werden, kann es kaum überraschen, daß verschiedentlich angeregt wird, die Regierungskonferenz von 1996 möge den Artikel 130 EG-Vertrag ersatzlos streichen. Der Ausschuß spricht sich gegen diesen Vorschlag aus und erinnert daran, daß Titel XIII EG-Vertrag als zentraler Bestandteil einer kohärenten Rechtsgrundlage für eine horizontale Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit auf Gemeinschaftsebene fungiert. Fehlt dieser Teil mit seinen wichtigen ordnungspolitischen Grundsätzen, wird europäische Industriepolitik - wie jahrelang gehabt - wiederum zum Stückwerk. Steht durchaus zu befürchten, daß auf Gemeinschaftsebene die Zeiten "defensiver, sektorieller und protektionistischer" Politiken aufs neue anbrechen, und zwar sehr viel schneller als manchem Kritiker lieb sein mag. Unumgängliche Anpassungsprozesse würden verzögert und schwieriger; sie würden Ressourcen binden, die woanders produktiver eingesetzt werden könnten. 1.3. Industriepolitische Grundsätze in der Bewährung 1.3.1. In seiner Entschließung zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaftsindustrie vom November 1994 () stellt der Rat - völlig zu Recht - fest, daß sich die 1990 vereinbarten industriepolitischen Grundsätze bewährt hätten. Auch seien inzwischen wichtige seinerzeit formulierte Ziele (Vollendung des Binnenmarktes/Abschluß der Uruguay-Runde des GATT) erreicht worden. Zugleich fordert der Rat die Kommission auf, über alle Maßnahmen zur Umsetzung der Entschließungen und Schlußfolgerungen zu berichten, die der Rat seit 1990 zu Fragen der europäischen Industriepolitik verabschiedet hat. 1.3.2. Der Ausschuß begrüßt den kürzlich von der Kommission vorgelegten Bericht (); er wertet ihn als eine umfassende und instruktive Unterlage. Ein Teil der ergriffenen Maßnahmen spielte im Rahmen der horizontalen Industriepolitik, andere Initiativen zielten darauf ab, das wirtschaftliche Umfeld auf einigen Märkten zu verbessern. Dirigistische Eingriffe in die Wirtschaftsstruktur sind nicht auszumachen. Den einzigen konkreten Fall einer Anwendung des Artikels 130 Absatz 3 EG-Vertrag stellt das MEDIA-II-Programm dar (). Hiernach soll der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig spezifische Maßnahmen zur Förderung der europäischen Unternehmen der audiovisuellen Programmindustrie beschließen. Mit Blick auf die im kommenden Jahrfünft geplanten Maßnahmen der Kommission hält es der Ausschuß für geboten, daß von Zeit zu Zeit weitere Berichte über die Umsetzung von Entschließungen und Schlußfolgerungen des Rates ausgearbeitet werden. 2. Zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie 2.1. Der makroökonomische Befund 2.1.1. Konjunkturelle und strukturelle Verwerfungen bremsten in vergangenen Jahren die gesamtwirtschaftliche Wachstumsdynamik, führten in der Europäischen Union zu erheblichen Beschäftigungseinbrüchen und verursachten einen unerträglich starken Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zwar haben sich inzwischen konjunkturelle Auftriebskräfte erneut eingestellt, doch bestehen - wie die Kommission zutreffend anmerkt - noch immer erhebliche Risiken, bleiben wichtige wirtschaftspolitische Fragen ungelöst. Erfreulich wenigstens die zunehmend verbreitete Einsicht, daß die Wiederbelebung der Wirtschaft eine auf lange Sicht wettbewerbsfähige, leistungsstarke und innovationsorientierte europäische Industrie erfordert. Ihre Stellung - so der Ausschuß in einer seiner Stellungnahmen zum Weißbuch der Kommission "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" () - steht auf dem Spiel und muß gestärkt werden, weil ansonsten die gesamte europäische Wirtschaft darunter leiden, weitere Arbeitsplätze abgebaut und langfristig die Systeme der sozialen Sicherheit gefährdet würden. Wenn es gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken, vergrößern sich die Chancen, Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern und neue zu schaffen. Doch alle Bemühungen zur Verbesserung von Produktivität und Beschäftigungswachstum setzen eine flexibel funktionierende Gesamtwirtschaft voraus, um Chancen nutzen zu können, die ein sich rasch wandelndes technologisches und gesellschaftliches Umfeld bieten. 2.1.2. Zugleich unterstreicht der Ausschuß die Auffassung des Rates für Wettbewerbsfähigkeit, der in seinem ersten Bericht betont (), daß Wettbewerbsfähigkeit zwar Aspekte wie Produktivität, Effizienz und Rentabilität umfaßt, sie jedoch weder Selbstzweck noch ein Ziel an sich ist. Sie ist vielmehr wichtiges Instrument, um den Lebensstandard zu erhöhen und die gesellschaftliche Wohlfahrt zu steigern, das heißt ein Mittel zur Erreichung von Zielen. Daraus folgt, daß Wettbewerbsfähigkeit nicht losgelöst beurteilt werden kann von dem zukünftig gewollten wirtschaftlichen Entwicklungsmodell. Der Ausschuß hat die strategische Orientierung des Weißbuchs "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung" unterstützt, die eine technologieintensive, hochproduktive und rentable Industrie als das ökonomische Rückgrat eines europäischen wirtschaftlichen Entwicklungsmodells bezeichnet. 2.1.3. Die empirische Analyse der Kommission zur Leistungskraft der europäischen Wirtschaft liefert ein differenziertes Bild. Zwischen den Märkten, den Branchen, den Mitgliedstaaten, aber auch zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten zeigen sich Stärken und Schwächen, ergeben sich im Zeitablauf vielfältige Veränderungen. Permanent verschieben sich das Branchengefüge und die Beschäftigungsstruktur. Wie die Studie der Kommission zur Lage und den Perspektiven für die Industrie- und Dienstleistungssektoren in der Europäischen Union eindrucksvoll belegt, befinden sich einige traditionelle Industrien und "nationale Favoriten" strukturell in der Krise, andere Wirtschaftszweige hingegen zeigen gute Entwicklungstendenzen (). Die (wechselnden) Ungleichgewichte, die sich verschiebenden Proportionen, müssen - für sich genommen - kein Negativum sein, sind vielmehr Ausdruck gesamtwirtschaftlicher Entwicklung. Zudem hat sich wiederholt gezeigt, daß Industrien, die als zukunftslos bezeichnet wurden, durch Entwicklung neuer Produkte, durch Steigerung der Produktivität, durch Erschließung neuer Märkte neue Expansionsmöglichkeiten gewonnen haben. 2.1.4. Verengt sich der Wachstumsspielraum, wird der strukturelle Anpassungsprozeß schwieriger, wachsen die Beschäftigungsprobleme, verschärfen sich die sozialen Auswirkungen struktureller Verwerfungen. Deshalb hat der Ausschuß in seiner industriepolitischen Stellungnahme vom November 1991 dafür plädiert, daß neben horizontalen Maßnahmen zur Erleichterung des Strukturwandels und zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen Platz bleiben muß für industriepolitische Maßnahmen, die in Problembereichen (regional und sektoral) notwendige Anpassungsmaßnahmen flankierend fördern und soziale Auswirkungen struktureller Veränderungen abfedern. Konkret gefordert ist eine räumlich orientierte Ausgleichspolitik, die - unter Beachtung wachstumspolitischer Zielsetzungen - die Potentiale und Entwicklungsfähigkeit von Regionen mit Entwicklungsrückstand oder wirtschaftsstrukturellen Anpassungsproblemen stärkt. Hinzutreten müssen bei Strukturkrisen und Rationalisierungsmaßnahmen mit erheblichen Arbeitsplatzverlusten gezielte und zeitlich begrenzte Anpassungserleichterungen, um soziale Härten zu mildern. 2.1.5. Die ausgewählten makroökonomischen Variablen bescheinigen den europäischen Unternehmen - im Vergleich zu Hauptkonkurrenzländern - eine deutlich ungünstigere Position im Kontext der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung (). Kritisch zu werten ist namentlich die Diskrepanz zwischen führenden Positionen auf peripheren Absatzmärkten und der unzureichenden Präsenz in neuen Industriestandorten, u.a. im pazifischen Raum. Ungleichgewichtig sind die hohen Marktanteile auf stabilisierten oder nur langsam expandierenden Märkten und die eher schwache Stellung auf dynamischen Märkten. Die Ergebnisse - so auch die Kommission - müssen jedoch mit gebotener Sorgfalt interpretiert werden. Die empirische Analyse enthält nur wenige gesamtwirtschaftliche Indikatoren, andere Untersuchungen (World Competitiveness Report) arbeiten mit einer Vielzahl quantitativer und qualitativer Vergleichsgrößen. Zudem handelt es sich bei den ausgewählten Indikatoren meist um hochaggregierte Durchschnittswerte, die vieles verdecken, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, von Branche zu Branche, erheblich streuen. Statistisch nicht hinreichend erfaßt ist der Dienstleistungsbereich, auf den - nach Schätzung der Kommission - mehr als 60 % der Wertschöpfung und der Beschäftigung des gesamten produzierenden Gewerbes in der Gemeinschaft entfallen. Kaum befriedigend gelöst sind Definition und Messung technologieintensiver Erzeugnisse. Ähnliches gilt für die Messung weltwirtschaftlicher "Marktanteile", bei denen es sich - wie einschlägige Untersuchungen zeigen - lediglich um Welthandelsanteile handelt. Und schließlich verweist die Kommission auf die schwache gesamtwirtschaftliche Aktivität der vergangenen Jahre, von der niemand weiß, in welchem Ausmaß sie die Indikatoren geprägt und verzerrt hat. 2.1.6. Der Ausschuß sieht in den von der Kommission herausgearbeiteten Schwachstellen gleichwohl wichtige Signale in Richtung einer notwendigen Stärkung der Leistungskraft europäischer Unternehmen - sei es auf dem Binnenmarkt, sei es auf dem Weltmarkt. Vor allem hohe Fertigungskosten (Arbeits-, Kapital- und Energiekosten), unzureichende Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, langwierige Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in marktfähige Produkte, deutliche Defizite im Bereich der Infrastruktur, der öffentlichen Hand und im Bildungswesen haben die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig verschlechtert. 2.1.7. In diesem Zusammenhang bedauert der Ausschuß, daß die Kommission in ihren industriepolitischen Szenarien dem Faktor "Zeit" keine hinreichende Aufmerksamkeit schenkt, obschon er neben den Kosten, der Qualität und der Beweglichkeit weltweit zu einer strategischen Zielgröße der Unternehmen geworden ist. Produktzyklen verkürzen sich, die Aufwendungen für Entwicklung und Einführung neuer Produkte (einschließlich der damit verbundenen Fertigungsinvestitionen) steigen ständig. In immer kürzeren Zeitabständen müssen diese Aufwendungen auf den Märkten erwirtschaftet werden, um dem Beschleunigungswettlauf zu begegnen. Die Ausschöpfung von Skaleneffekten durch hohe Volumina wird zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Schon die Verzögerung der Markteinführung um wenige Monate kann in vielen Fällen das Wachstums- und Ertragspotential eines Unternehmens spürbar einschränken. Namentlich in der Mikroelektronik, die auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in großen und bedeutenden Branchen ausstrahlt, sind das enorme Innovationstempo und die außerordentlichen Leistungssteigerungen augenfällig. Für die Unternehmen dieses Bereichs hat die Zeitorientierung erste Priorität, wird der Wettbewerb zum Zeitwettbewerb. 2.2. Der mikroökonomische Ansatz 2.2.1. Genaugenommen kann mit Hilfe von Makrogrößen nur eine Standortdebatte geführt werden, die zugleich die Frage nach den Ursachen aufgezeigter Schwachstellen zu stellen und zu beantworten hat. Über die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sagen diese Indikatoren, die jeweils auf andere Aspekte verweisen, nur bedingt etwas aus. Zu Recht hat die Kommission unterstrichen, daß aus makroökonomischen Befunden die grundlegenden Elemente des Wettbewerbs nicht hervorgehen: die mikroökonomische Dimension, z. B. der Unternehmergeist, die hohe Qualität der Arbeitskräfte, die individuellen Anstrengungen, die geschäftliche Ausrichtung der Unternehmen sowie die Dynamik von Unternehmensketten und Tätigkeitsschwerpunkten der Wirtschaftsteilnehmer. 2.2.2. Bereits in seiner industriepolitischen Stellungnahme von 1991 hatte der Ausschuß herausgestellt, daß das Konzept der globalen Wettbewerbsfähigkeit, häufig als Ziel einer gemeinschaftlichen Industriepolitik genannt, verschwommen und mehrdeutig ist. Selbstverständlich sind die Rahmenbedingungen für die Unternehmen in Europa für ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung. Es gibt jedoch keine generelle Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten oder der einzelnen Branchen. Zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens bedarf es deshalb anderer (mikroökonomischer) Ansätze. Eine zunehmende Rolle in den Unternehmen spielt das Benchmarking, definiert als ein Prozeß, der das eigene Unternehmen fortlaufend vergleicht und mißt mit anderen weltweit operierenden Unternehmen. Benchmarking dient dazu, "den Blick nach außen als einen permanenten (Lern-)Prozeß im Unternehmen zu installieren und es so vor Fehleinschätzungen der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren" (). Ob auch im wirtschaftspolitischen Bereich - wie vom European Round Table of Industrialists kürzlich angeregt () - ein "wettbewerbsbezogenes Benchmarking" dazu beitragen kann, neue Einsichten zu gewinnen, geeignete Strategien zur Verbesserung der makroökonomischen Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten zu entwickeln, bedarf eingehender Prüfung. Aus heutiger Sicht beurteilt der Ausschuß diesen Vorschlag eher skeptisch; denn die grundlegenden Einwände gegen die Verwendung von Makrodaten zur Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bestehen fort. 3. Die industriepolitischen Aktionsschwerpunkte der Gemeinschaft 3.1. Zur Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit 3.1.1. In diesem Abschnitt stützt sich der Ausschuß schwerpunktmäßig auf die industriepolitische Mitteilung der Kommission "Aktionsprogramm und Zeitplan für die Umsetzung der in der Mitteilung eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die europäische Union angekündigten Initiativen" in Verbindung mit ihrem Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Umsetzung eines gemeinschaftlichen Aktionsprogramms für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie", im folgenden kurz "Aktionsprogramm" genannt, vom März 1995 (). Die Ausführungen der Kommission sind jedoch eng verknüpft mit industriepolitischen Feststellungen in der Mitteilung "Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union" vom September 1994 (), nachstehend als "industriepolitische Mitteilung" zitiert. Dem Ausschuß schien es deshalb geboten, im prozeßpolitischen Teil seiner Stellungnahme auch die damalige Mitteilung zu streifen und - soweit notwendig - auf unterschiedliche (und damit klärungsbedürftige) Aussagen zwischen den beiden industriepolitischen Mitteilungen hinzuweisen. 3.1.2. Die Kommission legt in ihrer industriepolitischen Mitteilung jene Bereiche fest, "in denen eine Stärkung der gemeinschaftlichen Maßnahmen wünschenswert" erscheint. Vordringlich geht es der Kommission um eine bessere Präsenz der europäischen Industrie auf zukunftsträchtigen Märkten, die Arbeitsplätze schaffen. Durch Festlegung einer "begrenzten Zahl von Zielen und Maßnahmen" soll - so die Kommission - ihre Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit wirksam umgesetzt werden. Entgegen der Ankündigung der Kommission zerfallen die Aktionsschwerpunkte jedoch in viele Einzelmaßnahmen. Herkömmliche Politikbereiche (z. B. Forschungs- und Entwicklungspolitik) werden auseinandergerissen und auf mehrere Aktionsschwerpunkte verteilt. Es ist kaum noch zu überblicken, ob einzelne Politikbereiche ein in sich geschlossenes und konsistentes Ganzes ergeben. Bedauerlich manche Formulierungen, z.T. zu weich, z.T. mißverständlich. Schließlich bleibt unscharf, wie die künftige Rollenverteilung zwischen den wirtschaftlichen Akteuren, zwischen den Unternehmen und dem Staat, zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten aussehen und funktionieren soll. 3.1.3. Der Rat hat in seiner Entschließung vom 21. November 1994 () die Mitteilung der Kommission begrüßt und die Schlußfolgerungen, die die Kommission aus ihren Analysen gezogen hat, zur Kenntnis genommen. Zugleich erinnert er die Kommission an ihre Zielsetzungen und industriepolitischen Initiativen für die zweite Hälfte der 90er Jahre. Dem Rat fehlen vor allem die Konkretisierung des Programms und ein Zeitplan zur Durchführung der angekündigten Initiativen. Aus Sicht des Rates sei es "besonders vordringlich", daß Gemeinschaft und Mitgliedstaaten - unter Beachtung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten - in fünf Schwerpunktbereichen, die jeweils detailliert untergliedert sind, aktiv würden: Schaffung stabiler gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, Beseitigung unnötiger bürokratischer Belastungen für die Unternehmen, Gewährleistung eines unverfälschten internen und externen Wettbewerbs, Verstärkung der industriellen Kooperation mit den am stärksten betroffenen Drittländern und Förderung der immateriellen Wettbewerbsfaktoren. 3.1.4. Das Aktionsprogramm enthält nunmehr die vom Rat erbetene Konkretisierung. Vorgelegt wird ein Aktionsprogramm mit Zielen und programmierten Maßnahmen sowie ein "hinweisender" Zeitplan zur Umsetzung der Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit. Dabei geht es der Kommission vornehmlich um Aktionen, die der Aktualisierung bestehender Gemeinschaftspolitiken oder der Einleitung von Initiativen entsprechen, die keiner neuen formellen Entscheidung bedürfen. Hierzu zählen die meisten Folgemaßnahmen, die die Kommission in ihrem Bericht über die Umsetzung der Entschließungen und Schlußfolgerungen des Rates zur Industriepolitik () aufgelistet hat. Geboten wird eine Vielfalt von Zielen und Maßnahmen. Sie unterstreicht erneut, wie breit das industriepolitische Konzept der Europäischen Union angelegt ist. Verständnisschwierigkeiten ergeben sich allerdings, wenn die Zuordnungskriterien innerhalb weniger Monate geändert werden. Noch in der industriepolitischen Mitteilung findet sich ein Maßnahmenkatalog, der bereits ein halbes Jahr später zum Zielkatalog avanciert, während vom ursprünglichen Zielkatalog praktisch nicht mehr die Rede ist. 3.1.5. Im Vorspann des Aktionsprogramms () betont die Kommission aufs neue, daß es Sache der Unternehmen sei, die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Aufgabe der öffentlichen Hand sei es, die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu schaffen. Zudem müßten sich industrielle Wettbewerbsfähigkeit sowie wirtschaftliche und soziale Kohäsion gegenseitig verstärken. Diese Feststellung kann der Ausschuß voll unterstreichen. Doch die weiteren Ausführungen zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt entsprechen kaum den Erwartungen, die der Ausschuß an diesen Politikbereich stellt. Wiederholt hat er die Kommission auf Artikel 130 a EG-Vertrag hingewiesen, in dem es unmißverständlich heißt, daß die Gemeinschaft eine Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts entwickelt und verfolgt, um "eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern". Von diesem Anliegen ist im Kommissionspapier wenig zu spüren. Welche konkrete Botschaft vermittelt beispielsweise der Satz: "Durch die Verbesserung der Infrastruktur und die Optimierung des allgemeinen Investitionsniveaus kann eine größere wirtschaftliche und soziale Kohäsion Externalitäten erzeugen, die die Leistungen des Privatsektors günstig beeinflussen"? Aus Sicht des Ausschusses ist es notwendig, klare industriepolitische Strategien zu entwickeln und sie entsprechend klar zu formulieren. 3.2. Anmerkungen zu den industriepolitischen Aktionsprioritäten 3.2.1. Die Europäische Kommission nennt in ihrem Aktionsprogramm vier Ziele (Aktionsprioritäten), die von "besonders großer Bedeutung" für die Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit sind: - Entwicklung des Binnenmarktes; - bessere Berücksichtigung der Bedürfnisse der Industrie in der Forschungspolitik; - Schaffung einer Informationsgesellschaft und - Förderung der industriellen Zusammenarbeit (). Der Ausschuß stimmt der Kommission darin zu, daß diese Ziele von großer Relevanz für eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit sind. Überraschend allerdings, daß andere, nicht minder wichtige industriepolitische Ziele entweder nur am Rande und sehr allgemein erwähnt werden oder gar gänzlich fehlen. Noch in ihrer industriepolitischen Mitteilung () räumte die Kommission den immateriellen Investitionen (für den Ausschuß einschließlich Investitionen zur Humanisierung der Arbeit) innerhalb der Politiken zur Investitionsförderung "allererste Priorität" ein und setzte die Verbesserung der beruflichen Bildung und die Förderung der Humanressourcen an die vorderste Stelle ihrer Ziele. Auch sprach sie davon, daß die Öffnung des Welthandels und die Förderung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie "besonders wichtig" seien - sie müßten voranschreiten und sich gegenseitig verstärken. Und zur Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand meinte die Kommission, sie sei "unabdingbare Voraussetzung" für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. In diesen Bereichen schlug die Kommission allen Beteiligten ein gemeinsames Vorgehen vor, damit die erforderlichen Initiativen rasch Ergebnisse zeitigen könnten. Für den Ausschuß ist es kaum einsichtig, warum die Kommission die Gewichtung der von ihr im September 1994 angekündigten und als dringlich bezeichneten Maßnahmen innerhalb weniger Monate so grundlegend modifiziert hat. 3.2.2. Entwicklung des Binnenmarktes 3.2.2.1. Aus Sicht der Kommission liegt der wichtigste Beitrag der Europäischen Union zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in der Fortentwicklung des Binnenmarktes, um sein tatsächliches Funktionieren zu gewährleisten. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht schließt sich der Ausschuß dieser Auffassung an. Er begrüßt, daß sich nunmehr auch der Rat für Wettbewerbsfähigkeit dieser Thematik angenommen hat und die Auffassung des Ausschusses, den Binnenmarktprozeß gezielt zu forcieren, uneingeschränkt teilt. Das gilt sowohl für seine Durchführung als auch unter dem Aspekt einer weiterreichenden Marktintegration durch weniger, aber bessere Unionsvorschriften. Wenn hier - so der Rat für Wettbewerbsfähigkeit - bestehende Hemmnisse beseitigt würden, werde sich dies positiv auf Arbeitsplätze und Qualität der angebotenen Dienstleistungen auswirken. 3.2.2.2. Leider sind die Einlassungen der Kommission zur Entwicklung des Binnenmarktes sehr allgemein gehalten. Nach Meinung des Ausschusses wäre es richtiger gewesen, die Kommission hätte ein detailliertes Maßnahmenbündel zur Beschleunigung des innergemeinschaftlichen Integrationsprozesses vorgelegt. Der Ausschuß hat bereits im abgelaufenen Jahr damit begonnen, regelmäßig die Durchführung jener Vorschriften zu überprüfen, die den Rechtsrahmen des Binnenmarktes bilden. Zu diesem Zweck wurde ein zusätzliches Arbeitsinstrument - eine Beobachtungsstelle - geschaffen. In seiner ersten einschlägigen Stellungnahme () hat der Ausschuß eine Reihe von Empfehlungen gegeben, die dazu beitragen, den Binnenmarkt weiter zu konsolidieren. Er schlägt der Kommission vor, diese Empfehlungen zu übernehmen und umzusetzen. 3.2.2.3. Im Rahmen des Freien Warenverkehrs sollte die Kommission vor allem darauf drängen, daß Artikel 115 EG-Vertrag endlich gestrichen wird. Nationale Schutzmaßnahmen - so der Ausschuß in seiner industriepolitischen Stellungnahme von 1991 - sind mit den Prinzipien einer offenen, wettbewerbsorientierten Industriepolitik nicht vereinbar. Der Ausschuß hat damals nachdrücklich die Auffassung der Kommission unterstützt, daß die Beseitigung der gegenüber Drittländern bestehenden nationalen Quoten und Maßnahmen ähnlicher Wirkung ein wichtiger Aspekt der Industriepolitik sei. Die nationalen Märkte werden damit einem stärkeren internationalen Wettbewerb ausgesetzt, was sie "besser für die ... globalen Herausforderungen rüstet". Bei einem Verzicht auf Artikel 115 EG-Vertrag hält es der Ausschuß jedoch für geboten, in besonders schwierigen Fällen flankierende strukturpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um strukturelle Anpassungen weitgehend friktionslos bewältigen zu können. 3.2.2.4. Probleme bestehen wegen der geringen Transparenz und den uneinheitlichen Normungsvorschriften und -praktiken, bei den Produktsicherheits- und Produkthaftungsvorschriften, aber auch bei den Umweltregeln oder den Produktkennzeichnungsvorschriften. Nicht zu vergessen die Liberalisierung des Öffentlichen Auftragswesens, die in allen Bereichen von hoher industriepolitischer Bedeutung ist. Wiederholt hat der Ausschuß mit Sorge vermerkt, daß kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) noch immer kein hinreichender Zugang zu den öffentlichen Aufträgen geschaffen wurde. Vor allem auf dem Gebiet der Unterauftragsnahme sind weitere Verbesserungen notwendig, dabei sollten im Einzelfall Obergrenzen festgesetzt werden. Hemmnisse sind überdies in den Bereichen des Freien Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehrs festzustellen. Sie möglichst rasch durch geeignete Maßnahmen abzubauen, muß zu einem ernsthaften Anliegen der Kommission werden. Zugleich hofft der Ausschuß, daß der Rat für Wettbewerbsfähigkeit in späteren Berichten spezifische Empfehlungen zu ausgewählten Binnenmarktbereichen geben wird. 3.2.3. Bessere Berücksichtigung der industriellen Bedürfnisse in der Forschungspolitik 3.2.3.1. Zur Begründung ihrer zweiten Aktionspriorität schreibt die Kommission, daß die Innovation eine entscheidende Rolle bei Verbesserung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit spiele. Der Ausschuß teilt vorbehaltlos diese Erkenntnis. Produktinnovationen, Prozeßinnovationen und Marktinnovationen, ergänzt durch neue Denkstrukturen im Sinne eines vernetzten Denkens, sind zentrale Bausteine zur Lösung von Wachstums- und Beschäftigungsproblemen. Daß forschungs- und innovationsintensive Unternehmen bessere Marktchancen haben als andere Unternehmen und gute Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, ist kaum noch streitig. Allerdings - so auch die Kommission - müssen Transfer und Verwendung der Forschungsergebnisse durch die Industrie nachhaltig verbessert werden. 3.2.3.2. Die Kosten für Forschung und Innovation steigen ständig. Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen führt dies zu einer erheblichen Belastung, die oft eine Einschränkung ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bedingen. Um dennoch auf technische Neuerungen nicht verzichten zu müssen, muß diesen Unternehmen - ganz auf der Linie der Kommission - das technische Know-how durch Technologieberatung und -transfer vermittelt werden. Dadurch wird zugleich die Umsetzung technischer Erkenntnisse in marktfähige Produkte und Verfahren spürbar beschleunigt. 3.2.3.3. Der Ausschuß begrüßt, daß die Kommission mehrere gemeinsame Projekte von industriellem Interesse ausarbeiten will, um Forschungs- und Technologieanstrengungen durch engere Kooperationen (auch grenzüberschreitend) zu bündeln und durch Nutzung des Binnenmarktes Synergien zu erzeugen. Zudem unterstützt er das Vorhaben, eine Mitteilung über die Verknüpfung von Forschung und Industrie sowie ein Grünbuch zur Förderung der Innovationspolitik in der Europäischen Union auszuarbeiten. Die in Artikel 130 p EG-Vertrag vorgeschriebene jährliche Bilanz über Durchführung und Verbreitung gemeinschaftlicher Aktionen im Bereich von Forschung und Entwicklung ist für den Ausschuß ein wichtiges Instrument, um Forschungspolitik transparent zu machen. Der Ausschuß hofft, daß die Kommission einen ersten Bericht noch in diesem Jahr vorlegt. 3.2.4. Schaffung der Informationsgesellschaft 3.2.4.1. Einen dritten vordringlichen Schritt sieht die Kommission in Maßnahmen, die die Informationsgesellschaft voranbringen. Die neue technische Revolution wird alle Industrietätigkeiten - nicht nur in der Europäischen Union - spürbar beeinflussen. Sie sichert und stärkt die Innovationsfähigkeit der Unternehmen, prägt maßgeblich die künftige Produktion und Beschäftigung und wirkt sich auf die Entwicklung der Lebens- und Arbeitsbedingungen vielfältig aus. Der Ausschuß hat die Initiativen der Kommission auf dem Gebiet der Informationsgesellschaft seit Anbeginn unterstützt und auch den Aktionsplan befürwortet, der Europa auf die Informationsgesellschaft vorbereiten soll. Er bedauert jedoch in seiner einschlägigen Stellungnahme (), daß der Aktionsplan nicht für alle Bereiche die gleichen präzisen Handlungsansätze vorsieht. Zudem werden soziale, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte nur unzureichend berücksichtigt. Sie spielen zwar bei den in Aussicht genommenen Maßnahmen eine Rolle, bleiben aber bei den schon laufenden Aktionen weiterhin außer Betracht. Das gilt insbesondere für die Bereiche Gesundheit, Erziehung, Umwelt, berufliche Bildung, Behinderte und Filmindustrie. 3.2.4.2. Derzeit sieht die Kommission eine prioritäre Aufgabe darin, den Liberalisierungsprozeß auf dem Telekommunikationssektor zu beschleunigen, indem Infrastrukturen (Verkabelung, Rundfunknetze, Satelliten) und Dienste, die z.Z. noch ein Monopol besitzen, dem Wettbewerb geöffnet werden. Vorrangiges Ziel - so die Kommission in ihrem Arbeitsprogramm 1995 - sei es deshalb, eine Wettbewerbsordnung für den Bereich der Telekommunikation zu schaffen. 3.2.4.3. Der Ausschuß stimmt der Kommission darin zu, daß die Bedingungen für den Zugang zur Information, zu den Netzen, durch die sie sich bewegt, und zu den Diensten, die ihre Nutzung erleichtern, eine zunehmend größere Rolle für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit spielen. Er begrüßt daher die Absicht, einen klaren und verläßlichen ordnungspolitischen Rahmen zu schaffen, hält es aber zugleich für erforderlich, den Übergang in die Informationsgesellschaft durch andere Maßnahmen, namentlich in den Bereichen Technologie-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik flankierend zu ergänzen. 3.2.4.4. Mit Blick auf die zahlreichen Herausforderungen, die sich auf dem Weg zur Informationsgesellschaft stellen, unterstützt der Ausschuß auch die Einrichtung von zwei unabhängigen Beratungsgremien, die den engen Kontakt zu allen betroffenen Parteien gewährleisten sollen. Mit Sicherheit ein richtiger Schritt, damit die "Informationsgesellschaft ... den Bedürfnissen aller Bürger und Unternehmen gerecht werden kann" (). Im "Forum Informationsgesellschaft" sitzen die Vertreter gesellschaftlicher Gruppen (u.a. Parlamentarier, Sozialpartner, Benutzergruppen und Netzbetreiber), um die verschiedenen Aspekte der Informationsgesellschaft zu erörtern. Über die Arbeiten des Forums, über die erzielten Gesamtfortschritte wird ein Jahresbericht informieren. Das zweite Gremium, eine hochrangige Gruppe von Sozialexperten, wird die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte der Informationsgesellschaft beleuchten und in ihre Arbeiten jene sechs Hauptthemen einbeziehen, die im Kommissionspapier für den Europäischen Rat von Essen "Die Informationsgesellschaft in Europa: Eine erste Bewertung nach Korfu" () angesprochen werden. Die vierzehn Experten sind ebenfalls benannt, bis November 1995 soll ein erster Zwischenbericht (auch zum Beschäftigungspotential) vorliegen. 3.2.4.5. Zu begrüßen ist schließlich die Absicht der Kommission, mit Hilfe von Pilotprojekten die Akzeptanz der Informationsgesellschaft zu steigern und weitere Erfahrungen im Umgang mit den modernen Informations- und Kommunikationstechniken zu sammeln. Das Büro für Informationsgesellschaft (BIG) soll in der Europäischen Union als zentrale Anlaufstelle für solche Pilotprojekte dienen und den Erfahrungsaustausch voranbringen. 3.2.5. Förderung der industriellen Zusammenarbeit 3.2.5.1. Bleibt noch der vierte Pfeiler der Aktionsprioritäten, der auch im (mehrjährigen) Aktionsprogramm der Kommission - Ziffer 3.3.5 - einen eigenen Platz einnimmt. Um Überschneidungen möglichst zu vermeiden, beschränkt sich der Ausschuß an dieser Stelle auf wenige Anmerkungen. Konkret verweist die Kommission auf das Programm LEONARDO, das die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und anderen Akteuren auf dem Gebiet der Berufsausbildung fördert. Daneben erwähnt die Kommission das "Integrierte Programm für die KMU und das Handwerk" vom Mai 1994, durch das vor allem die Wachstums- und Beschäftigungspotentiale der KMU mobilisiert werden sollen (). Der Ausschuß hat das Integrierte Programm im vergangenen Jahr ausführlich gewürdigt (). Insbesondere begrüßte er den Versuch, die Probleme der europäischen KMU auf integrierte Weise anzugehen und die verschiedenen Programme auf Unionsebene und in den Mitgliedstaaten zugunsten der KMU aufeinander abzustimmen und zusammenzufassen. Die Kommission sollte allerdings darauf achten, daß bei Überprüfung der konkreten Unterstützungsmaßnahmen oder bei dem Versuch, die Effizienz der Förderprogramme zu steigern, der unerläßliche Abbau einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Beihilfen nicht aus den Augen verloren wird. 3.2.5.2. Der Ausschuß bedauert, daß die Kommission keine weiteren spezifischen Maßnahmen zur Förderung der industriellen Zusammenarbeit als prioritär eingestuft hat. Statt dessen heißt es lediglich: "Die Union muß sich ... darum bemühen, die Hemmnisse der industriellen Zusammenarbeit zu beseitigen und gleichzeitig Werkzeuge für die industrielle Zusammenarbeit zu entwickeln". Aus Sicht des Ausschusses sollte die Kommission darauf hinwirken, daß auf europäischer Ebene Leitsätze entwickelt werden, die die Verbesserung der Zulieferbeziehungen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Größe und auch zwischen industrienahen Dienstleistungen und produzierender Industrie zum Gegenstand haben. Wegen der komplexen Fertigungssysteme braucht die europäische Industrie mehr denn je eine auf langfristige Zusammenarbeit angelegte Partnerschaft zwischen den Unternehmen. Das klassische Strukturmodell (Drei-Sektoren-Schema) des industriellen Wandels muß durch einen integrativen Ansatz ersetzt werden. Es geht um ein neuartiges Netz aus Waren, Dienstleistungen und Information. Gefragt sind qualitative Veränderungen der überkommenen Strukturen, die mit Sicherheit für alle Beteiligten einen Kraftakt bedeuten: Die enge Zusammenarbeit der Unternehmen muß früher beginnen. Hersteller und Zulieferer sollten für künftige Produkte eine gemeinsame Kostenplanung, Rationalisierung, Qualitätssicherung und Logistik erarbeiten. Mit Blick auf diese Erfordernisse ist deshalb auch die pauschale Feststellung der Kommission nicht ausreichend: "Zur Förderung dieser Zusammenarbeit müssen alle möglichen Verbindungen im industriellen, wirtschaftlichen und kommerziellen Bereich sowie bei den Investitionen und beim Transfer von Know-how zu den Drittländern so verstärkt werden, damit sie zu ihrer vollen Einbeziehung in die Weltwirtschaft beitragen." Vor allem vermißt der Ausschuß konkrete Initiativen der Kommission, etwa die Ankündigung, das europäische Wettbewerbsrecht daraufhin zu überprüfen, ob es die globale industrielle Zusammenarbeit behindert. 3.3. Anmerkungen zu den (mehrjährigen) industriepolitischen Aktionsschwerpunkten 3.3.1. Gemäß dem Aktionsprogramm (), so sollen - wie in der industriepolitischen Mitteilung erläutert - vier Schwerpunkte, die zugleich den Notwendigkeiten des technischen Wandels entsprechen, den künftigen industriepolitischen Kurs der Kommission prägen: - Förderung der immateriellen Investitionen, - Entwicklung der industriellen Zusammenarbeit, - Gewährleistung eines gleichberechtigten Wettbewerbs und - Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand. 3.3.2. Die Aktionsschwerpunkte umfassen drei Maßnahmenkategorien: Maßnahmen, die bereits angelaufen sind oder kurzfristig anlaufen können und die unmittelbar einen Beitrag zur industriellen Wettbewerbsfähigkeit leisten; Maßnahmen, die einer genaueren Festlegung der politischen Orientierungen im Hinblick auf ihre spätere Inangriffnahme bedürfen; Maßnahmen, die die Verabschiedung von Vorschlägen für Rechtsvorschriften erfordern. 3.3.3. Förderung der immateriellen Investitionen 3.3.3.1. Die Zielsetzung der Kommission, immaterielle Investitionen zu fördern, wird vom Ausschuß nachdrücklich unterstützt. Dennoch bedauert der Ausschuß, daß die vorgeschlagenen Einzelschritte im Bereich des Bildungssystems ein Gesamtkonzept nicht erkennen lassen. Der Ausschuß hatte bereits in seiner industriepolitischen Stellungnahme von 1991 () deutlich gemacht, daß die Ausbreitung der Daten- und Informationstechniken in alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Techniken für immer mehr Menschen zu einem wichtigen Element ihrer Lebens- und Zukunftsplanung macht. Die neuen Informationstechniken verschaffen dem Menschen Einzelwissen in einem Tempo und in einer Fülle, die er zuvor nicht gekannt hat. Zunehmend wichtiger wird die Fähigkeit, Details zuzuordnen und Zusammenhänge erkennen zu können. Diese Veränderungen stellen das Bildungssystem in den Mitgliedstaaten der Union vor neue Aufgaben. Zum einen muß es die veränderten und meist höheren Qualifikationsanforderungen des technischen Wandels berücksichtigen und dazu beitragen, daß bereits in den Schulen eine informationstechnische Grundbildung vermittelt wird. Zum anderen ist in der Bildung der Grundstein zu legen für die geistige Bewältigung dieses Wandels. 3.3.3.2. Nur wenn es besser als in der Vergangenheit gelingt, Bildungssystem und Beschäftigungssystem aufeinander abzustimmen, können bestehende Lücken zwischen Qualifikationsangebot und Qualifikationsnachfrage geschlossen werden, lassen sich Spannungen und Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt vermindern. Die unterschiedlichen Begabungen und die unterschiedlichen Anforderungen an Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten am Arbeitsplatz bedingen eine größere Vielfalt von gleichwertigen Bildungsgängen und Abschlüssen. Gezielt zu fördern ist das analytische Denken in Zusammenhängen, weil der Umgang mit den neuen Techniken dies in besonderem Maße erfordert. Die Ausbildung in Schule, Hochschule und Beruf stellt jedoch nur die "Grundausrüstung" dar, die im Erwerbsleben ständig zu erweitern ist. Deshalb muß auf die berufliche Weiterbildung mehr Gewicht gelegt werden, damit die Nutzung des technischen Fortschritts nicht an mangelnden Qualifikationen und fehlender Akzeptanz scheitert. Im eigenen Interesse und für das Wohlergehen der Gesellschaft - so der Rat für Wettbewerbsfähigkeit - müssen die europäischen Unternehmen eine stärkere Rolle in der Bildung spielen. Diese Rolle ist außerordentlich wichtig bei der Umschulung der Erwerbstätigen und bei Verbreitung neuer Lerngewohnheiten, die auf die gesamte Lebensdauer zugeschnitten sind. Gefragt ist eine "bedarfsorientierte, maßgeschneiderte Weiterbildungsarbeit". 3.3.3.3. Unverzichtbar ist auch die Weiterbildung von Führungskräften. Führungspraktiken wirken sich auf Arbeitsqualität, Betriebsklima, Leistungsmotivation und andere die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens beeinflussende Faktoren nachhaltig aus. Die Weiterbildungsziele müssen sich hieran orientieren. Gefordert sind neben der Vertiefung funktionsbezogener und fachlicher Kenntnisse vor allem die Schulung in der Anwendung moderner Methoden der Unternehmensführung. Die Weiterbildung muß dazu beitragen, daß verwertbare Erkenntnisse aus Praxis und Forschung rasch und erfolgreich umgesetzt werden. Unternehmer verfehlen ihren Auftrag, wenn die Antwort auf die Dynamik von Technik und Innovation in der abwartenden Bewahrung des Erreichten liegt. Der verstärkte internationale Wettbewerb zwingt dazu, ständig neue Lösungen zu entdecken und anzuwenden. Unternehmer müssen offen sein für Veränderungen - gerade auch im Interesse der Beschäftigten. 3.3.3.4. Ausdrücklich bekennt sich die Kommission zur Modernisierung der Arbeitsorganisationsformen, vermeidet es aber, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. Dabei denkt der Ausschuß nicht etwa an Vorschläge zur Verbesserung innerbetrieblicher Ablaufprozesse, dies ist keine Aufgabe der Kommission oder anderer staatlicher Stellen. Wohl aber vermißt er einen konstruktiven Beitrag zur Gestaltung einschlägiger Rahmenbedingungen. Im übrigen wird die Suche nach neuen Formen der Arbeitsorganisation - einzelstaatlich oder auf Unionsebene - das vorhandene Potential an Kreativität und Produktivität nur dann voll ausschöpfen, wenn die Arbeitnehmer oder ihre rechtlich anerkannten Vertreter in den Suchprozeß einbezogen werden. Die fachliche Qualifikation und Motivation der Arbeitnehmer sind wichtige Ressourcen bei Lösung dieser vielschichtigen Aufgabe. Insoweit unterstützt der Ausschuß die Absicht der Kommission, den sozialen Dialog unter Berücksichtigung der nationalen Verfahren und Erfahrungen zu intensivieren. Das gilt auch für die Beteiligung der Sozialpartner an Initiativen, die sich auf die Beschäftigung auswirken. 3.3.3.5. Zustimmung verdient das Vorhaben der Kommission, durch Entwicklung eines Gesamtkonzepts günstige rechtliche Rahmenbedingungen für das geistige und industrielle Eigentum zu schaffen, vor allem im Bereich der Patente, der Warenzeichen, der Entwürfe und Modelle sowie der Ursprungsbezeichnungen. Die Instrumente für den Schutz des geistigen und gewerblichen Eigentums sind fast vollständig vorhanden: Münchner Patentübereinkommen, Patentzusammenarbeitsvertrag, EG-Verordnung über das Markenrecht, EG-Verordnung über das Geschmacksmusterrecht (noch in Vorbereitung), verschiedene Richtlinien zum Urheberrecht (Computerprogramme, Vermiet- und Verleihrecht, Schutzdauer). Zu bedauern ist nur, daß die Richtlinie über den Rechtsschutz biotechnischer Erfindungen im Europäischen Parlament gescheitert ist. Mit Sicherheit ein negatives Signal für die gesamte forschende Industrie. An den Außengrenzen räumt die Antipiraterie-Verordnung Nr. 3295/94 () den Zollbehörden das Recht ein, gegen Einfuhren vorzugehen, die Markenrechte, Urheberrechte oder Geschmacksmusterrechte verletzen. Freilich, ihr Erfolg hängt davon ab, ob es den Zollbehörden gelingt, in größerem Umfang verdächtige Sendungen auch tatsächlich zu erkennen. Deshalb sollte geprüft werden, welche praktischen Verbesserungen bei den Zollbehörden dafür nötig sind. Darüber hinaus ist es unerläßlich, die internationale Zusammenarbeit - auch mit den östlichen Partnerstaaten - zu verstärken, damit Piraterie schon in den Ursprungsländern wirksam bekämpft werden kann. 3.3.3.6. Zu begrüßen ist die Absicht der Kommission, die Entwicklung umweltverträglicher Techniken zu fördern und ihre rasche Verbreitung durch geeignete Rahmensetzung zu sichern. Die Palette der Möglichkeiten ist breit: angefangen von Recyclingtechniken zur Wiederverwertung von Produktionsrückständen und Abfällen bis hin zur Mikroelektronik, die auf der Produktions- und Anwendungsseite als umweltschonende Technik schlechthin bezeichnet werden kann. Nach Auffassung des Ausschusses wird die Herausbildung neuer Märkte spürbar erleichtert, wenn umweltpolitische Ziele zwar vorgegeben werden, den Unternehmen jedoch die Wahl des besten Weges überlassen bleibt. Dieser Ansatz begünstigt ein innovatives Klima, das den technischen Fortschritt beschleunigt und zugleich Anreize schafft für positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte. Hervorzuheben ist die richtige Einsicht der Kommission, daß Umweltschutz eine grenzüberschreitende Herausforderung ist, die nicht in nationalen Alleingängen bewältigt werden kann. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitglieder sollten - unter Mitwirkung der gesellschaftlichen Gruppen - das gewünschte und notwendige, ökonomisch verkraftbare Maß an Umweltschutz definieren, um auf dieser Grundlage wirkungsvolle Maßnahmen zur Erreichung der ökologischen Ziele beschließen und umsetzen zu können. Dabei scheint - so die Kommission - ein "globaler Ansatz ..., bei der die durch den internationalen Wettbewerb verursachten Bedingungen berücksichtigt werden, sinnvoller zu sein als weitere Steuern unterschiedlichster Art auf einzelne Erzeugnisse" (). 3.3.4. Entwicklung der industriellen Zusammenarbeit 3.3.4.1. Die Europäische Union ist für das Ergreifen von Maßnahmen der industriellen Zusammenarbeit (nicht) verantwortlich - so zu Recht die Kommission. Dies sei in erster Linie Angelegenheit der Unternehmen und der Unternehmer. Dennoch habe die Kommission die Aufgabe, die industrielle Zusammenarbeit zu fördern, u.a. durch Einrichtung von Gesprächsrunden der Industrie wie sie bereits mit Japan und den Ländern des Baltikums oder in bestimmten Industriezweigen bestuenden. Der Ausschuß bedauert, daß sich die Kommission über die Zusammensetzung dieser Gesprächsrunden ausschweigt. Auf jeden Fall sollte vermieden werden, etwa nur die "Gruppe der Generaldirektoren" zusammenzurufen, um über Maßnahmen der industriellen Zusammenarbeit zu beraten. Der Ausschuß hegt ernste Zweifel, ob Kommision und Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten allein in der Lage sind, derartige Fragen umfassend zu beurteilen und praxisorientierte Vorschläge zu machen. Zu begrüßen ist die Absicht der Kommission, rechtliche und steuerliche Hemmnisse für die industrielle Zusammenarbeit zu beseitigen und ein Grünbuch über die rechtlichen Instrumente der industriellen Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene vorzulegen. Auch unterstützt der Ausschuß das Anliegen der Kommission, die Länder des Ostens in einen Gesamteuropäischen Wirtschaftsraum zu integrieren. 3.3.4.2. Vorbehaltlos teilt der Ausschuß die Auffassung der Kommission, daß es für die Unternehmen in der Europäischen Union noch immer keine geeigneten Rechtsinstrumente für grenzüberschreitende Organisation und Zusammenarbeit gibt. Der Anwendungsbereich der Verordnung über die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung ist auf engbegrenzte Kooperationsfälle beschränkt. Nach großen Fortschritten bei der Rechtsangleichung im Bereich des Binnenmarktes ist es nunmehr an der Zeit, den Unternehmen europäische Rechtsformen zur Verfügung zu stellen. 3.3.4.3. Das gilt vor allem für die Vorschläge über die Europäische Aktiengesellschaft. Der Ausschuß hat sich zu diesem Vorhaben bereits mehrfach geäußert, zuletzt in seiner Stellungnahme zum Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (), und es für geeignet angesehen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Unternehmen zu verbessern und die wirtschaftliche Integration in der Gemeinschaft zu fördern. In gleichem Sinn äußert sich der Rat für Wettbewerbsfähigkeit: "Noch wichtiger als die potentiellen Kosteneinsparungen scheint dabei, daß kleinere und größere Unternehmen leichter europaweit expandieren könnten und so die Integration nachhaltig gefördert würde." Auch die Vorschläge zum Statut der Europäischen Genossenschaft, zum Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft und zum Statut des Europäischen Vereins können geeignete Rechtsinstrumente für bestimmte Tätigkeitsfelder darstellen und sind vom Ausschuß ausdrücklich begrüßt worden (). Der Ausschuß appelliert an den Rat, die aus politischen Gründen blockierten Beratungen über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft möglichst bald wieder aufzunehmen und die Vorschläge (Verordnung und Richtlinie) zu verabschieden. Der Binnenmarkt - so der Rat für Wettbewerbsfähigkeit - ist erst dann vollendet, wenn sich europäische Unternehmen auf flexiblere und effizientere Weise in der gesamten Union betätigen können. 3.3.4.4. Unklar ist die Forderung der Kommission nach Ausarbeitung eines kohärenten rechtlichen Ansatzes für eine wirksame gemeinsame Förderung europäischer Investitionen im Ausland. Zwar teilt der Ausschuß die Auffassung der Kommission, daß es für europäische Unternehmen außerordentlich wichtig ist, einen hohen Schutz eigener Direktinvestitionen in Drittländern zu erreichen, doch mit der Ausarbeitung eines umfassenden Investitionsschutzabkommens ist gegenwärtig bereits die OECD befaßt. Auf der Grundlage eines solchen Abkommens sollte nach Meinung des Ausschusses auch auf Ebene der WTO ein Investitionsschutzabkommen erarbeitet werden, welches die Entwicklungs- und Schwellenländer sowie die Staaten Mittel- und Osteuropas mit einschließt. 3.3.4.5. In der industriepolitischen Mitteilung und im Aktionsprogramm () wird die Zusammenarbeit mit den assoziierten Staaten Mitteleuropas und den unabhängigen Republiken der ehemaligen Sowjetunion wiederholt angesprochen. Der Ausschuß unterstützt die aufgelisteten Initiativen. Er hat sich in mehreren Stellungnahmen zu den Europaabkommen eingehend geäußert. Das gleiche gilt für die Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit einzelnen Republiken der GUS (Rußland, Ukraine und Weißrußland) (). Die von der Kommission vorgeschlagenen Initiativen decken allerdings nur wenige Aspekte der industriellen Zusammenarbeit mit den mittel- und osteuropäischen Staaten ab. 3.3.4.6. So umfaßt die vereinbarte industrielle Zusammenarbeit - um ein Beispiel zu wählen, das stellvertretend für andere Verträge stehen kann - im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Ukraine folgende Initiativen: Aufbau von Geschäftsbeziehungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern beider Seiten (z. B. im Hinblick auf den Transfer von Technologie und Know-how); Beteiligung der Gemeinschaft an den Anstrengungen (der Ukraine) zur Umstrukturierung und technischen Modernisierung ihrer Industrie; Verbesserung des Managements; Entwicklung geeigneter Regeln und Praktiken für den Handel (einschließlich Produktmarketing); Umweltschutz; Strukturanpassung der Industrieproduktion an die Standards der modernen Marktwirtschaft; Konversion des militärisch-industriellen Komplexes. 3.3.4.7. Daneben wird die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen eingehend behandelt. Sie schließt technische Hilfe (insbesondere zur Schaffung rechtlicher Grundlagen für die KMU) ebenso ein wie den Aufbau einer angemessenen Infrastruktur für die KMU und die Errichtung von Technologieparks. Ausführlich sind auch die Absprachen zur Investitionsförderung und zum Investitionsschutz. Vor allem wird abgestellt auf bessere Bedingungen für den Investitionsschutz, den Kapitaltransfer und den Austausch von Informationen über Investitionsmöglichkeiten. Der Ausschuß hat sich zu den Vertragsinhalten umfassend geäußert. Er verzichtet deshalb darauf, die in beiden industriepolitischen Mitteilungen enthaltenen Initiativen in Richtung der mittel- und osteuropäischen Staaten nochmals zu kommentieren und verweist insoweit auf seine Stellungnahmen zu den Europa-Abkommen sowie zu den Partnerschafts- und Kooperationsabkommen. 3.3.5. Gewährleistung eines gleichberechtigten Wettbewerbs 3.3.5.1. Eine offene Handelspolitik ist die notwendige Ergänzung zur Öffnung des Binnenmarktes - so die Kommission in ihrer industriepolitischen Mitteilung vom November 1990. Dieses Konzept impliziert, daß "die Spielregeln von allen Handelspartnern eingehalten werden, da die Wirtschaft der Gemeinschaft im Zuge ihrer immer stärkeren Öffnung immer empfindlicher durch Spielregelverletzungen berührt wird" (). Deshalb legt die Kommission besonderes Gewicht auf "fairen" Wettbewerb und "fairen" Handel. Beides seien die logische Folge des "freien" Handels. Um ihre Ziele zu erreichen, will die Kommission auslands- und binnenmarktbezogene Maßnahmen ergreifen. 3.3.5.2. Die Gewährleistung gleichberechtigten Wettbewerbs auf den Auslandsmärkten soll u.a. durch vollständigen Abschluß der Uruguay-Runde erreicht werden. Namentlich die Verhandlungen in den Bereichen Stahl, Luftfahrt und Dienstleistungen wie auch die Arbeiten zur Harmonisierung der nicht präferenziellen Ursprungsregeln müssen fortgesetzt und in überschaubarer Zeit abgeschlossen werden. Gefragt sind multilaterale Lösungen im Rahmen der WTO. Dazu gehört ebenfalls das Vorhaben der Kommission, sich im Zusammenwirken mit dem Internationalen Arbeitsamt an der Erörterung sozialer Fragen zu beteiligen, die vor allem der Förderung des sozialen Fortschritts dienen. 3.3.5.3. Zustimmung verdient die Absicht der Kommission, multilaterale Wettbewerbsregeln und wirksame Kontrollmechanismen anzustreben, um eine weitere Öffnung ausländischer Märkte durchzusetzen. Der Ausschuß gibt aber zu bedenken, daß das Vorhaben z.Z. unrealistisch ist. Innerhalb der Triade (Europäische Union, USA und Japan), in der der härteste Wettbewerb herrscht, existieren bereits wirksame Wettbewerbsgesetzgebungen, nur ihre Handhabung ist höchst unterschiedlich. Statt neuer Gesetze sollte die Kommission in einem ersten Schritt die Kooperation zwischen den bestehenden Wettbewerbsbehörden der Haupthandelspartner verbessern, um vor allem eine Konvergenz der Verwaltungspraktiken zu erreichen. Darüber hinaus sollten sich die Behörden bei internationalen Fällen über ihre Zuständigkeit einigen. Parallele Verfahren sowie eine extraterritoriale Anwendung nationaler Wettbewerbsregeln sollten künftig vermieden werden. Die Unternehmen haben bei globalen Transaktionen ein lebhaftes Interesse an kurzen und voraussehbaren Verfahren. Multilaterale Wettbewerbsregeln mit einem bindenden Streitschlichtungsverfahren können nur als Fernziel ins Auge gefaßt werden. Die Vorstellungen der einzelnen Staaten sind noch zu unterschiedlich. 3.3.5.4. Anders die Sachlage bei den mittel- und osteuropäischen Staaten. In seinen Stellungnahmen zu den Europa-Abkommen hat der Ausschuß die schlüssigen Vertragsbestimmungen zum Wettbewerb und zu den staatlichen Beihilfen uneingeschränkt befürwortet. Die Gemeinschaft sollte auf die assoziierten Vertragspartner einwirken, daß sie ihr nationales Wettbewerbsrecht möglichst eng an den Wettbewerbsregeln der Europäischen Gemeinschaft ausrichten. Dabei geht es nicht allein - wie die Kommission zu Recht schreibt - um die Angleichung der Rechtstexte, sondern zugleich um die Schaffung der administrativen Voraussetzungen, damit die Vorschriften auch wirklich greifen (). Was die Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit den Unabhängigen Republiken der ehemaligen Sowjetunion anbelangt, so hat der Ausschuß die Vereinbarungen über den Wettbewerb als Schwachstellen der Abkommen bezeichnet. Zwar werden die Vertragsstaaten mittelbar verpflichtet, ein eigenes Wettbewerbsgesetz zu erlassen und anzuwenden. Doch die Vereinbarungen sind - verglichen mit den Europaabkommen - so weich, so unverbindlich gefaßt, daß daraus kaum Ansprüche entstehen können, weder für die Vertragsparteien noch für die europäischen Unternehmen. Der Ausschuß hofft jedoch, daß das Interesse der Gemeinschaft darauf gerichtet ist, den östlichen Vertragspartnern im Kooperationsrat eine den EG-Grundsätzen angenäherte Wettbewerbsordnung zu empfehlen. 3.3.5.5. Im internationalen (europäischen) Handel sind es oft die "kleinen" Regelungen, die die größten Marktzutrittsschranken verursachen, zum Beispiel die Normen. Der Ausschuß hat verschiedentlich betont, daß harmonisierte Normen ein Schlüsselfaktor zur Integration der Märkte sind. Sie beseitigen technische Handelshemmnisse und wirken deregulierend, erleichtern die grenzüberschreitende industrielle Kooperation und ermöglichen die Nutzung von Potentialen der Größendegression in den Unternehmen. Der Ausschuß fordert die Kommission auf, ihre Anstrengungen zur Harmonisierung der Normen - auf Gemeinschaftsebene und international - zu verstärken und darauf hinzuwirken, daß vermehrt effiziente Normenanwendungsverfahren geschaffen werden. Die Kommission muß diese Probleme auch in Zusammenarbeit mit ihren Welthandelspartnern möglichst rasch anpacken. Der Ausschuß begrüßt deshalb die Ankündigung der Kommission, ein "Industrial Assessment Mechanism" zu schaffen. Gerade bei den Bemühungen um Öffnung der japanischen Märkte hat sich dieses Instrument für das gegenseitige Verständnis als wirksam erwiesen. 3.3.5.6. Dringenden Handlungsbedarf sieht der Ausschuß in einer besseren Koordinierung zwischen der einzelstaatlichen und der gemeinschaftlichen Investitionsförderung. Ziel der Koordinierung muß es sein, die Effizienz, Transparenz und Wirksamkeit der Investitionsförderung zu erhöhen sowie Doppelarbeit und die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden. Auch das Exportförderungssystem der Gemeinschaft ist verbesserungsfähig. Vor allem fehlt es an Transparenz. Mitgliedstaaten, private Kammern und die Gemeinschaft haben parallele Strukturen aufgebaut. Die damit verbundene Doppelarbeit verursacht ebenfalls erhebliche Kosten.Nach Ansicht des Ausschusses sollte ein Wettlauf zwischen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Exportfördermaßnahmen verhindert werden. Bestehende Strukturen sollten auf ihre Effizienz hin überprüft werden. 3.3.5.7. Obschon der Ausschuß mit der Kommission in einer Mehrzahl der vorgeschlagenen Maßnahmen übereinstimmt, warnt er davor, "fairen" Wettbewerb auf internationaler Ebene mit Hilfe einseitig ausgerichteter Initiativen erreichen zu wollen. Bedenklich stimmt vor allem die Absicht der Kommission, die "Wirksamkeit und Handhabbarkeit der handelspolitischen Instrumente unter Berücksichtigung der Entwicklung der Produktions- und Handelsstrukturen, insbesondere der Folgen der zunehmenden Internationalisierung der Produktion" zu verbessern. In gleiche Richtung zielt das Vorhaben der Kommission, "die handelspolitischen Instrumente zur Entwicklung der Dienstleistungen im Zusammenhang mit der zunehmenden Entmaterialisierung der Wirtschaft und zum einwandfreien Funktionieren der entsprechenden Märkte" () einzusetzen. Diese Formulierungen wecken Zweifel an der grundsätzlich weltoffenen Konzeption der Gemeinschaft. Weitaus besser wäre es, die Kommission würde mit ihren Handelspartnern - im Sinne des angekündigten Industrial Assessment Mechanism - konkrete Probleme in den dafür vorgesehenen bi- und multilateralen Verfahren lösen. 3.3.5.8. Mit Blick auf den Binnenmarkt bedauert der Ausschuß, daß die Kommission im wettbewerbspolitischen Bereich schwerpunktmäßig allein auf die Beihilfen eingeht. Damit wird sie der Rolle der Wettbewerbspolitik als einer tragenden Säule der europäischen Industriepolitik nur unzureichend gerecht. Soweit die Kommission die Wettbewerbsregeln des Vertrags und ihr Funktionieren überhaupt anspricht, begnügt sie sich mit Selbstverständlichkeiten, etwa der Rolle von strategischen Allianzen. Strategische Allianzen sind nichts anderes als Kooperationen von Unternehmen auf Weltmarktebene. Sie verdienen weder eine bevorzugte noch eine benachteiligte Behandlung seitens der Wettbewerbsbehörden. Ein gesteigertes Gefahrenpotential, das es rechtfertigen würde, die "Verwirklichung einer kohärenten und abgestimmten Vorgehensweise gegenüber strategischen Allianzen" zu einem Tätigkeitsschwerpunkt zu machen, vermag der Ausschuß nicht zu erkennen. 3.3.5.9. Die Wettbewerbspolitik der Union hat mit der Internationalisierung der Unternehmensaktivitäten nicht Schritt gehalten. Das Verfahrensrecht für Wettbewerbssachen - mit Ausnahme das der Fusionskontrolle - stammt aus den Anfängen der 60er Jahre und war auf sechs Mitgliedstaaten zugeschnitten. Für die Union der fünfzehn Staaten ist es veraltet und entspricht nicht dem Stand der Rechtsprechung. Das gilt insbesondere für den Bereich der Grund-, Anhörungs- und Verteidigungsrechte. Die Unternehmen beklagen ferner die viel zu langen Verfahren, die komplizierte Rechtslage, die mangelnde Transparenz der Entscheidungsverfahren sowie die fehlende Prioritätensetzung der Kommission bei der Behandlung von Fällen. 3.3.5.10. Die bisherige Politik der Kommission, sämtliche vertikalen Kooperationen dem Wettbewerbsverbot des Artikels 85 EG-Vertrag zu unterwerfen, sollte überprüft werden. Sofern keine Einschränkungen des Wettbewerbs vorliegen, sollte ein flexibles Verfahren Anwendung finden. Die von der Kommission erlassenen Gruppenfreistellungsverordnungen für bestimmte Kategorien von Verträgen führen zu einer unübersichtlichen, z.T. widersprüchlichen Rechtslage. Wettbewerbspolitisch entsteht eine Schieflage, weil die Kommission die Unternehmen zu gleichförmigen Verträgen zwingt. Der Ausschuß weist darauf hin, daß in einem europäischen Binnenmarkt die Unternehmen grundsätzlich die Freiheit über die Organisation ihres Vertriebs haben müssen. Mit Genugtuung nimmt der Ausschuß zur Kenntnis, daß die Kommission in Kürze ein Grünbuch über die künftige wettbewerbliche Behandlung dieser Fälle herausbringen wird. Der Ausschuß regt bereits jetzt an, nur solche vertikalen Kooperationen aufzugreifen, die spürbare Marktzutrittsschranken im Binnenmarkt zu errichten drohen. Erst wenn dieses Stadium überschritten wird, kann sinnvollerweise von einer Wettbewerbsbeschränkung i.S. des Artikels 85 Absatz 1 EG-Vertrag gesprochen werden. 3.3.5.11. Stärker als in der Vergangenheit sollte die Kommission die internationale Wettbewerbssituation berücksichtigen. Der Ausschuß äußert sein Bedauern darüber, daß die Kommission in ihrer Praxis nicht konsequent genug eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an den Tag legt. Greifbares Beispiel: In der jüngsten Verwaltungspraxis wird die Kommission bei der Abgrenzung der relevanten Märkte zunehmend restriktiver. Dies gilt namentlich für die europäische Zusammenschlußkontrolle, aber auch für die Anwendung des Artikels 85 EG-Vertrag. Der Ausschuß empfiehlt der Kommission erneut, in ihrer künftigen Praxis stärker den internationalen Wettbewerb zu berücksichtigen. Nicht nur in Europa, auch weltweit befinden sich die Märkte im Umbruch (Stichwort hier: Informationsgesellschaft). Das Wettbewerbsrecht darf nicht zu einem Hemmschuh für die notwendige Umstrukturierung der Unternehmen werden. 3.3.5.12. Vorbehaltlos begrüßt der Ausschuß die Ankündigung der Kommission, ihre Politik der Kontrolle einzelstaatlicher Beihilfen zu überprüfen. Hingegen hat der Ausschuß Vorbehalte gegen die Aussage der Kommission, die Erreichung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts stehe stets in Einklang mit dem Lehrsatz, daß lauterer Wettbewerb zu einer Verringerung einzelstaatlicher Beihilfen führen sollte. Die öffentlichen Beihilfen der Mitgliedstaaten (einschließlich der Regionen, Kommunen und anderer Stellen) sollten insgesamt verringert werden, wobei die regionalen Ungleichgewichte zu berücksichtigen seien. Die Genehmigungskriterien für die Beihilfen müßten überprüft, die Kohärenz zwischen Strukturpolitiken und Überwachung der einzelstaatlichen Beihilfen sollte verbessert und die bestehenden Regeln müßten vereinfacht werden. Der Ausschuß unterstreicht Bedeutung und Dringlichkeit der angekündigten Maßnahmen. In einem funktionierenden Binnenmarkt spüren die Unternehmen stärker und unmittelbarer wettbewerbsverzerrende Auswirkungen von einzelstaatlichen Fördermaßnahmen, aber auch von Förderprogrammen der Gemeinschaft. 3.3.5.13. Die Ergebnisse des jüngsten Beihilfenberichts der Kommission bestätigen die Befürchtungen des Ausschusses, daß die einzelstaatlichen Beihilfen an die Industrien der Mitgliedsländer im Jahresdurchschnitt des Berichtszeitraums (1990-1992) nur leicht geschrumpft sind (). Gemessen an der Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes fielen die staatlichen Beihilfen in den vier größten Volkswirtschaften () der Europäischen Union im Durchschnitt lediglich von 4 % (1988-1990) auf 3,3 % (1990-1992), während derselbe Indikator für die im Aufholprozeß befindlichen Länder (Griechenland, Irland, Portugal und Spanien) wesentlich stärker von durchschnittlich 6 % auf knapp 3 % zurückgegangen ist. Ähnlich unbefriedigend entwickelten sich die Anteilssätze an den gesamten Beihilfeausgaben in der Union: Der Anteil der vier kleineren Staaten sank von durchschnittlich 15 % (1988-1990) auf 8 % (1990-1992), während für die vier größten Länder nur ein Rückgang von 82 % (1988-1990) auf gut 72 % (1990-1992) verbucht werden konnte. Zwischen den Mitgliedstaaten bestehen also nach wie vor erhebliche Unterschiede, die sich im Berichtszeitraum - relativ gesehen - noch zu Ungunsten der kleineren Staaten vergrößert haben. Zu Recht stellt die Kommission fest, daß der geringere Rückgang der öffentlichen Beihilfen im Durchschnitt der vier größten Mitgliedstaaten im Widerspruch zum Ziel der Kohäsion steht. Zwar werden die durch öffentliche Beihilfen verursachten Wettbewerbsverzerrungen z.T. durch Interventionen aus den Strukturfonds gemindert, doch reicht dies keinesfalls dazu aus, dieses Ziel der Gemeinschaft zu verwirklichen. 3.3.5.14. Bereits in seiner industriepolitischen Stellungnahme von 1991 () appellierte der Ausschuß an die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere an die vier größten Länder, den Subventionsschungel weiter zu lichten und die einzelstaatlichen Beihilfen spürbar zu kürzen. Der Ausschuß fordert die Mitgliedstaaten wie auch die Gemeinschaft erneut auf, die von ihnen gewährten Beihilfen endlich einer strengen Notwendigkeitskontrolle zu unterwerfen. Gemeinschaftsweit muß das Beihilfenvolumen deutlich reduziert werden. Für die Förderpolitik der Gemeinschaft haben die gleichen Beihilfenregeln zu gelten wie für die Mitgliedstaaten (Artikel 92 EG-Vertrag). Die Kommission muß darüber hinaus Wettbewerbsverzerrungen, die durch direkte und indirekte öffentliche Beihilfen verursacht werden, besser erfassen und auswerten. Sie sollte deshalb die Konkurrenten stärker anhören, ein ausgeprägtes Prioritätenmanagement betreiben und prüfen, ob - ohne übermäßige Bürokratie - ein öffentlich zugängliches Register für alle gewährten Beihilfen bei der Kommission eingerichtet werden könnte. Strenge Beihilfendisziplin - so die Kommission - ist "eine Voraussetzung für mehr Wettbewerb, ohne den die vom Binnenmarkt erwarteten Gewinne in nur sehr geringem Umfang realisiert werden können". Im Hinblick auf den globalen Wettbewerb muß jedoch die Kommission auch die Beihilfenpraxis von Drittländern in Betracht ziehen. Auf jeden Fall sollen spürbare Beihilfen von Drittstaaten, die gegen den GATT-Beihilfenkodex verstoßen, von der Kommission vor den Streitschlichtungspanel der WTO gebracht werden. 3.3.6. Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand 3.3.6.1. In ihrer industriepolitischen Mitteilung und im Aktionsprogramm () hat die Kommission - zu Recht - mehrfach betont, daß die Hauptverantwortung für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit bei den Unternehmen liege. Die Rolle der öffentlichen Hand sei - wie schon angedeutet - vor allem die eines Katalysators und innovativen Wegbereiters, von dem die Unternehmen klare und berechenbare äußere Rahmenbedingungen und Perspektiven für ihre Tätigkeit erwarten könnten. Mehr noch: Aufgrund ihrer wichtigen Funktion sowohl als Kunde wie auch als Investor könne die öffentliche Hand entscheidend zur Förderung einer dynamischen Entwicklung der Märkte beitragen. Der Auschuß begrüßt die Initiative der Kommission, die Aufgaben der öffentlichen Hand ordnungs- und prozeßpolitisch neu zu definieren. Dazu gehört auch, daß das Instrumentarium, mit dem der Staat seine vielfältigen Gestaltungsaufgaben wahrnimmt, zielgerichtet weiterentwickelt wird. Wer allerdings im industriepolitischen Aktionsprogramm nach konkreten Vorschlägen der Kommission sucht, wird enttäuscht. Statt dessen heißt es lapidar, die neue Definition der Aufgaben der öffentlichen Hand sei noch festzulegen. 3.3.6.2. Zugleich bedauert der Ausschuß, daß die Kommission in ihrem Aktionsprogramm nur sporadisch und in Segmenten auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingeht. Wiederholt hat der Ausschuß in seinen einschlägigen Stellungnahmen die Bedeutung von stabilen und vorhersehbaren makroökonomischen Rahmenbedingungen für eine Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit herausgestellt. Wer langfristig investieren will, muß entsprechend kalkulieren können - Kosten wie Erträge. Je eher es gelingt, die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das unternehmerische Handeln zu verbessern, desto rascher werden die Spielräume für alle am Wirtschaftsprozeß Beteiligten erweitert und die Anreize zur Übernahme wirtschaftlich-technischer Risiken sowie zur Leistungsbereitschaft verstärkt. Von Bedeutung sind daneben auch die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen, deren strukturprägende Wirkungen zumeist vernachlässigt werden. 3.3.6.3. Auch die Bedeutung der Infrastruktur und namentlich der Transeuropäischen Netze (TEN) wird im Aktionsprogramm der Kommission nur ungenügend angesprochen. Eine hochentwickelte Industrie benötigt leistungsfähige Infrastrukturen. Von diesem Ziel ist die Europäische Union noch weit entfernt. Selbst die traditionellen Infrastrukturen im Verkehr sind nicht mehr zufriedenstellend. Zunehmende Staus und Engpässe mit spürbaren Wohlfahrtsverlusten signalisieren dringenden Handlungsbedarf. Besonderer Nachholbedarf besteht in den meisten Mitgliedstaaten bei zukunftsträchtigen Infrastrukturen, wie denen der Informationstechnologien. Erhebliche Defizite zeigen sich zudem bei der transeuropäischen Vernetzung. Der Ausschuß unterstreicht erneut, daß leistungsfähige Infrastrukturen einen hohen ökonomischen Mehrwert für die europäische Industrie darstellen. Durch Senkung der Transaktions- und Zirkulationskosten wird die Produktivität erhöht. Schließlich moniert der Ausschuß, daß trotz wohlformulierter Erklärungen noch nicht einmal die organisatorischen, technischen und finanziellen Probleme für Projekte gelöst wurden, die vom Europäischen Rat ausdrücklich mit höchster Priorität versehen worden sind. 3.3.6.4. Im übrigen sollten sich Rat und Kommission entschieden gründlicher als bislang mit der Frage auseinandersetzen, wie ein koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten sichergestellt werden kann. Schließlich verpflichtet Artikel 130 Absatz 1 EG-Vertrag die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten, gemeinsam die notwendigen Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Industrie der Gemeinschaft zu gewährleisten. Vordringlich sind auf makroökonomischer Ebene - so auch der Rat in seiner Entschließung vom 21. November 1994 () - die konsequente Ausrichtung der Politik der Mitgliedstaaten an den Konvergenzzielen der Gemeinschaft, die entschlossene Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung auf allen staatlichen Ebenen, die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie die langfristige Verläßlichkeit staatlichen Handelns. Von gleicher Bedeutung ist die Begrenzung der finanziellen und nichtfinanziellen Belastung der Unternehmen, um deren Investitionsfähigkeit zu stärken und die Chancen zu vergrößern, neue Arbeitsplätze zu schaffen. 3.3.6.5. Weitere Ansatzpunkte für ein gemeinsames staatliches Handeln bieten sich bei der Förderung von gesellschaftlich bedeutsamen Wachstumsfeldern, wie sie die Kommission im Rahmen ihrer strategischen Zielsetzungen erwähnt. Gefordert ist auch hier eine engere Kooperation und effizientere Koordinierung bei den zu ergreifenden Maßnahmen. Nach Auffassung des Ausschusses verfügen die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten in diesen Wachstumsfeldern über erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten, das gilt insbesondere für den gesamten Infrastrukturbereich (z. B. Verkehr, Energie, Umwelt). Die einsetzbaren Instrumente sind zahlreich: Sie reichen von der öffentlichen Auftragsvergabe bis hin zu den verschiedenen Mischformen der Finanzierung (etwa im Bereich der Energieinfrastruktur). Weitere Gestaltungsmöglichkeiten haben Gemeinschaft und Mitgliedstaaten bei Setzung von rechtlichen, ordnungspolitischen, normativen und politischen Bedingungen. Dies zeigt sich namentlich in den Bereichen der Informations-, Bio- und Umwelttechniken. Aus Sicht des Ausschusses sollten die staatlichen Ebenen ihre Gestaltungsaufgabe gezielt wahrnehmen, um durch richtige Rahmensetzung innovative Impulse freizusetzen. Dazu gehört auch, privatwirtschaftlichem Engagement - wo immer möglich und vertretbar - den Weg zu ebnen. 3.3.6.6. Die Fortführung des Deregulierungsprozesses ist für die Kommission integrierender Bestandteil ihres Aktionsprogramms. Dabei geht es zum einen um den Abbau von Unterschieden zwischen abweichenden einzelstaatlichen Vorschriften (Artikel 101 und 102 EG-Vertrag), zum anderen um die Beseitigung überfluessiger und hemmender bürokratischer Vorschriften . Schon 1990 schrieb die Kommission, der Binnenmarkt sei so unbürokratisch wie möglich zu verwirklichen. Auch der Ausschuß wies in seiner damaligen industriepolitischen Stellungnahme darauf hin, daß zu viele, zu wenig an ökonomischen Kriterien orientierte und zu komplizierte Vorschriften stets die Gefahr in sich bergen, die Selbstregulierungskräfte des Marktes zu schwächen und - vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen - die notwendige Flexibilisierung zu gefährden. Zugleich betonte er, daß die erforderliche Flexibilität der Unternehmen das soziale Schutzniveau der Arbeitnehmer nicht in Frage stellen dürfe. Ein angemessenes soziales Schutzniveau - so auch die Kommission - biete ein "Sicherheitsnetz", das die Risiken des (strukturellen) Wandels verringere und so die Mobilität erhöhe. 3.3.6.7. Inzwischen hat eine unabhängige Sachverständigengruppe ihren Bericht "Zur Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften" dem Europäischen Rat in Cannes (26. und 27. Juni 1995) vorgelegt (). Der Rat hat ihn kommentarlos zur Kenntnis genommen und die Kommission gebeten, "konkrete Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungsvorschriften" noch vor Jahresende zu unterbreiten. Der Ausschuß stimmt dem Europäischen Rat darin zu, daß zur Stimulierung von Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation Reglementierungsauswüchse dort zu bekämpfen sind, wo eine Vereinfachung gerechtfertigt ist, ohne dabei den Besitzstand in Frage zu stellen. Gefragt sind - mit anderen Worten - Regulierungen, die den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel längerfristig stützen und den Drang von Gesetzgebung und Verwaltung nach Perfektion in Grenzen halten. In etwa gleiche Richtung weist das Europäische Parlament in seinem Bericht zu der industriepolitischen Mitteilung (). Darin heißt es sinngemäß: Gefragt sei eine vernünftige und innovative Regulierung. Sie umfasse - je nach Ausgangslage - auch den Abbau überfluessig gewordener Regelungen, die Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren, die verstärkte Nutzung marktwirtschaftlicher Anreize und ggf. die Privatisierung. 3.3.6.8. Der Ausschuß begrüßt, daß die Experten in einem allgemeinen Teil Verfahrensvorschläge gemacht haben, um die Flut von Regulierungsmaßnahmen einzudämmen. Wichtig in diesem Berichtsteil ist vor allem die Anregung, zur Vorbereitung von Gesetzesvorschlägen die von der neuen Vorschrift am stärksten betroffenen Kreise, insbesondere Verbraucher, Unternehmen und Arbeitnehmer, "wirkungsvoll, systematisch und rechtzeitig" zu konsultieren. Von Bedeutung auch die Anregung, bei jedem neuen Vorschlag in der Begründung auf die erwarteten positiven wie negativen Folgen für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit sowie für Kosten und Innovation hinzuweisen. Und schließlich unterstützt der Ausschuß den Vorschlag, die Kommission solle die Vereinfachung der Rechtsvorschriften auf EU- und Länderebene aufmerksam verfolgen und dem Europäischen Rat darüber berichten. Der Ausschuß geht davon aus, daß das Europäische Parlament und der Wirtschafts- und Sozialausschuß ebenfalls informiert werden. 3.3.6.9. Mit Hilfe der strukturpolitischen Finanzinstrumente will die Kommission den industriellen Wandel unterstützen und beschleunigen. Dabei geht es namentlich um Erleichterungen im Rahmen der neuen Programme für Gemeinschaftsinitiativen (), um Bildung von Partnerschaften zwischen Großunternehmen und KMU sowie um Errichtung von Netzen und Tätigkeitsschwerpunkten (clusters). Der Ausschuß zeigt Verständnis für diese Vorhaben, gibt aber zu bedenken, daß z. B. der Aufbau von Partnerschaften, also die strukturierte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, ausschließlich in der Verantwortung der beteiligten Unternehmen liegt. Jede staatliche Einflußnahme, die über eine Katalysatorfunktion hinausginge, wäre verfehlt. Der Ausschuß unterstellt, daß dies auch die Überzeugung der Kommission ist. Er empfiehlt deshalb, solche Aktionsfelder besonders sorgfältig zu formulieren, um jede falsche Signalwirkung von vornherein auszuschließen. Auf der anderen Seite wächst - nicht zuletzt unter dem Eindruck eines tiefgreifenden strukturellen Wandels - bei allen Betroffenen die Bereitschaft zum Gespräch. Die verschiedenen Parteien, die industriepolitischen Akteure, zum Dialog zusammenzuführen und gemeinsam nach erfolgversprechenden Lösungsansätzen zu suchen, sollte von der öffentlichen Hand gefördert werden. Die anstehenden Probleme sind zu schwierig, als daß sie im Wege harter Konfrontation und zunehmender Polarisierung gelöst werden könnten. Der Staat (Mitgliedstaaten und Europäische Union) hat hier eine wichtige Rolle als Moderator zu spielen. 3.3.6.10. Zur Finanzierung verschiedener Initiativen des Aktionsprogramms verweist die Kommission mehrfach auf die Nutzung der Strukturfonds der Gemeinschaft. Für den Ausschuß ein naheliegender Ansatz, doch die Besorgnis wächst, daß die EU-Strukturfonds durch immer weitere Ausdehnung der Förderziele überfordert werden und an Zielgenauigkeit einbüßen. Bislang haben sich die EU-Strukturfonds zur Erfuellung ihrer Aufgaben im Kern bewährt. Um zu vermeiden, daß sich dies in Zukunft ändert, sollte die Kommission den Katalog förderungswürdiger Maßnahmen fortlaufend überprüfen und eine stärkere Schwerpunktsetzung vornehmen. Auch wäre die Finanz- und Erfolgskontrolle der Fördermaßnahmen zu verbessern. Erfreuliche Ansätze zeigen sich bereits in den Prüfberichten des Europäischen Rechnungshofs. Als ersten Schritt empfiehlt der Ausschuß eine zeitnahe Evaluierung, die es ermöglicht, nicht ausreichend erfolgversprechende Maßnahmen frühzeitig abzubrechen. Mit Blick auf die zusätzlichen Finanzierungswünsche scheint es dem Ausschuß überdies geboten, die einzelnen Fonds untereinander enger als in der Vergangenheit zu koordinieren. 3.3.7. Der Zeitplan für das Aktionsprogramm 3.3.7.1. Der Zeitplan - als grobe Orientierungshilfe gedacht - läßt sich kaum kommentieren; hier spielen viele Einflußfaktoren, die allein die Kommission kennt, eine Rolle. Bedauerlich allerdings, daß bei einigen wichtigen Aktionen zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit anscheinend noch keine Vorstellungen über die einzuleitenden Schritte und den damit zusammenhängenden Zeitrahmen bestehen. Das gilt für die dringend gebotene Überprüfung der Genehmigungskriterien für Beihilfen ebenso wie für die verbesserte Kohärenz zwischen Strukturpolitiken und Überwachung staatlicher Beihilfen oder zwischen den Regelungen für staatliche Beihilfen und gemeinschaftlichen Finanzierungsbedingungen im Rahmen anderer nichtstruktureller Politiken. Bleibt zu hoffen, daß der vom Rat für 1996 angeforderte Bericht über den Fortgang der Maßnahmen und über etwaige Anpassungen von der Kommission dazu genutzt wird, bestehende Lücken im (mehrjährigen) Aktionsprogramm und im Zeitplan zu schließen, um überzeugende industriepolitische Schwerpunkte für kommende Jahre setzen zu können. 4. Zur Koordinierung der industriepolitischen Aktivitäten 4.1. In ihrer industriepolitischen Mitteilung zeigt sich die Kommission darüber besorgt, daß die öffentlichen Entscheidungszentren, die Einfluß auf die Industrietätigkeit nehmen, immer zahlreicher werden und ihre Verantwortung ohne Gesamtüberblick und ständige Koordinierung wahrnehmen (). Der Ausschuß teilt diese Besorgnisse und erinnert die Kommission an Artikel 130 EG-Vertrag, der in Absatz 2 ausdrücklich vorsieht, daß die Mitgliedstaaten - in Verbindung mit der Kommission - einander konsultieren und - soweit erforderlich - ihre (industriepolitischen) Maßnahmen koordinieren. Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind. Für den Ausschuß besteht in Anbetracht der gesammelten Erfahrungen dringender Handlungsbedarf. Er fordert die Kommission zugleich auf, möglichst rasch zu prüfen, wie die notwendige "Vereinfachung und kohärente Gestaltung der vielfältigen Einrichtungen, die im Bereich der Industriepolitik Maßnahmen ergreifen", gewährleistet werden kann. Doppelarbeit und damit einhergehend Effizienzverluste im Bereich der Industriepolitik sollten weitgehend unterbunden werden. 4.2. Aus Sicht des Ausschusses umfaßt die Koordinierungsaufgabe der Kommission zwei Schwerpunkte: Zum einen geht es um die Koordinierung der einzelstaatlichen Industriepolitiken und um ihre Abstimmung mit den industriepolitischen Initiativen auf Gemeinschaftsebene. Zum anderen bedarf es zwischen den Dienststellen der Kommission einer engeren Koordinierung der zahlreichen industriepolitischen Aktivitäten. - Nach Ansicht des Ausschusses ist die Koordinierung der einzelstaatlichen Industriepolitiken untereinander und die Abstimmung mit den entsprechenden Aktivitäten auf Gemeinschaftsebene vordringlich. Deshalb sollte der Rat den von der Kommission vorgelegten Beschlußvorschlag über die Umsetzung eines gemeinschaftlichen Aktionsprogramms für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie () verabschieden. Die Aktionsschwerpunkte sollten von der Kommission und den Mitgliedstaaten ohne zeitliche Verzögerung umgesetzt werden. Erfreut zeigt sich der Ausschuß, daß die auf Gemeinschaftsebene geführte Diskussion über die richtige, marktkonforme Industriepolitik positive "Kettenreaktionen" in den Mitgliedstaaten der Union ausgelöst hat. Nunmehr kommt es darauf an, einen gemeinsamen industriepolitischen Weg zu finden, der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen stärkt und damit neue Arbeitsplätze schafft. - Um die Koordinierung auf Gemeinschaftsebene zu verbessern, hat die Kommission mehrere High-Level-Panels (z. B. für die maritime Industrie, die aeronautische Industrie oder das "auto-oil-Programm") eingerichtet. Diese ermöglichen eine erste Prioritätensetzung. Daneben existieren aber (oder sind geplant) High-Level-Gruppen für die Informationsgesellschaft sowie Round Tables für einzelne Länder (Japan, Rußland) und Regionen (Mittel- und Osteuropa, Mittelmeerraum und Asien). Bereits eingesetzt oder vorgesehen sind schließlich Task Forces für ausgewählte Bereiche, um beispielsweise europäische Forschungsziele gemeinsam zu definieren und Forschungsprogramme besser aufeinander abzustimmen (u.a. Auto der Zukunft, Multimedia-Lernprogramme oder Flugzeugbau). 4.3. Der Ausschuß unterstreicht die Bedeutung des sozialen Dialogs. Er ist der Ansicht, daß dieser in sich ein wichtiges Element der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie darstellt. 4.4. Obwohl der Ausschuß den ständigen Dialog zwischen öffentlicher Hand und den verschiedenen Gruppen durchaus unterstützt, zeigt er sich gleichwohl besorgt über die Anzahl dieser Beratungsgremien und die Dynamik, mit der sie sich vermehren. Will man die Arbeit solcher Gremien sinnvoll koordinieren und ihre Arbeit effektiv gestalten, muß sich ihre Anzahl in vernünftigen Grenzen halten. Zudem sollten Versuche, die Mitwirkung dieser Beratungsgremien am staatlichen Willenbildungsprozeß zu institutionalisieren, bereits im Ansatz vereitelt werden. Die Gremien können lediglich beratende Funktion haben, sie dürfen nicht zu Entscheidungsträgern der Politik werden. Der Ausschuß regt an, bei Konstituierung dieser Gremien für transparente Auswahlkriterien zu sorgen und stärker als bislang auf die jeweils fachlich kompetente Zusammensetzung zu achten; dazu gehört auch, daß die gesellschaftlichen Gruppen (z. B. Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter) angemessen berücksichtigt werden. Schließlich sollte die Kommission die Ergebnisse der Beratungen der Öffentlichkeit vorstellen und für ein entsprechendes Follow-up sorgen. In diesem Sinne fordert der Ausschuß die Kommission auf, unter Berücksichtigung der Anregungen des Ausschusses, ihre angekündigten Initiativen ohne Verzögerung in die Tat umzusetzen. Dazu gehört natürlich auch, daß politisch sensible Themen, wie etwa die Modernisierung der Rolle der öffentlichen Hand, nicht länger auf die lange Bank geschoben werden. Geschehen zu Brüssel am 22. November 1995. Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses Carlos FERRER () Dok. KOM (70) 100 endg. () Einen Überblick über die vielfältigen industriepolitischen Maßnahmen bietet die Untersuchung der International Trade Commission der Vereinigten Staaten: Foreign Industrial Targeting and its Effects on U.S. Industries. Phase II: The European Community and Member States. Report to the Subcommittee on Ways and Means, U.S. House of Representatives on Investigation, No. 332-162. USITC Publication 1517, April 1984. () Dok. KOM (90) 556 endg. () ABl. Nr. C 40 vom 17. 2. 1992. () Dok. SEK (95) 437 endg. () ABl. Nr. C 34 vom 2. 2. 1994, S. 83; ABl. Nr. C 388 vom 31. 12. 1994, S. 41. () Ordnungspolitische Orientierung für die Europäische Union (Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft), Tübingen, 31. 8. 1994. () ABl. Nr. C 343 vom 6. 12. 1994, S. 1. () Dok. SEK (95) 437 endg. () Dok. KOM (94) 523 endg. () ABl. Nr. C 295 vom 22. 10. 1994, S. 47. () Förderung der Europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Erster Bericht an den Präsidenten der Kommission sowie die Staats- und Regierungschefs (Rat für Wettbewerbsfähigkeit, Juni 1995). () Europäische Kommission: Panorama der EU-Industrie - 1994. () Europäische Kommission: Panorama der EU-Industrie - 1994. () K. Kleinfeld, Benchmarking für Prozesse, Produkte und Kaufteile. Ein Weg zu permanenter Verbesserung im Unternehmen. In: Marktforschung und Management, Jg. 38, 1. Quartal 1994. () Die Europäische Wettbewerbsfähigkeit. Der Weg zu Wachstum und Arbeitsplätzen. (European Round Table of Industrialists, 15. 11. 1994). () Dok. KOM (95) 87 endg. () Dok. KOM (94) 319 endg. () ABl. Nr. C 343 vom 6. 12. 1994. () Dok. SEK (95) 437 endg. () Dok. KOM (95) 87 endg. () Dok. KOM (94) 319 endg. () ABl. Nr. C 393 vom 31. 12. 1994, S. 14. () ABl. Nr. C 110 vom 2. 5. 1995, S. 37. () Dok. IP (95) 150. () Dok. KOM (94) 347 endg. () Dok. KOM (94) 207 endg. () ABl. Nr. C 393 vom 31. 12. 1994, S. 221. () Dok. KOM (95) 87 endg. () ABl. Nr. C 40 vom 17. 2. 1992, S. 31. () Vgl. Stellungnahme des WSA, ABl. Nr. C 52 vom 19. 2. 94, S. 37. () Dok. KOM (94) 319 endg. () ABl. Nr. C 124 vom 21. 5. 1990, S. 34. () ABl. Nr. C 223 vom 31. 8. 1992 (S. 42, 48 und 52 in der deutschen Fassung). () Dok. KOM (94) 319 endg., Dok. KOM (95) 87 endg. () ABl. Nr. C 339 vom 31. 12. 1991; ABl. Nr. C 19 vom 25. 1. 1993; ABl. Nr. C 129 vom 10. 5. 1993; ABl. Nr. C 102 vom 24. 4. 1995. () Dok. KOM (90) 556 endg. () Dok. KOM (95) 163 endg. () Dok. KOM (94) 319 endg. () Dok. KOM (95) 365 endg. () Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen vor Oktober 1990. () ABl. Nr. C 40 vom 17. 2. 1992, (S. 31 deutsche Fassung). () Dok. KOM (94) 319 endg.; Dok. KOM (95) 87 endg. () ABl. Nr. C 343 vom 6. 12. 1994. () Bericht der Gruppe unabhängiger Experten für die Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften (Dok. KOM (95) 288 endg./2). () Bericht über die Mitteilung der Kommission über eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union (Dok. KOM (94) 319 endg.). Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitiik. Europäisches Parlament - 29. 5. 1995. () Speziell die Initiativen KMU, ADAPT und auch LEONARDO. () Dok. KOM (94) 319 endg. () Dok. KOM (95) 87 endg.