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Document 51995IE1305

STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zum Thema "Legislativprogramm der Kommission für den Verkehr/Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik (GVP)"

ABl. C 39 vom 12.2.1996, p. 43–47 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51995IE1305

STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zum Thema "Legislativprogramm der Kommission für den Verkehr/Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik (GVP)"

Amtsblatt Nr. C 039 vom 12/02/1996 S. 0043


Stellungnahme zum Thema "Legislativprogramm der Kommission für den Verkehr/Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik (GVP)" (96/C 39/09)

Der Wirtschafts- und Sozialausschuß beschloß am 30. März 1995 und am 4. Juli 1995 gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Geschäftsordnung, eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: "Legislativprogramm der Kommission für den Verkehr/Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik (GVP)".

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr und Kommunikationsmittel nahm ihre Stellungnahme am 8. November 1995 an. Berichterstatter war Herr Wright.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 330. Plenartagung am 22. und 23. November 1995 (Sitzung vom 22. November) einstimmig folgende Stellungnahme.

1. Einführung: Ziele und Gegenstand der Stellungnahme

1.1. Die Kommission legt in ihrem jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogramm Leitlinien für die Bereiche fest, auf die sie sich im kommenden Jahr konzentrieren will. Anhand dieses Programms kann geprüft werden, inwieweit Strategien und Vorhaben verwirklicht wurden bzw. neue Ideen und Vorhaben konzipiert werden sollen.

1.2. In der vorliegenden Initiativstellungnahme will der Ausschuß das verkehrspolitische Programm aus seiner Sicht beurteilen, wobei er sich in erster Linie auf seine bereits in früheren Stellungnahmen eingenommenen Standpunkte stützt.

1.3. Der Ausschuß schließt sich der vom Europäischen Parlament in dessen Entschließung vom 15. März 1995 () erhobenen Forderung an, daß die Kommission eine rechtzeitige und offene Debatte über das jährliche Arbeitsprogramm ermöglichen sollte, indem sie dieses Programm im Oktober des Vorjahres verabschiedet und in einer Form veröffentlicht, die anderen eine bessere Gelegenheit gibt, es zu prüfen und zu kommentieren. Der Ausschuß hat die besondere Rolle, die das Europäische Parlament in diesem Zusammenhang spielt, anerkannt.

1.4. Aus der Beurteilung des verkehrspolitischen Programms für 1995 werden sich Vorschläge für künftige Initiativen im Verkehrssektor ergeben. So wird auf die wichtigsten Anliegen des Ausschusses und auf noch ungelöste Fragen hingewiesen, die der Ausschuß in seinen Stellungnahmen aufgeworfen hat. Des weiteren werden dadurch unabhängig von einzelnen Stellungnahmen zu spezifischen Fragen die wichtigsten Standpunkte des Ausschusses im Verkehrsbereich deutlich.

1.5. In der vorliegenden Stellungnahme wird ferner auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über das Aktionsprogramm für die Gemeinsame Verkehrspolitik 1995-2000 eingegangen.

1.6. Das Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik, das vom Europäischen Parlament und dem Wirtschafts- und Sozialausschuß gefordert worden war, wurde von der Kommission am 12. Juli 1995 veröffentlicht.

2. Ungelöste Fragen aus früheren Stellungnahmen

2.1. In der vorliegenden Initiativstellungnahme wird die Verkehrspolitik der Kommission an den vom Ausschuß bereits vertretenen Standpunkten gemessen. Aus diesem Grund muß auf die bisher behandelten Fragen eingegangen werden, um festzustellen, ob sie im Legislativprogramm der Kommission oder in dem Entwurf einer Mitteilung über das verkehrspolitische Aktionsprogramm 1995-2000 auftauchen. Obwohl der Ausschuß die verstärkte Auseinandersetzung der Kommission mit der Notwendigkeit einer Gemeinsamen Verkehrspolitik, wie im Weißbuch dargelegt, wärmstens begrüßt und die im GVP-Aktionsprogramm 1995-2000 ausführlich behandelten weiteren Entwicklungen ermutigend findet, muß dennoch eine Reihe seit langem anstehender Fragen angesprochen werden.

2.2. Der Ausschuß hat namentlich auf folgende Aspekte hingewiesen:

- Die Kommission hat dem Strukturwandel in den Volkswirtschaften aller Mitgliedstaaten und dessen Auswirkungen auf die Nutzung und Entwicklung der Verkehrsträger anscheinend nicht genug Beachtung gewidmet (Dok. CES 1006/93 Ziffer 1.1.4).

- Die meisten Mitgliedstaaten haben Schwierigkeiten, das Eintreten für liberale wirtschaftpolitische Maßnahmen, die von der freien Wahl der Verkehrsmittel und vom Wettbewerb gekennzeichnet sind, und das Eintreten für Subventionen zur Förderung einzelner Verkehrssysteme und Nutzungsformen miteinander in Einklang zu bringen (Dok. CES 1006/63 Ziffer 1.3.1 und 1.3.2).

- Die Kommission hat für die EU keine Daten über Inanspruchnahme und Auswirkungen der Verkehrsträger in den letzten Jahren veröffentlicht; ebensowenig liegen Extrapolationen über Verkehrsangebot und -nachfrage innerhalb und außerhalb der EU vor, die bei der Entwicklung einer gemeinsamen Verkehrspolitik nützlich sein könnten (Dok. CES 1006/93 Ziffer 3.2.1).

- Die Kommission muß detaillierte Leitlinien zu externen Kosten und Umweltsteuern z. B. aufgrund von Umweltverschmutzung und Verkehrsstaus liefern und Aufschluß darüber geben, wie diese Kosten auf die verschiedenen Verkehrsträger im modalen und intermodalen Verkehr verteilt werden könnten (Dok. CES 1006/93 Ziffer 5.2.1.1 bis 5.2.1.4). Der Ausschuß räumt ein, daß der Kommission möglicherweise die Hände gebunden waren, weil einige Mitgliedstaaten nur widerwillig Daten zur Verfügung gestellt haben. Er fordert deshalb die frühestmögliche Veröffentlichung des vom Kommissionsmitglied versprochenen Grünbuchs zu diesem Thema. Es wäre auch hilfreich, wenn sich die Kommission dazu äußern könnte, welche Auswirkungen die Anwendung dieser Leitlinien auf die im Grünbuch vorgeschlagenen konkreten Maßnahmen hat, um so eine fundierte Grundlage für die Diskussion über dieses ungemein wichtige Thema zu schaffen. Der Ausschuß verweist unterdessen auf seine Initiativstellungnahme zum Thema "Wegekosten in bezug auf den Straßengütertransport - ein Ansatz für einen Vergleich mit anderen Verkehrsträgern" (Dok. CES 643/95).

- Die Kommission sollte ein definitives Gesamtkonzept erarbeiten, um die Entwicklung der transeuropäischen Netze (TEN) zu lenken und den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen sowie den Auswirkungen auf die verkehrs- und sozialpolitischen Ziele Rechnung zu tragen (Dok. CES 1305/94 Ziffer 1.2 und 8.4).

3. Das Arbeitsprogramm der Kommission für 1995

Allgemeine Bemerkungen

3.1. Der Ausschuß begrüßt das in Ziffer 1.15 des Arbeitsprogramms genannte Ziel der Kommission, ein integriertes, sicheres, leistungsfähiges, wettbewerbsorientiertes und umweltfreundliches Verkehrssystem zu entwickeln, das den Bedürfnissen der Verkehrsnutzer sowie der Arbeitnehmer in diesem Bereich Rechnung trägt.

3.2. Der Ausschuß unterstützt die wichtigsten der neuen Legislativvorschläge. Zu einigen dieser Vorschläge erarbeitet er gegenwärtig gesonderte Stellungnahmen bzw. hat sich dazu in jüngster Zeit schon geäußert. Die detaillierten Vorschläge erwartet er mit großem Interesse.

3.3. Im Zusammenhang mit den im Arbeitsprogramm genannten Vorschlägen, die zur Umsetzung anstehen, erwartet der Ausschuß mit großem Interesse Einzelheiten und Zeitpläne.

3.4. Der Ausschuß begrüßt die beiden in dem Arbeitsprogramm angekündigten Mitteilungen, namentlich die Mitteilung über die Entwicklung des mittel- und langfristigen Aktionsprogramms für die Gemeinsame Verkehrspolitik. Er begrüßt die Veröffentlichung der Mitteilung über Kurzstreckentransporte im Seeverkehr und sieht dem Weißbuch über die Flugsicherung mit großem Interesse entgegen; er begrüßt insbesondere, daß demnächst ein Grünbuch über die Intermodalität des Personenverkehrs, das sogenannte bürgerfreundliche Netz, veröffentlicht werden soll. Ein solches Netz wird nach Auffassung des Ausschusses neben dem transeuropäischen Netz eine wichtige Rolle beim Aufbau eines leistungsfähigen und ergänzenden intermodalen Untersystems spielen. Ferner würde der Ausschuß es begrüßen, wenn das seit langem erwartete Kommissionsdokument über den Seeverkehr demnächst veröffentlicht würde.

3.5. Der Ausschuß stuft die Suche nach geeigneten Möglichkeiten zur Ermittlung und Aufteilung der Kosten unter dem Gesichtspunkt der Umweltfreundlichkeit der Verkehrsindustrie als hohe Priorität ein. Er sieht deshalb der von der Kommission geplanten Studie über verbesserten Umweltschutz und die Verteilung der Umweltkosten auf die einzelnen Verkehrsträger mit großem Interesse entgegen. Der Ausschuß tritt dafür ein, diesen Aspekt umfassend zu erörtern und möchte die Kommission auffordern, so bald wie möglich die für die Endfassung der Studien verwendeten Gutachten und Erfahrungsberichte zugänglich zu machen.

3.6. Ein weiterer wichtiger Aspekt, mit dem sich der Ausschuß häufig beschäftigt hat, ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Verkehrssektor, namentlich dort, wo extrem lange Arbeitszeiten die Gesundheit und die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können. In dieser Hinsicht ist der Ausschuß - der für die Weiterführung des sozialen Dialogs in dieser Frage eintritt und sich der Tatsache bewußt ist, daß die Sicherheitspolitik der Kommission allgemeine Anerkennung gefunden hat - enttäuscht, daß das Arbeitsprogramm keine innovativen und weiterreichenden Vorschläge für konkrete Verbesserungen enthält. Es hat den Anschein, daß im Arbeitsprogramm das im sozialpolitischen Weißbuch (Dok. KOM (94) 393 endg.) erläuterte Anliegen ignoriert wird, die Verbesserung der "sozialen Produktivität" stärker in den Vordergrund zu rücken. Unter "sozialer Produktivität" verstehen wir zusätzliche Produktivitätszuwächse, die sich unmittelbar aus Verbesserungen ergeben, die Aspekte der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsgestaltung betreffen und mit denen die effektivere Nutzung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Arbeitskräfte gefördert werden soll.Die neuen Initiativen und Legislativvorschläge sowie die bereits vorliegenden Vorschläge und die laufenden Diskussionen (siehe Ziffer 3.1 des Arbeitsprogramms) sind zwar willkommen, bleiben aber hinter dem im Weißbuch über die Sozialpolitik enthaltenen klaren und kompromißlosen Plädoyer für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zurück, die als Vorbedingung für eine höhere soziale Produktivität, für mehr Kohäsion und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit angesehen wird.

3.7. Der Ausschuß ist davon überzeugt, daß Forschung und Entwicklung in der Transportindustrie wichtig sind. Seine Stellungnahme zu den Vorschlägen für Ratsentscheidungen über die Durchführung des vierten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung (Dok. KOM(94) 68 endg. und KOM(94) 70 endg.) spiegelten diese Überzeugung wider. Deshalb unterstützt er das Ziel der Kommission, die Umsetzung der in den vorangegangenen Programmen erzielten Ergebnisse zu fördern [siehe Ziffer 1.15 Punkt (iv)]; er bedauert aber, daß die Kommission keine näheren Aufschlüsse darüber gibt, welche Ergebnisse und welche Untersuchungen sie eigentlich meint und auch nicht klar genug auseinandersetzt, wie sie erreichen will, daß diese Ergebnisse besser umgesetzt werden. Initiativen für gemeinsame Industrieprojekte für das Auto sowie für Züge und Flugzeuge der Zukunft [Ziffer 1.8 Punkt (iii)] sind zu begrüßen, hätten aber schon früher erfolgen sollen. Beim Auto beispielsweise dürfte eine solche Initiative mindestens drei Jahre nach einer ähnlichen Initiative kommen, die Präsident Clinton 1993 in den USA startete.

3.8. Der Ausschuß hat den generellen Eindruck, daß mit dem vorgelegten Arbeitsprogramm das Weißbuch über die künftige Entwicklung der Gemeinsamen Verkehrspolitik konsequent weitergeführt wird. Der vom Ausschuß seit jeher vorgebrachten Kritik, daß, wie bereits in Ziffer 2.2 erwähnt wurde, bestimmte Aspekte fehlen und das Gesamtkonzept widersprüchlich ist, wird jedoch kaum etwas entgegengesetzt. Eine Ausnahme bilden hier nur die Umweltkosten und die Notwendigkeit, für einen Rahmen zu sorgen, um sicherzustellen, daß diese Kosten gegebenfalls den Verursachern angerechnet werden. Die Kommission hat zugesagt, hierzu eine Studie zu erarbeiten. Des weiteren sind die Kommissionsvorschläge zur Entwicklung eines transeuropäischen Netzes (TEN) und dessen Finanzierung [Ziffer 1.7 Punkt (ii)] in diesem Jahr dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt worden. Obwohl derartige Leitlinien zugegebenermaßen wärmstens zu begrüßen sind, möchte der Ausschuß hierzu doch bemerken, daß dieses Vorhaben um einiges hinter dem definitiven Gesamtkonzept für ein transeuropäisches Netz im Verkehrsbereich zurückbleibt, das er in seiner Stellungnahme () gefordert hat. Außerdem steht es in deutlichem Gegensatz zu den globalen Leitlinien für die Festlegung eines Leitplans für die transeuropäischen Telekommunikationsnetze, der in Ziffer 1.7 Punkt (i) angekündigt wird. Das Thema "Intermodalität und Interoperabilität" ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung eines transeuropäischen Netzes im Verkehrsbereich. In dem Arbeitsprogramm findet die erforderliche Prüfung der gegenwärtigen Stärken und Schwächen der verschiedenen Verkehrssysteme der Gemeinschaft in diesen entscheidenden Punkten kaum Berücksichtigung.

4. Aktionsprogramm 1995-2000 für die Gemeinsame Verkehrspolitik (GVP): Mitteilung der Kommission

Allgemeine Bemerkungen

4.1. Der Ausschuß begrüßt global gesehen das Hauptziel des GVP-Aktionsprogramms, allen EU-Institutionen sowie interessierten Kreisen Aufschluß über die geplanten Maßnahmen der Kommission und die Auswirkungen zu geben, die die neuen Vertragsbestimmungen auf den Verkehrsbereich haben. Des weiteren unterstützt er die Absicht der Kommission, dadurch die Vorbereitung von Maßnahmen transparenter zu machen. Der Ausschuß lobt die klare Linie des Aktionsprogramms und begrüßt insbesondere die detaillierten Angaben zu geplanten Maßnahmen und angestrebten Terminen. Er stellt fest, daß dies in bezug auf Transparenz und Nachweisführung ein beachtlicher Fortschritt ist, und hält die Initiative der Kommission in dieser Hinsicht für begrüßenswert.

4.2. Der Ausschuß begrüßt es ganz besonders, das GVP-Aktionsprogramm in diesem frühen Stadium der Ausarbeitung kommentieren zu können und befürwortet dieses Vorgehen ganz nachdrücklich, weil es in absehbarer Zukunft dazu beitragen kann, einen konstruktiven Dialog zwischen dem Ausschuß und der Kommission zu entwickeln.

4.3. Es ist allerdings zu bedauern, daß es die Kommission in ihrer Mitteilung wieder einmal versäumt hat, statistische Angaben zu liefern. Zwar kann argumentiert werden, daß eine Mitteilung, in der das Programm für die gemeinsame Verkehrspolitik für den Zeitraum 1995-2000 erläutert ist, nicht auf statistisch überprüften, quantitativen Gegebenheiten beruhen muß; dieses Argument würde aber den Ausschuß nicht überzeugen und ohnehin durch die von anderen Kommissionsdienststellen geübten Gepflogenheiten widerlegt, Mitteilungen regelmäßig durch ausführliche Statistiken zu untermauern. Es steht zu hoffen, daß die GD VII schließlich doch noch auf die Aufforderung des Ausschusses eingehen wird, aktuelle Statistiken zur Verkehrsindustrie der EU zu liefern und solche Unterlagen für die Debatte vorzulegen, die ja durch die Mitteilung über das Programm für die Gemeinsame Verkehrspolitik ganz offensichtlich gefördert werden soll. Wie die Dinge jetzt liegen, bedarf das Dokument einer ausführlicheren Gestaltung. Mit Ausnahme des früheren Weißbuchs zur künftigen Entwicklung der Gemeinsamen Verkehrspolitik wird in dem Aktionsprogramm nicht auf frühere Vorschläge und Grundsatzpapiere zur Entwicklung des Verkehrssektors in der Union eingegangen. So wird beispielsweise kein Bezug zu den Initiativen anderer Kommissionsdienststellen (Auswirkungen der Telematikanwendungen im Transportgewerbe, Weiterentwicklung der Black-box-Technologie in schweren Lastfahrzeugen zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit oder Entwicklung des Forums der Autoindustrie) hergestellt. Infolgedessen ist es schwierig zu erkennen, welche Teile des Aktionsprogramms wirklich neu und kreativ sind bzw. wo lediglich frühere Vorschläge wiederholt werden.

4.4. Der Ausschuß ist ebenfalls der Ansicht, daß während der ersten 25 Jahre, in denen der Vertrag von Rom angewendet wurde, in verkehrspolitischen Fragen nur sehr langsam Fortschritte erzielt wurden. Er stimmt auch der Feststellung zu, daß mit dem Weißbuch über die GVP eine schnellere Gangart bei der Festlegung und Durchführung von Maßnahmen eingeschlagen wurde. Eine weitere Phase leitete der Vertrag von Maastricht ein, in dem insbesondere die Entwicklung einer gemeinschaftsweiten Verkehrspolitik verankert ist, mit dem Ziel, Integration und Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes voranzutreiben. Gleichzeitig werden in dem Vertrag von Maastricht aber die Bedeutung von Sicherheit und Umweltverträglichkeit anerkannt und die transeuropäischen Netze ausdrücklich unterstützt. Vor diesem Hintergrund wird in der Mitteilung der Kommission festgestellt, daß die Festlegung eines Programms für die Gemeinsame Verkehrspolitik eine gründliche wirtschaftliche und politische Analyse sowie eine sorgfältige Auswahl der auf Gemeinschaftsebene zu behandelnden Fragen voraussetzt. Der Ausschußt teilt zwar diesen Standpunkt, bezweifelt jedoch, daß es dem Vertrag von Maastricht gelingen wird, die durch unterschiedliche nationale Standpunkte und Gepflogenheiten entstandenen Zwänge zu überwinden, die den verkehrspolitischen Willensbildungsprozeß bisher gebremst haben. Aus diesem Grund wird die Entwicklung einer Verkehrsunion zum Leitkonzept für ein rigoroses, entschlossenes Vorgehen, mit dem die Verkehrspolitik bei der Gestaltung der Gemeinschaftspolitik in den Vordergrund gerückt werden soll.

4.5. Die vorliegende Stellungnahme bietet nicht den geeigneten Anlaß, um eine Verkehrsunion im Detail zu erläutern. Es sei hier nur festgestellt, daß der Ausschuß den Tenor dieses Konzepts, dessen weitere Untersuchung und Erörterung er der Kommission nachdrücklich empfiehlt, generell unterstützt.

4.6. Im Aktionsprogramm wird festgestellt, daß wirtschaftlicher Wohlstand und sozialer Zusammenhalt in Europa auch ein effizientes, zugängliches und wettbewerbsfähiges Verkehrssystem voraussetzen, das den Bedürfnissen der Nutzer entspricht, einen hohen Sicherheitsstandard hat und umweltverträglich ist. Der Ausschuß kann diese globalen Ziele ohne weiteres unterstützen, würde es aber begrüßen, wenn Sicherheit und Umweltschutz im Aktionsprogramm den Status grundsätzlicher Anforderungen erhielten.

4.7. Nach Ansicht des Ausschusses ist die allgemeine Frage der Arbeitszeit in dem Aktionsprogramm erheblich vernachlässigt worden. Die diesbezüglich für 1995 und 1996 geplanten Maßnahmen bestehen lediglich aus einem Follow-up zum Dialog mit den Sozialpartnern über arbeitszeitrelevante Aspekte im Straßen-, Binnenschiffs-, Luft- und Eisenbahnverkehr. In bezug auf die längerfristigen Aussichten (1997-2000) sieht das Aktionsprogramm lediglich ein Follow-up zu den Beratungen innerhalb der IAO bzw. IMO über die Arbeitszeit im Seeverkehr vor. Die durch extrem lange Arbeitszeiten hervorgerufene Übermüdung und deren negative Folgen für die Verkehrssicherheit bedürfen einer eingehenden Untersuchung. Im Anschluß daran sind geeignete Vorschläge zu unterbreiten, sofern die Untersuchungsergebnisse dies rechtfertigen.

4.8. Das Turnusprogramm für die Jahre 1995-2000 sieht Maßnahmen und Aktionen in drei grundlegenden Bereichen vor:

i)

Qualitätsverbesserung durch den Aufbau eines integrierten wettbewerbsfähigen Verkehrssystems mit Hilfe moderner Technologien, das auch zu den umwelt- und sicherheitspolitischen Zielen beiträgt;

ii)

Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes mit dem Ziel Effizienz, Wahlmöglichkeiten und benutzerfreundliche Bereitstellung von Verkehrsdienstleistungen unter Wahrung sozialer Normen zu fördern;

iii)

Ausbau der Außenbeziehungen durch bessere Verkehrsverbindungen zu Drittländern und Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zu anderen Verkehrsmärkten für EU-Unternehmen.

Der Ausschuß ist zwar bereit, Aktionen und Politiken in diesen Bereichen zu unterstützen, bedauert aber zutiefst, daß der grundlegende Aspekt der Schaffung von Arbeitsplätzen in dem Aktionsprogramm nicht deutlich herausgestellt wird. Der Ausschuß hat den durch Veränderungen der Nachfrage und der Arbeitsmethoden in bestimmten Bereichen des Verkehrswesens bedingten Arbeitsplatzabbau mit Bedauern zur Kenntnis genommen, empfindet es jedoch gleichermaßen als ermutigend, daß durch neue Technologien und erweiterte Dienstleistungen infolge der ständig wachsenden Nachfrage nach Güter- und Personenverkehrsleistungen bereits neue Arbeitsplätze entstanden sind bzw. noch geschaffen werden können. Aktuelle Beispiele für diese Entwicklung sind der Bau des Kanaltunnels und die damit verbundenen Aktivitäten sowie der Ausbau von Regionalflughäfen und Luftverkehrsdiensten. Wie in anderen Wirtschaftszweigen können auch im Verkehrswesen Veränderungen individueller Arbeitsmodelle einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen leisten; die besondere Bedeutung der Arbeitszeit im Verkehrssektor, die in Ziffer 3.7 hervorgehoben wurde, könnte ebenfalls ein wichtiger Faktor sein. Daß man keinen einfachen Zusammenhang zwischen einer Verkürzung der Arbeitszeit und der Schaffung neuer Arbeitsplätze herstellen kann, liegt auf der Hand. Trotzdem sollte an dieser Stelle daran erinnert werden, daß in der Initiativstellungnahme des Ausschusses zum Thema "Arbeitszeit" (Berichterstatterin: Frau van den Burg, Mitberichterstatter: Herr Whitworth) die Schlußfolgerung gezogen wurde, daß sich die allgemeine Beschäftigungslage durch die Neuorganisation und Verkürzung der Arbeitszeit wesentlich verbessern ließe, wenn die Produktivität und flexible Geschäfts- und Betriebszeiten mit den Produktionserfordernissen und den Wünschen der Kunden in Einklang gebracht würden. Die Veränderungen, die unlängst in der Automobilindustrie herbeigeführt werden konnten, lassen darauf schließen, daß Arbeitszeitverkürzungen durchaus zu einer größeren Flexibilität und einer gesteigerten Produktivität beitragen können. Nach Meinung des Ausschusses würde das Aktionsprogramm an Schlagkraft gewinnen, wenn das Potential zur Schaffung von Arbeitsplätzen, das durch Veränderungen bei der Arbeitszeit und das voraussichtliche Wachstum des Wirtschaftszweigs infolge der Vollendung des Binnenmarktes freigesetzt wird, erkannt und herausgestellt würde.

4.9. Der Ausschuß räumt gerne ein, daß das Aktionsprogramm eine sinnvolle Fortführung des Weißbuchs über die GVP darstellt. Die Kommission ist dafür zu loben, daß sie die Verbesserung der Qualität, die Notwendigkeit der Vollendung des Binnenmarktes und die Bedeutung der Außenbeziehungen als eindeutige Schwerpunkte vorgibt. In seiner derzeitigen Form weist das Aktionsprogramm jedoch einige Mängel auf, die angesprochen werden müssen. Unter anderem sollte in dem Programm

i)

der Katalog der Kriterien dargelegt werden, die bei der sorgfältigen Auswahl der auf Gemeinschaftsebene zu behandelnden Themen (Seite 1 Absatz 3) anzuwenden sind;

ii)

in erheblich detaillierterer Form erläutert werden, wie die verschiedenen Vorschläge für transeuropäische Netze mit dem Programm für die Gemeinsame Verkehrspolitik verknüpft sind;

iii)

ein Zeitplan für die Entwicklung und Verwirklichung des bürgerfreundlichen Netzes erstellt und deutlich zum Ausdruck gebracht werden, welche Priorität dem bürgerfreundlichen Netz beispielsweise im Vergleich zu dem Vorschlag für ein transeuropäisches Netz im Verkehrsbereich eingeräumt werden soll;

iv)

die Aussagekraft der Abschnitte zum Thema "Soziale Dimension" erheblich verbessert werden, insbesondere durch das Festlegen klar umrissener Ziele zur Verbesserung der Lebensqualität im Verkehrssektor und das Herausarbeiten von Mitteln und Wegen zur Steigerung der sozialen Produktivität in allen Bereichen dieses Sektors. Abschließend sei noch auf einen besonders wichtigen Punkt hingewiesen: Das Thema Arbeitszeit, dem in dem Aktionsprogramm lediglich ein Satz gewidmet wurde, verdient erheblich mehr Aufmerksamkeit.

Geschehen zu Brüssel am 22. November 1995.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Carlos FERRER

() ABl. Nr. C 225 vom 30. 8. 1995, S. 50.

() ABl. Nr. C 397 vom 31. 12. 1994, S. 23.

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