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Document 51997AC0470
Opinion of the Economic and Social Committee on the 'Communication from the Commission on The nuclear industries in the European Union (An illustrative nuclear programme according to Article 40 of the Euratom Treaty)'
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission über die Kernindustrie in der Europäischen Union (Hinweisendes Nuklearprogramm nach Artikel 40 EURATOM-Vertrag)"
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission über die Kernindustrie in der Europäischen Union (Hinweisendes Nuklearprogramm nach Artikel 40 EURATOM-Vertrag)"
ABl. C 206 vom 7.7.1997, p. 88–103
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission über die Kernindustrie in der Europäischen Union (Hinweisendes Nuklearprogramm nach Artikel 40 EURATOM-Vertrag)"
Amtsblatt Nr. C 206 vom 07/07/1997 S. 0088
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission über die Kernindustrie in der Europäischen Union (Hinweisendes Nuklearprogramm nach Artikel 40 EURATOM-Vertrag)" (97/C 206/17)
Die Kommission beschloß am 27. September 1996, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 40 des EURATOM-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.
Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Energie, Atomfragen und Forschung nahm ihre Stellungnahme am 2. April 1997 an. Berichterstatter war Herr Lyons.
Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 345. Plenartagung am 23. und 24. April 1997 (Sitzung vom 24. April) mit 101 gegen 18 Stimmen bei 11 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.
1. Einleitung
1.1. Gemäß Artikel 40 des EURATOM-Vertrags veröffentlicht die Kommission nach Konsultation des Wirtschafts- und Sozialausschusses "in regelmäßigen Abständen hinweisende Programme, insbesondere hinsichtlich der Ziele für die Erzeugung von Kernenergie und der im Hinblick hierauf erforderlichen Investitionen aller Art".
1.2. Seit der Verabschiedung des EURATOM-Vertrags veröffentlichte die Kommission 1966, 1972 und 1984 drei hinweisende Programme. 1990 folgte eine Aktualisierung des hinweisenden Programms von 1984, in der sie die Auffassung vertrat, daß die in diesem Programm vorgegebenen Leitlinien hinsichtlich der Entwicklungsperspektiven der Kernindustrie weitgehend gültig blieben, jedoch einer Anpassung an die durch den Binnenmarkt eröffneten Möglichkeiten und die zu seiner Vollendung erforderlichen Maßnahmen bedürften, wobei den Eigenheiten der Kernindustrie und den Anliegen der betroffenen Unternehmen Rechnung getragen werden müsse.
1.3. Die Kommission erachtete vor allem die Schaffung eines gemeinsamen Marktes im Bereich Anlagen und Ausrüstungen als notwendig, um über eine Senkung der Investitionskosten die Wettbewerbsfähigkeit der Kernindustrie zu verbessern.
1.4. Erst elf Jahre später und unter erheblich veränderten energiepolitischen Voraussetzungen in der Europäischen Union () hat die Kommission in ihrem Weißbuch "Eine Energiepolitik für die Europäische Union" erneut eine eingehende Bestandsaufnahme zur Rolle der Kernenergie bezogen. In ihrer jetzigen Vorlage untersucht die Kommission die Rolle der Kernenergie im Lichte der drei im Weißbuch festgelegten energiepolitischen Ziele (weltweite Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltschutz).
2. Die Mitteilung der Kommission
2.1. In ihrer Mitteilung gibt die Kommission einen Überblick über die Lage der Kernindustrie in der Europäischen Union Mitte der 90er Jahre. In Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Finnland, Schweden und dem Vereinigten Königreich werden insgesamt über 140 Kernreaktoren betrieben. Sie liefern ca. ein Drittel der in der EU insgesamt erzeugten Elektrizitätsmenge. Sie sind Teil einer gut etablierten Kernindustrie, die den gesamten Brennstoffkreislauf umfaßt, über eine eigene Technologiebasis verfügt und in der eigenen Angaben zufolge mehr als 400 000 größtenteils hochqualifizierte Arbeitskräfte tätig sind.
2.2. Allerdings trifft die Stromerzeugung durch Kernkraft auf beträchtliche öffentliche Besorgnis. Es gibt also ein Akzeptanzproblem, das vor allem auf Befürchtungen bezüglich der nuklearen Sicherheit, dem Transport und der Entsorgung von radioaktiven Abfällen und der Verbreitung von Kernwaffen zurückzuführen ist.
2.3. In ihrer Mitteilung umreißt die Kommission die diversen Tätigkeitsfelder der Kernindustrie. Unter Berücksichtigung der Stromerzeugungskosten einschl. der Stillegungs-, Brennstoff-, Zwischenlagerungsund Entsorgungskosten beurteilt die Kommission, inwieweit Kernenergie gegenüber anderen Energieträgern wettbewerbsfähig ist. Sie geht dann auf die durch die Kernindustrie erzeugten Ausfuhrerlöse, die Arbeitsplätze für qualifizierte einheimische Arbeitskräfte und das Potential für Innovation und technologische Entwicklung ein und weist darauf hin, daß Investitionen in der Kernindustrie langfristig getätigt werden.
2.4. Des weiteren wird die Versorgungssicherheit und der diesbezügliche potentielle Beitrag des Atomstroms erörtert. Der Schutz von Mensch und Umwelt kommt zur Sprache, und den Sicherheitsproblemen in den mittel- und osteuropäischen Staaten und in den GUS-Staaten wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Kommission möchte sich jedoch nicht auf Vorhersagen betreffend den Stromerzeugungsanteil der Kernindustrie über das Jahr 2000 hinaus festlegen.
2.5. Anschließend geht die Kommission auf die Absatzmöglichkeiten der europäischen Kernindustrie ein sowie auf die Versorgungslage bei Kernbrennstoffen, technische Lösungen zur Steigerung der nuklearen Sicherheit, die Probleme im Zusammenhang mit abgebrannten Brennstäben, radioaktivem Abfall und der Stillegung von kerntechnischen Anlagen, auf den Transport radioaktiver Materialien, die Verwendung von Plutonium sowie die künftige nukleare Technologie, Forschung und Entwicklung.
2.6. In ihren Schlußfolgerungen schlägt die Kommission vor, daß sich die Europäische Union folgende Grundsätze zu eigen machen sollte, um einen Rahmen für einen fortgesetzten wirksamen Beitrag der Kernindustrie zur Stromversorgung aufzustellen:
- Alle Mitgliedstaaten haben das Recht, über die Weiterentwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie selbst zu entscheiden.
- Die entsprechende Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten ist zu respektieren.
- Die Mitgliedstaaten, die sich für die Kernenergieerzeugung entschieden haben, gewährleisten dabei einen hohen Grad an nuklearer Sicherheit, Einhaltung der Nichtverbreitungsanforderungen gemäß den einschlägigen internationalen Übereinkünften sowie auch ein hohes Maß an Gesundheitsschutz.
- Während die einzelnen Mitgliedstaaten für die Aufstellung der Sicherheitsnormen und die Genehmigung kerntechnischer Anlagen und die Betreiber für deren sicheren Betrieb verantwortlich sind, teilen sich beide Seiten die gemeinsame Verantwortung für die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit gegenüber den europäischen Bürgern.
3. Bemerkungen zum Kommissionsdokument
3.1. Der Ausschuß begrüßt die Veröffentlichung des Entwurfs der Kommission für ein hinweisendes Nuklearprogramm (). Obwohl ein Drittel der EU-Stromerzeugung auf atomtechnischem Wege hergestellt wird und dadurch 700 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Luft gelangen, hat die Kommission sich in den letzten Jahren zu der Kernenergiewirtschaft kaum geäußert, und zwar weder zu ihren Problemen noch zu ihren Möglichkeiten. In diesem Dokument wird die längst überfällige Diskussion über die Zukunft dieses Industriezweigs in Gang gebracht. Der Ausschuß hofft, daß er mit seiner Stellungnahme diese Debatte beleben kann.
3.2. Angesichts der sehr stark voneinander abweichenden Standpunkte der Mitgliedstaaten bezüglich des Atomstroms stellt der Ausschuß zu seiner Zufriedenheit fest, daß es der Kommission gelungen ist, ein ausgewogenes und aussagekräftiges Dokument vorzulegen, in dem sich die Vielschichtigkeit der Aspekte widerspiegelt, die hier im Spiele sind. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf zwei Wesensmerkmale hinzuweisen. Erstens betrachtet die Kommission, die dem Einsatz der Kernenergie ja nicht gerade feindselig gegenübersteht, in ihrer Vorlage die Licht- und Schattenseiten der Kernenergietechnik unter den verschiedenen Blickwinkeln, ohne sich auf eine bestimmte Seite zu schlagen. Zweitens geht die Kommission bei ihren Ausführungen von der Prämisse aus, daß jeder Mitgliedstaat für sich selbst entscheiden muß, welche Energieträger für die Stromerzeugung auf seinem Hoheitsgebiet zum Einsatz kommen.
3.3. Das von der Kommission gewählte Konzept könnte deswegen einer besser mit Informationen unterlegten und möglicherweise weniger ideologisch geführten Diskussion über die Vor- und Nachteile der Kernenergie unter den Bürgern der Europäischen Union in die Hand spielen. Wenn dies der Fall wäre, so wäre dies sehr wertvoll.
3.4. Artikel 1 des 1957 unterzeichneten EURATOM-Vertrags besagt u.a.:
"Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen."
3.4.1. Wie stark die wirtschaftliche und politische Landschaft sich seit 1957 geändert hat, ist aus der ganz anderen Darstellungsweise in der jetzigen Kommissionsvorlage ersichtlich. Die Kernenergie muß sich laut der Kommission nämlich heute an den Zielen der "globalen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, Versorgungssicherheit und des Umweltschutzes" messen lassen (Abschnitt II, Seite 4 des Kommissionsdokuments); ferner heißt es im Kommissionsdokument, "daß die Kernenergie im gleichen Rahmen und unter gleichen Bedingungen in Wettbewerb tritt wie die anderen Energiequellen" (Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe b, S. 7) und in der Union "heutzutage die allgemeine Tendenz dahin geht, die Marktkräfte wirken zu lassen." (Abschnitt IV Ziffer 2, S. 18 des Kommissionsdokuments). Der Kontext, in dem die Kernenergie heute betrachtet werden muß, ist ein ganz anderer als in den Anfängen dieses Industriezweiges vor 40 Jahren.
3.5. Was das Kommissionsdokument im einzelnen anbelangt, sind die Passagen über die Wirtschaftlichkeit der Kernenergie (Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe a, S. 5 und 6) enttäuschend. Die Kommission hatte offensichtlich das Problem, daß ihr keine entsprechenden aktuellen Informationen vorlagen. Die im Dokument angeführten Zahlen stammen bunt gewürfelt aus den Jahren 1990 bis 1993. In der Zwischenzeit hat sich die Preislandschaft für Energieträger sowohl absolut als auch relativ verändert, genauso wie auch die Wechselkurse. Tabelle 3, die eine allgemeine Gegenüberstellung der Kosten der Stromerzeugung aus Kohle, Gas und Atomkraft enthält, bietet deswegen leider keine geeignete Orientierungshilfe bezüglich der wirtschaftlichen Optionen für Stromerzeugungsunternehmen, die heute über Investitionen nachdenken müssen.
3.6. An einigen Stellen ihrer Vorlage hätte die Kommission gut daran getan, aufschlußreichere Informationen zu geben. Beispielsweise führt sie in Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe d (S. 11 und 12 des Kommissionsdokuments) auf, was im Nachgang zu dem neuen Partnerschaftssystem zwischen der Kommission und der IAEO im Jahre 1992 vereinbart wurde, ohne aber auch nur eine einzige konkrete Verbesserung zu nennen, die sich aus diesem neuen Konzept ergeben hat. In Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe e (S. 15 und 16 des Kommissionsdokuments) und in Abschnitt V Ziffer 3 (auf Seite 20 des Kommissionsdokuments) beschäftigt sich die Kommission mit den technischen Fragen der nuklearen Sicherheit. Sie gibt zwar an, was mit den maßgeblichen Vereinbarungen der Vergangenheit bezweckt wurde, läßt aber völlig im Dunkeln, ob es in einem der betreffenden Bereiche tatsächlich greifbare Fortschritte gegeben hat.
3.7. Mehr Information wäre vor allem bezüglich der Entsorgung radioaktiver Abfälle sehr nützlich gewesen, einem Tätigkeitsbereich, dem die breite Öffentlichkeit nach wie vor sehr mißtrauisch gegenübersteht. Die Kommission verweist (in Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe e auf Seite 15 ihres Dokuments) stolz auf eine Strategie, die sie 1994 verabschiedet hat, und führt die wesentlichen Themen auf, die nach ihrem Dafürhalten die Öffentlichkeit am meisten interessieren. Über das, was aufgrund dieser Strategie passiert oder demnächst geschehen soll, schweigt sie sich indes völlig aus. Zum angrenzenden Themenkreis des Transports radioaktiver Materialien hingegen macht die Kommission zu Recht aufmerksam auf die Sicherheit, für die im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten immer Sorge getragen wurde (Abschnitt V Ziffer 5, S. 22 des Kommissionsdokuments).
3.8. An anderen Stellen ist das Kommissionsdokument vom Konzept her etwas deutlicher. Beispielsweise in den Passagen über die Hilfemaßnahmen zugunsten der mittel- und osteuropäischen Länder und der GUS-Staaten (S. 16 und 17 in Abschnitt III des Kommissionsdokuments) schildert die Kommission - zumindest andeutungsweise -, welche Maßnahmen aufgrund der finanziellen Unterstützung der EU für die Atomwirtschaft in diesen Ländern getroffen wurden. Nähere Angaben über die Größenordnung der angegangenen Probleme (um die Dimension der EU-Finanzhilfe im richtigen Kontext zu sehen) hätte diesen Textpassagen allerdings weitaus mehr Aussagekraft verliehen.
3.9. Der entscheidende Punkt ist folgender: Den Bürgern der EU muß nicht nur deutlich gemacht werden, was an Resolutionen, Übereinkommen, Verträgen usw. in Schlüsselbereichen des Kernenergiesektors zustande gekommen ist, sondern auch im Nachgang dazu welche konkreten Maßnahmen konzipiert und in die Praxis umgesetzt werden. Die Kommission rückt sich selbst in ein schlechtes Licht, indem sie in ihrem Dokument den Eindruck aufkommen läßt, daß wichtige Vereinbarungen im Prinzip keine greifbare praktische Wirkung haben.
3.10. Abschnitt V ist vielleicht das am besten gelungene Teilstück des Kommissionsdokuments. In dieser Textstelle fordert die Kommission den Atomenergiesektor auf, sich unbedingt in Übersee Absatzmärkte im Bereich der zivilen Kernenergienutzung zu erschließen, betont aber zugleich, wie wichtig es ist, daß die Industrie auch die Sicherheitskultur weiter verbreitet, die innerhalb der Union aufgebaut wurde.
3.11. Was das Kernthema Sicherheit angeht, begrüßt die Kommission das im Rahmen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) ausgearbeitete internationale Übereinkommen über nukleare Sicherheit (das mittlerweile von genügend Unterzeichnern offiziell ratifiziert wurde, so daß es inzwischen vollen internationalen Rechtsstatus erlangt hat) (). Die Kommission befürwortet die Pläne der IAEO, ein internationales Übereinkommen über die Entsorgung radioaktiver Abfälle auszuarbeiten. In diesem Zusammenhang verweist die Kommission auch auf ihre Unterstützung von Kooperationsprogrammen über die sichere Lagerung von bei der Vernichtung von Kernwaffen anfallendem Spaltmaterial, dessen friedlicher Nutzung und seiner zuverlässigen und sicheren Verbringung. Sie verweist auf ihr finanzielles Engagement in Höhe von 555 Millionen ECU für Vorhaben in den MOE-Staaten und im GUS im Zeitraum 1991-1995 sowie auf ihre Absicht, für den Zeitraum 1996-1999 ebenfalls jährliche Mittel in vergleichbarer Höhe für solche Zwecke bereitzustellen. Der Kommission ist dafür Beifall zu zollen, daß sie sich nachdrücklich für diese wesentlichen sicherheitsrelevanten Tätigkeiten sowie auch für andere hier nicht näher erwähnte Aktionen einsetzt.
3.12. Zu zwei Aspekten schweigt sich das Kommissionsdokument völlig aus, die nach Ansicht des Ausschusses in der endgültigen Fassung des hinweisenden Nuklearprogramms aber unbedingt angesprochen werden sollten: Angaben über (i) die Kompetenzaufteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten bezüglich der Tätigkeiten in den verschiedenen Teilbereichen der Atomstromerzeugung und damit zusammenhängenden Aktivitäten und über (ii) maßgebliche technologische oder organisatorische Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Gebiet der Behandlung und Entsorgung von Kernabfällen.
3.13. Im abschließenden Teil (Abschnitt VI "Schlußfolgerung" ihres Dokuments) deutet die Kommission die Möglichkeit weiterer Maßnahmen an. So spricht die Kommission von einer eventuellen Überprüfung der "Rolle der Kernenergie neben anderen Alternativen" seitens der EU und der Mitgliedstaaten; ferner wird es laut der Kommission "zukünftige Beurteilungen der Rolle der Kernenergie" geben, "je nachdem, ob sich eine ständig steigende Abhängigkeit der Gemeinschaft von Importen fossiler Brennstoffe" bestätigt. Bei solchen Anregungen drängt sich die Frage auf, warum diese Aspekte in diesem Überblick nicht entsprechend behandelt werden, da die Kommission doch über die relevanten Informationen aus ihren eigenen Quellen bereits verfügt. Die am Ende des Textes zum Ausdruck gebrachten Prinzipien anerkennen den Status quo und dürften wohl den gemeinsamen Nenner bilden, dem aus heutiger Sicht alle zustimmen können. Der Ausschuß unterstützt diese Grundsätze.
4. Hat die Kernenergie in der EU noch eine Zukunft?
4.1. Im Kommissionsdokument werden eine ganze Reihe von Fragestellungen von weitreichender und sogar vitaler Bedeutung für die künftige Energieversorgung der Europäischen Union aufgeworfen. In bezug auf die Kernenergiewirtschaft erhebt sich laut dem Kommissionsdokument die Frage, ob die Nukleartechnik über die "Lebensdauer" der bestehenden Kraftwerke hinaus in der Gemeinschaft eine wirtschaftliche Zukunft hat. Es ist auch kein Zufall, daß die Kommission zum Atomstrom keine Prognosen über das Jahr 2000 hinaus stellt.
4.2. Es mutet merkwürdig an, daß die Kommission solche Zweifel verlauten läßt. Die Kommission gibt die Darstellung der Atomindustrie wieder, nach der diese unmittelbarer oder mittelbarer Arbeitgeber von 400 000 überwiegend hochqualifizierten Menschen ist. Sie erzeugt in wirtschaftlich sinnvoller Weise 33 % der Elektrizität der Europäischen Union () (). Zu diesem Zweck verwendet sie einen "Einsatzstoff", der keine sonstigen zivilen Verwendungszwecke besitzt und schont somit andere Brennstoffe, die bereits oder potentiell sinnvolle alternative Verwendungszwecke aufweisen (). Jedes Jahr erspart die Atomstromerzeugung Europa insgesamt Emissionsbelastungen in Höhe von ca. 700 Millionen t CO2 gegenüber dem CO2-Ausstoß bei der gleichen Stromerzeugungsenergie aus der ganzen Palette fossiler Brennstoffe (). Es ist ein Brennstoff, der die einzigartige Eigenschaft aufweist, daß er, wenn die Brutreaktortechnologie schließlich bis zur Marktreife weiterentwickelt und beherrscht werden kann, sich selbst regenerieren und somit letztlich von unendlichem Nutzen für die Gesellschaft sein kann.
4.3. Trotz dieser Argumente ist die Zukunft der Nuklearindustrie in der Europäischen Union ungewiß, und zwar im wesentlichen aus folgenden drei Gründen:
4.4. Erstens hat dieser Industriezweig mit dem Handicap der weitverbreiteten Bedenken der Öffentlichkeit bis hin zur regelrechten Kernkraftfeindlichkeit zu kämpfen. Die Hauptursache dafür liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Angst vor einer zweiten Reaktorkatastrophe der Größenordnung des Unglücks von Tschernobyl. Dabei gelangten große Radioaktivitätsmengen in die Erdatmosphäre und wurde eine latente tief verwurzelte Besorgnis bei vielen Menschen über die Wesensmerkmale radioaktiver Strahlung neu belebt. Die Ängste gründen sich aber auch darin, daß in der Kernindustrie noch immer keine für die breite Öffentlichkeit akzeptable Lösung des Problems der Behandlung und Beseitigung von Atommüll und insbesondere hochradioaktiven Abfällen gefunden worden ist. Dieses öffentliche Unbehagen schlägt auch auf die energiepolitischen Entscheidungen durch, die die Kernindustrie direkt oder indirekt betreffen, und kann eine erhebliche Bremswirkung mit sich bringen.
4.5. Der zweite und dritte Grund für die ungewisse Zukunft der Kernenergiewirtschaft sind (i) die vom Europäischen Parlament und dem Rat verabschiedete Richtlinie (), der zufolge bei der Stromerzeugung der Wettbewerb eingeführt wird, und (ii) das in den letzten Jahren immer weiter zunehmende Marktangebot an kostengünstig gewonnenem Erdgas.
4.6. Die Einführung des Wettbewerbs im Energiemarkt ist eine der entscheidenden Entwicklungen. Bisher fand in weiten Teilen der EU die Stromerzeugung im Kontext eines garantierten Zugangs zu bestimmten nationalen bzw. regionalen Märkten statt (). Dieser Umstand erleichterte kapitalintensive und somit langfristige Investitionen. Die vollständige Öffnung der Elektrizitätsmärkte wird zwar keine Sache von wenigen Jahren sein (), aber ab jetzt kann kein Stromerzeugungsunternehmen bei der Erwägung von Investitionen in neue Anlagen davon ausgehen, daß es für den von ihm erzeugten Strom einen langfristig gesicherten und geschützten Absatzmarkt hat. Die EVU werden sich künftig ohne Marktprivilegien und ohne direkte oder indirekte Unterstützung im Wettbewerb behaupten müssen.
4.7. Diese wesentliche Veränderung der Rahmenbedingungen wird für die Investitionsbereitschaft in die verschiedenen Stromerzeugungstechnologien sicherlich nicht ohne Folgen bleiben. Die neue marktwirtschaftliche Dimension wird jedoch bei der Kernenergiewirtschaft am stärksten durchschlagen, weil sie mit gewissem Abstand die kapitalintensivste der wesentlichen Stromerzeugungstechnologien ist ().
4.8. Ein erweiterter Markt muß natürlich als das angesehen werden, was er ist, nämlich eine Chance, nicht eine Einschränkung. Bevor aber die Früchte eines offenen Hochspannungsmarktes in der EU geerntet werden können, müssen die Netzverbindungen zwischen den meisten Mitgliedstaaten ausgebaut und ein regelrechtes EU-weites Hochspannungsnetz geschaffen werden, in das Stromerzeugungsunternehmen langfristig in großen Mengen Strom einspeisen können. Deswegen wird es hier wohl einen gewissen Übergangszeitraum geben müssen, dessen Dauer eher in Jahrzehnten als in Jahren gemessen werden muß.
4.9. Der dritte Grund ist das in den letzten Jahren immer größer werdende Marktangebot an Erdgas, das insgesamt immer preisgünstiger wird, sowie das Aufkommen der modernen CCGT-Gasverstromungstechnik (). Die Vorteile der CCGT-Technologie werden in einer Analyse der OECD gut erklärt, nach der "die Vorzüge der CCGT-Technologie ... in niedrigen Kapitalkosten, kurzen Bauzeiten, geringem Landverbrauch und ausgeprägter Modulkonzeption [liegen], d.h. die Skalenerträge sind ab einem bestimmten Niveau nicht mehr signifikant und die Erzeugungskapazität kann in relativ kleinen Stufen ausgedehnt werden" ().
4.10. Die Stromerzeugung mit Hilfe erdgasbefeuerter CCGT-Kraftwerke wird nicht unbedingt kostengünstigeren Strom liefern als die Atomstromtechnik, wenngleich im allgemeinen davon ausgegangen wird, daß dies in den nächsten Jahren so sein wird. Dies hängt natürlich von zahlreichen Faktoren ab, die in den einzelnen Ländern je nach Zeitpunkt ganz unterschiedlich sein werden. Investitionsentscheidungen betreffend neue Stromerzeugungsanlagen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld werden aus den vorgenannten Gründen getroffen werden. Wo Erdgas zu einem auf Dauer wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung steht (), wird es gegenüber der Kernenergie einen entscheidenden Vorteil haben und wahrscheinlich auch allen anderen Brennstoffen bzw. Technologien den Rang ablaufen (). Auch die öffentliche Meinung wird sich dafür stark machen, daß Erdgas gegenüber der Atomkraft und selbst gegenüber anderen Alternativen den Vorzug erhalten wird ().
4.10.1. Es läßt sich nicht absehen, wie lange diese Konstellation bestehen bleibt. Es ist wohl anzunehmen, daß sie in den nächsten 10 bis 15 Jahren vorherrschen wird, wie es danach aussehen wird, läßt sich schwer abschätzen. (Das ist natürlich einer der Hauptgründe dafür, daß die EU in bezug auf die Verfügbarkeit von Brennstoffen flexibel bleiben und an ihrer Politik zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit festhalten sollte).
4.11. Für die Kernindustrie wird bereits in wenigen Jahren die Stunde der Wahrheit kommen, wenn die Betriebsleitung von Versorgungsunternehmen und die öffentliche Hand ihre Strategie für den Ersatz von Anlagen, die ab etwa 2005-2010 stillgelegt werden müssen, entwickeln und in entsprechende Pläne umsetzen müssen. Es ist kaum vorstellbar, daß in anderen Ländern außer Frankreich oder vielleicht noch Finnland neue Kernkraftwerke als Ersatz für außer Betrieb gehende Anlagen gebaut werden. Selbst in Frankreich wurden Zweifel laut, ob nach dem Jahre 2010 neue Kernanlagen noch die bevorzugte Option sein werden ().
4.12. Wenn ab jetzt nur noch marktwirtschaftliche Grundsätze relevant sind, wird ohne eine größere Veränderung der Energiepreislandschaft oder der Baukosten für Kernkraftwerke oder der öffentlichen Meinung oder gar bei allen drei Faktoren die Antwort auf die Frage in der Überschrift zu diesem Kapitel aus heutiger Sicht "wohl kaum" lauten müssen ().
4.13. Die Kommission ist offensichtlich zu demselben Schluß gelangt. Deswegen hat sie sich wohl dafür entschieden, keine Prognosen über das Jahr 2000 hinaus anzustellen, und sie fordert indes die Kernindustrie auf, sich Märkte zu erschließen, allerdings in Übersee. Aber diese verhaltene Aufforderung hat nur stark eingeschränkten Wert. Ohne einen lebendigen Markt zu Hause gerät der Versuch zu einer Sicherung von Ausfuhrwachstum mit aller Wahrscheinlichkeit zu einem hoffnungslosen Unterfangen.
4.14. Ein so starker Wandel im Einsatzstoffprofil für die Stromerzeugung hat Auswirkungen, die über die Grenzen der betreffenden Industriezweige deutlich hinausreichen. Insbesondere werfen sie Fragen über die Versorgungssicherheit der EU mit Energierohstoffen und über ihre Umweltpolitik auf, wobei die Marktkräfte allein das Problem nicht werden lösen können. Dies sind strategische Aspekte, auf die nachstehend eingegangen werden soll.
5. Strategische Aspekte
5.1. Ständig wachsende Abhängigkeit?
5.1.1. Diese Fragestellung ist in den Schlußfolgerungen im Kommissionsdokument wiederzufinden, in dem (in Abschnitt VI, S. 24) diese Thematik mit folgenden Worten angesprochen wird:
"Zukünftige Beurteilungen der Rolle der Kernenergie werden beeinflußt werden, je nachdem, ob sich eine ständig steigende Abhängigkeit der Gemeinschaft von Importen fossiler Brennstoffe zu Sicherung der künftigen Energieversorgung bestätigt oder nicht."
5.1.2. Dies ist eine merkwürdige Fragestellung, da die Antwort "Ja" lautet, und die Kommission spricht sie sogar selbst aus, wenn sie beispielsweise in Abschnitt II Ziffer 2 Buchstabe a) auf Seite 9 ihres Dokuments feststellt: "Europa wird signifikant abhängiger von eingeführter Energie werden." Diese Sichtweise wird durch die weiteren Hintergrundinformationen über das weltweite Geschehen in Abschnitt II Ziffer 2 Buchstabe b) auf Seite 10 und 11 des Kommissionsdokuments sogar noch untermauert.
5.1.3. Weiter in die Zukunft reichende Prognosen über die Energielandschaft werden umfassender in einem anderen Kommissionsdokument mit dem Titel "Die Energie in Europa bis zum Jahre 2020" (nachstehend EE 2020 genannt) behandelt, das im Frühjahr 1996 veröffentlicht wurde. Auszüge aus den Schlußfolgerungen dieses Dokuments bezüglich der künftigen Importabhängigkeit finden sich im Anhang. In der zentralen Frage der Brennstoffeinfuhren kommt die Kommissionsstudie EE 2020 zu dem Ergebnis, daß die Einfuhren an Erdgas, auf das gegenwärtig ca. 40 % des EU-Energieverbrauchs entfallen, bis zum Jahre 2020 auf 75 % steigen könnten, und die Einfuhren an Kohle, die gegenwärtig 37 % des EU-Verbrauchsprofils ausmachen, sich bis zum Jahre 2020 auf eine Größenordnung von fast 80 % zubewegen könnten ().
5.1.4. Diese Art von Szenario hat die Kommission zweifellos dazu bewogen, in ihrem Weißbuch über Energiepolitik die Bedeutung einer Energiebrennstoffvielfalt zu unterstreichen. Die Kommission brachte ihren Standpunkt in dem Weißbuch wie folgt zum Ausdruck "Auf sektoraler Ebene kann ein großer Beitrag zur Diversifizierung dadurch erbracht werden, daß für eine gestreute heimische Brennstoffbasis, besonders im Bereich der Elektrizitätserzeugung, gesorgt wird." Angesichts der "zunehmenden Einfuhrabhängigkeit der Gemeinschaft" gilt es nach Ansicht der Kommission, "im Interesse der Versorgungssicherheit ... unbedingt alle möglichen Energieoptionen offenzuhalten." ()
5.1.5. Die in Ziffer 5.1.1 zitierte Auffassung der Kommission, daß die Beschäftigung mit der Schwierigkeit, die die stetig zunehmende Einfuhrabhängigkeit mit sind bringt, und mit der diesbezüglichen Rolle der Kernenergieerzeugung, ohne weiteres noch etwas aufgeschoben werden kann, deckt sich nicht mit ihrem eigenen Kenntnisstand und auch nicht mit dem Standpunkt, den sie in ihrem Grünbuch über erneuerbare Energiequellen vertritt, wie bereits in Fußnote 3, Seite 93 angesprochen.
5.2. Versorgungssicherheit ()
5.2.1. Wegen ihrer wachsenden Abhängigkeit von Brennstoffeinfuhren für die Stromerzeugung ist für die EU als ganzes das Problem der langfristigen Versorgungssicherheit (wenn auch in unterschiedlicher Dramatik für die einzelnen Mitgliedstaaten) schon vorprogrammiert. Es besteht zwar kein Grund zur Panik, aber es ist eine deutlich absehbare Entwicklung festzustellen. Dieses Problem sollte zweifelsfrei in dieser Überprüfung der Rolle der Kernenergie in der Stromerzeugung konstruktiv angegangen werden.
5.2.2. Was die prognostizierte Zunahme der Einfuhren angeht, so betrifft sie in der Hauptsache die beiden Brennstoffe Kohle und Erdgas. Weiter oben im Text wurde bereits auf die in der Kommissionsstudie EE 2020 geschätzten Importzuwächse für diese beiden Einsatzstoffe eingegangen. Die Bedeutung dieser Prognosen für die künftige Versorgungssicherheit ist bei diesen beiden Brennstoffen jedoch äußerst unterschiedlich. Zu den Kohleimporten stellte die Kommission in ihrem Weißbuch () fest, daß "Die Kenndaten des Weltkohlemarktes und die große Zahl von Lieferanten ... das Risiko einer anhaltenden Kohleverknappung selbst auf lange Sicht minimal erscheinen" lassen.
5.2.3. Bei der Gaseinfuhr stellen sich die Dinge anders dar. In Europa wird Erdgas in der Hauptsache über Rohrleitungen transportiert, einem sehr verletzlichen Versorgungsweg. Außerdem wird ein ständig steigender Teil der künftigen Bezugsmengen der EU aus weiter entfernten geographischen Gebieten stammen. Die EU wird noch lange Jahre weiterhin Gaslieferungen aus der Nordsee, aus den Niederlanden und aus Norwegen beziehen können, wenngleich in der Studie EE 2020 festgestellt wird: "Zusätzliche Lieferungen werden im wesentlichen aus der ehemaligen Sowjetunion und Nordafrika kommen, wenngleich bis zum Jahre 2020 möglicherweise auch weitere Lieferungen aus Nigeria, Iran oder von anderswoher im Nahen Osten über Rohrleitungen oder in Form von verfluessigtem Erdgas bezogen werden können" ().
5.2.4. Da die EU einen ständig wachsenden Teil ihrer Bedarfs zwangsläufig aus geographischen Gebieten beziehen wird, in denen die politischen Verhältnisse instabil sind oder aber werden könnten, ist dieses Versorgungssicherheitsproblem gewissermaßen vorprogrammiert.
5.2.5. Dieser Aspekt ist auch für die Beurteilung des Entwurfs für ein hinweisendes Nuklearprogramm der Kommission relevant, und zwar aus drei Gründen: (i) die Stromerzeugung auf Erdgasbasis wird wahrscheinlich den meisten Mitgliedstaaten in der Zeit nach 2005 allgemein zur Verfügung stehen, d.h. in der Zeit, in der ein Großteil der bestehenden Atomstromkapazität ersetzt werden muß; (ii) beim Atomstrom gibt es keine vergleichbaren Probleme in bezug auf die Einsatzstoffversorgung () und (iii) mit einem Anteil von 33 % der EU-Stromproduktion kann die Atomenergie als wichtiger strategischer Stabilisierungsfaktor wirken und wird hinsichtlich dieser Funktion auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen sein.
5.2.6. Wenn bei Ausbleiben neuer technologischer und wirtschaftlicher Erkenntnisse die Kernenergie immer mehr durch die Erdgasverstromung ersetzt wird, könnte das Versorgungssicherheitsproblem allmählich so große Ausmaße annehmen, daß es auf die Wirtschaft insgesamt und sogar auf die Außenbeziehungen durchschlägt.
5.3. CO2-Emissionen
5.3.1. CO2-Emissionen sind vor allem ein Umweltproblem, aber für die Energiewirtschaft sind sie auch ein strategisches Problem, da einige Energieerzeugungsformen mit einem enormen CO2-Ausstoß verbunden sind. Wie bei den regenerativen Energien werden bei der Atomstromerzeugung nur sehr geringe CO2-Mengen in die Luft abgegeben; das Verschwinden der Atomkraft aus dem Stromerzeugungsprofil hätte diesbezüglich schwerwiegende Folgen.
5.3.2. In Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe b (Seite 13) ihrer Vorlage sieht die Kommission die CO2-Verschmutzung als "ernsthafte Bedrohung". In ihrem Grünbuch über erneuerbare Energiequellen führt die Kommission u.a. aus: "Eine beträchtliche Einschränkung der Nutzung fossiler Brennstoffe ist notwendig, damit die Gemeinschaft die CO2-Ziele der Klimaschutzkonvention erreichen kann" (). Des weiteren spricht sie sich in dem Grünbuch für eine Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energiequellen (von 6 auf 12 %) am Bruttoinlandsenergieverbrauch der Europäischen Union im Jahre 2010 aus ().
5.3.3. Bei der Verwirklichung dieser Zielvorgabe sagt das Grünbuch "eine Reduktion der CO2-Emissionen von 386 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2010" voraus, wenngleich ein Zahlenwert von 300 Millionen Tonnen zutreffender erscheint (). Dieser angestrebte Zahlenwert wäre ein meßbarer und begrüßenswerter Beitrag zum Energieerzeugungsprofil, der mit keiner zusätzlichen CO2-Belastung einherginge, aber es sind doch Zweifel erlaubt, welche Verringerungseffekt er gegenüber dem derzeitigen CO2-Ausstoß bei der traditionellen Energieerzeugung aus Kohle und Erdgas tatsächlich mit sich brächte. Und zwar aus zwei Gründen: (i) hätte der weitaus größte Teil der nach dem vorgeschlagene neuen Programm über erneuerbare Energiequellen erzeugte Strom Ergänzungs- und nicht Ersetzungsfunktion () und (ii) ein wesentlicher Teil der zusätzlichen Stromerzeugung wird sich möglicherweise nicht für die Netzeinspeisung eignen ().
5.3.4. Diese Zahlen machen deutlich, wie wichtig die Kernenergie für die Bemühungen zur Senkung der CO2-Belastung ist. Denn bereits eine Aufgabe von 30 % der derzeitigen Atomstromkapazität bis etwa 2015 (ein durchaus denkbares Szenario) würde das gesamte CO2-Reduzierungsprogramm im Sinne des Grünbuchs der Kommission über erneuerbare Energiequellen - selbst bei dessen umfassenden Verwirklichung - zunichte machen (). Es läßt sich also ohne Übertreibung feststellen, daß wenn die Kernenergieerzeugung weitgehend aufgegeben wird, wovon in den vorstehenden Ausführungen ja ausgegangen wird, die EU keine Aussicht hat, ihre internationalen CO2-Senkungsziele weder jetzt noch in absehbarer Zukunft verwirklichen zu können.
5.4. Die Verantwortung der Kommission
5.4.1. Aus dem vorstehenden Lagebericht ergibt sich eindeutig, daß die EU eventuellen Versorgungssicherheitsproblemen vorbeugen muß, die in den ersten 10 Jahren des nächsten Jahrhunderts auftreten könnten. Die EU hat bereits ein CO2-Problem. Der vollständige oder weitestgehende Verzicht auf Atomstromerzeugungskapazität zugunsten der Erdgasverstromung in den Jahren nach 2005 bis 2010 (vgl. Ziffer 4) wird unvermeidlich die bereits jetzt für diesen Zeitpunkt vorhersehbare Schwäche der EU in bezug auf die Versorgungssicherheit noch verschlimmern. Außerdem wird er die Bemühungen der Europäischen Union zur Senkung ihrer CO2-Emissionen zu einer nahezu unlösbaren Aufgabe machen. Die Kommission sollte dringlichst eine Debatte über Alternativen zu diesem Szenario in Gang setzen, an dem die betroffenen Wirtschaftskreise und die Mitgliedstaaten teilnehmen sollten.
5.4.2. Im Kommissionsdokument werden diese Probleme nicht in aller Deutlichkeit geschildert, und dies ist ein schwerwiegendes Versäumnis. Das heißt, die Themen werden zwar erörtert - wie z. B. die Versorgungssicherheit in Abschnitt II Ziffer 2 Buchstabe a und in der Schlußfolgerung und die CO2-Emissionen in Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe b - und der Beitrag der Kernenergie wird jeweils erwähnt, aber seine zentrale Bedeutung für die Betrachtung der erwähnten beiden Probleme und auch seine Relevanz für die Energiepolitik der EU werden überhaupt nicht zur Sprache gebracht.
5.4.3. Um ein konkretes Beispiel zu geben: In Abschnitt II Ziffer 2 Buchstabe a auf Seite 9 läßt es die Kommission nach der Feststellung, daß Europa signifikant abhängiger von eingeführter Energie werden wird, bei der lapidaren Bemerkung bewenden, daß "die Kernenergie in Zukunft (insoweit) eine Rolle spielen (kann) ... als sich ... der Diversifizierungsgrad in den nächsten Jahren verschlechtern wird." Es fehlt jedweder Hinweis auf die Größenordnung oder die Wesensmerkmale des Problems, das tatsächlich auf uns zukommt, auch auf die Bedeutung der Kernenergie bei der Suche nach Lösungen dieses Problems wird nicht eingegangen, weder im positiven noch im negativen Sinne.
5.4.4. Das gleiche gilt auch für die Ausführungen der Kommission zur CO2-Problematik. Nur wenige Leute könnten sich aus der sehr knappen Darstellung in Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe b einen Reim darauf machen, welche Konsequenzen sich für das CO2-Reduzierungsprogramm der EU ergeben werden, wenn die EU keine nennenswerte Atomstromerzeugungskapazität mehr hat.
5.4.5. Die Zweideutigkeit der Kommission in diesen beiden Schlüsselfragen dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in dem Wissen um das Problem der Akzeptanz der Kernenergiewirtschaft in der Öffentlichkeit begründet sein und in der Notwendigkeit, die verschiedenen Meinungen unter einen Hut zu bringen. Daß die Kommission diese beiden Aspekte aber nicht klar einander gegenüberstellt, ist doch ein schwerwiegendes Versäumnis.
5.4.6. Zugegebenermaßen hat die Kommission - und letztlich auch die EU - nur begrenzte Machtfuelle, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen oder gar zu fördern. Die Mitgliedstaaten haben diesbezüglich mehr Handlungsmöglichkeiten. Aufgrund der neuen Richtlinie betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt können die Mitgliedstaaten inzwischen bestimmte Machtbefugnisse für sich in Anspruch nehmen (vgl. Fußnote 5, S. 91). Die primäre Absicht und Auswirkungen dieser Richtlinie besteht darin, den Elektrizitätsmarkt für den Wettbewerb zu öffnen. Aber Artikel III Absatz 2 dieser Richtlinie besagt u.a., daß
"Die Mitgliedstaaten den im Elektrizitätssektor tätigen Unternehmen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse sicherheitsbezogene Auflagen hinsichtlich des öffentlichen Versorgungsauftrags machen können, die die Versorgungssicherheit, Regelmäßigkeit, Qualität und Preise der Energielieferungen sowie den Umweltschutz zu Gegenstand haben können."
5.4.7. Diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen müssen "klar abgesteckt, transparent, nichtdiskriminierend und nachprüfbar sein" und veröffentlicht werden. Außerdem können die Mitgliedstaaten, soweit sie dies wünschen, für die Wahrnehmung ihres gemeinwirtschaftlichen Versorgungsauftrags Langzeitplanungen einführen. Das Resultat ist, daß es jetzt Sache der Mitgliedstaaten ist (u.a.) für die Wahrung der Versorgungssicherheit Sorge zu tragen, soweit sie dies für erforderlich erachten, wobei sie selbstverständlich nach den entsprechenden Verfahren vorzugehen haben. Die Kommission kann ihnen ihre Ratschläge anbieten, und dies wird sie in strategischen energiepolitischen Fragen auch zweifelsohne tun.
5.4.8. Was die CO2-Emissionen anbelangt, hat die Kommission die Befugnis, Vorschläge zu unterbreiten, und der Rat die Handlungsbefugnis, soweit sie bzw. er der Auffassung ist, daß beispielsweise aufgrund von Artikel 130 s des Vertrags () Handlungsbedarf besteht.
5.4.9. Bei der Überarbeitung ihres Entwurfs für ein hinweisendes Nuklearprogramm muß die Kommission in jedem Falle zu einer eindeutigen Entscheidung gelangen, ob die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und die Senkung der CO2-Emissionen nach wie vor zentrale politische Ziele sind. Kommt sie zu dem Befund, daß diese Ziele nach wie vor im Vordergrund stehen (und diese Position hat sie bislang nach außen vertreten), dann muß sie auf jeden Fall klar und deutlich zum Ausdruck bringen, welche Auswirkungen sich für das Gelingen der Politik ergeben, a) wenn der Union eine umfangreiche Atomstromerzeugungskapazität erhalten bleibt bzw. b) wenn dies nicht der Fall ist.
5.4.10. Auf der Grundlage ihrer Schlußfolgerungen, ganz gleich wie sie ausfallen, wird die Kommission dann klare Leitlinien für alle beteiligten maßgeblichen Akteure und nicht zuletzt für die breite Öffentlichkeit, geben können über die tatsächlichen Alternativen für die Zukunft und darüber, inwieweit es zweckmäßig erscheint, den Lauf der Dinge, wie er sich nach heutigem Wissensstand für die Zukunft abzeichnet, beeinflussen zu wollen.
6. Nukleare Sicherheit in den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS)
6.1. Was die potentiell gefährlichen Teilbereiche der Kernindustrie in den MOE- und GUS-Staaten anbelangt, so werden sie von der Kommission in Abschnitt III und V ihres Dokuments angeschnitten. Dort beschreibt die Kommission kurz die wichtigsten Formen der technischen Hilfe, die westliche Länder zur Verfügung gestellt haben, wie etwa die Unterstützung im Rahmen der Programme PHARE und TACIS.
6.2. Es dürfte keinerlei Zweifel darüber bestehen, daß wenn es in einem dieser Länder zu einem weiteren großen Unfall im Kernenergiebereich kommen sollte, die Auswirkungen auf die öffentliche Haltung in bezug auf die Fortsetzung der nukleartechnischen Tätigkeiten in der EU für die Kernenergiewirtschaft verheerend wären. Ein solcher Vorfall könnte politische Entscheidungen für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kernenergie ohne Rücksicht auf sonstige andere Überlegungen auslösen mit all den Kosten und wirtschaftlichen Verwerfungen, die damit einhergingen. Ein besonders akutes Problem ist der unstabile Zustand des betriebsunfähigen Reaktorblocks 4 von Tschernobyl, dem dringlichst das Augenmerk zuzuwenden ist.
6.3. Die Gefahren beschränken sich nicht auf die zivile Energienutzung in diesen Ländern. Die Verschreckung der Öffentlichkeit könnte auch durch ein Ereignis im militärischen Kernwaffenarsenal einiger der Staaten der früheren Sowjetunion ausgelöst werden. Zahlreichen Berichten zufolge haben in manchen Lagern die Inspektions- und Wartungsstandards sich dramatisch verschlechtert.
Die Programme TACIS und PHARE müssen umgehend überarbeitet werden.
6.4. PHARE und TACIS berühren diese letztgenannten Aspekte nicht, und obwohl die für Sicherheitsaspekte der konventionellen Kernenergienutzung bereitgestellten Summen sich thematisch betrachtet hoch ausnehmen, sind sie gemessen am eigentlichen Bedarf gering. Die aufgelegten Programme haben zweifelsohne ihren Nutzeffekt gehabt, sie sind jedoch jetzt Gegenstand wachsender Kritik bezüglich ihrer tatsächlichen Effizienz. Im Grunde waren sie nicht mehr als das, was ihr Name sagt, d.h. Programme über technische Hilfe. In der Hauptsache ging es um Fragen wie technische Beratung, Ausbildung, Abfassung von Handbüchern, Ratschläge für die richtige Systemkonzeption usw. An technischen Anlagen wurde nur sehr wenig geliefert.
6.5. Die fehlende Unterstützung in Form einer Lieferung technischer Anlagen hat durchaus verständliche Gründe, war aber gleichwohl eine Schwachstelle, und von daher sollte diesem Mangel allmählich abgeholfen werden, sofern dies überhaupt möglich ist. Allerdings muß umfassend berücksichtigt werden, daß die rückständige Wirtschaft einiger dieser Länder ein enormes Handicap für den Bezug einer angemessenen Hilfe von außen gewesen ist.
6.6. Ein wichtiger Aspekt der Kritik an den verschiedenen Programmen über technische Hilfe geht - soweit der Ausschuß weiß - dahin, daß die Kommission bislang noch keine ernsthafte Auswertung der Programme vorgenommen hat. Was wurde erreicht, inwieweit konnte die Sicherheit verbessert werden, wie gut haben die politischen, finanziellen und administrativen Vereinbarungen funktioniert und wie sollten die künftigen Prioritäten gesetzt werden? Fragen dieser Art müssen näher betrachtet werden.
6.7. Es ist zweifelsohne schwierig, solche Beurteilungen objektiv vorzunehmen. Trotzdem glaubt der Ausschuß, daß die Programme über technische Hilfe solange bei der Öffentlichkeit keine Glaubwürdigkeit finden können, bis eine ernsthafte Untersuchung über ihre Effizienz stattgefunden hat. Deswegen möchte der Ausschuß die Kommission nachdrücklich auffordern, vorrangig just eine solche Untersuchung vorzunehmen und anschließend die dabei gewonnen Erkenntnisse zu veröffentlichen.
6.8. Außerdem sollte die Kommission überlegen, ob für einige der gefährlichen militärischen Anlagen technische Hilfe angeboten werden könnte, da ein schwerer Reaktorzwischenfall in irgendeiner dieser Anlagen genauso schwerwiegende Folgen für die Mitgliedstaaten und die Bürger der EU haben könnte wie ein anderweitiger Reaktorzwischenfall.
6.9. Der Ausschuß macht die Kommission aufmerksam auf die spezielle Bedeutung die Arbeiten zur Steigerung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen in Mittel- und Osteuropa und in den neuen unabhängigen Staaten der früheren Sowjetunion für die EU haben. Dies ist zwar eine Angelegenheit der internationalen Gemeinschaft im allgemeinen, aber es sollte berücksichtigt werden, daß einige der Kernreaktoren in unmittelbarer Nähe zu Mitgliedstaaten der EU errichtet wurden. Wenn die ersten MOE-Staaten zu Beginn des nächsten Jahrhunderts der EU beitreten werden, zählen einige dieser Kernkraftwerke zu den kerntechnischen Anlagen der EU.
6.10. Die diesbezüglichen Auswirkungen werden bei den bilateralen Beitrittsverhandlungen zur Sprache kommen müssen. Es sollten unverzüglich Verhandlungen darüber anlaufen, wie diese Anlagen sicherheitsmäßig dem EU-Standard angeglichen werden können.
6.10.1. Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt. Der Angleichungsprozeß könnte zur Aufstellung einheitlicher Normen und der Standrads für Kraftwerke sowjetischer Bauart auf dem Hoheitsgebiet der neuen Mitgliedstaaten der EU führen. In diesem Falle könnte dies das Empfinden der breiten Öffentlichkeit bezüglich der Sicherheit oder sonstiger Eigenschaften kerntechnischer Anlagen in anderen Ländern beeinflussen, die voraussichtlich nicht Mitglieder der EU werden und sich deshalb möglicherweise auch nicht gemüßigt sehen, die EU-weit vereinbarten Standards zu übernehmen.
6.11. Schließlich ist der Ausschuß der Ansicht, daß die Gewährleistung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen in den mittel- und osteuropäischen Staaten und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion so wichtig ist, daß sie in geeigneter Weise formuliert in den die von der Kommission in den Schlußfolgerungen der endgültigen Fassung des hinweisenden Nuklearprogramms aufgeführten Prinzipien zusätzlich genannt werden sollten.
7. Die nächsten Schritte
7.1. Relativ bald wird die Kommission sich entscheiden müssen, ob sie strategische Interventionen empfehlen möchte in bezug auf die Atomstromerzeugung, wenn die EU ihre politischen Konzepte in bezug auf die Versorgungssicherheit und die Senkung der CO2-Emissionen in die Praxis umsetzen möchte. Sie erwägt bereits derartige Schritte hinsichtlich dieser beiden politischen Ansätze in bezug auf regenerative Energieträger (), so daß hier offensichtlich keine Grundsatzfrage im Spiele sein dürften.
7.2. Die Kommission wird zweifelsohne darüber nachdenken, ob es eine Möglichkeit - etwa in Form eines Finanzierungsmechanismus oder eines anderen Instruments - gibt, um dafür zu sorgen, daß selbst nach Einführung des Wettbewerbs Langzeitinvestitionen in Kraftwerkskapazität stattfinden. In Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe d (S. 8) ihrer Mitteilung räumt die Kommission selbst ein, daß es hier ein Problem gibt, denn sie stellt selbst fest: "Bei der Verwirklichung des Binnenmarktes für Elektrizität müssen die Mitgliedstaaten die langfristigen Planungserfordernisse der Kernindustrie berücksichtigen ...".
7.3. Aber solche Maßnahmen werden wenig ausrichten können, wenn die öffentliche Meinung bei ihren derzeitigen Vorbehalten gegen die Aktivitäten der Atomenergiewirtschaft bleibt. Seit der Katastrophe von Tschernobyl ist die öffentliche Meinung zu einer eigenständigen starken politischen Kraft geworden. Zu dieser politischen Kraft ist jetzt noch das Erdgas als zusätzlicher Konkurrent hinzugekommen, eine enorme Herausforderung für die Kernindustrie.
7.4. In diesem Sektor werden Effizienz und Kostenfragen von A bis Z überprüft werden müssen in dem ernsthaften Anliegen, die Effizienz zu steigern und die Kosten zu senken. Die technischen und kommerziellen Möglichkeiten kleinerer Reaktoren des 200-500 MW-Bereichs sollten dringlichst einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Forschungsaktivitäten insbesondere über Reaktorsicherheitsfragen, werden möglicherweise eine größere Mittelausstattung erforderlich machen.
7.5. Da einige Mitgliedstaaten sich in der Frage der Ersatzbeschaffung für die auszumusternden Kernkraftwerke möglicherweise für neue Kernkraftwerke entscheiden werden, müßte die Kernindustrie verstärkte Forschungsanstrengung zur Entwicklung einer neuen Generation noch sicherere und noch konkurrenzfähigerer Reaktoren unternehmen. Diese Forschungsbemühungen sollten von der Europäischen Union über das Forschungsprogramm im Bereich der Kernspaltung unterstützt und gefördert werden. Wegen der Größenordnung der hierfür erforderlichen Investitionen kommt dabei vor allem der Abstimmung zwischen nationalen und gemeinschaftlichen Programmen in diesem Bereich besondere Bedeutung zu.
7.6. Die Sicherheitsnormen müssen in gleicher Strenge und Akribie beibehalten werden wie bisher. In den Mitgliedstaaten der EU hat die Atomwirtschaft über Jahrzehnte hinweg einen ausgezeichneten Sicherheitsstandard zu verzeichnen. Ihr sollte neben den zuständigen Behörden hierfür die gebührende Anerkennung zuteil werden. Dies allein ist aber noch kein Grund zur Selbstgefälligkeit. Dieses Sicherheitsniveau muß ebenfalls einer sorgfältigen Überprüfung unterworfen werden, um sicherzustellen, daß es sich nicht verschlechtert, weil sich die Routine eingestellt oder an bestimmten Stellen eine gewisse Nachlässigkeit Einzug gehalten hat. Es kommt entscheidend darauf an, daß die Öffentlichkeit über die Sicherheitspraktiken der Atomwirtschaft, der Wahrung und noch weiteren Verbesserung im Sinne noch anspruchsvollerer Normen umfassend auf dem laufenden gehalten wird.
7.7. Behandlung und Entsorgung radioaktiver Abfälle
7.7.1. In erster Linie muß die Atomwirtschaft sich mit der Frage ihrer allgemeinen Akzeptanz bei der Öffentlichkeit zuwenden. Die Bilder und Realität des Reaktorunglücks von Tschernobyl lassen sich nicht mehr aus der Welt schaffen. Aber es wäre schon viel gewonnen, wenn die breite Öffentlichkeit in bezug auf den Transport und die Langzeitentsorgung radioaktiver Abfälle beruhigt werden könnten. Es ist doch sehr aufschlußreich, daß verbrauchte Brennstoffe und anderes radioaktives Material seit vielen Jahren innerhalb der EU in sicherer Weise auf Schiene und Straße transportiert werden; trotzdem erfuellt viele Menschen diese Tätigkeit mit genauso viel Besorgnis wie früher.
7.7.2. Vielleicht sollte die Kernindustrie ihre Darstellung der Radioaktivitätsthematik gegenüber der breiten Öffentlichkeit überdenken. Offensichtlich bringt sie das Thema Radioaktivität nur immer in Situationen zur Sprache, bei denen es um die potentielle Gefahrträchtigkeit von Radioaktivität geht. Sie könnte überlegen, ob unabhängig von ihren eigenen Aktivitäten über die modernen Medien mit der breiten Öffentlichkeit eine offene und kontinuierliche Diskussion in Gang gebracht werden kann, die sich mit den Wesensmerkmalen von Radioaktivität beschäftigt und auch beleuchtet, wann Radioaktivität gefährlich ist, absolut sicher und wann sie den Menschen nutzen bringt.
7.7.3. Wahrscheinlich das am schwersten zu bewältigende Problem für die Kernindustrie dürfte die Entsorgung mittel- und hochradioaktiven Atommülls sein, bei dem die gefährliche Radioaktivität über außergewöhnlich lange Zeiträume fortbesteht. Gestützt von der Meinung namhafter Fachwissenschaftler hat die Kernindustrie seit langem die Endlagerung tief unter der Erde zwischen sicheren geologischen Schichten favorisiert, wo die Nuklearabfälle ohne Probleme zuverlässig und auf unbegrenzte Zeit ganz ruhig unter Verschluß gehalten werden können. Die breite Öffentlichkeit lehnt diese Lösung einmütig ab mit der Begründung, daß niemand ganz sicher sein kann, daß nichts schiefgehen kann. Sie möchte nicht nur eine sichere Entsorgung (wirklich allen) radioaktiven Materials, sondern auch in der Weise, daß die gelagerten Abfälle wiederauffindbar sind und die Lagerungseinrichtungen der öffentlichen Beobachtung zugänglich sind.
7.7.4. Nach Meinung des Ausschusses könnte die Kernindustrie, um die Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich der Tätigkeit der Kernindustrie zu zerstreuen, nichts Besseres tun, als den Wünschen der breiten Öffentlichkeit bezüglich des Umgangs mit langzeitradioaktiven Abfällen zu entsprechen, was für sie sowohl praktisch machbar als auch finanziell vertretbar ist. Die Kommission sollte den Mitgliedstaaten und der Kernindustrie dabei behilflich sein, dieses Ziel zu erreichen. Außerdem sollte sie noch einen Schritt weiter gehen und ein umfassendes politisches Konzept für die Entsorgung radioaktiver Abfälle für die gesamte EU entwickeln.
7.8. Beitrag der Industrie zur nuklearen Sicherheit in den MOE-Staaten und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion
7.8.1. Schließlich sollte die Industrie ihre technische, finanzielle und politische Unterstützung für Aktivitäten intensivieren, die auf die Gewährleistung der Sicherheit von kerntechnischen Anlagen (auch des militärischen Bereichs) in den mittel- und osteuropäischen Ländern und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion abzielen. Sie sollte sich auch mehr Profil in der breiten Öffentlichkeit dadurch verschaffen, daß sie solche Tätigkeiten unternimmt, entweder im Rahmen von TACIS und PHARE oder anderer Programme, oder auch aus eigener Initiative davon. Dies sind Tätigkeiten, die die breite Öffentlichkeit unterstützen wird, sofern sie entsprechend über diese Aktivitäten in Kenntnis gesetzt wird. Die Öffentlichkeit weiß sehr wohl um die Gefahren, die schlecht konzipierte und nicht richtig gewartete kerntechnische Anlagen mit sich bringen können und richtet den Blick auf ihre eigene Kernindustrie, damit diese die Dinge zurechtrückt. Hier liegt eine Riesenchance für die Kernindustrie, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, und diese Chance sollte die Atomwirtschaft nutzen.
8. Zusammenfassung
8.1. Der Ausschuß befürwortet die Veröffentlichung des Entwurfs für ein hinweisendes Nuklearprogramm. Es bildet eine Grundlage für eine breit angelegte Diskussion in der EU, aber es werden detailliertere Informationen benötigt. Die vorgeschlagenen Grundsätze sind zu unterstützen.
8.2. Die Kernenergie, auf die gegenwärtig ein Drittel der Stromerzeugung der EU entfällt, besitzt gegenüber der Verstromung fossiler Brennstoffe einige wesentliche ökologische Vorzüge, wie etwa die geringere CO2-Belastung. Allerdings müssen umfangreiche Vorkehrungen getroffen werden, um ihren sicheren Einsatz zu garantieren. Trotz des ausgezeichneten Sicherheitsstandards der Kernindustrie in der EU gibt es in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor sehr starke Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit dieser Vorkehrungen. Das Reaktorunglück von Tschernobyl hat die tiefsitzenden Befürchtungen bezüglich radioaktiver Strahlung neu belebt, aber auch die öffentliche Besorgnis über die Behandlung und Entsorgung radioaktiver Abfälle durch die Kernindustrie ist nach wie vor vorhanden.
8.3. Die starken öffentlichen Bedenken, die Deregulierung und Öffnung eines (in den meisten Mitgliedstaaten) bislang gesicherten Absatzmarktes, der langfristigen und kapitalintensiven Investitionen durchaus zuträglich war, und das Aufkommen des zu konkurrenzfähigen Preisen angebotenen Erdgases, das in kleinerer, effizienteren und preisgünstigeren Anlagen verstromt wird, sind entscheidende Faktoren, derentwegen die meisten Mitgliedstaaten aus heutiger Sicht wohl kaum weiter an der Atomstromerzeugung festhalten werden, wenn die bestehenden Anlagen nach dem Jahre 2005 bis 2010 allmählich ausgemustert werden müssen.
8.4. Die Perspektive einer solchen Entwicklung wirft doch zwangsläufig ernste strategische Fragen hinsichtlich der Energiepolitik der EU auf. Der Verlust des größten Teils ihrer Atomstromerzeugungskapazität würde nicht nur die Fähigkeit der EU schmälern, für eine befriedigende Versorgungssicherheitslösung in bezug auf künftige Einfuhren an Brennstoffen für die Stromerzeugung zu sorgen, sondern auch die Anstrengungen der EU zur Senkung ihrer CO2-Emissionen sehr stark durchkreuzen.
8.5. Es ist ein schwerwiegendes Versäumnis, daß die Kommission in ihrem Dokument die Bedeutung der vorstehend angeschnittenen strategischen Probleme nicht herausstellt und auch deren zu erwartenden Folgen für die Energiepolitik der EU nicht näher untersucht. Die Kommission wird aufgefordert, speziell diese Aspekte in der endgültigen Fassung ihres hinweisenden Nuklearprogramms aufzugreifen, eindeutige Schlußfolgerungen zu ziehen und den beteiligten Seiten sowie auch der Öffentlichkeit hinsichtlich der bevorstehenden Entwicklung klaren Wein einzuschenken.
8.6. Angesichts der Gefahren, die von kerntechnischen Anlagen in den MOE-Staaten und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion ausgehen könnten, dürften keine Zweifel darüber bestehen, welch schwerwiegende Folgen ein weiterer größerer Reaktorzwischenfall für die Einstellung der breiten Öffentlichkeit in Sachen Kernenergie zeitigen würde. Die Programme PHARE und TACIS haben sich gelohnt, geraten aber immer stärker ins Kreuzfeuer der Kritik. Insoweit als diese beiden Programme die nukleare Sicherheit betreffen, sollte sie die Kommission dringlichst überprüfen und dann die Ergebnisse dieser Überarbeitung veröffentlichen. Die Kommission wird aufmerksam gemacht auf die Auswirkungen, die sich ergeben, wenn im Zuge der Erweiterung der EU Kernreaktoren sowjetischer Bauart zu kerntechnischen Anlagen der Gemeinschaft werden.
8.7. Des weiteren sollte die Kommission überlegen, ob die Reichweite ihrer Maßnahmen im Rahmen dieser Programme sich auch auf gefährliche kerntechnische Anlagen des militärischen Bereichs erstrecken sollte.
Der Ausschuß schlägt vor, den von der Kommission vorgeschlagenen Katalog an Prinzipien um Maßnahmen zur Beseitigung der Bedenken in bezug auf die nukleare Sicherheit in den osteuropäischen Ländern zu ergänzen.
8.8. Die Atomenergiewirtschaft in der EU sieht sich großen Herausforderungen gegenüber bis hin zur Frage ihres Fortbestandes. Neben der Überprüfung ihrer Effizienz und der technischen Auslegung ihrer Reaktoren und der tunlichsten Aufrechterhaltung und Verbesserung ihres bereits bestehenden hohen Sicherheitsstandards muß sich die Kernindustrie vor allem der Frage ihrer allgemeinen Akzeptanz in der breiten Öffentlichkeit zuwenden. Dabei muß sie sich insbesondere darum bemühen, einen Weg zu finden, um die Bedenken der Öffentlichkeit über den Transport, den Umgang und die Entsorgung von radioaktiven Abfällen zu zerstreuen. Die breite Öffentlichkeit ist mit dem Endlagerungskonzept der Kernindustrie nicht einverstanden. Sie möchte eine Entsorgung in der Weise, daß die gelagerten Abfälle wiederauffindbar sind und die Lagerung im Auge behalten werden kann, und die Kernindustrie könnte nichts besseres tun, als den Wünschen der breiten Öffentlichkeit in dieser entscheidenden Frage zu entsprechen. Die Kommission sollte den Mitgliedstaaten und der Kernindustrie dabei behilflich sein, dieses Ziel zu erreichen.
Brüssel, den 24. April 1997.
Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses
Tom JENKINS
() KOM(95) 682 endg. vom 13. 12. 1995.
() Nachstehend Kommissionsdokument genannt.
() Zum Gegenstand des IAEO-Übereinkommens stellte der Ausschuß in Ziffer 2.2.5.5 seiner Stellungnahme über die Energievertragscharta vom 26. Oktober 1995 (ABl. Nr. C 18 vom 22. 1. 1996, S. 146) fest, daß das Übereinkommen sich nicht auf die Nichtverbreitung von Atomwaffen (und Sicherungsmaßnahmen für damit in Zusammenhang stehendes Kernmaterial), den physischen Schutz von Kernmaterial, die zivilrechtliche Haftung von nuklearen Schäden auf internationaler Ebene und den sicheren Transport radioaktiver Stoffe und Abfälle erstreckt. Die Arbeiten zur Erstellung des Energiechartavertrags wurden in der Absicht aufgenommen, rechtsverbindliche Regeln bezüglich dieser Aspekte der kerntechnischen Tätigkeiten in der Charta selbst unterzubringen. Als dies sich indes als nicht machbar erwies, legte der Ausschuß dringlichst nahe, diese zusätzlichen Aspekte der nuklearen Sicherheit zu gegebener Zeit in das IAEO-Übereinkommen aufzunehmen. Der Ausschuß möchte die Kommission auffordern, diesen Vorschlag aktiv zu unterstützen.
() Dies sind nahezu 14 % des gesamten Energiebedarfs der EU (vgl. Ziffer 104 (S. 54) des Grünbuchs "Für eine Energiepolitik der Europäischen Union" - KOM(94) 659 endg.).
() Ein Drittel der Stromenergie der EU wird durch Atomstrom abgedeckt, aber nur in acht der fünfzehn Mitgliedstaaten wird Atomstrom erzeugt (und zwar in abnehmender Reihenfolge der Erzeugungskapazität in MW: Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Schweden, Spanien, Belgien, Finnland und die Niederlande). Über Hochspannungsverbindungen mit anderen Mitgliedstaaten werden aber alle Mitgliedstaaten mit Atomstrom beliefert.
() 1 kg Brennholz liefert ca. 1 kWh Strom, 1 kg Kohle ergeben etwa 3 kWh, 1 kg Erdöl etwa 4 kWh, 1 kg natürliches Uranium etwa 50 000 kWh und 1 kg Plutonium ca. 6 000 000 kWh - Hans Blix, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation vor der Zweiten Philipinischen Atomenergiekonferenz am 10. Dezember 1996 in Manila.
() Abschnitt II Ziffer 3 Buchstabe b, S. 13 des Kommissionsdokuments. Im Jahr 1995 beliefen sich die energieerzeugungsbedingten CO2-Emissionen in der EU auf insgesamt 2 950 Millionen t, wobei auf feste Brennstoffe 874 Millionen t, auf Erdöl 1 455 Millionen t und auf Erdgas 621 Millionen t. ("Energie in Europa: Energiejahresbericht 1996", Veröffentlichung der Kommission vom September 1996). Die Zahlenangaben sind nicht ganz deckungsgleich, weil die veröffentlichten Zahlen auf die nächste Million auf- bzw. abgerundet sind.
() Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt - ABl. Nr. L 27 vom 30. 1. 1997, S. 20.
() In Finnland war dies nicht der Fall, denn dort werden die Kernkraftwerke nach marktwirtschaftlichen Prinzipien gebaut und betrieben werden. Dies wurde durch Langzeitvereinbarungen zwischen den großen (Atom) Stromerzeugungsgesellschaften und der Verarbeitungsindustrie erleichtert. Im Vereinigten Königreich wurden im Jahre 1991 die Strommärkte für den Wettbewerb geöffnet, dieser Prozeß soll im Jahr 1998 abgeschlossen sein.
() Nach der in Fußnote 5, S. 91 genannten Richtlinie wird zunächst der Teil des Strommarktes für den Wettbewerb geöffnet, der auf Einzelverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mehr als 40 GWh entfällt. Die nationale Marktquote wird über einen Zeitraum von sechs Jahren stufenweise erhöht, so daß sie letztlich alle Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von mindestens 9 GWh erfaßt. In angemessener Zeit wird die Möglichkeit einer weiteren, neun Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie wirksam werdenden Öffnung des Marktes geprüft.
() Vgl. Tabelle 3 im Anhang des Kommissionsdokuments. Regenerative Energietechnologien sind zum großen Teil auch sehr kapitalintensiv, aber abgesehen von der Wasserkraft sind diese Konzepte als gängige Stromerzeugungstechnologien bislang noch nicht etabliert.
() Unter CCGT sind Kraft-Wärme-gekoppelte Gasturbinenkraftwerke zu verstehen. Dank dieser Technik konnte der Wirkungsgrad bei der Erdgasversorgung (Stromerzeugung pro Wärmeeinheit) auf etwa 60 % gesteigert werden gegenüber Nutzungsgraden zwischen 35 und 40 %, wie sie bei der konventionellen Kohlenverstromungs- und Atomstromtechnik nach wie vor die Regel sind.
() Auszug aus "Projected costs of Generating Electricity" - update 1993 (S. 143), veröffentlicht von der OECD-Kernenergiebehörde/Internationale Energieagentur).
() Erdgas steht Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien und dem Vereinigten Königreich in reichlichen oder angemessenen Mengen zur Verfügung, wenngleich seine Verteilung im einzelnen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ist. Im gewissen Umfange besitzen auch Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland und Luxemburg Erdgas. Griechenland, Portugal und Schweden müssen hingegen ohne Erdgas auskommen.
() Die Situation wurde kürzlich wie folgt zusammengefaßt: "Der Bau eines 1 000-MW-Kernkraftwerks würde etwa 3 Milliarden £ verschlingen und bis zu 80 Monaten dauern. Ein gasbetriebenes Kraftwerk vergleichbarer Größe würde 400 Millionen £ kosten und wäre in weniger als zwei Jahren fertigzustellen. Solange es keine grundlegende Verschiebung in der Preislandschaft gibt, wird sich niemand für die Kernkraft erwärmen" - Simon Holberton in der Financial Times vom 2. Dezember 1996.
Hierzu ist jedoch anzumerken, daß diese 3 Millionen £ sich auf das als Einzelanfertigung errichtete Kraftwerk Sizewell B im Vereinigten Königreich beziehen. Ohne die Darstellung von Herrn Holberton vom Grundsatz her anzweifeln zu wollen, sei darauf hingewiesen, daß die in Serien in anderen Ländern gebauten Kernkraftwerke weitaus preisgünstiger wären und in manchen Fällen vielleicht sogar nur die Hälfte kosten würden - Vgl. Tabelle 8 der OECD-Veröffentlichung "Projected Costs of Generating Electricity" - update 1992.
() Für die Erdgasversorgung einer ganzen Bevölkerung braucht man nicht nur eine hinreichende Basisversorgungsquelle, sondern auch eine moderne Gasleitungsinfrastruktur, und in einigen Mitgliedstaaten müssen die hierfür erforderlichen Investitionen erst noch getätigt werden.
() Der Stellvertretende Direktor des Bereichs Kerntechnische Anlagen der EDF, Laurent Stricker, trug auf einer Konferenz in Paris über die langfristigen kerntechnischen Aktivitäten der EDF vor, daß bei der gegenwärtig in Europa entwickelten neuen energiepolitischen Landschaft bei Investitionen in neue Stromerzeugungskapazität die Wahl wohl nicht auf die Kernenergie fallen dürfte, weil sie für die Grundlastversorgung nicht mit den gasbefeuerten Kombikraftwerken konkurrieren könne.
Zugleich machte Herr Stricker jedoch deutlich, daß dies für die bestehenden KKW nicht gelte. Die bestehenden kerntechnischen Anlagen seien gegenüber der Erdgasverstromung durchaus konkurrenzfähig, weil die Realkosten bei ihnen sich zusammensetzten aus den Betriebs- und Brennstoffkosten und den Rücklagen für die Behandlung verbrauchten Reaktorbrennstoffs und für die Reaktorstillegung - Bericht in "Nucleonics Week" vom 19. Dezember 1996.
() Im Vereinigten Königreich, wo die Liberalisierung und Marktöffnung im Jahre 1990/1991 eingeleitet wurden, sind sämtliche neugebauten Anlagen erdgasbetriebene CCGT-Kraftwerke, und außerdem ging die Kohleindustrie weiter zurück. Die Kernkraft konnte sich bislang behaupten, z.T. deswegen, weil die Kapitalkosten der älteren Anlagen bereits abgeschrieben waren. Geplante Atomkraftwerkneubauten, die bis vor kurzem ins Auge gefaßt worden waren, wurden inzwischen vorläufig auf Eis gelegt. In dem vom Presseamt der britischen Regierung im Jahr 1995 veröffentlichten Energiepapier 65 "Energieprognosen für das Vereinigte Königreich 1995-2020" wird angenommen, daß bis zum Jahre 2020 bis zu 38 bis 55 % der Stromerzeugung des Vereinigten Königreiches nach der CCGT-Erdgasverstromungstechnik erzeugt werden, je nachdem, welches der verschiedenen denkbaren Szenarien sich als das realistischste herausstellt.
() In Ziffer 4.2 ihres Grünbuchs "Energie für die Zukunft: erneuerbare Energiequellen" (KOM(96) 567 endg. vom 11. 11. 1996, das kurz nach dem Entwurf für ein hinweisendes Nuklearprogramm veröffentlicht wurde) stellt die Kommission fest, daß "alle erneuerbaren Energiequellen ... einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Versorgungssicherheit" leisten können und führt dann weiter aus:
"Außerdem ist es erforderlich, über den Energiebedarf der Gemeinschaft hinauszublicken. Alle Prognosen zeigen, daß der Energiebedarf der Entwicklungsländer, vor allem in Asien, künftig erheblich ansteigen wird. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf die Weltenergiemärkte bleiben, so daß Versorgungsengpässe und Preissteigerungen nicht auszuschließen sind. Mit Hilfe erneuerbarer Energiequellen kann der Bedarf an eingeführten Brennstoffen zurückgeschraubt werden."
() Ziffer 81 des Weißbuchs der Kommission "Eine Energiepolitik für die Europäische Union" (vgl. Fußnote 1, S. 88).
() Der Begriff "Versorgungssicherheit" ist im vorliegenden Dokument im strategischen Sinne zu verstehen, d.h. im Verhältnis zur Abhängigkeit von Drittlandsenergielieferungen und deren Zuverlässigkeitsgrad zu sehen.
() A.a.O. - Ziffer 78.
() Vgl. den Anhang. Des weiteren merkt die Kommission in ihrer Studie EE 2020 (auf Seite 80) u.a. an: "Die wachsende Bedeutung des Erdgases hat auch spezielle geopolitische Auswirkungen. Der europäische Bedarf wird in zunehmendem Maße durch Erdgaseinfuhren gedeckt werden. Die Untersuchungen haben ergeben, daß dieses Gas aus immer größeren Entfernungen zum europäischen Markt herantransportiert werden muß, wodurch die EU auf den guten Willen einer wachsenden Anzahl von Durchfuhrländern auf dem Transportweg angewiesen ist."
() Vgl. Abschnitt V Ziffer 2 des Kommissionsdokuments.
() KOM(96) 576 endg.
() A.a.O., Zusammenfassung, S. 4.
() A.a.O - Ziffer 6.1., S. 30. Es gibt indes eine offenkundige Diskrepanz zwischen dem im Grünbuch der Kommission angegebenen Wert von 386 Millionen t weniger CO2-Emissionen infolge des 6 %igen Anteils der erneuerbaren Energien am Brutto-Primärenergieverbrauch und der im hinweisenden Nuklearprogramm von der Kommission angegebenen CO2-Belastungsminderung um 700 Millionen t infolge des 14 %igen Anteils der Atomenergie am Brutto-Primärenergieverbrauch. Wenn der für Kernenergie angegebene Zahlenwert von 700 Millionen t stimmt, dann ist der Beitrag des 6 %igen Anteils der erneuerbaren Energieträger zur CO2-Belastungsminderung nicht 386 Millionen sondern 300 Millionen t. Bei den Ausführungen in Ziffer 5.3.4 wurde von dem niedrigeren Zahlenwert ausgegangen.
() A.a.O. - Ziffer 3, S. 18.
() "Die Verfügbarkeit vieler dieser (erneuerbaren) Energiequellen beträgt vielleicht 2000 Stunden im Jahr, das zu einem Viertel der Zeit" - Teil 3 Ziffer 2.2.3. (S. 82) der Studie EE 2020.
() Bei Stillegung von 30 % der derzeitigen Atomstromkapazität ginge ein CO2-Belastungsminderungseffekt von 210 Millionen t verloren. Bei der vorsichtigen Annahme, daß sie durch die CCGT-Erdgasverstromung ersetzt wird, der CO2-emissionsgünstigsten Verstromung fossiler Brennstoffe, ergäbe sich ein zusätzlicher CO2-Anfall von ca. 95 Millionen t pro Jahr. Dieser Zahlenwert basiert auf der Angabe von Fells Associates (Beratungsfirma für energie- und umweltpolitische Fragen), daß bei einer Ersetzung der gesamten Kernenergiekapazität der EU durch CCGT-Erdgasverstromungstechnik eines typischen Wirkungsgrades von 52 % einen zusätzlichen CO2-Anfall von ca. 323 Millionen t mit sich brächte.
() Gemäß Artikel 130 s Absatz 2 des Vertrags erläßt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig Maßnahmen, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren.
() Und zwar in ihrem jüngst veröffentlichten Grünbuch - vgl. hierzu bsw. Fußnote 3, S. 93.
ANHANG I
Auszüge aus "Die Energie in Europa bis zum Jahre 2020. Ein Szenarien-Ansatz" ()
1. Das Kommissionsdokument "Die Energie in Europa bis zum Jahre 2020" (EE 2020) gibt einen Überblick über eine ganze Palette von Möglichkeiten hinsichtlich des Bedarfs Europas an den verschiedenen Brennstoffen in den nächsten 23 Jahren sowie über deren Herkunft. In den nachstehenden Ziffern wird eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen im Dokument EE 2020 enthaltenen Erkenntnisse über den Elektrizitätsbedarf der EU gegeben.
2. Im Dokument EE 2020 vertritt die Kommission die Auffassung, daß die Eigenproduktion der EU an Energie außer bei erneuerbaren Energieträgern bis zum Jahre 2020 möglicherweise um ein Fünftel zurückgehen wird. Dadurch wird zwangsläufig die Abhängigkeit Europas von Energieeinfuhren steigen. Der Abhängigkeitsgrad liegt gegenwärtig bei 48 % des Bruttoverbrauchs, könnte aber bis zum Jahre 2020 eine Größenordnung von 53-69 % erreicht haben.
3. Die Abhängigkeit von Brennstoffeinfuhren wird bei Erdgas am stärksten steigen ... Die Importe machen gegenwärtig 40 % des Verbrauchs aus, dieser Zahlenwert könnte bis zum Jahre 2020 75 % erreicht haben. Zusätzliche Lieferungen werden im wesentlichen aus der ehemaligen Sowjetunion und Nordafrika kommen, wenngleich bis zum Jahre 2020 möglicherweise auch weitere Lieferungen aus Nigeria, Iran oder von anderswoher im Nahen Osten über Rohrleitungen oder in Form von verfluessigtem Erdgas bezogen werden können. Ein wesentlicher Teil der Lieferungen wird natürlich auch weiterhin aus dem europäischen Raum (etwa aus der Nordseeregion und aus den Niederlanden) einschließlich Norwegen stammen.
4. In den spezifischen Bemerkungen über Erdgas als Einsatzstoff für die Stromerzeugung stellt der Kommissionsbericht fest, daß der Bedarf an - zunehmend unter Verwendung von Erdgas erzeugtem - Strom weiter ansteigen wird und daß erdgasbefeuerte Kombikraftwerke mehr als 30 % der Wärmekapazität liefern werden. In einem der vier im Kommissionsbericht geschilderten Szenarien wird sogar ein Anstieg auf 50 % angenommen.
5. Was die damit zusammenhängende Frage der Zukunft der Kohle anbelangt (auf die genau wie bei der Kernenergie ein Drittel der EU-Stromerzeugung entfällt), stellt der Kommissionsbericht EE 2020 fest, daß die Abhängigkeit von Kohleeinfuhren infolge der stark rückläufigen Eigenproduktion rasch zunehmen wird. Von 29 % im Jahre 1990 ist der Abhängigkeitsgrad bereits auf 37 % angestiegen und dürfte bis zum Jahre 2020 nahezu 80 % erreicht haben.
() Von der Kommission im Frühjahr 1996 veröffentlicht; besteht nur in Englisch. Von den Zitaten abgesehen, die den Seiten 10 bis 23 der Kommissionsstudie entnommen sind, wurde der Text vom Berichterstatter abgefaßt.
ANHANG II zu der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (gemäß Artikel 47 der Geschäftsordnung)
Die nachstehenden Änderungsanträge wurden im Laufe der Debatte abgelehnt:
Änderungsanträge von Herrn Zöhrer
Ziffer 3.1
Den zweiten Satz wie folgt ändern:
"Wie die Kommission selbst feststellt, ist die Kernenergie ein hoch kontrovers diskutiertes Thema in der Union, dennoch wird mit rund einem Drittel ein erheblicher Teil der EU-Stromerzeugung auf atomtechnischem Weg hergestellt. Die Kommission hat sich in den letzten Jahren aber kaum zur Kernenergiewirtschaft geäußert, und zwar weder zu ihren Problemen noch zu ihren Möglichkeiten."
Begründung
Diese Formulierung bringt die Breite der Diskussion eher zum Ausdruck, als wenn nur ein Aspekt (die CO2-Problematik herausgegriffen wird.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 18, Nein-Stimmen: 62, Stimmenthaltungen: 6.
Ziffer 4.2
Den ersten Satz streichen.
Begründung
Die Kommission äußert solche Zweifel nicht. Sie hält lediglich fest, daß bestimmte Entwicklungen noch nicht über das Jahr 2000 hinaus abschätzbar sind und daher quantitative Produktions- und Investitionsziele nicht festgelegt werden können.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 16, Nein-Stimmen: 65, Stimmenthaltungen: 6.
Ziffer 4.10
Den letzten Satz streichen.
Begründung
Diese pauschale Aussage trifft so nicht zu. Es liegen dafür keine empirischen Erhebungen vor.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 24, Nein-Stimmen: 62, Stimmenthaltungen: 4.
Ziffer 5.2.1
Den ersten Satz wie folgt neu formulieren:
"Die mögliche wachsende Abhängigkeit von Brennstoffeinfuhren für die Stromerzeugung kann für die EU als Ganzes zu Problemen bei der langfristigen Versorgungssicherheit führen, wenn auch in unterschiedlicher Dramatik für die einzelnen Mitgliedstaaten."
Begründung
Versorgungsprobleme sind keinesfalls "vorprogrammiert".
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 20, Nein-Stimmen: 75, Stimmenthaltungen: 10.
Ziffer 5.2.5
Wie folgt ändern:
"Der Aspekt der Versorgungssicherheit ist daher für die Beurteilung des Entwurfs für ein hinweisendes Nuklearprogramm der Kommission relevant. Vor allem in jenen Mitgliedsländern, die einen hohen Anteil der Stromproduktion aus Atomenergie beziehen, kann diese als strategischer Stabilisierungsfaktor wirken und wird dort in dieser Funktion auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen sein."
Begründung
Die Entscheidung über den Einsatz von Kernenergie ist den Mitgliedstaaten überlassen. Die einzelnen Mitgliedstaaten verfolgen unterschiedliche energiepolitische Strategien, so daß Aussagen bezüglich der (künftigen) Versorgungssicherheit nicht generell getroffen werden können.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 21, Nein-Stimmen: 82, Stimmenthaltungen: 6.
Ziffer 5.2.6
Diese Ziffer streichen.
Begründung
Siehe Begründung zu Ziffer 5.2.5.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 25, Nein-Stimmen: 80, Stimmenthaltungen: 7.
Ziffer 5.3.1
Anstelle des zweiten Satzes folgendes einfügen:
"Deshalb sind die Bemühungen hinsichtlich Energieeinsparungen und dem Einsatz erneuerbarer Energien weiter zu verstärken. Der geringe CO2-Ausstoß bei der Atomstromerzeugung ist wohl einer der Gründe, warum einige Mitgliedstaaten die Kernenergie bevorzugen bzw. nicht so rasch wie vorgesehen aussteigen. Ein plötzlicher Umstieg von der Nukleartechnologie zu fossilen Brennstoffen (die derzeit die einzige Alternative darstellen) würde diesbezüglich schwerwiegende Folgen haben."
Begründung
Spricht für sich.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 25, Nein-Stimmen: 73, Stimmenthaltungen: 10.
Ziffern 5.4.3 bis 5.4.5
Streichen dieser Ziffern.
Begründung
Da die Kommission auf die Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten bezüglich dem Einsatz von Kernenergie keinen Einfluß hat, ist es auch richtig, daß sie auf solche Gegenüberstellungen verzichtet.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 21, Nein-Stimmen: 82, Stimmenthaltungen: 4.
Ziffer 7.1
Folgenden Satz anfügen:
"Dabei verweist der Ausschuß allerdings auf den Grundsatz, daß die Entscheidung über die friedliche Nutzung der Kernenergie den Mitgliedstaaten überlassen bleibt."
Begründung
Spricht für sich.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 25, Nein-Stimmen: 67, Stimmenthaltungen: 12.
Ziffer 7.2
Folgenden Satz anfügen:
"Sollte man solche Möglichkeiten in Betracht ziehen, muß sichergestellt werden, daß dies auch für andere Kraftwerksinvestitionen gilt, die kapitalintensiv sind (z. B. Wasserkraftwerke). Für einen solchen Fall sind objektive Kriterien ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Technologie zu erstellen."
Begründung
Es darf keine Begünstigung für einen bestimmten Energieträger geben.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 23, Nein-Stimmen: 86, Stimmenthaltungen: 7.
Änderungsantrag von Herrn Malosse, Frau Sirkeinen und Herrn Gauder
Ziffer 8.3
Diese Ziffer sollte folgendermaßen ergänzt werden:
"... derentwegen die meisten Mitgliedstaaten aus heutiger Sicht und sofern künftige Entwicklungen dieser Perspektive nicht widersprechen wohl kaum ..."
Begründung
Die Verfasser sind mit dem Änderungsantrag 3 von Herrn Bordes-Pages durchaus einverstanden, sind jedoch der Ansicht, daß die von ihnen vorgeschlagenen Ergänzungen dem Tenor der Begründung zu diesem Änderungsantrag, der sie durchaus zustimmen, besser gerecht wird.
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 36, Nein-Stimmen: 51, Stimmenthaltungen: 22.