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Document 51999IE0945
Opinion of the Economic and Social Committee on 'The EU's Northern dimension including relations with Russia'
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema «Die nördliche Dimension der EU einschließlich der Beziehungen zu Rußland»
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema «Die nördliche Dimension der EU einschließlich der Beziehungen zu Rußland»
ABl. C 368 vom 20.12.1999, p. 39–43
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema «Die nördliche Dimension der EU einschließlich der Beziehungen zu Rußland»
Amtsblatt Nr. C 368 vom 20/12/1999 S. 0039 - 0043
Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Die nördliche Dimension der EU einschließlich der Beziehungen zu Rußland" (1999/C 368/14) Der Wirtschafts- und Sozialausschuß beschloß am 25. Februar 1999, gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Geschäftsordnung eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema abzugeben. Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Außenbeziehungen nahm ihre Stellungnahme am 6. Oktober 1999 an. Berichterstatter war Herr Hamro-Drotz. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß verabschiedete auf seiner 367. Plenartagung (Sitzung vom 20. Oktober 1999) mit 104 gegen 2 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme. Einleitung Seit der Erweiterung der EU im Jahre 1995 hat Nordeuropa für die Europäische Union an Bedeutung gewonnen. In den letzten Jahren ist der Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und der Russischen Föderation ebenfalls wichtiger geworden. Wirksame Beziehungen zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten, den anderen nordeuropäischen Staaten und Rußland sind von grundlegender Bedeutung für Sicherheit und Stärkung der Stabilität. Wirtschaftliche Verbesserungen und ein größerer Wohlstand in Nordeuropa werden der gesamten EU und ihren europäischen Nachbarn nützen. Angesichts dessen ist eine entschlossene Kooperation auf sämtlichen Ebenen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen sowie der Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen der Zivilgesellschaft (u. a. Sozialpartner, wirtschaftliche Organisationen und andere NGO) von größter Bedeutung. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß legt eine Stellungnahme zu diesem Thema vor, weil sowohl die nördliche Dimension der EU als auch ihre Beziehungen zu Rußland zu den Prioritäten der EU zählen und gegenwärtig aktiv ausgebaut werden. In beiden Fragen erscheint jetzt eine Vertiefung und Konkretisierung der Aktionen angezeigt. Die politische, wirtschaftliche und soziale Instabilität vor allem Rußlands und die Ausbreitung der organisierten Kriminalität und der Korruption stellen große Herausforderungen dar. Auch das steile Wohlstandsgefälle zwischen den nordeuropäischen Ländern verlangt nach Maßnahmen. Der Arbeitsmarktmechanismus sowie der soziale Dialog und die Stellung der Träger einer gefestigten Zivilgesellschaft sind in den baltischen Ländern, Polen und vor allem in Rußland noch ziemlich unterentwickelt, wenn man sie mit den EU-Mitgliedsländern vergleicht. Anhang 1 der Stellungnahme enthält einen Lagebericht über die nördliche Dimension der EU, den Ausbau der Beziehungen der EU zu Rußland sowie andere damit verbundene Aktionen. Dazu gehören vor allem die Zusammenarbeit in der Ostseeregion und die Vorbereitungen der nordeuropäischen assoziierten Länder auf die Mitgliedschaft in der EU. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß möchte zu den in diesem Bereich von der EU in Angriff genommenen Arbeiten durch Zielvorstellungen, Empfehlungen und Vorschläge in seiner Stellungnahme beitragen. Im Rahmen der Erarbeitung seiner Stellungnahme traf der Wirtschafts- und Sozialausschuß in Moskau mit Vertretern der russischen Gewerkschaften und Verbände zusammen. Der Ausschuß führte ferner schriftliche Konsultationen mit Rußland und den Beitrittskandidaten durch, um sich über die Sichtweisen der Organisationen der Länder dieser Region ein Bild zu machen. Anhang 2 enthält eine Zusammenfassung ihrer Ansichten und Antworten. Diese wurden in der vorliegenden Stellungnahme berücksichtigt. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat bereits mehrere Stellungnahmen und Informationsberichte zu diesem Thema abgegeben, die wichtigsten Dokumente sind am Ende des Anhangs 1 aufgelistet. Die Stellungnahme geht von diesen Dokumenten aus, ohne sich jedoch ausdrücklich darauf zu beziehen oder die darin zum Ausdruck gebrachten Sichtweisen wiederaufzugreifen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß wird die Maßnahmen beobachten, die zum Ausbau der nördlichen Dimension der EU und der Beziehungen der EU zu Rußland ergriffen werden. Der Ausschuß wird seinen Standpunkt (in Stellungnahmen) zu den notwendigen Folgemaßnahmen vorlegen, um auf diese Weise dazu beizutragen, daß die EU auf diesem Gebiet deutliche Fortschritte erzielen kann. Ziele 1. Die nördliche Dimension ist eine notwendige Initiative, weil die EU gegenüber Nordeuropa eine integrierte Politik verfolgen sollte. 2. Bereits seit Jahrhunderten prägen die Beziehungen zwischen Rußland und anderen Ländern das Geschehen in ganz Europa. Auch für seine künftige Entwicklung sind sie von größter Bedeutung. Wenn Rußland in der Strategie als Partner betrachtet wird, müssen für die Partnerschaft auch ausreichende Instrumente zur Verfügung gestellt werden. Dies unterstreicht die Bedeutung der Rußland-Strategie der EU, auf deren Grundlage die Beziehungen der EU und ihrer Mitgliedsländer zu Rußland koordiniert werden. Die Ereignisse auf dem Balkan zeigen sehr deutlich die Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen der EU und Rußland. Die Stabilisierungs- und Wiederaufbauarbeiten auf dem Balkan müssen mit einer Intensivierung der Kooperationsbemühungen der EU in Ost- und Nordeuropa einhergehen. Die Verhütung von Krisen ist insbesondere für die Erhöhung der Stabilität wichtig. 3. Den Ausgangspunkt für die nördliche Dimension, d. h. daß Anstrengungen unternommen werden müssen, um die gegenseitige nutzbringende Abhängigkeit zwischen Rußland, dem Ostseeraum und der EU in den Vordergrund zu rücken, hält der WSA für den richtigen Ansatz. Die Entwicklung der Zusammenarbeit im Ostseeraum ist vor allem deshalb sehr wichtig, weil die EU und Rußland just in dieser Region unmittelbar miteinander in Berührung kommen. Mit Hilfe der nördlichen Dimension sollte das Ziel verfolgt werden, die Zusammenarbeit zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten, den assoziierten und EWR-Staaten im Ostseeraum und Rußland, insbesondere Rußlands nordwestlichen und nördlichen Landesteilen, zu vertiefen. Zielsetzung der nördlichen Dimension muß deshalb sein, das politische, wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen den verschiedenen Gemeinwesen zu verringern. Gleichzeitig müssen Anstrengungen unternommen werden, um die assoziierten Staaten bei der Vorbereitung auf die EU-Mitgliedschaft zu unterstützen und die Partnerschaft zwischen der EU und Rußland auszubauen. Die nördliche Dimension muß hierbei eine Brückenfunktion übernehmen, indem sie zur Konvergenz dieser Bemühungen beiträgt. Eine andere Voraussetzung für Erfolg ist das uneingeschränkte Engagement und die vollständige Einbindung Rußlands und der übrigen Länder dieser Region, die nicht Mitglied der EU sind, in die nördliche Dimension. 4. Das Erfordernis der Entwicklung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den nordeuropäischen Ländern ist wegen der bevorstehenden Erweiterung in Mitteleuropa sowie wegen der Tatsache, daß die Ostsee in der Praxis ein Binnenmeer der Union ist und Königsberg in einer erweiterten Union zu einer russischen Enklave würde, ganz offensichtlich. Ein wirtschaftlich erfolgreiches sowie politisch und sozial stabiles Rußland mit guten Beziehungen zu seinen Nachbarn ist der ideale östliche Partner der EU. Die nördliche Dimension sollte ein Schlüsselinstrument für die Förderung nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen diesen Ländern darstellen. 5. Die Förderung von Wirtschaftswachstum und Wohlstand hängt auch von dem Funktionieren des Rechtsstaates und der Bürgergesellschaft ab. Deshalb spielt dieser Standpunkt in jeder Phase des Ausbaus der nördlichen Dimension und der Beziehungen zu Rußland eine zentrale Rolle. 6. Die Mitteilung der Kommission von November 1998 zur nördlichen Dimension, die im Mai 1999 vom Rat verabschiedeten Empfehlungen, die auf dem Europäischen Gipfel in Köln im Juni 1999 beschlossene Strategie zu Rußland sowie das erste diesbezügliche Arbeitsprogramm geben entsprechende Leitlinien für den Ausbau der Zusammenarbeit vor. Empfehlungen 1. Wirtschaftswachstum und stabilere Märkte sowie die damit einhergehende Prosperität und Schaffung von Arbeitsplätzen sollten bei der Entwicklung der nördlichen Dimension der EU im Vordergrund stehen. In Rußland und den assoziierten Staaten der Region kann dies durch eine erhebliche Steigerung sowohl der heimischen wie auch der ausländischen Investitionen erreicht werden. Der größte Hemmschuh für Investitionen besteht darin, daß sich kaum absehen läßt, wie sich das betriebliche Umfeld entwickeln wird. Die Bedingungen sind in allen assoziierten Staaten unzureichend und in Rußland schlecht. Damit der Wiederaufschwung der Wirtschaft gewährleistet werden kann, muß vor allem in Rußland das Vertrauen sowohl der heimischen als auch der ausländischen Investoren wiederhergestellt werden. Die Investitionsbereitschaft kann insbesondere dadurch gesteigert werden, daß das Unternehmensteuerrecht reformiert wird, die Bestimmungen über die Buchführung und Rechnungsprüfung von Unternehmen an den EU-Standard angepaßt und die Investitionsgesetzgebung verbessert werden. Wenn durch bessere Finanz- und Sicherheitsregelungen das Vertrauen der Finanzinstitute gestärkt und das Bankgewerbe auch für ausländische Banken geöffnet würde, dann ergäbe sich auch mehr Interesse an Investitionen in den Zielländern. Die Teilnehmer an Investitionsvorhaben sollten ihre Beziehungen zu den internationalen Finanzierungsträgern (Weltbank (IBRD und IFC), EBWE, EIB, NIB) konsolidieren. Zur Verhinderung von Mißbrauch müssen die Finanzierungsträger ihre Kontrolle über die Steuerung der Investitionen verschärfen. Ferner müssen glaubwürdige Regeln aufgestellt werden, um Investitionen von ausländischer Seite zu schützen. Standards und technische Verordnungen - u. a. über Produktsicherheit - müssen entsprechend dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der EU und Rußland an die Bestimmungen der EU angepaßt werden. Darüber hinaus beeinflußt auch die Verbesserung beruflicher Faktoren, wie Berufsausbildung, Arbeitsbedingungen, Sicherheit am Arbeitsplatz und Stabilität der Arbeitsmärkte, die Investitionsentscheidungen. 2. Zur Förderung von Prosperität und Wirtschaftswachstum müssen die wesentlichen gemeinsamen Wirtschaftsinteressen und Kooperationsziele festgelegt werden. Hierzu gehören: - Zusammenarbeit im Handel und der Produktion, u. a. durch die Förderung von Zulieferung; - Verbesserung der Funktionsbedingungen kleiner und mittlerer Unternehmen; - gesetzmäßige Privatisierung staatlicher Unternehmen, die Objekt einer Strukturerneuerung sind, und deren Anpassung an die Marktwirtschaft; - Entwicklung der Produktionsmethoden und des Verkehrswesens zur besseren Nutzung der Energieträger (Erdgas, Erdöl und Strom) sowie der umfangreichen Forstbestände und Bodenschätze; - Entwicklung eines flächendeckenden Netzes von Verkehrsverbindungen auf der Grundlage der besonderen Bedingungen der Region und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des kombinierten und des Transitverkehrs; - Verbesserung der Lebensmittelversorgung, u. a. der primären Produktion und Verarbeitung, des Transports, der Logistik, des Groß- und Einzelhandels; - Entwicklung integrierter IKT-Systeme für die gesamte Region; - Ausdehnung des Umweltschutzes, einschließlich der Erhaltung der Ostsee, Reduzierung gefährlicher Emissionen, Verbesserung der nuklearen Sicherheit sowie des öffentlichen Gesundheitswesens u. a. durch die Bereitstellung von hochwertigem Trinkwasser und die Verbesserung der Abwasserbehandlung; - Herbeiführung eines angemessenen Kompetenzniveaus der Behörden, die für die Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften verantwortlich sind (Wettbewerbsbehörden, Steuerbehörden, Anstalt zur Überwachung der Produktzertifizierung, Zollbehörde usw.); - Intensivierung der Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption; - Entwicklung der beruflichen Bildung Jugendlicher. Bei der Festlegung der Kooperationsziele sollten auch die verschiedenen mit diesen Zielen zusammenhängenden Dienstleistungserfordernisse sowie der Bedarf an sozialer, vor allem durch Strukturveränderungen der Wirtschaft verursachter Entwicklung (u. a. hinsichtlich Beschäftigung, Bildungswesen, Lebensbedingungen) berücksichtigt werden. Bei der Auslotung der Kooperationszielvorgaben sollten die Meinungen und Empfehlungen der EU-Sozialpartner berücksichtigt werden. Eine Zusammenarbeit ist angezeigt, da die Zielvorgaben eine gemeinsame Planung, Finanzierung und Umsetzung erfordern. Die EU muß die Initiative zur Ausarbeitung und Lancierung praxisbezogener Projekte ergreifen. Neben den bestehenden EU-Dokumenten gibt es eine ganze Reihe anderer Berichte zum Entwicklungsbedarf(1), die in Zukunft als Orientierungsrahmen dienen könnten. 3. Die Länder der Region sind mit Ausnahme Rußlands Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) oder befinden sich in der Beitrittsphase zur WTO oder der EU bzw. bereiten sich auf die Mitgliedschaft in der EU vor. Es ist wichtig, daß Rußland seine Gesetze und Vorschriften den WTO-Verträgen entsprechend anpaßt. So kann am besten gewährleistet werden, daß die Unternehmen in all diesen Ländern über Betriebsbedingungen verfügen, die die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen begünstigen. Auf diese Weise werden sich auch die russischen Unternehmen leichter erfolgreich auf den außerrussischen Märkten etablieren können. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen Rußland auch weiterhin bei der Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der WTO unterstützen, obwohl die Verhältnisse in Rußland keine großen Hoffnungen auf eine schnelle Verwirklichung der Mitgliedschaft aufkommen lassen. Diese Anpassungen an die Vorschriften der WTO werden es ermöglichen, daß Verhandlungen über den Freihandel zwischen Rußland und der EU aufgenommen werden können. 4. Die Verbesserung der grenzübergreifenden und der interregionalen Zusammenarbeit zwischen allen Ländern der Region muß in den Vordergrund gestellt werden. Neben dem Handel mit Waren und Dienstleistungen und anderen Formen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit muß die Kooperation u. a. auf folgende Aspekte ausgedehnt werden: Zusammenarbeit zwischen den Bürgern, kultureller Austausch, Verbrechensverhütung sowie die Förderung des lokalen Unternehmertums. Vor allem die Grenzregionen, die direkt an den gemeinsamen Grenzen der EU, der assoziierten Länder und Rußlands liegen - die Region Murmansk, die Karelische Republik, die Region Leningrad, die Stadt St. Petersburg, die Region Pskow und Königsberg - bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit der EU. 5. Es muß auf die Tätigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den assoziierten Ländern der Region und insbesondere in Rußland Wert gelegt werden. Sie sind zuständig für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften. Den lokalen Gebietskörperschaften kommt bei der Förderung eines verantwortungsbewußten Unternehmertums, günstiger Investitionsbedingungen und der Verbrechensverhütung eine Schlüsselrolle zu. Die EU muß die Förderung von Maßnahmen intensivieren, die die lokalen Gebietskörperschaften mit ausreichenden Informationen, Fachkenntnissen und sonstigen Ressourcen versorgen. 6. Eine erfolgreiche Marktwirtschaft erfordert ferner effiziente Arbeitsmärkte und einen funktionierenden Dialog zwischen den Bürgern und den Gewerkschaften und Verbänden sowie zwischen letzteren und den Behörden. Die Erhebung, die im Zusammenhang mit der Abfassung der Stellungnahme angestellt wurde, und andere Kontakte mit Organisationen in Drittländern der Region (siehe Anhang 2) haben gezeigt, daß die staatliche Verwaltung in vielen Ländern Rahmenbedingungen für das Funktionieren des Arbeitsmarkts, des dreigliedrigen sowie des sozialen Dialogs geschaffen hat. Die institutionellen Strukturen und die Gesetzgebung sind jedoch in vielen Fällen noch unzureichend, und die Systeme funktionieren schlecht. Die Organisationen geben an, daß sie Entscheidungen zumindest in gewissem Maße beeinflussen können, etwa im Rechtssetzungsprozeß, es wurde jedoch in einigen Fällen der Eindruck geäußert, daß der Staat eine mangelnde Bereitschaft zeigt, als glaubwürdiger Hüter der Interessen zu fungieren und sich an einem Dialog der Bürgergesellschaft zu beteiligen. Die Organisationen sind häufig in einer schwachen Position und ihre Repräsentativität und Ressourcen unzureichend. Die gegenwärtige Lage wird in einem vor kurzem erstellten Informationsbericht des Wirtschafts- und Sozialausschusses dargestellt ("Beschäftigungsstand und soziale Lage in den Beitrittsländern bezüglich der Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Bereich des Binnenmarktes"). Die assoziierten Länder und Rußland sollten das von ihnen in Gang gesetzte Funktionieren des Arbeitsmarktes und den sozialen Dialog sowie die entsprechende institutionelle Struktur festigen. Es sollte zur Stärkung der Eigenverantwortung und Kompetenz der Organisationen, zur Verbesserung ihrer Betätigungsmöglichkeiten und zur regelmäßigen Anhörung der Organisationen, u. a. im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Gesetzgebung, beigetragen werden. Die EU sollte diese Entwicklungsmaßnahmen in gezielterer Weise fördern als bisher, und der WSA verfügt über die fachliche Kompetenz, sich an diesem Unterfangen zu beteiligen. Der Ausschuß verleiht seiner Zufriedenheit darüber Ausdruck, daß in Anhang II, Teil II der Rußland-Strategie der EU u. a. vorgeschlagen wird, daß die Union bestrebt ist, Rußland in eine europäische Region wirtschaftlicher und sozialer Zusammenarbeit zu integrieren. Dies geschieht (Ziffer 2 Absatz c) durch die Förderung des sozialen Dialogs, durch die Schaffung moderner Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen und durch die Mitwirkung bei der Anpassung an die maßgeblichen ILO-Konventionen. Vorschläge 1. Die EU sollte auf der Grundlage der Schlußfolgerungen des Kölner Gipfels zur nördlichen Dimension einen Aktionsplan für Nordeuropa erarbeiten. In diesem Aktionsplan sollten die in dieser Stellungnahme vorgetragenen Empfehlungen berücksichtigt werden. Es sollten kurz- und langfristige Maßnahmen festgelegt und baldmöglichst eine Einigung gefunden werden, möglichst bereits im Rahmen der Schlußfolgerungen des Europäischen Rates im Dezember 1999 in Helsinki. Der Aktionsplan muß einen effizienten Überwachungsmechanismus umfassen, in dem Umsetzung und Zuständigkeit sorgfältig festgelegt werden. Es müssen entsprechende Verwaltungsvereinbarungen getroffen werden: Die zuständigen Verwaltungseinheiten der EU müssen ihre Arbeit koordinieren und sich auf die vorrangigen Ziele des Aktionsplans konzentrieren. 2. Der Aktionsplan sollte sich auf die in den Empfehlungen des WSA vorgeschlagenen Schwerpunkte konzentrieren. In diesem Rahmen sollten Studien zur Umsetzung angeregt und sichergestellt werden, daß Investitionen in Richtung der vorrangigen Ziele fließen. Die Lebensmittelhilfe der EU und der übrigen westlichen Länder für Rußland z. B. kann sich nachteilig auf die landwirtschaftliche Produktion in Rußland und seinen Nachbarländern auswirken. Das vorrangige Ziel der westlichen Hilfe sollte es sein, die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung Rußlands zu modernisieren und auf einen den Grundbedürfnissen der Bevölkerung entsprechenden Stand zu bringen. 3. Die Ressourcen der EU-Hilfeprogramme (TACIS, PHARE, INTERREG etc.) sollten auf die Umsetzung dieses Aktionsplans konzentriert werden. Zwischen diesen Programmen sollte eine vorurteilslose und zielbewußte Koordination herbeigeführt werden, damit mit begrenzten Ressourcen ein maximaler Nutzen erzielt werden kann. Es gibt Informationen darüber, daß bei der Umsetzung und Verwaltung dieser Programme anscheinend noch schwerwiegende Mängel bestehen: Projekte zielen nicht auf die wesentlichen Bedürfnisse, Programme und Projekte sind unzureichend und werden langsam ausgeführt, usw. Die EU muß also diese Hilfsprogramme und deren Verwaltung verbessern. Die neue Tacis-Verordnung muß bis Anfang 2000 umgesetzt sein. Die Bedürfnisse der Zielländer sind stärker zu berücksichtigen, doch müssen auch die operationelle und finanzielle Eigenverantwortung dieser Länder stärker betont werden. Vor allem in bezug auf Rußland muß die Überwachung der Mittelverwendung gestärkt werden. Besonders wichtig ist die Lösung des Problems, daß ein Teil der Unterstützung auf Zwischenstufen versickert, die wenig zur Entwicklung der russischen Wirtschaft beitragen. Die EU muß, ohne zu zögern und in konsequenter Weise für gute Überwachung sorgen, um die Effizienz der Förderprogramme zu verbessern und deren Glaubwürdigkeit zu bewahren. Um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, ist es von zentraler Bedeutung, die Förderung an strenge Bedingungen zu knüpfen. Auch die Umlenkung der Förderung an andere als die vorgesehenen Empfänger muß verhindert werden. Ausreichende Systeme, u. a. zur Verhinderung von Korruption, Geldwäsche und Gründung von Tarnunternehmen, müssen entschlossen genutzt werden. 4. Die EU sollte ihren Aktionsplan zu Nordeuropa in bilateralen Kontakten mit den assoziierten und EFTA-Ländern der Region sowie mit Rußland weiter entwickeln. Außerdem sollte die EU einen regelmäßigen multilateralen Dialog mit den anderen Ländern der Region einführen, um gemeinsame Interessen und Prioritäten ausmachen zu können. Es sollten Anstrengungen unternommen werden, um die Arbeit der regionalen Kooperationsräte (CBSS, BEAC) mit dem Dialog zu verbinden. Die EU sollte diese regionale Zusammenarbeit unterstützen und sich umfassend an der Umsetzung von Projekten beteiligen. 5. Die EU und andere an der Unterstützung der nördlichen Dimension und Rußlands Beteiligte sollten sich bemühen, ihre Arbeit und Ziele zu koordinieren. Deshalb sollte die EU einen multilateralen Dialog zwischen allen Parteien einschließlich der Empfängerländer einrichten. Die EU sollte die Zusammenarbeit in diesen Fragen auf der Grundlage des Aktionsplans für Nordeuropa auch im Rahmen des transatlantischen Dialogs fördern. 6. Im Rahmen des Aktionsprogramms sollte darauf geachtet werden, daß die Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Entwicklungsarbeit mitwirken können, u. a.: - Die Gewerkschaften und Verbände sollten an der Umsetzung des Aktionsplans für Nordeuropa durch einen hierzu eingerichteten passenden Konsultationsmechanismus, z. B. mit Hilfe einer beratenden Gruppe, beteiligt werden. - Im Rahmen der Umsetzung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA) sollte eine regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den Organisationen der EU und Rußlands entwickelt werden. In diesem Zusammenhang kann auch die Möglichkeit der Schaffung einer beratenden Gruppe geprüft werden, an der der WSA als Partner beteiligt wäre. Dies sollte in den Arbeitsprogrammen der EU-Ratspräsidentschaft zur Strategie für Rußland berücksichtigt werden. - Die Artikel der Europa-Abkommen über die Einsetzung eines Beratungsausschusses für diese Organisationen müssen unverzüglich in den assoziierten Ländern umgesetzt werden, die dies bislang noch nicht getan haben. - Die Herbeiführung einer multilateralen Zusammenarbeit zwischen den Organisationen der Länder der Region sowie der Ausbau von Kontakten zwischen diesen Organisationen in Rußland und den assoziierten Ländern und den betreffenden europäischen Kooperationsgremien sollte gefördert werden. Im Hinblick auf Rußland kann die Wirksamkeit der Arbeitsmärkte und der dreigliedrigen Beziehungen nur durch einen Ausbau des speziellen TACIS-Programmes "Unterstützung der Umsetzung der sozialen Reform und der Beziehungen der Sozialpartner (soziale Partnerschaft und soziale Konflikte)" erhöht werden. Im Hinblick auf die assoziierten Länder sollte die Kommission u. a. die in der "Mitteilung der Kommission zur Entwicklung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene" geäußerte Zusage, auch diese Länder zu fördern, einlösen. Außerdem sollte die rein technische Hilfe und Information der Kommission (Referat TAIEX) ausgebaut werden. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß sollte bei der Vorbereitung der oben erwähnten Maßnahmen gehört werden; er verfügt über die entsprechende Kompetenz, um sich an deren Umsetzung und der Herstellung der erforderlichen Verbindungen zu beteiligen. Brüssel, den 20. Oktober 1999. Die Präsidentin des Wirtschafts- und Sozialausschusses Beatrice RANGONI MACHIAVELLI (1) Einige Beispiele: Suomen Keskuskauppakamari: "Suomalaisten, luoteis-venäläisten ja virolaisten yritysten näkemysksiä prohjesesta ulottuvuudesta" [Die zentrale Handelskammer Finnlands: Die Ansichten finnischer, nordwestrussischer und estnischer Unternehmen zur nördlichen Dimension], Juni 1999, ISDN 951-8967-48-2; Prof. Simon Clarke: "New Forms of Employment and Household Survival Strategies in Russia" [Neue Formen der Beschäftigung und Strategien der Haushaltsführung in Rußland], Moskau 1999, ISDN 0-9535519-0-3; Baltic Business Advisory Council: "Survey on Conditions for Growth and Development in the Baltic Sea Region" [Baltischer Rat für Unternehmensberatung: Überblick über die Bedingungen für Wachstum und Entwicklung im Ostseeraum], Mai 1999.