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Document 51999IE0949

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema «Leistungen der Daseinsvorsorge»

ABl. C 368 vom 20.12.1999, p. 51–57 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51999IE0949

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema «Leistungen der Daseinsvorsorge»

Amtsblatt Nr. C 368 vom 20/12/1999 S. 0051 - 0057


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Leistungen der Daseinsvorsorge"

(1999/C 368/17)

Der Wirtschafts- und Sozialausschuß beschloß am 29. April 1999 gemäß Artikel 23 Absatz 3 der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema zu erarbeiten.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Oktober 1999 an. Berichterstatter war Herr Hernández Bataller.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 367. Plenartagung am 20. und 21. Oktober 1999 (Sitzung vom 21. Oktober) mit 78 gegen 1 Stimme bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Der Begriff der gemeinwohlorientierten Leistungen ist in der Europäischen Union mit verschiedenen Bedeutungen belegt, je nachdem, ob er im germanischen, nordischen, romanischen oder angelsächsischen Kulturzusammenhang steht. In einigen EU-Mitgliedstaaten gibt es kein Konzept des Gemeinwohlauftrags. Allerdings lassen sich in Theorie und Praxis doch Ähnlichkeiten und Überschneidungen feststellen. (So gibt es in den Niederlanden die "beheer van diensten"; in Italien die "gestione di pubblica utilità"; im Vereinigten Königreich die "public utility"; in Deutschland die "Daseinsvorsorge" und in Frankreich den "service public".)

1.2. Unterschieden wird zwischen "Leistungen der Daseinsvorsorge", die marktbezogene und nichtmarktbezogene Tätigkeiten umfassen, und "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse", die nur marktbezogene Tätigkeiten umfassen, d. h., Tätigkeiten, die typischerweise von einem Unternehmen auf einem Markt ausgeübt werden bzw. ausgeübt werden können. Diese Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse unterliegen den wettbewerbspolitischen Bestimmungen und Artikel 86 EGV(1). Das ist der Fall bei den Netzdienstleistungen für Verkehr, Energie und Kommunikation.

1.3. Die Leistungen der Daseinsvorsorge sind vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie auf die Befriedigung eines "allgemeinen"(2) und "grundlegenden" Bedürfnisses der Allgemeinheit, d. h. eines auf den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Solidarität aufbauenden Gemeinwesens, ausgerichtet sind. Bei der Einschätzung der Gemeinwohlerfordernisse und der Festsetzung der entsprechenden Ziele der einzelstaatlichen Politiken wird den Mitgliedstaaten ein großer Handlungsspielraum eingeräumt. Der Europäische Gerichtshof hat seinerseits in seiner Rechtsprechung u. a. die Sicherheit, die Verteidigung, den sozialen Schutz und den sozialen Zusammenhalt als derartige Gemeinwohlerfordernisse anerkannt.

1.4. Die Daseinsvorsorge muß dem Anspruch auf Bildung, Gesundheit, Kommunikation, Information, Trinkwasserversorgung, Verkehrsdienste usw. genügen, um dadurch einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Grundfreiheiten der Personen und zur Verbesserung der Lebensqualität in der Gesellschaft zu leisten. Es handelt sich dabei um wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten, die im allgemeinen nicht dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden, sondern einem gewissen Maß an staatlicher Regulierung und Kontrolle unterliegen.

1.4.1. Ein wesentlicher Grund für die Existenz öffentlicher Unternehmen bzw. regulativer Maßnahmen seitens des Staates ist "Marktversagen". Dies ist einerseits mit Ineffizienzen in der Allokation von Dienstleistungen und Gütern durch den Marktmechanismus begründet. Auf der anderen Seite muß jedoch beachtet werden, daß infolge der geringen Einkommen einer großen Zahl von Personen das ausschließlich über den Marktmechanismus bereitgestellte Angebot nicht konsumiert werden kann. Gerade das europäische Sozialmodell geht aber davon aus, daß eine Unterversorgung großer oder größerer Teile der Bevölkerung mittel- bzw. längerfristig den sozialen Zusammenhalt gefährdet.

1.4.2. Diese Stellungnahme ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird die Mitteilung der Kommission über Leistungen der Daseinsfürsorge in Europa zusammengefaßt, anschließend werden die derzeit geltenden Bestimmungen für verschiedene Arten dieser Dienstleistungen und die Lage nach dem Vertrag von Amsterdam dargestellt. Im Mittelpunkt der Stellungnahme stehen die Erläuterung der Grundsätze für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sowie allgemeine und besondere Aspekte der Leistungen.

2. Die Mitteilung der Kommission vom 11. September 1996 über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa(3)

2.1. Bezugnehmend auf die bestehende Terminologie legt die Kommission folgende Definitionen fest:

- Leistungen der Daseinsvorsorge: Marktbezogene oder nichtmarktbezogene Tätigkeiten, die von den zuständigen Behörden als gemeinwohlorientiert eingestuft und daher mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden.

- Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse: Marktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Mitgliedstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden.

- Öffentlicher Dienst: Dieser Begriff hat eine doppelte Bedeutung und steht sowohl für die Einrichtung, welche die Leistung erbringt, als auch für den Gemeinwohlauftrag dieser Einrichtung. Im Sinne dieses Gemeinwohlauftrags können dem Leistungserbringer bestimmte Gemeinwohlverpflichtungen auferlegt werden.

- Universaldienst(4): Dieser Begriff umfaßt eine Reihe gemeinwohlorientierter Anforderungen, welche bestimmte Tätigkeiten gemeinschaftsweit erfuellen sollten, um allen Bürgern den Zugang zu qualitativ hochwertigen Grundversorgungsleistungen gegen ein vertretbares Entgelt zu sichern.

2.2. Der Kommission zufolge tragen die gemeinwohlorientierten Leistungen zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und der sozialen Solidarität sowie zur Erhöhung der Lebensqualität der europäischen Bürger bei, die diese Leistungen zum großen Teil als soziale Grundrechte betrachten.

2.3. Das Ziel der Gemeinschaft besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in einer immer stärker vom Wettbewerb geprägten Welt zu stärken, den Verbrauchern eine größere Auswahl, eine bessere Qualität und niedrigere Preise zu bieten und gleichzeitig durch geeignete Maßnahmen den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt unter den Mitgliedstaaten zu fördern und bestimmte Ungleichheiten abzubauen.

3. Rechtsvorschriften in den Bereichen Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

3.1. Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 können die Mitgliedstaaten einem Verkehrsunternehmen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes auferlegen, um unter Berücksichtigung der sozialen, ökologischen und raumordnungspolitischen Faktoren eine ausreichende Verkehrsbedienung zu gewährleisten oder um im Interesse bestimmter Bevölkerungsgruppen besondere Beförderungsentgelte und -bedingungen anzuwenden, damit Mindesttaktzeiten, Beförderungskapazität, Strecken, Tarife, Fahrpläne und Kontinuität des Dienstes gewährleistet sind.

Für die Existenz und Aufrechterhaltung öffentlicher Dienstleistungsverpflichtungen lassen sich noch andere praktische Gründe anführen. Beispielsweise können die durch den zunehmenden Pkw-Verkehr verursachten Verkehrsstauprobleme auf diversen Straßen in die EU durch ein effizientes und benutzerorientiertes Angebot an öffentlichen Busverkehrsverbindungen gelöst werden.

3.1.1. In seinen Stellungnahmen zum Thema Verkehr(5) spricht sich der WSA dafür aus, gemäß dem Subsidiaritätsprinzip den zuständigen kommunalen Behörden die Entscheidungen über die Organisationsform oder über qualitative und quantitative Anforderungen an die Betreiber je nach den örtlichen Erfordernissen zu überlassen.

3.1.2. Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips impliziert die Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstandes und des institutionellen Gleichgewichts, d. h. es darf die vom Europäischen Gerichtshof in bezug auf das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht entwickelten Grundsätze nicht verletzen. Die zu ergreifenden Maßnahmen müssen dementsprechend so angelegt sein, daß das Ziel der Maßnahme zufriedenstellend erreicht werden kann und ihre wirkungsvolle Durchführung gewährleistet ist, wobei den nationalen bzw. lokalen Behörden die Wahl der Form und der Mittel überlassen bleibt.

3.1.3. Für den Flugverkehr regelt die Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs und die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für den Linienflugverkehr hinsichtlich der Mindesttaktzeiten, der Flugpläne, der Art der eingesetzten Luftfahrzeuge und der anzubietenden Kapazität(6).

3.1.4. Im Bereich Seeverkehr wird die Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) durch die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 begründet. In Artikel 4 wird die Möglichkeit eröffnet, Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes zu schließen oder entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen, die sich auf Auflagen hinsichtlich der anzulaufenden Häfen, der Regelmäßigkeit, Beständigkeit und Häufigkeit des Verkehrs, der Dienstleistungskapazität, der zu erhebenden Gebühren sowie der Schiffsbesatzung beschränken müssen(7).

3.1.5. Die Sicherheit ist ein zentrales Anliegen der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik. Transparenz, Qualität und Schutz der Arbeitnehmer bedingen sich dabei gegenseitig, und das öffentliche Interesse liegt darin, einen Ausgleich zwischen ländlichem Raum und städtischen Gebieten zu erzielen; dafür müssen öffentliche Gelder eingesetzt werden.

Bei den Leistungen der Daseinsvorsorge müssen die Wettbewerbsvorschriften an die Erfordernisse angepaßt werden und im Verhältnis zu den angestrebten Zielsetzungen stehen. Die Behörden müssen unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Umfeldes der betroffenen Unternehmen, der diesen entstehenden Kosten und der geltenden Rechtsvorschriften abwägen, welche Wettbewerbsbeschränkungen notwendig sind, damit die Unternehmen die Gemeinwohlleistungen erbringen können.

3.2. Im Energiebereich werden nach der Liberalisierung durch die Elektrizitäts- und die Erdgasrichtlinie (96/92/EG bzw. 98/30/EG) die Märkte geöffnet, wobei der Netzzugang, die Entflechtung der Rechnungslegung der Elektrizitätsunternehmen, die Berechnung der Tarife und die Verpflichtung zur Lieferung geregelt und die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ermöglicht werden.

3.2.1. Die Elektrizitätsrichtlinie beinhaltet ein Verfahren, das es den Mitgliedstaaten erlaubt, dem öffentlichen Versorgungsauftrag gerecht zu werden, ohne dabei im Normalfall den Liberalisierungsprozeß zu hemmen. Die Mitgliedstaaten können öffentliche Dienstleistungspflichten in fünf Kategorien festlegen: Umweltschutz, Sicherheit, Regelmäßigkeit der Versorgung, Qualitätsnormen und Tarifpolitik, und sie erlassen die zu ihrer Erfuellung erforderlichen Bestimmungen.

3.2.2. Die Erdgasrichtlinie ihrerseits räumt den Mitgliedstaaten das Recht ein, den Erdgasversorgungsunternehmen öffentliche Dienstleistungspflichten aufzuerlegen, die durch das allgemeine wirtschaftliche Interesse begründet sind und fünf Bereiche betreffen: Versorgungssicherheit, Regelmäßigkeit der Versorgung, Qualität, Tarife und Umweltschutz.

3.3. Im Telekommunikationsbereich besteht gemäß der Richtlinie 97/33/EG vom 30. Juni 1997(8) die Verpflichtung zur Erbringung eines Universaldienstes; des weiteren ermöglichen die 1997 verabschiedete Richtlinie über Allgemein- und Einzelgenehmigungen(9) und die Richtlinie 98/10/EG über den Sprachtelefondienst es den Mitgliedstaaten, den Unternehmen, die öffentliche Telekommunikationsnetze und -dienste anbieten, Universaldienst-Verpflichtungen aufzuerlegen, um die Erfuellung einer Reihe zuvor festgelegter "grundlegender Anforderungen"(10) zu gewährleisten.

3.4. Darüber hinaus wurden gemeinschaftliche Normen für den Postsektor sowie für die Verbesserung der Dienstequalität aufgestellt und die schrittweise, kontrollierte Öffnung der Märkte für den Wettbewerb vereinbart. Kern des vorgeschlagenen Regelwerks ist die langfristige Festschreibung des Universaldienstes im Postbereich. Der Universaldienst umfaßt ein hochwertiges, flächendeckendes Angebot mit Mindestanforderungen an die Häufigkeit der Diensterbringung zu für alle Bevölkerungskreise erschwinglichen Preisen. Er erstreckt sich auf die Briefkastenleerung, die Beförderung, die Sortierung und die Zustellung von Briefsendungen sowie - im Rahmen bestimmter Gewichts- und Preisgrenzen - auf Druckerzeugnisse, Kataloge und Pakete.

3.5. Die Gewährung ausschließlicher oder besonderer Rechte für die Unternehmen muß im Wege der Ausschreibung anhand objektiver, nichtdiskriminierender und transparenter Kriterien erfolgen und sollte zumeist zeitlich begrenzt sein.

4. Nach dem Vertrag von Amsterdam

4.1. Die Aufgaben der Union bestehen in der Förderung einer harmonischen und ausgewogenen Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeiten in der gesamten Union, eines nachhaltigen, nicht inflationären und umweltverträglichen Wachstums, eines hohen Konvergenzgrades der wirtschaftlichen Ergebnisse, eines hohen Beschäftigungs- und Sozialschutzniveaus, der Verbesserung des Lebensstandards und der Lebensqualität, der Wettbewerbsfähigkeit, des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten.

4.1.1. Als Instrumente zur Verwirklichung dieser Zielsetzungen dienen der Binnenmarkt und die Wirtschafts- und Währungsunion sowie die im Vertrag festgelegten gemeinsamen Politiken und Maßnahmen, so zum Beispiel die Bestimmungen, die Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt verhindern sollen.

4.2. In Artikel 86 Absatz 1 (ex-Artikel 90) des EU-Vertrags ist festgelegt, daß die Mitgliedstaaten in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte(11) gewähren, keine dem EU-Vertrag und insbesondere dessen Artikel 12 (Diskriminierung) und 81 bis 89 (Wettbewerbsregeln und staatliche Beihilfen) widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten dürfen. Im Zusammenhang mit Artikel 86 werden häufig noch Artikel 28 (freier Warenverkehr), Artikel 49 (freier Dienstleistungsverkehr) und Artikel 43 (Niederlassungsfreiheit) angeführt.

4.2.1. Artikel 86 Absatz 2 zufolge gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, die Vorschriften des Vertrags und insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfuellung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert und die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. In Absatz 3 wird die Kommission verpflichtet, auf die Anwendung dieses Artikels zu achten und erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten zu richten.

4.3. Der durch den Vertrag von Amsterdam in den EG-Vertrag eingefügte Artikel 16 nimmt gezielt Bezug auf die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Es wird der Stellenwert dieser Dienste innerhalb der "gemeinsamen Werte" der Union sowie ihre Bedeutung für die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts hervorgehoben. Die Bestimmungen von Artikel 16 entspringen dem Bemühen, im Einklang mit Artikel 86 die Anwendung der Wettbewerbsregeln mit dem Erfordernis, gemeinwohlorientierte Leistungen zu erbringen, zu vereinbaren.

4.4. Ferner wurde in den Vertrag von Amsterdam ein Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgenommen, in dem die unmittelbare Verknüpfung desselben mit den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft herausgestellt wird. In der Praxis wird den Mitgliedstaaten zugestanden, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, "sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft". Mit dem Protokoll soll die Anwendung der Wettbewerbsregeln mit dem Erfordernis vereinbart werden, den öffentlich-rechtlichen Auftrag der Rundfunk- und Fernsehanstalten zu erfuellen.

4.5. Außerdem wurde eine Erklärung zu den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten in Deutschland angefügt, in der anerkannt wird, "daß die bestehenden Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft es zulassen, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, welche die in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute erbringen, sowie ihnen zum Ausgleich für die mit diesen Leistungen verbundenen Lasten gewährte Fazilitäten voll zu berücksichtigen."

4.6. Auf seiner Tagung am 3 und 4 Juni 1999 in Köln erachtete der Europäische Rat es als erforderlich, im gegenwärtigen Entwicklungsstand der Europäischen Union eine Charta der in der Union geltenden Grundrechte zu erstellen(12). Diese Charta sollte "die Freiheits- und Gleichheitsrechte sowie die Verfahrensgrundrechte umfassen, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Die Charta soll weiterhin die Grundrechte enthalten, die nur den Unionsbürgern zustehen. Bei der Ausarbeitung der Charta sind ferner wirtschaftliche und soziale Rechte zu berücksichtigen (...)".

5. Leitprinzipien für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

5.1. Ausgehend von zahlreichen Veröffentlichungen und Mitteilungen zu Entschließungen des Rates, der Kommission und des Europäischen Parlaments und von weiteren Quellen sowie auf eigenen Überlegungen fußend hat der Ausschuß eine Reihe von Leitprinzipien aufgestellt, die bei der Erbringung der gemeinwohlorientierten Leistungen nach Möglichkeit beachtet werden sollten.

5.2. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß diese Aufstellung von großem Nutzen für die Erbringung der Leistungen sein wird; er stellt es daher zur öffentlichen Diskussion.

5.3. Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse müssen, da die Bürger einen Anspruch auf ihre Erbringung haben, folgenden Leitprinzipien genügen:

5.3.1. Gleichbehandlung: Alle Bürger haben den gleichen Anspruch auf Zugang zu den gemeinwohlorientierten Leistungen. Der Begriff der Gleichbehandlung beinhaltet ein Verbot jedweder unbegründeter Diskriminierung aus persönlichen oder sozialen Gründen bei der Erbringung der Leistungen, ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Verpflichtung zur Einheitlichkeit.

5.3.2. Universalität: Im Rahmen der erbrachten Dienstleistungen müssen die Grundversorgungsleistungen universell erbracht werden.

5.3.3. Zuverlässigkeit: Die gemeinwohlorientierten Leistungen müssen kontinuierlich, regelmäßig und ununterbrochen erbracht werden. Unregelmäßige Erbringung oder Aussetzung der Erbringung sind nur zulässig unter besonderen Voraussetzungen, die durch die für den jeweiligen Bereich geltenden Bestimmungen geregelt werden.

5.3.4. Beteiligung: Die Nutzer müssen an der Entwicklung der gemeinwohlorientierten Leistungen aktiv beteiligt werden. Ziel dieser Beteiligung ist es, den Anspruch der Bürger auf eine korrekte Erbringung der Leistungen zu schützen und die Zusammenarbeit unter den Leistungserbringer zu fördern.

5.3.5. Transparenz: Die Leistungserbringer gewährleisten, daß die Leistungsempfänger umfassend über die Leistungerbringung, insbesondere die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die Tarife, informiert werden.

5.3.5.1. Dazu müssen die Leistungserbringer die Leistungsempfänger über die finanziellen und technischen Bedingungen der Leistungserbringung sowie über jedwede Veränderung, die die Leistungserbringung beeinflußt, informieren und die Regelung der Leistungserbringung veröffentlichen.

5.3.6. Vereinfachung der Verfahren: Die Leistungserbringer vereinfachen soweit wie möglich die von den Nutzern zu beschreitenden Verfahrenswege und liefern geeignete Erklärungen.

5.3.6.1. Ferner sind so weit wie möglich einheitliche Formulare zu benutzen und die Verfahren zur Abonnierung und zur Bezahlung der Dienste zu vereinfachen und mitzuteilen.

5.3.6.2. Auf jeden Fall führen die Leistungserbringer interne Verfahren zur Lösung von Reklamationen seitens der Nutzer ein. Diese Verfahren müssen zugänglich sowie leicht verständlich und anwendbar sein, so daß gewährleistet ist, daß die Leistungserbringer Beschwerden der Nutzer oder Verbrauchervereinigungen berücksichtigen und die Wahrnehmung des Reklamationsrechtes bei einer Ausgleichsinstanz sowie allgemein der Zugang zur Justiz erleichtert werden(13).

5.3.7. Wirtschaftlichkeit und Effizienz: Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse müssen auf effiziente und wirtschaftliche Weise erbracht werden. Die Leistungserbringer ergreifen die hierzu notwendigen Maßnahmen.

5.3.8. Qualität der Dienste: Die Leistungserbringer legen fest, welche Faktoren für die Qualität der Dienste ausschlaggebend sind, und veröffentlichen davon ausgehend die qualitativen und quantitativen Normen, zu deren Einhaltung sie sich verpflichten.

5.3.8.1. Diese Normen sind bedingungslos aufrechtzuerhalten. Eine Abweichung davon ist nur dann zulässig, wenn sich daraus Vorteile für die Nutzer ergeben und sie im Rahmen regelmäßig einzuberufender Sitzungen mit den Nutzern abgesprochen werden.

5.3.9. Angemessenheit der Leistungen: Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sind an die Bedürfnisse der Allgemeinheit und an den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt anzupassen.

5.3.10. Ergebnisbewertung: Die Bedingungen für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen werden regelmäßig seitens des Leistungserbringers bewertet. Dazu sind u. a. Informationen über die Zufriedenheit der Leistungsempfänger einzuholen.

5.3.11. Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern: Auch wenn die Leistung unter Wettbewerbsbedingungen erbracht wird, bemühen sich die Leistungserbringer um eine Zusammenarbeit im Hinblick auf die Einhaltung dieser Grundsätze.

5.3.12. Erschwinglicher Preis: Der Zugang zu diesen Dienstleistungen muß für die Bürger zu erschwinglichen Preisen möglich sein. Maßgeblich sollte hier das Konzept der "vertretbaren Kosten" sein.

5.3.13. Umweltschutz: Bei der Festlegung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und ihrer Erbringung müssen die Anforderungen des Umweltschutzes als eines wesentlichen Bestandteils des sozialen und territorialen Zusammenhalts berücksichtigt werden.

6. Allgemeine Bemerkungen

6.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß ist der Auffassung, daß die Wechselbeziehung zwischen dem Wettbewerbsrecht und dem öffentlichen Versorgungsauftrag im Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsbereich ausgewogen gestaltet sein muß, insbesondere im Hinblick darauf, daß Artikel 86 (ex-Artikel 90) in dem Sinne "negativ" formuliert ist, daß er die Nichtanwendung der Vertragsbestimmungen zuläßt, wenn die Anwendung dieser Vorschriften die Erfuellung der den Unternehmen übertragenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse verhindern würde.

6.2. Der neue Artikel 16 erlegt der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse dagegen eine "positive" Verpflichtung auf, denn sie müssen dafür Sorge tragen, daß "die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, daß sie ihren Aufgaben nachkommen können". Dazu muß nach Auffassung des Ausschusses die Rentabilität der auf diesem Markt tätigen Unternehmen mit den Verpflichtungen aus Sicht der Sozialpolitik, der Arbeitsbeziehungen, der Marktwirtschaft, der Sicherheit und des Umweltschutzes sowie mit den grundlegenden Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung vereinbart werden.

6.2.1. Andererseits bedürfen die Erbringer der gemeinwohlorientierten Leistungen beispielsweise im Straßenverkehrsbereich einer Rückversicherung seitens der Behörden, u. a. in bezug auf die Beschreibung des mit der Leistung anvisierten Ziels, den finanziellen Ausgleich, Anreize, die Beschreibung der Ausschließlichkeit, der Dauer und der geographischen Abdeckung sowie die von den beteiligten Parteien bereitgestellten Analgen.

6.3. Der Ausschuß schließt sich der Aussage an, daß die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse einen besonderen Stellenwert innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen. Diese Dienste fördern eine Politik einer ausgewogenen europäischen Integration, indem sie günstigere politische und rechtliche Rahmenbedingungen für Bürger und Unternehmen ermöglichen.

6.4. Der Ausschuß ist ebenfalls der Auffassung, daß sie eine hohe Bedeutung für die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts haben. Insbesondere bei der künftigen Verwaltung und Raumplanung sind sie zu berücksichtigen; zudem sollten die Netze nicht nur wirtschaftlichen Erwägungen folgen, sondern auch sozialen Ansprüchen genügen.

6.5. Der Ausschuß betont, daß diese Dienste unter Beachtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festgelegt und erbracht werden müssen.

6.6. In bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist der Ausschuß der Ansicht, daß:

6.6.1. den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen ist, da sie Bestandteil der Definition des öffentlichen Dienstes im Bereich Rundfunk/Fernsehen sind;

6.6.2. der öffentliche Versorgungsauftrag im Bereich Rundfunk/Fernsehen konkrete Anforderungen an die Programmplanung stellt und weitere Verpflichtungen mit sich bringt, die die Betreiber - seien es öffentlich-rechtliche oder private - nicht allein tragen müssen;

6.6.3. die Bedeutung des öffentlichen Versorgungsauftrags im Bereich Rundfunk/Fernsehen in der Förderung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse jeder Gesellschaft liegt und die Notwendigkeit beinhaltet, den Medienpluralismus zu gewährleisten, hochwertige Inhalte anzubieten, die sprachliche und kulturelle Vielfalt zu wahren und Minderjährige zu schützen;

6.6.4. die Finanzierung des öffentlichen Dienstes im Bereich Rundfunk/Fernsehen den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz genügen muß und weder die Marktbedingungen noch den freien Wettbewerb in der Gemeinschaft in einer Weise beeinträchtigen darf, die dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft;

6.6.5. ein Betreiber, wenn er neben seinen öffentlichen Dienstverpflichtungen auch rein kommerzielle Tätigkeiten ausübt, eine getrennte Buchführung vorsehen muß, um einen Mißbrauch öffentlicher Mittel für kommerzielle Aktivitäten zu vermeiden.

6.7. Informationsgesellschaft

6.7.1. Der sog. "Informationsgesellschaft" wohnt in all ihren Aspekten ein Potential inne, das zu einer tiefgreifenden Veränderung des Verhältnisses zwischen Unternehmen und Verbrauchern sowie des Wesens des Konsums führen kann.

6.7.2. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß den Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse eine vornehmliche Rolle bei der Ausgestaltung der "Informationsgesellschaft" zukommen muß, deren Verwirklichung nicht zu größeren sozialen Ausgrenzungen führen darf. Das Konzept des Universaldienstes und seine Anpassung an den technischen Fortschritt müssen dabei von vorrangiger Bedeutung sein.

6.7.3. Der Ausschuß ist der Auffassung(14), daß die Informationsgesellschaft

- ein Instrument zum Ausgleich zwischen den Regionen ist,

- die Entwicklung eines Netzes von Informationstechnologiezentren fördern sollte,

- eine bessere Integration potentiell ausgeschlossener Bürger (Behinderte, Bewohner von Regionen in Insellage oder in äußerster Randlage) in die europäische Gesellschaft insgesamt ermöglicht,

- verlangt, daß die Europäische Union eine kulturelle Identität erhält, die unter Wahrung des Reichtums an regionalen und nationalen Besonderheiten dazu dient, der Informationsgesellschaft eine philosophische und ideologische Grundlage zu geben,

- eine Senkung der Gebühren für den Zugang zum Internet und seine Nutzung begünstigt durch die Möglichkeiten, die sich aus den Bedingungen eines Lizenzsystems ergeben, wobei die im Gebührensystem vorhandene Struktur zu wahren und gleichzeitig die Sicherheit und der Schutz der Privatsphäre der das Internet nutzenden Bürger zu gewährleisten sind.

6.8. Netze für Verkehr und Energie

6.8.1. Der Universaldienst muß zwar in den Bereichen Verkehr und Energie zweifellos nicht so weitreichend sein bei anderen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, aber nach Auffassung des Ausschusses wurden bei der bisher vollzogenen Liberalisierung Faktoren, die für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt ausschlaggebend sind, nicht ausreichend berücksichtigt, da Kriterien der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund standen.

6.8.2. Nach Auffassung des Ausschusses müssen bei den künftig zu ergreifenden Maßnahmen nicht nur wirtschaftliche Kriterien angelegt werden, sondern auch solche, die auf die Aufrechterhaltung des Beschäftigungsniveaus, der Dienstequalität und des Grads der Zufriedenheit der Nutzer abzielen, denn letztendlich kommt es auf die Sicherung und Steigerung des Lebensstandards der Gesellschaft an. So sollte beispielsweise die umweltfreundliche Erzeugung von Energie in Kombikraftwerken berücksichtigt werden, um Entwicklungen wie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden, wo diese Energieform als nicht wettbewerbsfähig benachteiligt wird gegenüber anderen, weniger sicheren Arten der Energieerzeugung.

7. Schlußfolgerungen

7.1. Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sind von entscheidender Bedeutung für die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, da sie "gemeinsame Werte" darstellen, die die Europäische Union erhalten und fördern muß.

7.2. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß ist der Ansicht, daß die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bei der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse generell einen Anspruch der Bürger darauf impliziert, daß sie unabhängig von ihren sozialen Umständen oder ihrem Wohnort Zugang zu diesen Diensten oder Leistungen haben. Diese Dienste müssen auf das Ziel ausgerichtet sein, zur Zufriedenheit der Bürger zu funktionieren und zum sozialen und territorialen Zusammenhalt beizutragen.

7.3. Im Hinblick auf die Nutzer der Dienste muß das Ziel darin bestehen, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Liberalisierung, die eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit voraussetzt, und den zweckdienlichen Maßnahmen zu erreichen, die sich auf die genannten Leitprinzipien (Erschwinglichkeit, Dienstequalität, Transparenz der Information u. a.) stützen.

7.4. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Verbraucher müssen - vermittelt durch die Verbrauchervereinigungen, die Teil der "organisierten Bürgergesellschaft" sind - kohärenter und durchgängiger in allen Politiken der Europäischen Union berücksichtigt werden.

Ferner muß die Lage der Erbringer der gemeinwohlorientierten Leistungen berücksichtigt werden, namentlich das wirtschaftliche Umfeld der Unternehmen, die ihnen entstehenden Kosten sowie die geltenden Rechtsvorschriften.

7.4.1. Nach Ansicht des Ausschusses sollten in einem auf den Wettbewerb gestützten System alle Beteiligten anteilig zu den Kosten des Universaldienstes beitragen.

7.5. Für den Ausschuß ist das Recht auf gleichen Zugang zur Erbringung von Dienst-leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ein Recht aller Bürger, dessen letztendlicher Zweck die Steigerung des allgemeinen Lebensstandards ist. Auf jeden Fall ist der Fortbestand des europäischen Gesellschaftsmodells an ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Daseinsvorsorge und den Spielregeln des Binnenmarktes, insbesondere den Wettbewerbsvorschriften, gebunden.

7.6. Der Ausschuß fordert den Rat, das Europäische Parlament und die Kommission daher auf, den Anspruch der Bürger auf einen gleichberechtigten Zugang zur Erbringung dieser Dienste in die Grundrechtscharta aufzunehmen, deren Erarbeitung auf der Tagung des Europäischen Rates in Köln beschlossen wurde.

7.7. Der Ausschuß fordert den Rat, das Europäische Parlament und die Kommission auf, so weit wie möglich dafür Sorge zu tragen, daß die Erbringung dieser Dienste auch nach dem Abschluß der WTO-Milleniumsrunde fortgesetzt wird.

Brüssel, den 21. Oktober 1999.

Die Präsidentin

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice RANGONI MACHIAVELLI

(1) EGH-Urteile: 17.2.1993: Poucet und Pistre (verbundene Rechtssachen C-159/91 und C-160/91, Sammlung der Rechtsprechung 1993 S. I-0637). 27.10.1993, Lagauche u. a. (verbundene Rechtssachen C-46/90 und C-93/91, Sammlung der Rechtsprechung 1993 S. I-5267). 19.1.1994, SAT Fluggesellschaft (Rechtssache C-364/92, Sammlung der Rechtsprechung 1994 S. I-0143). 18.3.1997, Diego Calì und Figli Srl (Rechtssache C-343/95, Sammlung der Rechtsprechung 1997 S. I-1547).

(2) Schlußanträge des Generalanwalts Tesauro vom 9.2.1993 im Strafverfahren gegen Paul Corbeau, EGH-Urteil vom 19.5.1993; Rechtssache C-320/91, Sammlung der Rechtsprechung 1993 S. I-2533, Punkt 19.

(3) ABl. C 281 vom 26.9.1996, S. 3.

(4) Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe g) der Richtlinie 97/33/EG ist ein Universaldienst im Telekommunikationsbereich "ein definiertes Mindestangebot an Diensten von bestimmter Qualität, das allen Benutzern unabhängig von ihrem Standort und, gemessen an den landesspezifischen Bedingungen, zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung steht".

(5) ABl. C 138 vom 18.5.1999, S. 7.

(6) ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 8.

(7) ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.

(8) ABl. L 199 vom 26.7.1997, S. 32.

(9) ABl. L 117 vom 7.5.1997, S. 15.

(10) Grundlegende Anforderungen: Im öffentlichen Interesse liegende Gründe nichtwirtschaftlicher Art, die einen Mitgliedstaat veranlassen können, die Erbringung einer Leistung mit bestimmten Auflagen zu verknüpfen.

(11) "Ausschließliche Rechte": Rechte, die von einem Mitgliedstaat gewährt werden und einem einzigen Unternehmen im Wege von Rechts- oder Verwaltungsmaßnahmen die Erbringung von bestimmten Diensten vorbehalten, indem diesem das Alleinrecht zur Erbringung eines Dienstes oder zur Vornahme einer Tätigkeit innerhalb eines bestimmten geographischen Gebietes übertragen wird.

"Besondere Rechte": Rechte, die ein Mitgliedstaat einer begrenzten Anzahl Unternehmen im Wege von Rechts- oder Verwaltungsmaßnahmen gewährt, die in einem bestimmten geographischen Gebiet:

- aufgrund einer Ermessensentscheidung, nach anderen als objektiven, verhältnismäßigen und nichtdiskriminierenden Kriterien, die Zahl dieser Unternehmen auf zwei oder mehr begrenzen, die zur Erbringung eines Dienstes oder zur Vornahme einer Tätigkeit ermächtigt sind, oder;

- mehrere miteinander in Wettbewerb stehende Unternehmen nach anderen als solchen Kriterien zur Erbringung eines Dienstes oder zur Vornahme einer Tätigkeit ermächtigen oder;

- einem oder mehreren Unternehmen nach anderen als den genannten Kriterien gesetzliche oder regulierungsbezogene Vorteile einräumen, die die Möglichkeit anderer Unternehmen, im gleichen geographischen Gebiet unter im wesentlichen gleichen Bedingungen den gleichen Dienst zu erbringen oder die gleiche Tätigkeit vorzunehmen, erheblich beeinträchtigen.

(12) Schlußfolgerungen, Anhang IV, Absätze 44 und 45.

(13) Diese Verfahren müssen auf den Grundsätzen der "Empfehlung der Kommission betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind" (KOM(1998) 198 endg. vom 30.3.1998) beruhen und möglichst auch die Verwendung des "Europäischen Formblatts für Verbraucherbeschwerden" fördern.

(14) Erklärung von Oulu vom 7. September 1999.

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