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Document 52006AE0750

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Luftqualität und saubere Luft für Europa KOM(2005) 447 endg. — 2005/0183 (COD)

ABl. C 195 vom 18.8.2006, p. 84–87 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

18.8.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 195/84


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Luftqualität und saubere Luft für Europa“

KOM(2005) 447 endg. — 2005/0183 (COD)

(2006/C 195/22)

Der Rat beschloss am 2. Dezember 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 175 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 26. April 2006 an. Berichterstatter war Herr BUFFETAUT.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 427. Plenartagung am 17./18. Mai 2006 (Sitzung vom 17. Mai) mit 72 gegen 5 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung und Empfehlungen

1.1

Der Ausschuss stimmt den allgemeinen Zielen der thematischen Strategie zur Luftreinhaltung und ihrer Übersetzung in einen Richtlinienvorschlag ausdrücklich zu.

1.2

In Bezug auf die thematische Strategie, die — wie in Ziffer 4.1.1 der Strategie eindeutig dargelegt — nicht von dem Richtlinienvorschlag getrennt werden kann,

unterstützt der Ausschuss uneingeschränkt die Absicht, die Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Luftqualität als Querschnittsthematik in die übrigen Bereiche der Gemeinschaftspolitik zu integrieren;

fordert er die Europäische Kommission auf, die im Rahmen des PRIMES-Modells entwickelten Energieszenarien zu überarbeiten, da diese gewisse Unschärfen aufweisen, und in der Folge dann möglicherweise auch das CAFE-Bezugsszenario (CAFE — „Saubere Luft für Europa“) entsprechend zu ändern.

1.3

In Bezug auf den Richtlinienvorschlag

befürwortet der Ausschuss den Willen zur Vereinfachung und Kodifizierung der geltenden Rechtsvorschriften im Bereich Luftqualität;

stimmt er dem Wunsch zu, die wirksame Durchführung der geltenden Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten sicherzustellen;

schlägt er vor, die geplanten Fristen für die Einhaltung der aus der Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen angesichts des für den Abschluss des Legislativprozesses und die Einrichtung der Messstationen in den Mitgliedstaaten erforderlichen Zeit- und Investitionsaufwands zu verlängern, und zwar von 2010 bis 2015 für die Konzentrationsobergrenze für PM2,5 sowie von 2015 bis 2020 für die Reduzierung der Exposition des Menschen gegenüber PM2,5;

hätte es für zweckdienlicher gehalten, vor der Festlegung verbindlicher Obergrenzen einen Übergangszeitraum vorzusehen, in dem die Mitgliedstaaten sich den Zielwerten für die Konzentration hätten annähern können;

fordert er, dass Feinstaub natürlichen Ursprungs vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen wird.

2.   Einleitung

2.1

Die thematische Strategie und der Richtlinienvorschlag stehen im Zusammenhang mit dem sechsten Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft (1) (6. UAP, am 10. September 2002 veröffentlicht) und der Mitteilung „Saubere Luft für Europa (CAFE)“ (aus dem Jahr 2001). Im sechsten Umweltaktionsprogramm setzte sich die Union das Ziel, eine Luftqualität zu erreichen, „die keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat und keine entsprechenden Gefahren verursacht“.

In Ziffer 4.1.1 der Strategie heißt es: „Dieser Strategie liegt ein legislativer Vorschlag bei […].“ Es ist daher klar, dass diese beiden Texte in Bezug zueinander stehen und dass für die Begutachtung des Richtlinienvorschlags auch die Strategie bewertet werden muss, ist diese doch in gewisser Weise der allgemeine Rahmen, für die strategischen Ziele der Europäischen Kommission im Bereich Luftqualität.

2.2   Eine thematische Strategie

2.2.1

In der vorliegenden thematischen Strategie werden Zwischenziele im Zusammenhang mit der Luftverschmutzung festgelegt. Die geltenden Rechtsvorschriften sollten aktualisiert und gezielter auf die gefährlichsten Schadstoffe ausgerichtet werden. Ferner bedarf es zusätzlicher Anstrengungen, um die Belange des Umweltschutzes in die übrigen Politikbereiche und Programme einzubeziehen.

2.2.2

Trotz aller Erfolge bei der Reduzierung der Emissionen der wichtigsten Luftschadstoffe und selbst bei vollständiger Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften können die Umwelt- und Gesundheitsprobleme nicht ohne Zusatzmaßnahmen bis 2020 gelöst werden.

2.2.3

Die Europäische Kommission schlägt daher Folgendes vor:

die Vereinfachung der geltenden Bestimmungen und die Zusammenführung der Rahmenrichtlinie aus dem Jahr 1996, der ersten, zweiten und dritten „Tochterrichtlinie“ (aus den Jahren 1999, 2000 und 2003) und der Entscheidung zum Informationsaustausch (1997) sowie die Eingliederung der vierten „Tochterrichtlinie“ aus dem Jahr 2004 zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Kodifizierung;

die Einführung neuer Luftqualitätsnormen für Feinstaub (PM2,5);

die Überarbeitung der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (aus dem Jahr 2002).

All diese Maßnahmen dienen der Vereinfachung und der besseren Verständlichkeit der Rechtsvorschriften, um eine effizientere Anwendung zu gewährleisten.

2.2.4

Darüber hinaus wird mit dieser Strategie auf eine bessere Einbeziehung der mit der Luftqualität verbundenen Belange in die übrigen Bereiche der Gemeinschaftspolitik abgezielt, und zwar Energie, kleine Verbrennungsanlagen, Land-, Luft- und Seeverkehr sowie Landwirtschaft und Strukturfonds.

2.2.5

Die Strategie wird im Jahr 2010 einer Überprüfung unterzogen, deren Ergebnisse in die Abschlussbewertung des 6. Umweltaktionsprogramms einfließen werden.

3.   Der Vorschlag für eine Richtlinie über die Luftqualität und saubere Luft für Europa

3.1

Dieser Vorschlag hat zum Ziel, praktikable rechtliche Voraussetzungen für die Umsetzung der Strategie zu schaffen, indem die fünf vorstehend genannten Rechtsinstrumente zu einer einzigen Richtlinie zusammengefasst werden.

3.2

Die wichtigsten rechtlichen Änderungen sind in Kapitel III „Kontrolle der Luftqualität“ enthalten. Es wird nicht vorgeschlagen, die geltenden Luftqualitätsgrenzwerte zu ändern, sondern die bestehenden Bestimmungen zu verschärfen, sodass die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung und Durchführung von Plänen verpflichtet werden, um die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen.

3.3

Der zweite Schwerpunkt liegt auf Feinstaub (PM2,5), der mehr Gefahren in sich birgt als die größeren Partikel. Daher ist ein neuer Ansatz für die Kontrolle von PM2,5 erforderlich, um die bestehenden Kontrollen für PM10 zu ergänzen.

3.4

Die Europäische Kommission schlägt die Festlegung einer bis 2010 zu erreichenden Konzentrationsobergrenze für PM2,5 in der Luft vor, um unannehmbar hohe Risiken für die Bevölkerung zu vermeiden. Gleichzeitig werden nicht verbindliche Ziele für die allgemeine Reduzierung der Exposition des Menschen gegenüber PM2,5 zwischen 2010 und 2020 in allen Mitgliedstaaten vorgeschlagen.

3.5

Gemäß Kapitel V müssen die Mitgliedstaaten die Unterrichtung der Öffentlichkeit sowie mit der Luftqualität befasster Gremien und Einrichtungen sicherstellen, um den aus der Aarhus-Konvention erwachsenden Verpflichtungen nachzukommen. Die Mitgliedstaaten müssen selbstverständlich auch für die Weiterleitung der erforderlichen Informationen an die Europäische Kommission sorgen. Zur Erleichterung dieser Datenübermittlung schlägt die Europäische Kommission die Einführung eines elektronischen Berichterstattungssystems auf der Grundlage des gemeinsamen Informationssystems im Rahmen des Arbeitsprogramms INSPIRE vor.

3.6

Damit gewährleistet ist, dass die gesammelten Daten zur Luftverschmutzung hinreichend repräsentativ und vergleichbar sind, ist im Übrigen für die Beurteilung der Luftqualität die Anwendung einer standardisierten Messtechnik und gemeinsamer Kriterien für die Anzahl und die Wahl der Standorte der Messstationen vorgesehen.

4.   Allgemeine Bemerkungen

A)   Die thematische Strategie

4.1

Der Ausschuss stimmt den allgemeinen Zielen der Strategie und des Richtlinienvorschlags ausdrücklich zu. Von den sehr löblichen Zielen einmal abgesehen erhebt sich allerdings die Frage nach der Kostenwirksamkeit, der Machbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen, die in Bezug auf die Emissionen aus Punktquellen relativ einfach, in Bezug auf die Emissionen aus diffusen Quellen jedoch nur sehr viel schwerer umgesetzt werden können, und den tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen sowohl in Bezug auf die Verbesserung der Luftqualität als auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

4.2

Die Europäische Kommission veranschlagt die Kosten für die Verwirklichung der in der Strategie festgehaltenen Ziele auf 7,1 Milliarden EUR jährlich (zusätzlich zu den bereits für die Bekämpfung der Luftverschmutzung aufgewendeten Mitteln in Höhe von rund 60 Milliarden EUR jährlich), und die Einsparungen bei den Gesundheitskosten auf 42 Milliarden EUR pro Jahr. Die makroökonomische Wirkung wäre damit zwar äußerst positiv, doch spielt sich das wirtschaftliche Alltagsgeschehen auf mikroökonomischer Ebene ab. Die Europäische Kommission ist allerdings der Ansicht, dass selbst unter Einsatz aller verfügbaren Techniken der Nutzen größer als die Kosten wäre. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass zwar die Kosten relativ einfach kalkuliert werden können, nicht jedoch der erwartete Nutzen. Ferner scheinen auch die Berechnungsmethoden für die Einsparungen im öffentlichen Gesundheitswesen nicht besonders klar. Die Europäische Kommission betont dennoch, dass die amerikanischen Rechtsvorschriften kostenmäßig teurer kommen als die künftigen europäischen Bestimmungen.

4.3

Das Bestreben, die Rechtsvorschriften zu vereinfachen, klarer zu formulieren und zu kodifizieren, ist begrüßenswert, da die Komplexität und Undurchsichtigkeit einiger Rechtsvorschriften unausweichlich zu einer unterschiedlichen Anwendung und einer Verzerrung des Wettbewerbs führt. Außerdem lässt sie keine genaue Bestimmung der Luftqualität in Europa zu.

4.4

Die vorgeschlagene rechtliche Vorgehensweise wird daher befürwortet.

4.5

Bedauerlicherweise jedoch lässt die Europäische Kommission die Rolle der lokalen Gebietskörperschaften und insbesondere der Städte im Verkehrsbereich (Maßnahmen zur Förderung alternativer Verkehrsmittel, öffentlicher Verkehr, Umleitung des Schwerverkehrs usw.) unberücksichtigt, obwohl ihnen und insbesondere den Kommunen eine entscheidende Bedeutung bei der Umsetzung der auf europäischer Ebene beschlossenen Bestimmungen, in praktische Maßnahmen zukommt.

4.6

Desgleichen sollte herausgestellt werden, welche Rolle die im Umweltschutzbereich tätigen NGO und einige auf den Gebieten Gesundheit und Soziales spezialisierte Einrichtungen sowie die organisierte Zivilgesellschaft im weiteren Sinne im Zuge der Aufklärungsarbeit betreffend die Risiken für die öffentliche Gesundheit und die Gesundheit am Arbeitsplatz spielen können.

4.7

In Bezug auf den Schutz der Ökosysteme konnten bereits Fortschritte bei Stickstoffoxiden, Schwefeldioxid und Ammoniak erzielt werden. Die verschärfte Anwendung und die Vereinfachung der Rechtsvorschriften sollte weitere Verbesserungen ermöglichen.

B)   Der Richtlinienvorschlag

4.8

Der Vorschlag, die Feinstaubwerte in der Luft zu kontrollieren, ist aufgrund ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nachvollziehbar. Dennoch stieß die Festlegung von Grenzwerten auf ein grundlegendes Problem, da die WHO nicht in der Lage war, einen Grenzwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit zu definieren (2). Außerdem bestehen große Ungewissheiten in Bezug auf die Messung der Feinstaubpartikel und ihre chemische Zusammensetzung und damit den Grad ihrer Gesundheitsschädlichkeit, der mit den derzeit zur Verfügung stehenden technischen Methoden nicht bestimmt werden kann.

4.9

Daher kann die Frage erhoben werden, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, „Zielwerte“ anstelle von Grenzwerten festzulegen. Außerdem scheint die geplante Umsetzungsfrist (2010) angesichts des Beginns des Legislativverfahrens Ende 2005 relativ kurz. Aufgrund der Langsamkeit dieses Verfahrens bliebe den Mitgliedstaaten nur wenig Zeit, um die Bestimmungen zu erfüllen.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1   Die thematische Strategie

5.1.1

Der Ausschuss begrüßt die von der Europäischen Kommission durchgeführte sehr weitreichende Konsultation der betroffenen Akteure und die Absicht, die Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Luftqualität als Querschnittsthematik in die übrigen Bereiche der Gemeinschaftspolitik zu integrieren. Allerdings sind die Arbeiten unter großem Zeitdruck erfolgt, weshalb die erforderliche Überprüfung vielleicht nicht für alle Daten vorgenommen werden konnte. Dies erweist sich hinsichtlich der gewählten strategischen Szenarien als besonders heikel.

5.1.2

Diese Szenarien wurden mit dem PRIMES-Modell berechnet. Sie sind jedoch mit einigen Unschärfen in Bezug auf die Wachstumsprognose, die Marktdurchsetzung von Erdgas im Vergleich zu Kohle sowie das Ungleichgewicht zwischen den Elektrizitätsein- und ausfuhren zwischen den Mitgliedstaaten behaftet.

5.1.3

Die Europäische Kommission ist sich darüber übrigens im Klaren und hat das Internationale Institut für angewandte Systemanalyse IIASA damit beauftragt, bilaterale Konsultationen mit allen Mitgliedstaaten zwischen April und September 2005 durchzuführen, um insbesondere die Energieszenarien im Rahmen der kürzlich eingeleiteten Überarbeitung der Richtlinie über nationale Emissionshöchstgrenzen zu verbessern.

5.1.4

Derzeit läuft eine umfassende Aktualisierung der Energieszenarien des PRIMES-Modells. Die wichtigsten Änderungen betreffen folgende Punkte:

geringere Marktdurchsetzung von Erdgas und größerer Marktanteil von Kohle;

stärkere Kohärenz zwischen den Stromein- und -ausfuhren zwischen den Mitgliedstaaten;

höherer Anteil der Kernkraft an der Stromerzeugung;

Anpassung der Kostenentwicklungsprognosen für Brennstoffe und der Wirtschaftswachstumsprognose.

5.1.5

Die Energieszenarien des Programms „Saubere Luft für Europa (CAFE)“ sollten daher überarbeitet werden, und in der Folge dann auch das CAFE-Bezugsszenario und damit die festgelegten Grenzwerte.

5.1.6

Außerdem sollte die Kohärenz dieser Strategie mit den weiteren politischen Maßnahmen der Europäischen Union sichergestellt werden. So werden beispielsweise bei der Holzfeuerung Feinstaubpartikel freigesetzt, die Europäische Kommission fördert jedoch den Einsatz von Holz als alternativer Energiequelle, weshalb Rauchfilterungsverfahren verwendet werden sollten. Als weiteres Beispiel könnte auch Kohle genannt werden.

5.1.7

Immerhin aber werden in dieser thematischen Strategie oftmals vernachlässigte Sektoren wie die Landwirtschaft oder der Seeverkehr berücksichtigt, die Luftfahrt wird jedoch in Bezug auf die bei Start und Landung der Flugzeuge entstehenden Emissionen überraschenderweise ausgespart. Allerdings stehen bei ihrer Umsetzung politische Schwierigkeiten zu befürchten. So wird beispielsweise die Verringerung der von Schiffen verursachten Schwefeldioxid (SO2)- und Stickoxid (NOx)-Emissionen lange und schwierige internationale Verhandlungen erfordern. Ferner wird darauf zu achten sein, dass die Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Ziele in bestimmten Sektoren (z.B. in der Landwirtschaft in Bezug auf Stickstoff- und Ammoniakgrenzwerte) nicht dazu führen, dass der Druck auf andere Verursacher, die sich leichter ins Visier nehmen lassen, wie z.B. Industrieanlagen, erhöht wird.

5.2   Der Richtlinienvorschlag

5.2.1

Der Ausschuss befürwortet die Vereinfachung der geltenden Bestimmungen und die Zusammenführung der Rahmenrichtlinie aus dem Jahr 1996, der ersten, zweiten und dritten „Tochterrichtlinie“ und der Entscheidung zum Informationsaustausch. Zu viele Einzelbestimmungen erschweren eine wirksame Umsetzung und die Ersetzung dieser fünf Rechtstexte durch eine einzige Richtlinie ist daher sinnvoll.

5.2.2

Der Ausschuss begrüßt außerdem die Absicht, eine standardisierte Messtechnik und gemeinsame Kriterien für die Anzahl und die Wahl der Standorte der Messstationen festzulegen (Kapitel II). Er weist allerdings darauf hin, dass sich einige lokale Gebietskörperschaften über die damit verbundenen Kosten beunruhigt gezeigt haben.

5.2.3

Der Ausschuss unterstützt ferner den Vorschlag der Europäischen Kommission, die geltenden Luftqualitätsgrenzwerte nicht zu ändern, sondern die bestehenden Bestimmungen zu verschärfen, sodass die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung und Durchführung von Plänen verpflichtet werden, um die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen (Artikel 13). Diese wirksame Anwendung der geltenden Normen ist ein vorrangiges Ziel, mit dem die Luftqualität erheblich verbessert und der Gesundheitsschutz deutlich gestärkt werden dürfte.

5.2.4

Der Ausschuss betont, dass der Schwerpunkt des Richtlinienvorschlags die Einführung einer Konzentrationsobergrenze für Feinstaub (PM2,5) in der Luft ist, die bis 2010 erreicht werden muss. Diese Bestimmung wird durch nichtverbindliche Ziele für die Reduzierung der Exposition des Menschen gegenüber PM2,5 zwischen 2010 und 2020 (um 20 %) ergänzt.

5.2.5

Der Ausschuss hält fest, dass es nicht genügend Daten über Feinstaub und seine Auswirkungen gibt, die sichere Rückschlüsse erlauben. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO räumt ein, dass es nicht möglich ist, einen schlüssigen Grenzwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit festzulegen. Auch dem Wissenschaftlichen Ausschuss „Gesundheit und Umweltrisiken“ zufolge sind die Erkenntnisse über Feinstaub und seine langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit zum gegenwärtigen Zeitpunkt lückenhaft.

5.2.6

Der Ausschuss erachtet es für zweckdienlicher, erst einmal Zielwerte anstelle von Konzentrationsobergrenzen festzulegen. Sonst steht zu befürchten, dass die von der Europäischen Kommission festgesetzten Fristen zu kurz sind, wurde doch das Legislativverfahren erst Ende 2005 eingeleitet. Die Mitgliedstaaten würden daher Gefahr laufen, nur sehr wenig Zeit für die Anpassung an die Bestimmungen zur Verfügung zu haben, zumal einige schon jetzt nicht in der Lage sind, die geltenden Grenzwerte einzuhalten, weil sie bei deren Umsetzung teilweise in Verzug geraten sind. Weiters verweist der Ausschuss auf die Tatsache, dass Konzentrationsobergrenzen für kleinere Mitgliedstaaten schwerer einzuhalten sind, da diese durch die geringere Verteilung der Luftbelastung zusätzlich benachteiligt sind. Der Ausschuss schlägt daher vor, anstelle von Konzentrationsobergrenzen Zielwerte festzulegen. Die vorgeschlagenen Normen würden ernorme Anstrengungen hinsichtlich der Einrichtung von Messstationen seitens der Mitgliedstaaten und/oder der Gebietskörperschaften erfordern und einen hohen Zeit- und Investitionsaufwand bedeuten. PM10 können einfach gemessen werden, und es liegen bereits brauchbare Messergebnisse vor; außerdem sinken sie schnell zu Boden. Jedoch sollten diese Messergebnisse evaluiert und darauf überprüft werden, ob sie in den Mitgliedstaaten eingehalten werden können. PM2,5 hingegen, die schwer messbar und sehr flüchtig sind, bilden fugitive grenzüberschreitende Luftschadstoffe. Darüber hinaus gibt es noch Feinstaubpartikel natürlichen Ursprungs wie Meersalz, die sinnvollerweise vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden sollten.

5.2.7

Außerdem ist die Messung von Feinstaub in Europa noch nicht harmonisiert. In der ersten Tochterrichtlinie wurde eine gravimetrische Referenzmethode für die Messung von Feinstaub empfohlen. Da diese Methode jedoch langwierig und ihre Anwendung kompliziert ist, erlaubt diese Richtlinie auch den Einsatz alternativer Messmethoden, sofern sie den von der Europäischen Kommission veröffentlichen Messmethoden wirklich gleichwertig sind. In der Praxis weichen sie aber systematisch von der Referenzmethode ab, und die Mitgliedstaaten verwenden unterschiedliche oder überhaupt keine Korrekturfaktoren. Man darf sich die Frage stellen, ob es denn sinnvoll ist, bei derartigen Ungenauigkeiten in den Messmethoden so kurzfristig rechtlich bindende Grenzwerte einhalten zu wollen.

5.2.8

Der Ausschuss weist abschließend darauf hin, dass die Kostenwirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen nur schwer bewertet werden kann, werden doch kalkulierbare Kosten mit kaum quantifizierbaren Vorteilen für die öffentliche Gesundheit verrechnet. Die Grenzkosten der vorgeschlagenen Bestimmungen könnten sich daher im Verhältnis zu einem begrenzten realen Nutzen als hoch erweisen, was die Mittelverteilung problematisch macht.

Brüssel, den 17. Mai 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  ABl. L 242 vom 10.9.2002.

(2)  In Bezug auf die Exposition des Menschen gegenüber PM2,5 hat die WHO vor Kurzem einen Grenzwert von 10 μm/m3 vorgeschlagen.


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