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Document 52008IE1001
Opinion of the European Economic and Social Committee on The advantages and benefits of the euro: Time for assessment
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Vorteile und Nutzen des Euro: Zeit für eine Bewertung
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Vorteile und Nutzen des Euro: Zeit für eine Bewertung
ABl. C 224 vom 30.8.2008, p. 116–123
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
30.8.2008 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 224/116 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Vorteile und Nutzen des Euro: Zeit für eine Bewertung“
(2008/C 224/27)
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 27. September 2007, gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:
„Vorteile und Nutzen des Euro: Zeit für eine Bewertung“.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 30. April 2008 an. Berichterstatter war Herr BURANI.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 445. Plenartagung am 28./29. Mai 2008 (Sitzung vom 29. Mai) mit 130 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Zehn Jahre nach Einführung der einheitlichen Währung hält es der EWSA für zweckmäßig, eine Bilanz der Vorteile und Nutzeffekte zu ziehen, die die neue Währung für die Bürger und Unternehmen gehabt hat, und zwar nicht nur in ökonomischer und währungstechnischer Hinsicht — eine Aufgabe, der sich Ökonomen, Politiker und Kommentatoren in den Medien gewidmet haben — sondern auch vom Standpunkt der Verbraucher aus. Mit anderen Worten: ein Jahrzehnt der Erfahrungen hat gezeigt, dass der Euro seinen Wert hat und dass seine Einführung Europa gestattet, auf der Weltbühne mit einer hochgeschätzten und soliden Währung präsent zu sein. Aber wie nehmen die Verbraucher diese einheitliche Währung wahr? |
1.2 |
Zunächst geht dieses Dokument von einer zusammenfassenden Analyse der durch die Einführung des Euro bewirkten Vorteile aus: ein Panorama, das Licht und Schatten aufgrund der Weltkonjunktur zeigt; Schwerpunkt sind also die Ergebnisse der regelmäßigen Erhebungen unter den Bürgern durch Eurobarometer, um zu ermitteln, wie die erzielten Vorteile von den europäischen Bürgern eingeschätzt werden. |
1.3 |
In vielen Ländern sind die Ergebnisse positiv, aber in einigen anderen erklärt ein hoher Prozentsatz der Befragten noch immer, dass er die Verwendung des „neuen“ Geldes für schwierig halte, die Preise noch in die alte nationale Währung umrechne, den Euro für die Preissteigerungen verantwortlich mache und nur zur Hälfte daran glaube, dass die einheitliche Währung unterm Strich für das Wirtschaftswachstum vorteilhaft sei. Das heißt, aus den Erhebungen geht hervor, dass der Euro in der Öffentlichkeit nicht immer und nicht in allen Ländern einen befriedigenden Erfolg erreicht hat. |
1.4 |
In einer ersten Reaktion auf diese Ergebnisse könnte man die Objektivität oder Bedachtheit der Antworten bezweifeln: diesen Ansatz lehnt der EWSA ab. Anstatt sich über den Erfolg zu freuen, sollte man sich darum bemühen, die tiefer liegenden Gründe für die ablehnenden Einstellungen zu verstehen und sich fragen, was zur Beseitigung der objektiven oder subjektiven Gründe für die Unzufriedenheit getan werden kann. |
1.5 |
Eine objektiv gerechtfertigte Sicht kann durch gezielte politische Maßnahmen oder Vorkehrungen beseitigt oder abgemildert werden, wie zum Beispiel durch verbesserte Zahlungssysteme oder geeignete Maßnahmen zur Zügelung des Preisanstiegs, die allerdings mit den Grundsätzen des freien Marktes und des Wettbewerbs in Einklang stehen müssen. |
1.6 |
Schwieriger ist es, wo es um subjektive Wahrnehmungen geht: hier muss bei allem Respekt für die Meinungen die Frage nach den tieferen Gründen für die negativen Einstellungen gestellt werden. Eine Kommunikationsstrategie ist sicherlich erforderlich, aber bei ihrer Durchführung müssten die verschiedenen nationalen und sozialen Sensibilitäten der jeweiligen Öffentlichkeit, an die sie sich richtet, beachtet werden. |
1.7 |
Die Eurobarometer-Erhebungen haben gezeigt, wie groß die Unterschiede zwischen den nationalen Einstellungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten sind: dies ist Grund genug, um Lösungen nach einheitlichen Mustern zurückzuweisen. Genauer betrachtet, zeigen sich große Unterschiede in der Sichtweise je nach sozialer Schicht und Bildungsabschluss. Folglich müssen Kommunikationsstrategien so zielgerichtet sein, dass die eingesetzten Mittel ein maximales Ergebnis erzielen. |
1.8 |
Es muss allerdings betont werden, dass eine Kommunikationsstrategie zugunsten des Euro alleine nicht genügt, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die durchgeführte Analyse legt hinreichend nahe, dass der Euro häufig als Symbol für Europa wahrgenommen wird: Gegenstand der Abneigung ist also für manche nicht der Euro als solcher, sondern vielmehr die europäische Idee selbst. Dies führt zu der Überlegung, dass eine Kommunikationsstrategie zugunsten des Euro Teil eines langfristigen politischen Konzepts mit langem Atem sein muss, das erst dann verwirklicht ist, wenn das europäische Gefühl von den Bürgern so weit verinnerlicht wurde, dass es den Euroskepsis überwiegt. |
1.9 |
Das Konzept eines Europas, das nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als politische und soziale Einheit verstanden wird, ist allerdings von einer schrittweisen Annäherung der Lebensstandards unter den Zeichen der Gleichheit, der Zusammenarbeit und des sozialen Friedens abhängig; ein Ziel, das nur verwirklicht werden kann, wenn den Bürgern konkrete Sachverhalte vorgelegt werden. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wird keine Kommunikationskampagne Erfolg haben. |
1.10 |
Wichtigster Ansatzpunkt zur Steigerung der Akzeptanz des Euro wäre daher eine Wirtschafts- und Sozialpolitik in der EU, welche Beschäftigung und Einkommen fördert sowie ein angemessenes Sozialschutzsystem bietet. Erst dann werden die Bürger das Projekt „Europa“ zu schätzen wissen und damit auch den Euro akzeptieren. |
1.11 |
Der EWSA ist sich seiner Verantwortung und Aufgabe bewusst: als Ausdrucksform der Sozialpartner ist er eine Institution der Bürger, Arbeitnehmer und Wirtschaftsakteure. Dies verlangt eine konkrete Zusammenarbeit bei den zu beschließenden Initiativen, und wenn nötig, auch mit Maßnahmen vor Ort. Dabei sind besonders die Beziehungen zu den entsprechenden Einrichtungen auf einzelstaatlicher Ebene und die Arbeiten der einzelnen Mitglieder des EWSA in ihren europäischen und nationalen Organisationen von Nutzen. |
2. Hintergrund
2.1 |
Sechs Jahre nach Einführung des Euro hält es der EWSA für zweckmäßig, eine Bilanz der Auswirkungen zu ziehen, die die neue Währung für die Bürger in den Ländern in der Eurozone gehabt hat. Dies scheint eine einfache Aufgabe zu sein, gibt es doch zu diesem Thema eine umfangreiche Sekundärliteratur aus zahlreichen Quellen: Kommission, EZB, EP, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Fachpublikationen und Presse, Wissenschaftler und Sozialpartner. |
2.2 |
Es besteht allerdings der Eindruck, dass der größte Teil der Arbeiten zu diesem Thema das Ergebnis einseitiger Erfahrungen und Sichtweisen oder von indirekten Schlüssen aus verschiedenen und mitunter gegensätzlichen Meinungen sind. Mit einem derartigen Ansatz wird man zwar den demokratischen Regeln gerecht, der Kern der Probleme geht jedoch manchmal in den von den jeweiligen Umständen diktierten Einzelfragen und zu oft in den unterschiedlichen Positionen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten unter. |
2.3 |
Nach Ansicht des Ausschusses sind Fortschritte hier nur dann wirklich möglich, wenn man vorurteilsfrei auf die Realität blickt. Ausgehend von der Feststellung, dass der Euro im Großen und Ganzen ein unbestreitbarer Erfolg ist, muss untersucht werden, warum er noch heute von einem mehr oder weniger beträchtlichen Teil der Öffentlichkeit kritisch gesehen wird; es müssen die Gründe für diese Kritik gesucht und soweit wie möglich Lösungen vorgeschlagen werden. Es sollen damit keine großartigen neuen Entdeckungen gemacht oder etwa der Eindruck erweckt werden, man wolle neue Öffentlichkeitskampagnen ins Leben rufen. Das Ziel dieses Dokuments fällt bescheidener aus: es soll eine neue Debatte über altbekannte Probleme anstoßen. |
3. Vorgehensweise
3.1 |
Eingangs werden zunächst ausgehend von bereits erhobenen Daten und den allgemein akzeptierten offiziellen Meinungen die Vorteile des Euro aufgezählt. Es folgt eine kritische Untersuchung dieser mittels Feldstudien erhobenen Ergebnisse und Meinungen und abschließend eine eigene Analyse der Gründe für die Kritik und die weniger positiven Urteile über die Währung. Gegebenenfalls unterbreitete Vorschläge verstehen sich wie gesagt als Grundlage für weitergehende Überlegungen. |
3.2 |
Als wichtigste Quelle wurde vor allem das Flash Eurobarometer Nr. 193 „The eurozone, 5 years after the introduction of euro coins and banknotes — Analytical report“ (Fünf Jahre Euro-Banknoten und Euro-Münzen — Analysebericht) vom November 2006 konsultiert. Die Umfrage wurde vom Gallup-Institut durchgeführt und vom Eurobarometer-Team der Generaldirektion ECFIN der Europäischen Kommission organisiert und geleitet. Es wurden auch Fachleute im jüngsten Euro-Land Slowenien (seit 2007), und in den der Währung 2008 beigetretenen Ländern Malta und Zypern befragt. Auf Befragungen in Ländern, die nicht Mitglied des Eurogebiets sind, wurde bewusst verzichtet, denn unter dem Gesichtspunkt dieser Untersuchung sind nur die Erfahrungen der unmittelbar Betroffenen bedeutsam. |
3.3 |
Die Daten werden durch die im September 2007 in den neuen Mitgliedstaaten durchgeführte Eurobarometerumfrage (1) ergänzt: In mehreren Fällen können hier aus der Gegenüberstellung der „Erfahrungen“ mit den „Erwartungen“ nützliche Erkenntnisse gewonnen werden. |
4. Die Vorteile des Euro gemäß den Umfrageergebnissen und offiziellen Meinungen
4.1 |
Nach der Literatur aus Gemeinschaftsquellen und den Verfechtern der gemeinsamen Währung hat der Euro eine Reihe von Vorteilen und Nutzeffekten mit sich gebracht, die im Folgenden als Anhaltspunkte aufgezählt werden sollen. Die Liste führt nicht die — bereits wohlbekannten — Motive mit auf, und auch keine kritischen Bemerkungen, die ggf. in dem Abschnitt über die Wahrnehmungen der Bürger aufgegriffen werden. |
4.2 |
Ein unkritisches Verzeichnis der Vorteile und Nutzeffekte umfasst folgende Aspekte:
|
4.3 |
Neben diesen Vorteilen, die kaum bestritten werden, abgesehen von einigen Abschattierungen, um sie weniger prinzipiell erscheinen zu lassen, stehen die möglicherweise strittigen Aspekte bezüglich einer „starken“ Währung. |
4.4 |
Hier muss man ohne Umschweife feststellen, dass eine starke Währung Vorteile für einige und Nachteile für andere aufweist. Es kommt jedoch auf den volkswirtschaftlichen Nettonutzen an, der beim Euro außer Frage steht. Gewünscht wird auch eine stabile Währung, und der Euro ist eine, denn er steht für eine stabile Wirtschaft, die wächst, trotz der konjunkturellen Erschütterungen. Sein außenwirtschaftlicher Wert hängt von Ereignissen ab, deren Auswirkungen sich durch geeignete wirtschaftspolitische und geldpolitische Maßnahmen abmildern, nicht jedoch ganz ausschalten lassen. |
5. Vorteile und Nutzen des Euro aus der Sicht der Bürger
5.1 |
Der Euro als Barzahlungsmittel: Sieben Jahre nach Einführung des Euro ist es überraschend, dass 41 % der Befragten erklären, sie hätten einige oder große Schwierigkeiten bei der Verwendung der gemeinsamen Währung. Dieser Prozentsatz nimmt zwar allmählich ab, ist aber immer noch beträchtlich. In der Umfrage wird die Art dieser Probleme nicht konkretisiert. Es sei jedoch der Hinweis gestattet, dass die negative Einstellung eher emotional als rational begründet ist, wenn man bedenkt, dass die große Mehrheit (je nach Land 63 % bis 93 %) erklärt, keine Probleme bei der Erkennung der Münzen und Geldscheine zu haben. Als wahrscheinlich gilt, dass diejenigen, die erklären, Probleme mit dem Euro zu haben, zu einem nicht unbedeutenden Teil dieselben sind, die die Einführung der gemeinsamen Währung nicht mit Wohlwollen gesehen haben, und dass sie zum Teil sozial schwachen Schichten angehören. Auf jeden Fall lässt sich die Antwort bezüglich der Schwierigkeiten statistisch nur schwer mit derjenigen bezüglich der Verwendung vereinbaren. |
5.1.1 |
Diese Zweifel verstärken sich noch, wenn man die Antworten mit der im September 2007 in den neuen Mitgliedstaaten durchgeführten Befragung vergleicht: dort hatten etwa zwei Drittel der Befragten Euro-Geldscheine und -Münzen bereits gesehen und 44 % hatten sie verwendet. Es ist kaum nachvollziehbar, wie in den Euro-Ländern 41 % der Befragten, die seit fast zehn Jahren mit dieser Währung vertraut sind, erklären können, dass sie Schwierigkeiten damit hätten, während das in den neuen Mitgliedstaaten nicht der Fall ist, wo 44 % der Befragten den Euro verwenden (oder verwendet haben), ohne Probleme zu nennen. |
5.1.2 |
Mit rein kommunikativen Maßnahmen kann man keine Änderungen an derartigen Einstellungen herbeiführen. Wenn es offenbar nur relativ geringe (oder sogar minimale) Schwierigkeiten gibt, sollten zielgerichtete Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene angestrebt werden. In diesem Zusammenhang spielt eher die Bildung als die Kommunikation eine entscheidende Rolle. Sollten sich die vermeintlichen Schwierigkeiten aber am Ende als klammheimlicher Ausdruck einer Abneigung gegen alles, was mit Europa zu tun hat, entpuppen, würden spezifische Maßnahmen zu keinem Ergebnis führen. Eine Änderung in den Einstellungen würde sich dann nur mit der wachsenden Akzeptanz des Europagedankens einstellen. |
5.2 |
Der Euro als Grundlage zur Preisberechnung und Faktor für Konsumentscheidungen: Von Anfang an hatte man vorhergesehen, dass ein gewisser (je nach Land mehr oder weniger großer) Teil der Bevölkerung weiter in der alten Landeswährung denken würde. Die Umfrageergebnisse bestätigen diese Vorhersagen: Nach wie vor beziehen sich 40 % der Verbraucher bei der Preisberechnung immer oder manchmal auf ihre Landeswährung, sei es beim Einkauf von Waren des täglichen Bedarfs oder bei größeren Anschaffungen. |
5.2.1 |
Hinsichtlich der Konsumentscheidungen gibt es immer noch einen hohen Anteil (59 %) von Menschen, die sich in ihrer Kaufentscheidung vom Euro negativ oder positiv beeinflussen lassen. Doch die Zahl jener, die in der gemeinsamen Währung ein neutrales Element sehen, steigt allmählich (von 31 % im Jahr 2003 auf 41 % im Jahr 2006). Es sinken zugleich die Prozentzahlen jener, die nach eigenen Angaben weniger kaufen aus Angst, zu viel auszugeben (von 39 auf 33 %), bei gleich bleibendem Anteil jener, die erklären, zu viel auszugeben, weil ihnen der Wert der Währung nicht bewusst ist (26 % gegenüber 25 %). |
5.2.2 |
Die beiden hier betrachteten Aspekte — Bezugnahme auf die Landeswährung und der Euro als neutrales Element — haben nicht unbedingt etwas miteinander zu tun, und es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der in beiden Fällen etwa gleiche Prozentanteil (ungefähr 40 %) sich auf die gleiche Bevölkerungsgruppe bezieht. |
5.3 |
Die Zweckmäßigkeit der doppelten Preisauszeichnung und die Verbraucherpräferenzen: Bei zwei verschiedenen Umfragen antworteten die Befragten auf die Frage, ob die doppelte Preisauszeichnung nützlich und von den Verbrauchern erwünscht sei, in übereinstimmender Weise: Eine deutliche Mehrheit (circa 60 %) hält eine solche Maßnahme nach einem angemessenen Übergangszeitraum weder für nützlich noch für notwendig. Es sei darauf hingewiesen, dass der Anteil der Gegner der doppelten Preisauszeichnung mit der Zeit allmählich angestiegen ist, was eindeutig darauf hinweist, dass die gemeinsame Währung Eingang in das Alltagsleben der Menschen findet (oder bereits gefunden hat, wenn man den optimistischeren Interpretationen glaubt). |
5.3.1 |
Die Antworten der Bürger auf die Frage nach der doppelten Preisauszeichnung kommen nicht überraschend, wenn man die seit Einführung des Euro vergangene Zeit bedenkt. Dieser Aspekt muss jedoch von den Ländern, die zuletzt dem Eurogebiet beigetreten sind (Slowenien, Zypern und Malta), und von jenen, deren Beitritt bevorsteht (baltische Staaten und die Slowakei) in den Vordergrund gerückt werden. Die im November 2007 durchgeführte Eurobarometer-Umfrage macht die großen Ängste vor Preiserhöhungen in der Folge der Euro-Einführung deutlich. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die doppelte Preisauszeichnung in positiver Weise abschreckend wirken kann, sofern sie von Kontrollen und abschreckenden Maßnahmen begleitet wird, was in den ersten Euro-Ländern nicht immer der Fall war. Die Kommission hat dazu vor kurzem Stellung bezogen: die doppelte Preisauszeichnung wird für sechs Monate Vorschrift sein, aber nicht länger als ein Jahr lang fortgeführt werden. |
5.4 |
Geldscheine und Münzen: Aus der Befragung über die derzeitige Stückelung der Banknoten und Münzen geht hervor, dass bei den Geldscheinen offensichtlich kein Handlungsbedarf besteht, während ein beträchtlicher Teil der Befragten (der jedoch von 80 % in Finnland und Deutschland bis 33-35 % in Irland und Italien schwankt) sich aus Gründen der Bequemlichkeit und Einfachheit im Zahlungsverkehr dafür ausspricht, die Palette der in Umlauf befindlichen Münzen durch Abschaffung der 1- und 2-Cent-Stücke zu verringern. Andererseits befürchtet die Mehrheit, dass die Abschaffung der niedrigsten Nominalwerte zum Anstieg der Preise beitragen könnte. Diese Befürchtung ist auch in den Ländern, die mehrheitlich die Abschaffung dieser Münzen wünschen, weit verbreitet. |
5.4.1 |
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Großteil der Preiserhöhungen im Einzelhandel im Zuge der Euro-Einführung oder in der Zeit danach hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass bei der Umrechnung von Preisen auch Dezimalstellen unter 5 aufgerundet wurden. Für diesen Trick nutzte man die geringe Kontrolle der Behörden und jener Verbraucher, welche den Wert der kleinen Münzen als vernachlässigbar einschätzten. Diese Praktiken wurden insbesondere in Ländern festgestellt, deren frühere Landeswährung einen geringen Stückwert besaß (z.B. Italien). Nach Ansicht des EWSA ist die Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen in keiner Weise ratsam. Der von einigen Marktsektoren angeführten Bequemlichkeit steht das Interesse der Allgemeinheit entgegen. |
5.5 |
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Frage der Verwendung von Euro zur Bezahlung durch Reisende in Ländern außerhalb des Euro-Gebiets. Im Durchschnitt haben über 50 % der Befragten erklärt, bei Reisen in Länder außerhalb des Eurogebiets in größerem oder geringerem Maße Euro verwendet zu haben. Dieser Anteil schwankt jedoch je nach Land erheblich und reicht von 72 % der befragten Griechen bis zu 38 % bei den Finnen. Erfreulich ist die Tatsache, dass die gemeinsame Währung aufgrund ihres Prestiges und der Zahl ihrer Benutzer in vielen Ferienländern gern gesehenes Zahlungsmittel ist. |
5.5.1 |
Allerdings ist hier aus Gründen der Vorsicht ein Vergleich zwischen dem Vorteil, bei Auslandsreisen kein Geld tauschen zu müssen, und den Kosten dafür ratsam. Eine Überprüfung vor Ort zeigt, dass in den meisten Fällen der bei der Bezahlung im Handel in Drittstaaten angesetzte Euro-Wechselkurs deutlich ungünstiger ist als der offizielle Wechselkurs. Dieser Aspekt wurde weder in der Umfrage noch von den Befragten erwähnt, was klar darauf hindeutet, dass die Betroffenen die Umtauschkosten als sekundär betrachten oder gar nicht bemerken. |
5.6 |
Das Kapitel zur gewöhnlichen Verwendung der gemeinsamen Währung schließt mit der wichtigsten Frage, nämlich wie der Euro von den Bürgern insgesamt bewertet wird. Bringt er mehr Vorteile oder mehr Nachteile? Die Untersuchung der Antworten zu dem Aspekt ist von größter Bedeutung für die künftigen Kommunikationsstrategien. Aus ihr ergibt sich überdies die Notwendigkeit, Überlegungen zu den Gemeinschaftsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Euro sowie zu den Beziehungen zwischen den einzelstaatlichen Regierungen und ihren Bürgern anzustellen. |
5.6.1 |
Der Prozentsatz von Bürgern, welche die Einführung des Euro als vorteilhaft werten, lag bei der letzten Umfrage bei 48 % und damit deutlich niedriger als bei den Ergebnissen von September 2002 (59 %), was umso aussagekräftiger — und Besorgnis erregender — ist, als die Tendenz stetig steigt. Ein kleiner, konstanter Teil der Bürger vertritt die Meinung, dass der Übergang zur neuen Währung keine Auswirkungen hatte (7-8 %), während die gegenteilige Meinung weiter zunimmt (von 29 auf 38 %). |
5.6.2 |
Bei der länderspezifischen Untersuchung der positiven Antworten landen Irland (75 %), Finnland (65 %) und Luxemburg (64 %) auf den ersten Plätzen, das heißt Länder mit beträchtlichem Wirtschaftswachstum. Negative Antworten dagegen wurden vorwiegend in Italien (48 %) gegeben, gefolgt von Griechenland (46 %) und Deutschland (44 %), während Frankreich knapp über dem Mittelwert liegt (51 %). Es ist daher Vorsicht geboten im Hinblick auf die Versuchung, zwischen der positiven Bewertung des Euro und dem Wirtschaftswachstum einen direkten Zusammenhang herzustellen. Es stimmt zwar, dass sich unter den Ländern mit positiveren Meinungen jene mit einem zufriedenstellenden Wachstum und unter denen mit negativeren Einstellungen Länder mit schwachen Wachstum (Italien und Griechenland) befinden, doch gibt es in den beiden größten Ländern des Eurogebiets — Deutschland und Frankreich — relativ negative Meinungen bei gleichzeitig guten Wachstumsraten. |
5.6.2.1 |
Der EWSA vertritt die Ansicht, dass hier der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Untersuchung liegt: wie bereits in Ziffer 5.1.1 angedeutet wurde, wäre zu untersuchen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen der Zustimmung zum Euro als Währung und der Akzeptanz der Europäischen Union besteht; denkbar ist auch ein Zusammenhang mit der Konjunktur, die vereinfachend mit dem Euro gleichgesetzt würde. Mit anderen Worten gibt es bei der Bewertung des Euro als Währung möglicherweise eine emotionale bzw. ideologische Komponente, die mit der Währung an sich überhaupt nichts zu tun hat. |
5.6.3 |
Die Gründe für ein schwaches Wirtschaftswachstum sind vielfältig, treten oftmals gleichzeitig auf und stehen miteinander in Wechselwirkung. Neben geldpolitischen Gründen (Inflationsrate, Wechselkurse und Zinssätze) gehören Aspekte wie Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Lohnniveau, Konsumverhalten, Zahlungsbilanz, sozialer Friede, Haushaltsdefizit und andere dazu. Diese komplexe Materie ist Gegenstand von Diskussionen zwischen Politikern, Wirtschaftsexperten und Sozialpartnern. Der Durchschnittsbürger hat hingegen tendenziell eine vereinfachte Sichtweise und konzentriert sich auf den Aspekt, der sein tägliches Leben am meisten bestimmt: das Geld. |
5.6.4 |
In Fachkreisen gibt es die Tendenz, das schwache Wirtschaftswachstum auf die Geldpolitik zurückzuführen, die nach Ansicht einiger Wirtschaftswissenschaftler und Parteien für die fehlende Resistenz der Wechselkurse gegenüber einem Anstieg verantwortlich ist und nicht für eine ausreichende Förderung von Wachstum und Beschäftigung durch geeignete zinspolitische Maßnahmen sorgt. Es ist dies nicht der Ort, um diese Frage zu debattieren, doch auch in diesem Fall nimmt die Öffentlichkeit den Euro als Ursache der Probleme wahr. |
5.6.5 |
Die Kritik am Euro, die insbesondere für Länder mit einem schwachen Wirtschaftswachstum typisch ist, lässt sich in einem gewissen Maße auch in Ländern mit einem stärkeren Wachstum beobachten. In letzteren wird die ablehnende Haltung dadurch verschärft, dass schon vor der Euroeinführung bestimmte Teile der Bevölkerung die Abschaffung ihrer starken und renommierten Währung mit großer Zurückhaltung aufnahmen, weil sie ein Symbol des nationalen Ansehens und der nationalen Identität war. Diese Gründe werden auch heute noch in Ländern angeführt, die sich gegen die Euroeinführung entschieden haben. |
5.7 |
Die Analyse der den Euro befürwortenden Stimmen belegt eindeutig die Triftigkeit der Annahmen in Ziffer 5.6.3 und 5.6.4 (2). Die größte Zustimmung findet der Euro unter den Bevölkerungsschichten, die in allen soziodemographischen Studien als die besser informierten eingestuft werden: Männer befürworten den Euro mehr als Frauen, Selbständige und Angestellte mehr als Arbeiter und Arbeitslose, Jugendliche mehr als ältere Menschen, Stadtbewohner mehr als Landbewohner, Akademiker mehr als weniger gebildete Bevölkerungsgruppen. Besser informiert zu sein, bedeutet größere Reife und Kritikfähigkeit. |
5.7.1 |
Es wäre allzu simpel anzunehmen, dass sich die ablehnende Haltung gegenüber dem Euro durch bloße Kommunikationsmaßnahmen überwinden ließe. Die entsprechenden Entscheidungen müssen jedoch im Lichte der besonderen Situation eines jeden Mitgliedstaates bewertet werden. In einigen Ländern ist die Information sogar zu effizient, allerdings oft eher kritisch. Parteien und manchmal auch Regierungen haben hier einen entscheidenden Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Es handelt sich dabei nicht um Desinformation, sondern um eine Kommunikation auf der Grundlage von Überzeugungen, die in einer Demokratie respektiert werden müssen. Es besteht allerdings der Eindruck, dass die Mehrheit der Euro-Befürworter überzeugender, energischer und ausdrücklicher für die gemeinsame Währung eintreten sollte. |
5.7.2 |
Eine Kampagne zur Unterstützung des Euro, die sich vorwiegend auf politische, wirtschaftliche oder geldpolitische Gründe stützt, hätte jedoch wahrscheinlich nur einen schwachen Einfluss auf die Öffentlichkeit. Durch die Hervorhebung der praktischen bürgernahen Aspekte könnte mehr Zustimmung für den Euro gewonnen werden. Diese Art von Kommunikation stößt sicherlich auf mehr Resonanz, da sie das tägliche Leben eines jeden Bürgers betrifft, ohne dass auf abstrakte Grundsätze eingegangen werden muss. Mit anderen Worten ist dies ein einfacher, aber nicht oberflächlicher Ansatz. Die öffentlichen Stellen sind für diese Art von Kommunikation am wenigsten geeignet. Deshalb sollten die Wirtschaftsakteure und die Sozialpartner für das Problem sensibilisiert werden und die Kommunikationsarbeit übernehmen. Sie sind dem Bürger näher und haben sicherlich eine größere Überzeugungskraft. |
5.7.3 |
Das von den Befürwortern in erster Linie genannte Argument praktischer Art ist der Tourismus: Auslandsreisen sind nun einfacher und billiger (insbesondere in Länder der Eurozone, aber auch in Drittstaaten). Hinzu kommt die Möglichkeit eines Preisvergleichs (3). Die Reise- und Immobilienagenturen, die Reiseveranstalter im Allgemeinen und die Emittenten von Zahlungskarten könnten bei ihrer Arbeit diesen „Vorteil“, und insbesondere den Wegfall von Wechselkursgebühren und die Sicherheit der in Rechnung gestellten Kosten in den Vordergrund stellen. Der Finanzsektor spielt eine wichtige Rolle, da aufgrund der jüngsten Entwicklungen im Bereich der Geldüberweisungen (Europäischer Zahlungsverkehrsraum) die Zahlungen in der Eurozone ebenso sicher, schnell und gebührenfrei sind wie Inlandsüberweisungen. Erforderlich ist jedoch eine aufmerksame Überwachung durch die zuständigen Behörden, damit eine strenge Einhaltung der Regeln durch den Finanzsektor sichergestellt werden kann. |
5.7.4 |
Weniger offensichtlich ist auf den ersten Blick das dritte (in der Reihenfolge ihrer Bedeutung) von den Euro-Befürwortern genannte Argument: die Stärkung des Ansehens Europas. Dieses allgemeine und theoretische Argument muss Gegenstand einer breit angelegten Maßnahme allgemeiner Natur sein. |
5.8 |
Noch interessanter erscheint jedoch die Prüfung der Argumente der Euro-Skeptiker. Die überwiegende Mehrheit der Bürger (81 % im Jahre 2006, kontinuierlich steigend) gibt dem Euro die Schuld für die steigenden Preise. Diese Einstellung zeichnete sich noch vor der Einführung der Einheitswährung ab. Schon damals wurde befürchtet, dass die Waren- und Dienstleistungsanbieter (und insbesondere der Handel) von der Umrechnung der nationalen Währung profitieren und die Preise unrechtmäßig aufrunden und anheben würden. Die Kommission versicherte, dass dies nicht der Fall sein würde. Die Regierungen leisteten einen Beitrag durch die Förderung von Vereinbarungen mit dem Handel. Die Verbraucherschutzorganisationen mahnten zur Obacht. |
5.8.1 |
Die konkreten Folgen gehören nunmehr zur jüngsten Geschichte: In einigen Ländern wurden die Vereinbarungen eingehalten (der EWSA ist der Meinung, dass dabei Österreich als beispielhaft erwähnt werden sollte), in anderen weniger und in manchen beinahe überhaupt nicht. Wer die Verantwortung hierfür trägt, soll nicht hier und jetzt erörtert werden. Fest steht jedoch, dass in vielen Ländern der Preisanstieg gerade mit der Euroeinführung begann. Deshalb entstand der allgemeine Eindruck, dass der Preisanstieg durch den Euro „verursacht“ wurde. Dieser Eindruck hält bis heute noch an und verfestigt sich mehr und mehr in Ermangelung einer Kommunikation, die das Problem in der richtigen Optik wiedergeben würde: Der Euro bot für manche eine gute Profitmöglichkeit, ist und bleibt aber an und für sich ein „neutrales“ Instrument. Ein Versuch, dies zu vermitteln, wurde nicht unternommen, bzw. hatte nur sehr schwache Auswirkungen. |
5.8.2 |
Auf die anschließenden Preisanstiege hat der Euro keinen Einfluss gehabt. Nach ihrer Einführung und Konsolidierung wurde die Währung zur Maßeinheit und nicht zur Ursache der Entwicklung auf dem Markt. Die Inflation, das Wechselkursverhältnis oder die Spekulationen wurden nicht vom Euro beeinflusst und wären auch im Falle der einzelnen nationalen Währungen zu Tage getreten — bisweilen sogar in einem größeren Ausmaß als im Falle des Euro. In Bezug auf diesen sowie den in der vorhergehenden Ziffer genannten Aspekt muss ein für alle Mal Klarheit geschaffen werden. Dieses Argument, das für die Ausräumung der nach wie vor bestehenden Skepsis und Abneigung gegenüber dem Euro ausschlaggebend ist, muss deutlich zur Sprache kommen und bei der Kommunikation unter Beteiligung der Sozialpartner, der Regierungen und der Kommission im Vordergrund stehen. |
5.8.3 |
Ein anderes Argument, das in einem gewissen Maße mit den vorhergehenden Ausführungen zusammenhängt, ist die Preiskonvergenz, die Behauptung also, dass der Euro zu einer weitreichenden Preiskonvergenz in der Eurozone beitragen würde, und zwar dank der zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten entstehenden Konkurrenz und des Drucks vonseiten der Verbraucher, die nun endlich in der Lage sein würden, Preisvergleiche anzustellen. Diese Annahme war Gegenstand der Kampagne vor der Euroeinführung und eines ihrer starken Argumente. Die Kampagne war im Übrigen so beschaffen, dass sie möglicherweise überzogene Erwartungen geweckt hat, denn das begrenzte Ausmaß dieser Konvergenz wurde nicht präzisiert. Es wurde nämlich nicht gesagt, dass die Ausgaben, die für den Verbraucher bei weitem wichtiger sind und die er am unmittelbarsten spürt, nämlich die Preise für vor Ort hergestellte und konsumierte Waren und Dienstleistungen, nicht von dieser Konvergenz betroffen sein würden. |
5.8.4 |
Die Umfrage scheint diesen Eindruck zu bestätigen: 68 % der Befragten sind der Meinung, dass der Euro nicht zur Preiskonvergenz beigetragen habe (45 %) bzw. „wissen es nicht“ (23 %). 32 % der Befragten sind gegenteiliger Meinung. In diesem Teil der Untersuchung fehlt jedoch eine wesentliche Kenntnis: Es ist nicht bekannt, ob die Antwort intuitiv bzw. emotional begründet ist oder auf direkten Erfahrungen (Auslandsreisen, grenzüberschreitender Kauf von Waren oder Dienstleistungen) beruht. In der Kommunikationskampagne müssen die Erwartungen im Hinblick auf die Preiskonvergenz zurückgeschraubt und die Gründe dafür genannt werden, warum diese Konvergenz beschränkt ist. Zudem sollte herausgearbeitet werden, dass die Tatsache, dass in anderen Bereichen als den vor Ort hergestellten und konsumierten Waren und Dienstleistungen keine oder kaum eine Preiskonvergenz eingetreten ist, mit Faktoren zusammenhängt, die nichts mit der gemeinsamen Währung zu tun haben, nämlich dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, den Transportkosten oder der Besteuerung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Euro in den Bereichen, wo dies möglich war, zur Preiskonvergenz beigetragen hat. Ein Preisgefälle wird aber auch hier in Europa fortbestehen, so wie dies in den Vereinigten Staaten der Fall ist, wo es ja seit jeher eine einheitliche Währung gibt. |
6. Die politischen Aspekte
6.1 |
Die große Mehrheit der Befragten (75 %) ist der Auffassung, dass der Euro als internationale Währung eine wichtige Rolle spielt. Ein weitaus geringerer Anteil der Befragten ist jedoch am Wechselkurs interessiert, obwohl er ungefähr einschätzen kann, wie stark der Euro gegenüber dem Dollar ist. Ein nahezu gleicher bzw. etwas höherer Prozentsatz (78 %) vertritt die Auffassung, dass der Euro keinerlei Einfluss auf die eigene Identität als Europäer hatte. Die Auswertung der Antworten nach Mitgliedstaat gibt Anlass zu Überlegungen und einer gewissen Perplexität: Die Länder, in denen der Euro als wichtiger Faktor für die Wahrnehmung der europäischen Identität angesehen wird, sind Irland (56 %), mit großem Abstand gefolgt von Italien (28 %) und Luxemburg (19 %). Die niedrigsten Prozentzahlen finden sich in den Niederlanden, in Griechenland, Deutschland und Österreich (10-14 %). |
6.1.1 |
Als Versuch einer Erklärung, die jedoch nur für einige Länder zutrifft, ließe sich anführen, dass Italien, dessen nationale Währung einer Reihe von Schwankungen ausgesetzt war, zu jenen Ländern gehört, in denen der Euro als Faktor der europäischen Identität anerkannt wird, während u.a. in Deutschland, das stolz auf seine starke und stabile Währung war, eine negativere Einstellung zum Euro verzeichnet wird. In anderen Ländern kommen unterschiedliche Gründe und Wahrnehmungen zum Tragen: Informationsmangel, Gleichgültigkeit, geringeres Interesse an einem Europa, das eine prestigeträchtige Währung einführt. Der letztgenannte Aspekte scheint in einer in mancher Hinsicht überraschenden Tatsache seine Bestätigung zu finden: In allen Ländern, auch den Eurobefürwortern, ist eine große Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass sich der Euro in keiner Weise auf die Wahrnehmung der europäischen Identität ausgewirkt hat. |
6.1.2 |
Es ist anzumerken, dass der Euro zwar seine Bedeutung auf der internationalen Bühne unter Beweis gestellt hat, jedoch Jahre nach seiner Einführung immer noch nicht als Faktor und Symbol der europäischen Identität wahrgenommen wird. Da diese Stimmung auf vielfältigen individuellen Wahrnehmungen beruht, ist es unmöglich, spezifische Kampagnen durchzuführen, die auf einen Einstellungswandel der Bürger abzielen. Ein solcher Wandel kann nur schrittweise erfolgen, indem die Gründe für eine solche Einstellung beseitigt werden. Mit anderen Worten wird der Euro erst dann zum Symbol der europäischen Identität, wenn die Bürger die Tatsache, „Europäer“ zu sein, verinnerlicht haben. |
6.2 |
Anlass zum Optimismus gibt die Antwort auf die Frage, ob mit einer Erweiterung der Eurozone um die neuen Mitgliedstaaten zu rechnen ist. Rund 80 % der Befragten (bzw. über die Hälfte in allen Ländern) hält dies für sicher bzw. wahrscheinlich. Die EWSA sieht in dieser Antwort ein Zeichen für das Vertrauen in die Attraktivität des Euro, die es nicht gäbe, wenn der Euro tatsächlich als politisch schwach und mit negativen Folgen verbunden eingeschätzt würde. |
7. Koordinierung der Wirtschaftspolitiken und der Stabilitätspakt
7.1 |
Es wäre zweckmäßig, diese Fragen, die von wesentlicher Bedeutung und konzeptioneller Art sind, in einem gesonderten Kapitel zu erörtern. Der EWSA hat diesen Aspekten zudem zahlreiche Stellungnahmen gewidmet und behält es sich vor, sich demnächst erneut damit zu beschäftigen. An dieser Stelle reicht es aus, anzumerken, dass rund die Hälfte aller Befragten weiß, dass die Wirtschaftspolitiken auf gemeinschaftlicher Ebene koordiniert werden. Die Mehrheit von ihnen ist jedoch der Ansicht, dass dieser Koordinierung nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Aus der länderspezifischen Analyse geht hervor, dass sowohl beim Kenntnisstand als auch bei den daraus resultierenden Bewertungen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen. Die Objektivität, mit der die Befragten die Wirtschaftslage im eigenen Land beurteilen, ist auffallend: Die Bürger der Länder mit einer positiven Wirtschaftsentwicklung sind sich dieser bewusst, und auch umgekehrt gestehen Personen aus Ländern mit einer schwierigen Wirtschaftslage diese ohne Zögern ein. |
7.2 |
In Bezug auf den Stabilitätspakt entsprechen der Kenntnisstand und die Unterschiede auf nationaler Ebene in etwa den Kenntnissen über die Wirtschaftspolitik. Drei Viertel der Befragten stimmt allerdings darin überein, dass der Stabilitätspakt einen starken und stabilen Euro gewährleistet. Es ist symptomatisch, dass der größte Prozentsatz jener, die anderer Meinung sind, aus Ländern stammt, die einen Preisanstieg verzeichnen, für den implizit der Euro verantwortlich gemacht wird. |
7.3 |
Aus der Umfrage geht demnach offenbar hervor, dass allgemein die Überzeugung herrscht, der Euro sei für die Wirtschaftslage und den Preisanstieg bzw. bisweilen auch für die positive Wirtschaftsentwicklung in den einzelnen Ländern verantwortlich — je nach der besonderen (nationalen) Sichtweise des Einzelnen. Es sollte herausgestellt werden, dass die Wirtschaft der Eurozone den Euro vor Störungen schützt, von denen sonst jedes Land für sich und in einem stärkeren Ausmaß betroffen wäre. Es muss sich jeder Bürger die Frage stellen, wie es ohne die Euro-Einführung um die Wirtschaft in seinem Land bestellt wäre. Welche Volkswirtschaft hätte allein und auf sich gestellt den externen Problemen die Stirn bieten können, welche in den letzten Jahren aufgetreten sind und die Weltwirtschaft jederzeit wieder treffen können? |
8. Die neuen Mitgliedstaaten
8.1 |
Es ist nicht möglich, die analytischen Überlegungen betreffend die Euro-Länder und die 11 neuen Mitgliedstaaten, darunter die drei zuletzt beigetretenen Länder, sowie die Staaten mit einer mehr oder weniger kurzfristigen Beitrittsperspektive in einem einzigen Dokument zusammenzufassen. Aus der Untersuchung der Antworten auf bestimmte Schlüsselfragen der Umfrage vom September 2007 können jedoch nützliche Schlüsse für künftige Maßnahmen im Hinblick auf die Akzeptanz der gemeinsamen Währung gezogen werden. |
8.2 |
Die Meinungsumfrage zu den Folgen der Euro-Einführung auf nationaler Ebene zeigt, dass ein großer Teil der Bürger (53 %) dazu eine positive Einstellung hat, während 33 % sich gegen den Euro aussprechen und 15 % mit „weiß ich nicht“ antworten (4). Die Frage nach der Euro-Einführung im Allgemeinen ergab ein sehr ähnliches Durchschnittsergebnis. In beiden Fällen schwankt der Anteil der Befürworter und Gegner zwischen den einzelnen Ländern erheblich. So reicht der Anteil der Gegner von 55 % in Lettland bis 18 % in Rumänien. Die negative Einstellung ist in den Ländern mit einer geringen Bevölkerungszahl grundsätzlich stärker ausgeprägt. |
8.2.1 |
Vergleicht man diese Daten mit denen der Euro-Länder (siehe Ziffer 5.6), dann zeigt sich in letzteren ein geringerer Anteil an Befürwortern. Der EWSA nimmt dies mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis, stellt jedoch fest, dass diese Angabe, sofern sie wirklich der Realität entspricht, wahrscheinlich eher mit dem verbreiteten Missmut gegenüber der Europäischen Union als mit einer besonderen Ablehnung der gemeinsamen Währung zusammenhängt (siehe Ziffer 5.6.2). |
8.3 |
Die aus der Sicht der Verbraucher wichtigste unbekannte Größe sind die Auswirkungen der Euro-Einführung auf die Preise: drei Viertel der Befragten befürchten einen Preisanstieg, während 11 % im Euro ein neutrales Element sehen und 6 % ein Sinken der Preise erwarten. Diese Daten müssen mit denen der Länder der Eurozone (siehe Ziffer 5.1) verglichen werden. Dort machen mehr als 80 % der Befragten die gemeinsame Währung für die gestiegenen Preise verantwortlich. Dies ließe den Schluss zu, dass die gemachten Erfahrungen die Befürchtungen jener, welche den Euro noch nicht eingeführt haben, bestätigen. Diese Behauptung wäre jedoch nicht nur stark vereinfachend, sondern auch irreführend, denn in allen Ländern Europas und der ganzen Welt sind die Preise gestiegen und steigen noch immer. Es wäre interessant zu untersuchen, welche Gründe in Ermangelung des Euros in den andern Ländern für den Preisanstieg verantwortlich gemacht werden. |
8.4 |
Aus den Antworten auf die Frage zu den positiven Auswirkungen der Euro-Einführung geht hervor, dass die große Mehrheit der Befragten erwartet, dass die gemeinsame Währung ein nützliches Zahlungsmittel auf Reisen im Ausland ist, den Kauf von Waren und Dienstleistungen in anderen Ländern ermöglicht, einen Preisvergleich erleichtert und die Umtauschkosten erspart. Ein geringerer Anteil glaubt, dass der Euro ihr Land vor internationalen Krisen schützen wird. Alle diese Erwartungen entsprechen den Vorteilen, die die Bürger in den jetzigen Euro-Ländern wahrgenommen haben, was — selbst den hartnäckigsten Gegnern — beweist, dass die Erwartungen nicht enttäuscht wurden. |
8.5 |
Zu Fragen, die nicht so unmittelbar wahrgenommen werden, fallen die Antworten nicht ganz so entschieden positiv aus, wobei ein großer Anteil mit „weiß nicht“ antwortet. Dies zeigt deutlich, dass die Bürger bei Problemen, die sie nicht so unmittelbar wahrnehmen, entweder vorsichtiger oder überhaupt nicht antworten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sind die Ergebnisse überaus positiv: 66 % sind der Meinung, dass der Euro die Position Europas in der Welt stärken wird, und rund die Hälfte glaubt, dass er die Preisstabilität sichert, Wachstum und Beschäftigung fördert, solide öffentliche Finanzen gewährleistet. Auf die Frage, ob niedrigere Zinssätze erwartet werden, fallen die Antworten jedoch differenzierter aus: je ein Drittel antwortet mit „ja“, „nein“ bzw. „weiß nicht“. |
8.6 |
Die Schlüsselfrage nach dem politischen Wert betrifft die Wahrnehmung des Euro als Faktor für die Herausbildung eines europäischen Bewusstseins. 53 % der Befragten haben dies bejaht, während 35 % mit Nein antworteten. Diese Ziffer allein ist schon erfreulich, doch ist sie noch positiver, wenn man bedenkt, dass die Frage 2004 von 47 % bejaht und 45 % verneint wurde. Vergleicht man diese Daten mit den Ergebnissen der Umfrage in den Euro-Ländern (siehe Ziffer 6.1), ergeben sich Zweifel. Mehr als drei Viertel der Befragten in der Eurozone hat nämlich erklärt, dass der Euro ihre Wahrnehmung der Europäischen Identität in nichts verändert hat. |
9. Schlusserwägungen
9.1 |
Die Eurobarometer-Umfragen untersuchen die Einstellungen der Bürger zum Euro und deren Entwicklung über einen längeren Zeitraum. Zu Einzelfragen können die Einschätzungen von Umfrage zu Umfrage unterschiedlich ausfallen. Einzelmaßnahmen zur Korrektur bestimmter Tendenzen könnten sich allerdings als unzureichend — wenn nicht gar kontraproduktiv — erweisen, wenn man den politischen Gesamtwert des Vorhabens außer acht lässt, das ein bedeutender Politiker einmal geistreich als „Euro-Diplomatie“ bezeichnet hat. |
9.2 |
Es besteht kein Zweifel daran, dass ein beträchtlicher Teil der Öffentlichkeit sowohl in den Euro-Ländern als auch in den neuen Mitgliedstaaten nach wie vor erhebliche Vorbehalte gegenüber der gemeinsamen Währung hegt. Aus allen Antworten auf die einzelnen Fragestellungen gewinnt man jedoch den Gesamteindruck, dass sich hinter den negativen Antworten sehr oft eine Ablehnung des Europagedankens verbirgt. Anders gesagt, nicht der Euro an sich wird in Frage gestellt, sondern vielmehr das, wofür der Euro aus der Sicht der Bürger steht: ein politisches Projekt, das sie sich noch nicht zu Eigen gemacht haben oder vielleicht sogar ablehnen und das in einer von oben verordneten Währung zum Ausdruck kommt. |
9.3 |
Die Ursachen für die Ablehnung des Europagedankens — und des Euro als seines konkreten Symbols — sind vielfältig. Dazu zählt unter anderem auch, dass es in jedem Land — ungeachtet der offiziellen Haltung der Regierungen — politische Bewegungen und Teile der Medien gibt, die in Opposition zum Projekt „Europa“ stehen. Nicht selten verteidigen sogar die Regierungen selbst eindeutig unpopuläre Maßnahmen, indem sie die gemeinsame Währung oder ihr zu Grunde liegende Regeln dafür verantwortlich machen. Es lässt sich nur schwer sagen, inwieweit diese Einstellungen wirklich auf Ablehnung oder schlicht und einfach auf Opportunismus zurückzuführen sind. Fest steht, dass keine europäische politische Maßnahme möglich ist, wenn sich diejenigen, die die Macht ausüben — Regierungen, Parteien, Medien — diese Maßnahme nicht zu Eigen machen. |
9.4 |
Der organisierten Zivilgesellschaft kommt bei dieser Strategie eine entscheidende Rolle zu: Sie bildet eine Querschnittskraft, die im unmittelbaren Kontakt zu den Bürgern steht. Sie kann Druck von unten nach oben in die Machtebenen und zugleich Druck von oben auf die Bürger ausüben. Sie hat damit eine privilegierte und gleichzeitig sehr verantwortungsvolle Position inne, die sie nur dann erfolgreich ausüben kann, wenn sie über die einzelnen politischen Positionen und nationalen Zugehörigkeiten hinweg am gleichen Strang zieht. Der EWSA ist die einzige europäische Institution, die ein solches Profil hat, und er ist fest entschlossen, seiner Rolle in Zusammenarbeit mit der Kommission und den Sozialpartnern der Mitgliedstaaten gerecht zu werden. |
9.5 |
Es mangelt nicht an Argumenten, auf denen das Vorhaben, den Bürgern den Euro und damit den Europagedanken näher zu bringen, aufbauen könnte: das wirtschaftliche Gewicht der Eurozone, die in der ganzen Welt getätigten Anlagen in Euro, seine zunehmende Verbreitung als Reservewährung, der Schutz vor Turbulenzen im Finanzsektor, die Preisstabilität und sein Beitrag zum Schutz der Kaufkraft. Auf Einwände könnte man mit einer Gegenfrage antworten: Ein jeder sollte sich fragen, was in seinem eigenen Land geschehen wäre, wenn die nationale Währung allein vor den Turbulenzen der Vergangenheit und Gegenwart gestanden hätte, vor Krisen, die auch in der Zukunft nicht unwahrscheinlich sind. |
9.6 |
Wichtigster Ansatzpunkt zur Steigerung der Akzeptanz des Euro wäre jedenfalls eine Wirtschafts- und Sozialpolitik in der EU, welche Beschäftigung und Einkommen fördert sowie ein angemessenes Sozialschutzsystem bietet. Erst dann werden die Bürger das Projekt „Europa“ zu schätzen wissen und damit auch den Euro akzeptieren. |
Brüssel, den 29. Mai 2008
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Dimitris DIMITRIADIS
(1) Introduction of the euro in the new member States, Flash Eurobarometer 207, the Gallup Organization, Oktober 2007.
(2) In Ermangelung spezifischer länderbezogener soziodemographischer Analysen ist es nicht möglich, zu der Annahme in Ziffer 5.6.4 Stellung zu nehmen.
(3) Diese von 30 % der Befragten genannte Begründung bezieht sich wahrscheinlich auf den nationalen Markt, kann jedoch entsprechend auch auf die Eurozone ausgeweitet werden.
(4) Aufgrund gerundeter Zahlen ergibt die Gesamtsumme nicht genau 100 %.