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Document 51998AC1132

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Grünbuch der Kommission über Seehäfen und Seeverkehrsinfrastruktur"

ABl. C 407 vom 28.12.1998, p. 92–99 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51998AC1132

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Grünbuch der Kommission über Seehäfen und Seeverkehrsinfrastruktur"

Amtsblatt Nr. C 407 vom 28/12/1998 S. 0092 - 0099


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Grünbuch der Kommission über Seehäfen und Seeverkehrsinfrastruktur" (98/C 407/16)

Die Kommission beschloß am 15. Dezember 1997, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Grünbuch zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr und Kommunikationsmittel nahm ihre Stellungnahme am 15. Juli 1998 an. Berichterstatter war Herr Kritz ().

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 357. Plenartagung (Sitzung vom 9. September 1998) mit 95 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Die Hauptfunktion von Häfen ist die Bereitstellung von Einrichtungen für den Umschlag von Gütern und das Umsteigen von Fahrgästen zwischen Schiffen aller Art und landseitigen Verkehrsmitteln aller Art. In den Häfen findet auch ein Güterumschlag zwischen verschiedenen Seeverkehrsmitteln statt. Die dabei in den Häfen umgeschlagenen Güter sind so vielfältig wie der internationale Handel.

1.2. Oft sind im Hafengebiet oder in Hafennähe Großbetriebe wie Raffinerien, Hütten-, Kraft- und Stahlwerke angesiedelt, die für den Hafenbetrieb keine untergeordnete Rolle spielen, sondern in vielen Fällen der eigentliche Daseinsgrund eines Hafens sind.

1.3. Ein Hafen ist unter betrieblichen Gesichtspunkten keine Einheit, sondern besteht aus einer Vielzahl von Akteuren, die Hafendienste bereitstellen. Die wichtigsten Hafentätigkeiten sind:

a) Dienste für Schiffe

- Navigationshilfen

- Lotsendienste

- Schleppdienste

- Muringdienste

- Liegeplatzzuweisung

- Schiffahrtsagenturen

- Schiffsmakler

- Abfallentsorgung

- Schiffsreinigung

- Schiffsreparatur

b) Umschlagdienste

- Stauereidienste

- Sammelgutverladung (Container und Paletten)

- Frachtlagerung

- Speditionsdienste

c) Kontrolle und Aufsicht

- Zollabfertigung

- Prüfung der Schiffssicherheit

- Gefahrgüter

- Schiffsbesichtiger.

1.4. Einige Hafendienste werden von Monopolisten erbracht, während bei anderen die Firmen um die Erbringung bestimmter Dienste konkurrieren.

1.5. Die Häfen sind sehr unterschiedlich in bezug auf ihre eigentumsrechtliche Struktur, ihre interne Organisation und die Art der staatlichen Einwirkung auf das Hafenmanagement. Dies spiegelt die historischen Traditionen und die verschiedenen Denkansätze hinsichtlich der Rolle der Häfen und des Grads der Unterstützung, Einflußnahme und Kontrolle der öffentlichen Hand in Fragen der Finanzierung und der Kostenanlastung wider. Mit "öffentlicher Hand" ist dabei die kommunale, regionale oder zentralstaatliche Verwaltungsebene gemeint.

1.6. In einigen Mitgliedstaaten hat die zentralstaatliche Verwaltung einen sehr weiten Zuständigkeitsbereich, der die Eigentümerschaft, die Finanzierung von Investitionen und die Gebührenfestsetzung umfassen kann. In Deutschland sind die Land- und Wasserareale der Häfen im allgemeinen im Besitz der Länder und/oder Gemeinden. In den Niederlanden werden die meisten Häfen von den Kommunen betrieben, allerdings sind die Häfen von Amsterdam und Rotterdam als eigenständige kommunale Unternehmen ("havenbedrijf") - jedoch bei starker Beteiligung des Zentralstaats - organisiert. Im Vereinigten Königreich wird der größte Teil des Güterumschlags über privatwirtschaftlich betriebene Häfen abgewickelt. Bei den Häfen in Schweden handelt es sich meist um Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren hauptsächlicher oder einziger Anteilseigner die jeweilige Gemeinde ist.

1.7. Die Mehrzahl der Häfen untersteht eigentumsrechtlich und verwaltungsmäßig in der einen oder anderen Form einer Hafenbehörde, für die es jedoch keine eindeutige Definition gibt. In manchen Fällen kontrolliert die Hafenbehörde nur einen geringen Teil der im Hafengebiet ausgeübten Tätigkeiten, während sie in anderen das eigentliche Managementgremium ist, das die unmittelbare Verantwortung für eine Vielzahl von Tätigkeiten trägt.

1.8. Moderne, mit Hochtechnologie ausgerüstete Schiffe sind kostspielig, und die Reedereien bemühen sich sehr darum, ihre Schiffe pro Jahr so viele Fahrten wie möglich machen zu lassen. Die Kapazität der Häfen wirkt sich auf die Umlaufzeit der Schiffe aus, was besonders bei kürzeren Fahrten zum Tragen kommt, bei denen oft leistungsfähige Roll-on/roll-off-Systeme eingesetzt werden. Die Häfen werden weiterhin dem Druck ausgesetzt sein, Abfertigungszeiten für Frachtschiffe und Fährdienste zu verkürzen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der wachsenden Bedeutung des Kurzstreckenseeverkehrs. Maßgeblich für die Häfen sind darüber hinaus die Hinterlandverbindungen und die Zuverlässigkeit, die wesentlich vom Verhältnis der Sozialpartner zueinander geprägt wird.

2. Das Kommissionsdokument

2.1. Die Häfen standen bislang noch nicht im Mittelpunkt der verkehrspolitischen Diskussionen der Gemeinschaft und waren nur in begrenztem Maße Gegenstand von Gemeinschaftsmaßnahmen. Das Grünbuch dient dazu, die Diskussion über den europäischen Hafensektor anzuregen und die Themen zu bestimmen, die auf Gemeinschaftsebene erörtert werden sollten. Gegebenenfalls sollen kohärente Maßnahmen entwickelt werden, mit denen die Leistungsfähigkeit dieses Sektors unter Wahrung der wirtschaftlichen und sozialen Anliegen der Gemeinschaft verbessert werden kann.

2.2. Eine Politik der Gemeinschaft für den Hafensektor sollte folgende Hauptziele verfolgen: erstens eine Steigerung der Effizienz der Häfen und eine Verbesserung der Hafen- und Seeverkehrsinfrastruktur durch Einbindung der Häfen in ein multimodales transeuropäisches Verkehrsnetz und zweitens die Erfuellung der von der Gemeinschaft im Vertrag übernommenen Verpflichtung, einen freien und lauteren Wettbewerb im Hafensektor zu gewährleisten.

2.3. Die Kommission schlägt eine Reihe möglicher Maßnahmen vor, die innerhalb schon bestehender Politiken ergriffen werden können, und definiert neue Tätigkeitsgebiete, insbesondere im Bereich der Hafengebühren und des Marktzugangs, in denen neue Initiativen gefragt sind.

2.4. Das Grünbuch umfaßt drei Hauptkapitel, von denen das erste unter der Überschrift "EU-Häfen und die gemeinsame Verkehrspolitik" steht. Es enthält eine Zusammenfassung der Bereiche, in denen hafenbezogene Themen bereits Eingang in die Politiken der Gemeinschaft gefunden haben, und beschäftigt sich mit folgenden Kernfragen:

- Die Rolle der Häfen im transeuropäischen Verkehrsnetz;

- Verbindungen mit angrenzenden Drittländern;

- Häfen als Umschlagstellen in der intermodalen Transportkette;

- Häfen und Entwicklung der Kurzstreckenschiffahrt in Europa;

- Sicherheit im Seeverkehr und Umwelt;

- Forschung und Entwicklung.

2.5. Das zweite Hauptkapitel des Grünbuchs ist der "Finanzierung und Anlastung der Kosten der Hafen- und Seeverkehrsinfrastruktur" gewidmet.

2.5.1. Es gibt überaus unterschiedliche Arten der Finanzierung von Hafeneinrichtungen und der Anlastung der Kosten für die Inanspruchnahme der Hafendienste. Dies spiegelt nicht nur Unterschiede in der Eigentums- und Organisationsstruktur der Häfen wider, sondern auch unterschiedliche Einstellungen hinsichtlich der Rolle und der Funktion der Häfen. Es besteht ein deutlicher Trend dahin, Häfen als rein gewerbliche Unternehmen aufzufassen, die nur in begrenztem Maße gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen haben.

2.5.2. Der Wettbewerb zwischen den Häfen hat sich verschärft. Die traditionellen Hinterlandmärkte überlappen sich mehr und mehr durch den Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze, den technischen Wandel im Verkehrswesen und die Vollendung des Binnenmarktes. Der Konzentrationsprozeß in der Linienschiffahrt hat ebenfalls zu mehr Wettbewerb unter den Häfen geführt. Die Kommission betont, daß die unterschiedlichen Regelungen für die Hafenfinanzierung und die Kostenanlastung die Gefahr einer Verzerrung des Wettbewerbs und des ineffizienten Einsatzes wirtschaftlicher Ressourcen bergen.

2.5.3. Um diese Probleme anzugehen, will die Kommission die Möglichkeit prüfen, einen gemeinschaftlichen Rahmen für die Gebührenerhebung in den Häfen zu entwickeln, der auf dem Verursacherprinzip beruhen soll. Dieser Rahmen würde voraussetzen, daß sich die Gebühren an den Kosten orientieren, und Leitlinien hinsichtlich des Umfangs umfassen, in dem die Hafengebühren die Kosten von Infrastrukturinvestitionen widerspiegeln sollten. Der Rahmen für die Gebührenerhebung würde grundsätzlich für Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr gelten.

2.5.4. Als ersten Schritt beabsichtigt die Kommission, eine Bestandsaufnahme der öffentlichen Mittel, die den größten Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr zugeflossen sind, und der Gebührenerhebungspraktiken dieser Häfen vorzunehmen.

2.5.5. Falls die Gemeinschaft ein einheitliches Konzept für die Hafengebühren ausarbeitet, wäre laut Kommission anschließend ein Rahmen zu erstellen, der Gegenstand eines Vorschlags für eine Richtlinie des Rates sein sollte.

2.5.6. Nach Auffassung der Kommission würde die Erstellung eines gemeinschaftlichen Konzepts für Hafenfinanzierung und Hafengebühren schrittweise erfolgen und in Abstimmung mit einem Gesamtkonzept zur Anlastung und Finanzierung von Infrastrukturkosten für alle Verkehrsträger vorgenommen werden. Die Kommission beabsichtigt, 1998 eine Mitteilung über ein kohärentes Konzept für die Kostenanlastung vorzulegen.

2.5.7. Im Bereich der staatlichen Beihilfen wird die Kommission weiterhin prüfen, in welchem Umfang öffentliche Mittel an Unternehmen fließen, die Wirtschaftstätigkeiten in Häfen ausüben. Vorschriften über staatliche Beihilfen im Hafensektor könnten in einen Rahmen für die Erhebung von Hafengebühren einbezogen werden.

2.5.8. Die Kommission unterstreicht, die Seeverkehrsinfrastruktur außerhalb des Hafengebiets erfordere besondere Aufmerksamkeit. Für Navigationshilfen innerhalb des Hafengebiets sowie für den Aushub der Hafenzufahrtsrinnen ist die Anwendung des Verursacherprinzips unter Berücksichtigung der unterschiedlichen geographischen Lagen der Häfen sorgfältig zu prüfen.

2.6. Das dritte Hauptkapitel des Grünbuchs befaßt sich mit dem Thema "Hafendienste: Organisationsstruktur und Marktzugang".

2.6.1. In den Häfen werden vielfältige Dienste und Einrichtungen angeboten, bei denen zwischen Umschlagdiensten und Diensten für Schiffe zu unterscheiden ist. Die Hafendienste wurden bislang im Schutz ausschließlicher Rechte und/oder gesetzlich genehmigter oder faktischer staatlicher bzw. privater Monopole angeboten. In den vergangenen zehn Jahren wurden die Umschlagdienste unter dem Einfluß der technischen Entwicklung und des verschärften Wettbewerbs zwischen den Häfen zunehmend marktorientiert ausgerichtet, wohingegen bei den Diensten für Schiffe weiterhin häufig Beschränkungen vorherrschen.

2.6.2. Der Europäische Gerichtshof und die Europäische Kommission haben insbesondere auf dem Gebiet des Wettbewerbs eine Reihe von Entscheidungen im Zusammenhang mit Häfen erlassen (z. B. wegen der mißbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung oder wegen diskriminierender Gebühren).

2.6.3. Ergänzend zur derzeit angewandten Fallmethode sollte, so der Vorschlag der Kommission, auf Gemeinschaftsebene ein ordnungspolitischer Rahmen aufgestellt werden, innerhalb dessen eine systematischere Liberalisierung des Hafendienstmarktes in den größten Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr angestrebt wird. Hierdurch sollen innerhalb eines vertretbaren Zeitraums ausgewogene Wettbewerbsbedingungen zwischen den Gemeinschaftshäfen sowie innerhalb der Häfen geschaffen werden.

2.6.4. Ziel der Liberalisierungsmaßnahmen wäre es, den offenen Zugang zum Markt für Hafendienste auf der Grundlage der Transparenz, Nichtdiskriminierung und bestimmter Grundsätze für die Gebührengestaltung zu sichern. Ein geeigneter Rahmen sollte festgelegt werden, um im Bedarfsfall die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienste zu gewährleisten.

2.6.5. Die Kommission betont, daß die Verschiedenartigkeit der Hafendienste und die unterschiedliche Beschaffenheit der Häfen ein differenziertes Liberalisierungskonzept für die einzelnen Hafendienste erfordern. Weitere Liberalisierungsmaßnahmen müssen schrittweise eingeführt werden, um dem Sektor genügend Zeit zur Anpassung zu geben.

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß stimmt mit der Kommission darin überein, daß das Grünbuch das Bewußtsein für die Bedeutung schärfen wird, die leistungsfähige Häfen für die EU haben. Mehr als 90 % des Handelsvolumens der Europäischen Union mit Drittländern und annähernd 30 % des innergemeinschaftlichen Handels werden über den Hafensektor abgewickelt. Ferner werden jährlich mehr als 200 Millionen Fahrgäste abgefertigt.

3.2. Mit dem Grünbuch soll eine Diskussion angeregt werden, um festzustellen, wo Probleme im Hafensektor bestehen. Daran soll sich eine Bewertung der verschiedenen Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme anschließen, die ggf. in konkrete Vorschläge für Rechtsakte der Gemeinschaft münden soll. In Anbetracht der Tatsache, daß die Häfen bisher nur in begrenztem Umfang gemeinschaftlichen Regelungen unterworfen waren, unterstützt der Ausschuß dieses schrittweise Tätigwerden.

3.3. Der Ausschuß unterstützt die grundlegenden Zielsetzungen des Grünbuchs im Hinblick auf eine Gemeinschaftspolitik für den Hafensektor, d.h. Beitrag zur Steigerung der Hafeneffizienz, Verbesserung der Hafen- und Seeverkehrsinfrastruktur durch Integration der Häfen in die TEN und Gewährleistung freien und fairen Wettbewerbs im Hafensektor. Das letztendliche Ziel muß darin bestehen, Europas industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Lebensqualität der Bürger in den Mitgliedstaaten zu verbessern.

3.4. Das Grünbuch liefert eine ausgewogene Beschreibung und Analyse der Probleme im Hafensektor, so wie sie seitens der Kunden und der Häfen selbst wahrgenommen werden. Der Ausschuß hätte sich jedoch einen systematischeren Ansatz für die Beschreibung der verschiedenen Tätigkeiten im und um den Hafen und die Analyse des Handlungsbedarfs für jede einzelne dieser Tätigkeiten gewünscht. Ein weiterer Mangel des Grünbuchs ist das Fehlen von grundlegenden Angaben wie z. B. über die Struktur des europäischen Hafensystems, Einnahmen und Kosten sowie die Höhe der Gebühren für gleiche Dienstleistungen in verschiedenen Häfen.

3.5. Es geht ein klarer Trend dahin, Häfen als gewerbliche Unternehmen zu betrachten und zu behandeln, die ihre Kosten den Hafennutzern, die direkt von ihnen profitieren, anlasten sollten; dieser Trend ist unabhängig vom Eigentumsverhältnis. Der Ausschuß begrüßt diese Entwicklung nicht nur, sondern findet es geradezu wesentlich, die Hafenpolitik der Gemeinschaft auf den Gedanken zu gründen, daß Häfen gewerbliche Unternehmen sind, die in einer Marktwirtschaft operieren und das Verursacherprinzip zugrunde legen. Solch ein Ansatz wird die politische Gestaltung begünstigen, denn Tätigkeiten in Häfen sollten grundsätzlich denselben Regeln unterliegen, die auch für die meisten anderen Wirtschaftsaktivitäten gelten.

3.6. In dem Grünbuch wird gezeigt, daß das Verursacherprinzip mit Vorsicht zu handhaben ist, wo es um einige spezifische Seeverkehrsinfrastruktureinrichtungen und Hafendienste wie Leuchttürme und andere Navigationshilfen, Wellenbrecher, Seeschleusen, Ausbaggern und Eisbrecherdienste geht. In einigen Mitgliedstaaten werden Investitionen in diese Einrichtungen wie auch ihr Betrieb vom Steuerzahler finanziert, in anderen von den Hafennutzern. Das ist aus Sicht des Ausschusses eine unbefriedigende Situation. Das Prinzip der Transparenz wird nicht immer befolgt, und der Wettbewerb unter den Häfen wird verzerrt. Von daher muß die Kommission dringend Leitlinien zu der Frage aufstellen, wer für die Bereitstellung dieser Dienste aufkommen soll.

3.7. Im Verkehrssektor sind gewisse Tätigkeitsbereiche grundsätzlich den Häfen vergleichbar: Flughäfen, Bahnhöfe und Terminals für Kombiverkehre auf Schiene und Straße. Wie die Häfen sind sie nicht selbst Verkehrsträger, sondern Schaltstellen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern. Der Ausschuß hätte in dem Grünbuch insbesondere gern Verweise auf und Vergleiche mit Flughäfen gesehen, die ähnliche Eigenschaften wie Häfen aufweisen, auch wenn der Wettbewerb zwischen Flughäfen weniger ausgeprägt als der zwischen Seehäfen ist. 1996 wurde eine Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt für Abfertigungsdienste auf Gemeinschaftsflughäfen verabschiedet, und 1997 schlug die Kommission eine Richtlinie des Rates über Flughafengebühren vor. Im Grünbuch über Seehäfen sind der Marktzugang für Hafendienstleistungen und ein Rahmen für die Anlastung der Kosten zwei Schlüsselthemen.

3.8. Im Grünbuch heißt es in Punkt 19: "Die Hafendienste sollten als voller Bestandteil des Seeverkehrssystems betrachtet werden, da sie für das reibungslose Funktionieren dieses Verkehrsträgers unverzichtbar sind...". Dies ist nach Meinung des Ausschusses eine fragwürdige Formulierung, da die landseitigen Verkehrssysteme (Schiene, Straße, Binnenschiffahrt) im Grunde in demselben Verhältnis zu Häfen stehen wie das seeseitige Verkehrssystem. Aus Sicht des Ausschusses müssen Häfen den Ansprüchen sowohl des landseitigen als auch des seeseitigen Verkehrs gerecht werden.

3.9. Das Grünbuch hebt hervor, daß sich der Wettbewerb zwischen den Häfen insbesondere im Hinblick auf den Containerverkehr verschärft hat. Das heißt, daß Entscheidungen über Preisgestaltung, Investitionen und Finanzierung in einem bestimmten Hafen deutliche Auswirkungen auf seine Nachbarhäfen in demselben Mitgliedstaat oder in anderen Ländern haben können. Verschärfter Wettbewerb unter den Häfen führt zu effizienteren Transportsystemen, aber der Ausschuß erachtet es als wesentlich, daß der Wettbewerb zu gleichen und fairen Bedingungen stattfindet und nicht durch staatliche Beihilfen oder unfaire Praktiken verzerrt wird. Von daher begrüßt der Ausschuß, daß die Kommission beabsichtigt, Informationen über die Finanzströme aus dem öffentlichen Bereich hin zu den verschiedenen Hafentypen in den Mitgliedstaaten einzuholen und eine Aufstellung der öffentlichen Mittel, die an die größten Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr vergeben werden, sowie der Gebührenpraktiken in diesen Häfen plant. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß das Ersuchen um Informationen über Finanzierungsquellen nicht an die Häfen, sondern an die Mitgliedstaaten zu richten ist.

3.10. Der Ausschuß möchte darauf hinweisen, daß es nicht allein die Häfen sind, die durch ihr Handeln den Wettbewerb bestimmen, sondern daß auch der Ausbau von Straßen-, Schienen- und Binnenschiffahrtsverbindungen mit dem Hinterland Einfluß darauf hat. Verbesserungen der Infrastruktur für den Straßen- oder Schienenverkehr können sich günstig auf manche Häfen und nachteilig auf andere auswirken. Es gibt Fälle, in denen die Eisenbahnfrachtgebühren so festgelegt wurden, daß die Verkehrsströme von bzw. zu bestimmten Seehäfen begünstigt wurden. Nach Ansicht des Ausschusses sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten ihr Augenmerk stärker auf diese Möglichkeit der Wettbewerbsverzerrung zwischen den Häfen richten.

3.11. Bei der Entwicklung einer umfassenden Gemeinschaftspolitik für den Hafensektor müssen alle Gesichtspunkte und Ansichten berücksichtigt werden. Nicht zuletzt erfordern die sozialen Folgen der in Frage stehenden Maßnahmen gebührende Beachtung. Der Ausschuß möchte in diesem Zusammenhang folgendes betonen: Es gilt nunmehr, den durch das Grünbuch angestoßenen Dialog aller Beteiligten unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Dimension konsequent fortzusetzen. Der WSA hat mit seiner Anhörung der Sozialpartner auf sektoraler Ebene dazu am 11. Mai 1998 einen Beitrag geleistet. Jeder Verkehrsträger verfügt über einen Gemeinsamen Ausschuß für den sozialen Dialog auf Sektorebene. Eine Arbeitsgruppe "Kombiverkehr" besteht, die die Verbindung zwischen den Ausschüssen pflegen und die Aktivitäten koordinieren soll. Seehäfen werden dabei nicht erfaßt, wohingegen der Gemeinsame Ausschuß für die Zivilluftfahrt ausdrücklich Flughäfen einbezieht. Der Forderung der Beschäftigten nach einem Gemeinsamen Ausschuß für Seehäfen wurde noch nicht stattgegeben. Der Ausschuß würde daher die Einleitung eines geordneten Dialogs zwischen den Sozialpartnern im Hafensektor begrüßen.

4. Besondere Bemerkungen

4.1. Ein Rahmen für Hafengebühren

4.1.1. Im Grünbuch werden Möglichkeiten der Entwicklung eines Gemeinschaftsrahmens für die Erhebung von Hafengebühren geprüft, um Probleme wie unlauterer Wettbewerb, Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und unterschiedliche Behandlung von Nutzern zu lösen. Die Kommission schlägt vor, in einem solchen Rahmen gewisse allgemeine Grundsätze für Hafendienste niederzulegen, die sicherstellen würden, daß die verlangten Preise die Kosten der erbrachten Dienstleistungen widerspiegeln. Gebühren für Infrastruktur könnten nach Ansicht der Kommission auf Grundlage der Marginalkosten angesetzt werden, wobei die Kostendeckung neuer Investitionen gewährleistet würde. Der vorgeschlagene Rahmen wirft eine Reihe grundsätzlicher und praktischer Fragen auf, auf die der Ausschuß im folgenden aufmerksam machen möchte.

4.1.2. Wie weiter oben ausgeführt wurde, stehen Häfen selten bzw. überhaupt nicht im Eigentum einer einzigen Organisation, die sie betreibt, sondern es handelt sich um komplexe, verschiedenartige Organisationen aus zahlreichen Einheiten, die auf besondere Tätigkeiten und Dienste spezialisiert sind (siehe Ziffer 1.3 und 3.4). Daher dürfte es schwierig sein, einen allgemeinen Rahmen für Hafengebühren zu entwickeln, der sowohl auf die Infrastruktur als auch auf die Hafendienste anwendbar wäre.

4.1.3. In einer Fußnote zu Abschnitt 52 des Grünbuchs wird darauf hingewiesen, daß der auf die Gesamttransitkosten in den Häfen entfallende Anteil der gesamten Beförderungskosten von Haus zu Haus in der Seeschiffahrt 5-10 % ausmacht, im Kurzstreckenseeverkehr aber 40-60 % beträgt. Wünschenswert wäre eine nach Diensten aufgeschlüsselte Aufstellung dieser Kosten, um eine Vorstellung davon zu bekommen, welche Kostenpositionen am stärksten durchschlagen, wenn die Kostenbezogenheit als Anlastungsprinzip angewandt wird.

4.1.4. In bezug auf die Infrastruktur werden im Grünbuch unterschiedliche Ansätze für die Anlastung der Kosten erörtert. Eine genaue Bestimmung dessen, was unter den Begriff "Infrastruktur" fällt, fehlt jedoch. (Kaianlagen und damit verbundene Grundflächen werden selbstverständlich in den Begriff Infrastruktur eingehen wie auch Leuchttürme und andere Navigationshilfen, aber wie sind Kräne und Lagerhäuser einzuordnen?)

4.1.5. Häfen sind weitgehend gewerbliche Unternehmen. Sie sollten daher den gleichen Regeln unterliegen wie die meisten anderen Wirtschaftstätigkeiten in einer Marktwirtschaft, und das Verursacherprinzip ist (mit wenigen Ausnahmen) anzuwenden. Bei dieser Betrachtungsweise ist ein besonderer Rahmen für die Erhebung von Hafengebühren irrelevant.

4.1.6. Der Ausschuß stimmt der Kommission darin zu, daß Probleme im Hinblick auf einen unlauteren Wettbewerb, den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und die unterschiedliche Behandlung von Nutzern bestehen, auch wenn das Ausmaß dieser Probleme nicht bekannt ist. Es wäre jedoch die Frage, ob eine Richtlinie des Rates über einen Rahmen für die Erhebung von Hafengebühren ein wirksames Mittel zur Lösung dieser Probleme ist. Nach Ansicht des Ausschusses sind zunächst eindeutige Regeln für staatliche Beihilfen, eine entschiedene Durchsetzung solcher Regeln sowie eine strikte Anwendung der Wettbewerbsregeln in Artikel 85 und 86 des Vertrags ausreichende Mittel, um den Problemen beizukommen.

4.1.7. In bezug auf staatliche Beihilfen vertritt die Kommission die Auffassung, daß öffentliche Investitionen in die Hafeninfrastruktur, die allen Nutzern unterschiedslos zur Verfügung steht, nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrags anzusehen sind. Wenn einzelne Investitionen dagegen bestimmte Betreiber vor anderen bevorzugen, gelten sie als Beihilfe. Sie können jedoch unter die im Vertrag vorgesehenen Ausnahmeregelungen fallen, z. B. dann, wenn es um Regionalentwicklungsprojekte geht (Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c). Öffentliche Hilfen für bestimmte Unternehmen, die Dienste anbieten, fallen nach allgemeiner Sicht in den Anwendungsbereich von Artikel 92 (mit den in Artikel 92 Absatz 2 und 3 vorgesehenen Ausnahmen). Die Frage der staatlichen Beihilfen ist sehr komplex, jeder Mitgliedstaat hat seine eigene Auslegung dessen, was als staatliche Beihilfe im Hafensektor zu gelten hat; dies kann einem unlauteren Wettbewerb zwischen den Häfen oder Betreibern Vorschub leisten. Der Ausschuß ist daher der Auffassung, daß die Kommission Leitlinien für staatliche Beihilfen für Häfen vorlegen muß, um Chancengleichheit herzustellen. In diesen Leitlinien wäre zu definieren, was unter "Beihilfe" und unter "Infrastruktur" zu verstehen ist, und auch der Begriff des "offenen Zugangs" bedarf einer Klarstellung.

4.2. Marktzugang für Hafendienste

4.2.1. Hafendienste wurden traditionell durch ausschließliche und/oder rechtliche oder faktische Monopole geschützt. Obgleich Zugangsbeschränkungen im Verlaufe des letzten Jahrzehnts bis zu einem gewissen Ausmaß hauptsächlich im Bereich der Umschlagdienste abgeschafft wurden, haben aktuelle Praktiken zu Klagen seitens der Nutzer und potentieller Anbieter geführt, und der Europäische Gerichtshof wie auch die Kommission haben mehrere Entscheidungen gefällt. (Eine Übersicht der jüngsten Fälle enthält der Artikel "Ports maritimes et concurrence" im Competition Policy Newsletter der GD IV, Nr. 1 vom Februar 1998.)

4.2.2. Als Ergänzung eines fallbezogenen Ansatzes wird in dem Grünbuch die Erstellung eines ordnungspolitischen Rahmens auf Gemeinschaftsebene vorgeschlagen mit dem Ziel, die Märkte für Hafendienste zu liberalisieren, um die Effizienz zu erhöhen und gleichartige Wettbewerbsbedingungen unter und in den Gemeinschaftshäfen herzustellen.

4.2.3. Der Ausschuß unterstützt den Kommissionsvorschlag nachdrücklich. Bei den Umschlagdiensten ist wichtig, daß nicht nur neue Dienstleister im "traditionellen" Sinne, sondern auch Schiffseigner, Befrachter/Ladungseigner und Spediteure Marktzugang bekommen könnten ("Self-handling").

4.2.4. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß der Grundsatz des freien Marktzugangs wegen der Verschiedenheit dieser Dienste und der unterschiedlichen Beschaffenheit der Häfen in puncto Größe, Betrieb und geographische Merkmale nicht überall anwendbar ist. In dem Grünbuch wird angeregt, daß der ordnungspolitische Rahmen für "die größten Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr" gelten sollte. Dabei ist zu bedenken, daß bei den meisten europäischen Häfen - unabhängig von ihrer Größe - der grenzüberschreitende Handel den Binnenhandel erheblich übersteigt. Nach Ansicht des Ausschusses muß der ordnungspolitische Rahmen die Einhaltung von Sicherheitsnormen im Hafen und im Seeverkehr gewährleisten.

4.3. Kurzstreckenseeverkehr

4.3.1. Die Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs stellt eine der Prioritäten der Gemeinschaftlichen Verkehrspolitik dar, und ein Element davon ist eine verbesserte Hafeneffizienz. In Ergänzung dessen, was unter Ziffer 4.2 ausgeführt wird, bedarf aus der Sicht des Ausschusses ein Bereich besonders der Gemeinschaftstätigkeit, nämlich die Zoll- und Transitverfahren (dieser Bereich geht meistens über den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich der Hafenbetreiber hinaus). Komplizierte Dokumentations- und Verfahrensanforderungen in Häfen verursachen bedeutende Kosten für Ladungseigner und Verkehrsunternehmer.

4.3.2. Daher begrüßt der Ausschuß die Initiative der Kommission zu einer Untersuchung, in der die den Seeverkehr in Europa betreffenden Anforderungen in Häfen festgestellt und mit denen für Binnenlandverkehre verglichen werden sollen; dabei geht es besonders um Zollvorschriften und -verfahren.

4.3.3. Wie in der Stellungnahme () des Ausschusses zu der Mitteilung der Kommission zum Thema "Die Entwicklung des Kurzstreckenseeverkehrs in Europa: Perspektiven und Herausforderungen" () ausgeführt, umfaßt der Kurzstreckenseeverkehr eine große Bandbreite von Tätigkeiten und Dienstleistungen, die alles andere als gleichförmig sind. Zu den grundlegenden Diensten gehören Massengutbeförderung, Fähren, Feeder- und Liniendienste. Der Ausschuß hob auch die zu geringe Beachtung der Tatsache hervor, daß der Kurzstreckenseeverkehr auf vielen Handelsrouten in Europa mit dem Gütertransport auf der Schiene und nicht auf der Straße im Wettbewerb steht. Das muß bei der Entwicklung von Gemeinschaftspolitiken für die Bereiche Seehäfen und Kurzstreckenseeverkehr berücksichtigt werden.

4.4. Die Rolle der Häfen im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes

4.4.1. Die Kommission hält die volle Integration der Häfen in das transeuropäische Verkehrsnetz für wünschenswert, um ein multimodales Netz anzulegen, das insbesondere den Anbindungsbedarf der Gebiete in Randlage decken und den Kurzstreckenseeverkehr fördern soll. Parallel zu dem Grünbuch über Seehäfen wurde ein Vorschlag () zur Anpassung der geltenden Leitlinien für den Ausbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes (Entscheidung 1692/96/EG) () vorgelegt.

4.4.2. Der Ausschuß verabschiedete kürzlich seine Stellungnahme () zu diesem Vorschlag, so daß hier keine weiteren Bemerkungen zu machen sind. Zu einem besonderen Punkt im Zusammenhang mit der Entwicklung des intermodalen Verkehrs möchte der Ausschuß jedoch nochmals betonen, was er in der Stellungnahme zum Ausdruck brachte: "Der Ausschuß ist nicht damit einverstanden, daß der Straßengüterverkehr vom Ausbau der Seehäfen und Kombiverkehre im Rahmen der Transeuropäischen Netze fast ganz ausgeschlossen zu sein scheint. Er unterstützt zwar voll und ganz den Ausbau des intermodalen Güterverkehrs als eines wesentlichen Faktors einer auf Dauer tragbaren Mobilität, gibt aber zu bedenken, daß die Kommission den sehr erheblichen Anteil der Güter, die in Häfen der Gemeinschaft umgeschlagen und gegenwärtig auf der Straße befördert werden, nicht ignorieren kann. Straßenverkehrsprojekte müssen bei der Einbeziehung von Häfen und Terminals in die TEN die ihnen zukommende Bedeutung erhalten".

4.5. Die soziale Dimension der Gemeinschaftspolitik betreffend Seehäfen

4.5.1. Die technischen, kommerziellen und organisatorischen Veränderungen, denen Seehäfen ausgesetzt sind, zeigen bedeutende Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter. Dieser Aspekt wird in dem Grünbuch zwar erwähnt, hätte aber systematischer erörtert werden sollen.

4.5.2. Während der letzten Jahrzehnte hat die Entwicklung moderner Umschlagtechniken zu einem deutlichen Rückgang der Beschäftigung in Seehäfen geführt. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Qualifikation der Hafenarbeiter beträchtlich gestiegen, und die Arbeitnehmer mußten flexiblere und unregelmäßigere Arbeitszeiten in Kauf nehmen. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß eine europäische Seehäfenpolitik unbedingt auch die Beschäftigungsdimension berücksichtigen muß, um qualifizierte Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Ausbildung der Arbeitnehmer zu fördern, damit neue Technologien und Arbeitsmethoden entwickelt werden können.

4.5.3. Der Ausschuß vertritt die Auffassung, daß Arbeitskräftepools in größeren Häfen ein nützlicher Anpassungsmechanismus zur Bewältigung des schwankenden Arbeitskräftebedarfs von Terminalbetreibern und einzelnen Unternehmen sind. Die Einstellung von Hafenarbeitern aus den Pools wird durch gesetzliche Beschäftigungsbedingungen einschließlich Sozialversicherungspflicht geregelt. Die arbeitgeberseitigen Kosten der Pools müssen von den Unternehmen getragen werden, die Arbeiter aus den Pools beschäftigen.

4.5.4. Das Grünbuch erwähnt die einschlägigen Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) nur kurz. Der Ausschuß betont, daß diese Abkommen bei der Entwicklung von Ideen für zukünftige europäische Politiken bezüglich Seehäfen eingehender erörtert werden sollten.

4.5.5. Die IAO hat zwei Übereinkommen über die Hafenarbeit verabschiedet:

- das Übereinkommen über die sozialen Auswirkungen neuer Umschlagmethoden in Häfen (Nr. 137) und

- das Übereinkommen über den Arbeitsschutz bei der Hafenarbeit (Nr. 152).

Die beiden Übereinkommen sind bisher von sieben Mitgliedstaaten ratifiziert worden.

4.5.6. Die Ratifizierung der IAO-Übereinkommen fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU, sondern der einzelnen Mitgliedstaaten. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch 1991 in einer Stellungnahme zur Zuständigkeit der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten in IAO-Fragen (insbesondere im Bereich des Arbeitsschutzes) empfohlen, daß beide Seiten zwecks Verhandlung, Ratifizierung und Umsetzung der IAO-Übereinkommen eng zusammenarbeiten. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Ausschuß der Kommission, eine solche Zusammenarbeit in naher Zukunft einzuleiten. Dies soll, so hofft der Ausschuß, eine Ratifizierung der beiden Übereinkommen durch die restlichen Mitgliedstaaten bewirken.

5. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

5.1. Die Häfen zeigen vielfältige Unterschiede bezüglich der Eigentumsverhältnisse, der internen Organisation und der staatlichen Beteiligung am Management der Häfen. Dies ist auf historische Gründe und unterschiedliche Denkweisen bezüglich der Rolle der Häfen sowie des Ausmaßes der staatlichen Unterstützung, Eingriffe und Kontrollen in Fragen der Finanzierung und Kostenanlastung zurückzuführen.

5.2. Ziel des Grünbuchs ist es, eine Diskussion zur Identifizierung der Probleme im Hafensektor auszulösen. Anschließend sollten verschiedene Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme bewertet werden, und bei Bedarf sollten konkrete Vorschläge für gemeinschaftliche Rechtsvorschriften folgen. Der Ausschuß befürwortet diesen schrittweisen Ansatz zum Tätigwerden, da die Häfen bisher nur beschränkt Gegenstand von Maßnahmen im Rahmen einer gemeinschaftlichen Politik waren.

5.3. Der Ausschuß befürwortet die im Grünbuch aufgeführten grundlegenden Ziele einer gemeinschaftlichen Seehäfenpolitik, wie die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Häfen, die Verbesserung der Hafen- und Seeverkehrsinfrastruktur durch die Eingliederung von Häfen in die TEN und die Gewährleistung eines freien und gerechten Wettbewerbs im Hafensektor.

5.4. Der Wettbewerb zwischen den Häfen hat zugenommen. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß der Wettbewerb auf einer gerechten und fairen Grundlage fußen muß und nicht durch öffentliche Beihilfen oder unlautere Praktiken verzerrt werden darf. Der Ausschuß begrüßt daher die Absicht der Kommission, Informationen über die aus dem öffentlichen Sektor in die verschiedenen Häfen der Mitgliedstaaten geflossenen Mittel einzuholen und eine Bestandsaufnahme der öffentlichen Mittel, die den größten Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr gewährt wurden, und der Gebührenerhebungspraktiken dieser Häfen vorzunehmen.

5.5. Es sind nicht allein die Häfen, die durch ihr Handeln den Wettbewerb bestimmen, sondern auch der Ausbau von Straßen-, Schienen- und Binnenschiffahrtsverbindungen mit dem Hinterland hat Einfluß auf deren Wettbewerbssituation. Nach Auffassung des Ausschusses wurden diese Aspekte bisher oft übersehen.

5.6. Es existiert ein eindeutiger Trend dahin, die Häfen als kommerzielle Unternehmen zu betrachten und zu behandeln, die ihre Kosten von den Benutzern einholen müssen; dieser Trend besteht unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Der Ausschuß befürwortet diese Entwicklung nicht nur, sondern ist auch der Meinung, daß eine gemeinschaftliche Seehäfenpolitik unbedingt von dem Konzept ausgehen sollte, daß es sich bei Häfen um kommerzielle Unternehmen handelt, die in einer Marktwirtschaft tätig sind und das "Nutzer-zahlt-Konzept" anwenden.

5.7. Einige spezielle Seeinfrastruktur- und Hafendienste, wie Leuchttürme und andere Navigationshilfen, Wellenbrecher, Seeschleusen, Baggerungs- und Eisbrechdienste, werden in manchen Mitgliedstaaten von den Steuerzahlern bezahlt, in anderen von den Hafennutzern. Dies ist unzufriedenstellend, da es eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Häfen bedeutet. Daher wünscht der Ausschuß Leitlinien darüber, wer für die Kosten dieser Einrichtungen aufkommen sollte.

5.8. Bei der Entwicklung einer Gemeinschaftspolitik für den Hafensektor müssen alle Aspekte und Standpunkte berücksichtigt werden. Nicht zuletzt müssen die sozialen Folgen der erörterten Maßnahmen bedacht werden. Der Ausschuß würde daher die Einrichtung eines gemischten/sektoralen Ausschusses für Seehäfen als Forum für einen organisierten Dialog zwischen den Sozialpartnern begrüßen.

5.9. Das Grünbuch erwägt die Möglichkeit der Entwicklung eines gemeinschaftlichen Rahmens für die Erhebung von Hafengebühren als Lösung für Probleme wie unlauterer Wettbewerb, Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und unterschiedliche Behandlung von Nutzern. Der Ausschuß weist auf einige grundlegende und praktische Probleme bezüglich des vorgeschlagenen Rahmens hin und stellt in Frage, ob eine Richtlinie des Rates für einen Rahmen zur Erhebung von Hafengebühren ein effizientes Instrument zur Lösung der genannten Probleme ist. Nach Auffassung des Ausschusses sollten eindeutige Bestimmungen über staatliche Beihilfen und die strikte Anwendung der Wettbewerbsregeln (Artikel 85 und 86 des Vertrags) zur Bewältigung der Probleme ausreichen.

5.10. Das Grünbuch schlägt die Entwicklung eines ordnungspolitischen Rahmens für den Marktzugang für Hafendienste auf Gemeinschaftsebene vor. Ziel ist es, die Effizienz zu steigern und ausgewogene Wettbewerbsbedingungen zwischen und in den Gemeinschaftshäfen zu schaffen. Der Ausschuß unterstützt den Kommissionsvorschlag ausdrücklich, erkennt jedoch an, daß das Prinzip des freien Marktzugangs aufgrund der Verschiedenartigkeit dieser Dienste und der Unterschiedlichkeit der Häfen, insbesondere bezüglich deren Größe und Funktion, nicht überall angewandt werden kann.

5.11. Der Ausschuß begrüßt die Absicht der Kommission, eine Untersuchung über die Zollbestimmungen und -verfahren, die den Seeverkehr in Europa betreffen, durchzuführen und diese mit den Bestimmungen für den Binnentransport zu vergleichen. Komplexe Anforderungen in bezug auf Dokumente und Verfahrensweisen in Häfen bringen beträchtliche Kosten für die Ladungseigner und Verkehrsunternehmen mit sich.

5.12. Die technischen, kommerziellen und organisatorischen Veränderungen, denen Seehäfen ausgesetzt sind, zeigen bedeutende Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter. Dieser Aspekt wird in dem Grünbuch zwar erwähnt, hätte aber systematischer erörtert werden sollen. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß eine europäische Seehäfenpolitik unbedingt auch die Beschäftigungsdimension berücksichtigen muß, um qualifizierte Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen.

5.13. Der Ausschuß betont, daß sich die einschlägigen IAO-Abkommen in künftigen europäischen Politiken bezüglich Seehäfen widerspiegeln müssen. Der Ausschuß empfiehlt der Kommission, Initiativen zur Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zwecks Ratifizierung und Umsetzung der IAO-Übereinkommen zu ergreifen.

Brüssel, den 9. September 1998.

Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Tom JENKINS

() Die Fachgruppe hatte Organisationen, die die Häfen, die Gewerkschaften, die Befrachter und die Reeder vertreten, zu einer Anhörung vor der Studiengruppe am 11. Mai 1998 eingeladen. Dabei wurden auch schriftliche Unterlagen vorgelegt. Folgende Organisationen nahmen an der Anhörung teil: Federation of European Private Port Operators (FEPORT), European Seaports Organisation (ESPO), Federation of Transport Workers' Unions in the EU, European Shippers' Councils (ESC), European Community Shipowners' Association (ECSA).

() ABl. C 97 vom 1.4.1996, S. 15.

() KOM(97) 681 endg. - ABl. C 120 vom 18.4.1998, S. 14.

() ABl. C 228 vom 9.9.1996, S. 1, WSA-Stellungnahme: ABl. C 397, 31.12.1994, S. 23.

() ABl. C 214 vom 10.7.1998, S. 40.

() KOM(95) 317 endg.

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